- Karl [1]
Karl (althochd. Charal, Karl, »Mann«, latinisiert Carolus, franz. und engl. Charles, ital. Carlo, span. Carlos), männlicher Vorname, Name zahlreicher fürstlicher Personen. Übersicht nach den Ländern:
[Geschlecht der Karolinger.] 1) K. Martell, der »Hammer«, geb. um 688, gest. 22. Okt. 741 in Kiersy, Sohn des Majordomus Pippin und der schönen Chalpaida, nach dem Tode seines Vaters (714) von den austrasischen Franken zum Herzog gewählt, schlug die Neustrier unter ihrem König Chilperich II. und dem Majordomus Raganfrid 716 und 717 bei Amblève und Vincy, erhob nun Chlotar IV., nach dessen frühem Tode Theuderich IV. auf den Thron und wurde, als Chilperich von Neustrien 720 starb, allmächtiger Majordomus des ganzen Frankenreichs. Indem er Kirchengut seinen Anhängern verlieh, benutzte er die reichen Hilfsmittel der Kirche zur Erreichung seiner Zwecke, denn in Wahrheit. herrschte er, nicht der König, obwohl man dem Merowinger noch immer königliche Ehren erwies; als Theuderich 737 starb, setzte K. Martell keinen König wieder ein. Nachdem er die Friesen unterworfen (722) und die Sachsen bekriegt hatte (724), besiegte er auch die Bayern (728) und Alemannen (730). Indem er die Araber, die das Westgotenreich in Spanien und das Herzogtum Aquitanien vernichtet hatten, bei Tours 732 und bei Narbonne 737 besiegte, wurde er, ihrem Vordringen für immer Halt gebieten d, der Retter der christlich-germanischen Kultur. Bei seinem Tode teilte er die Herrschaft unter seine Söhne Karlmann und Pippin den Kleinen. Vgl. Breysig, Die Zeit K. Martells. Jahrbücher des fränkischen Reiches 714–741 (Leipz. 1869).
2) K. I., der Große, König der Franken und römischer Kaiser, geb. 2. April 742, gest. 28. Jan. 814, Enkel des vorigen, der älteste Sohn Pippins des Kleinen und der Berta, einer Tochter Chariberts, Grafen von Laon, wurde nach dem Tode seines Vaters (768) mit seinem Bruder Karlmann zum König gesalbt und erhielt Austrasien und einen Teil von Aquitanien, bemächtigte sich aber nach seines Bruders Tode 771 mit Zustimmung der Großen des ganzen Reiches, worauf Karlmanns Witwe samt ihren unmündigen Söhnen zu dem Langobardenkönig Desiderius floh. Letztern besiegte er nach einer zehnmonatigen Belagerung in Pavia, schickte ihn in ein Kloster und ließ sich als König der Langobarden huldigen (im Juni 774). Die Unterwerfung und Christianisierung der noch unabhängigen Sachsen hatte schon vorher begonnen; 772 drang K. in Engern ein, nahm die Eresburg (an der Stelle des heutigen Marsberg) ein und zerstörte die Irminsul (s. Irmin). Die Engern versprachen Unterwerfung und Annahme des Christentums, empörten sich aber 774 und wurden zugleich mit den Ostfalen und Westfalen 775 aufs neue unterworfen. Allein sie empörten sich immer wieder, so 776 und 778 und besonders 782. Widukind, ein westfälischer Fürst, kehrte damals aus Dänemark, wohin er geflohen war, zurück, reizte die Sachsen, die gerade die feindlichen Sorben mit bekriegen sollten, auf, und ein fränkisches Heer ward am Süntelgebirge vernichtet. K. ließ nun zum warnenden Beispiel 4500 Sachsen zu Verden an der Aller enthaupten. Erhoben sich die Sachsen auch zahlreicher als je, sie wurden doch 783 bei Detmold und entscheidender an der Hase geschlagen, und als sich 785 Widukind und Albion, ein andrer Häuptling, unterwarfen und zu Attigny taufen ließen, war der Stamm im wesentlichen unterworfen. Zwar folgten noch manche Aufstände, aber beim Herannahen Karls ergaben sich die Empörer gewöhnlich. Die Nordalbinger (Sachsen nördlich der Elbe) wurden erst 804 besiegt und damals 10,000 von ihnen als Geiseln für die Treue ihrer Landsleute ins innere Deutschland weggeführt. Massentaufen der Sachsen hatten wiederholt stattgefunden, und nach und nach wurden Bistümer in Halberstadt, Paderborn, Minden, Verden, Bremen, Münster und Osnabrück gegründet, Klöster in Korvei und Herford. Über die Grenzen Sachsens hinaus unterwarf K. 789 die Wilzen jenseit der Elbe, die Obotriten waren ihm verbündet, 806 wurden die Sorben und selbst die Böhmen teilweise abhängig. Gegen Dänemark behauptete K. seit 808 die auch von letzterm 811 anerkannte Eidergrenze. Als K. 788 den Herzog von Bayern, Thassilo, absetzte und ins Kloster Jumièges schickte, wurde er in einen Krieg mit dessen Verbündeten, den räuberischen Avaren, verwickelt, drang 791 bis zur Raab vor, Markgraf Erich von Friaul erstürmte 795 den Hauptring der Avaren an der Theiß, und 796 zwang sie Karls Sohn Pippin zur Unterwerfung. Schon vorher hatte K., obwohl noch mit dem Sachsenkrieg beschäftigt, eine Eroberung im Süden begonnen. 777 war eine arabische Gesandtschaft des Statthalters von Saragossa, Hussein el Abdari, auf dem Reichstag zu Paderborn erschienen und hatte K. um Hilfe gegen Abd er Rahmân, den omaijadischen Kalifen von Cordoba, gebeten. K. zog 778 über die Pyrenäen, nahm Pamplona ein und eroberte Saragossa, wo er Hussein wieder einsetzte. Auf die Kunde von einem Sachsenaufstand trat er den Rückzug an, auf dem die Franken (wahrscheinlich im Tal von Roncesvalles) von den treulosen Basken überfallen und viele getötet wurden, darunter Hruodland, der Befehlshaber der britannischen Mark, das Urbild des Roland der Sage. K. verlor seine Eroberung und konnte erst nach einem glücklichen Feldzug seines Sohnes Ludwig in Spanien (799) und nach dem Fall Barcelonas 801 die spanische Mark errichten, die das Land von den Pyrenäen bis zum Ebro umfaßte. Zum Schutz seines Reiches richtete K. auch an den andern Grenzen Marken ein: gegen die südlichen Slawen die Marken von Friaul und Kärnten, gegen die Avaren die avarische Mark (das spätere Österreich), gegen die Böhmen die fränkische im Nordgau, gegen die Sorben die thüringische an der Saale, gegen die Dänen die Mark an der Eider. In den Marken siedelte er fränkische Vasallen an und verlieh den Markgrafen eine ausgedehntere Gewalt als den Grafen des Binnenlandes. Karls Reich erstreckte sich im N. bis zur Eider, im O. bis zur Elbe, Saale und Raab, im S. bis zum Volturno und Ebro, im übrigen bis zum Atlantischen und Mittelländischen Meer.
K. betrachtete sich nicht nur als weltlichen Herrscher, sondern auch als Haupt der Kirche, der alle Reichsgen offen angehörten. Wie sein Vater Patricius von Rom, besaß er die Schlüssel zum Grabe des heil. Petrus und hatte das Gelöbnis der Treue vom Papst, dem er 774 das Patrimonium Petri verlieh, empfangen. Den universalen Charakter seiner Herrschaft brachte endlich die Tatsache zum Ausdruck, daß ihm am Weihnachtstage (25. Dez.) 800 Leo III. in der Peterskirche zu Rom die römische Kaiserkrone aufs Haupt setzte. Ostrom erkannte ihn 812 als Kaiser an, auch die christlichen Angelsachsen und Schotten betrachteten ihn als Oberherrn, er selbst legte auf die neue Würde großes Gewicht und ließ sich 802 als christlichem Oberherrn der Kirche aufs neue huldigen. Im fränkischen Reich hatte der König immer die Bistümer besetzt und Pfründen verliehen. K. griff auch in die Lehre der Kirche ein. Kirchenversammlungen berief er nicht nur, sondern änderte auch gelegentlich ihre Beschlüsse und überwachte den Wandel der Geistlichen. Auch die weltlichen Gesetze beeinflußte er in christlichem Geiste, ließ aber den Geist der Volksrechte und die auf nationaler Grundlage erwachsene Organisation des fränkischen Reiches möglichst unangetastet, wenn er auch durch seine Erlasse (Kapitularien), die auf den jährlich im Mai und Herbste stattfindenden Reichsversammlungen verkündet wurden, eine größere Einheit in dem vielsprachigen Reich herzustellen suchte. Königliche Sendboten (missi) sandte K. in den Provinzen umher, um den Kultus, die Finanzen und das Gerichtswesen zu überwachen und die Grafen zu kontrollieren an Stelle der Herzoge, deren Ämter K. außer in Benevent beseitigte. In jedem Gau gebot als Richter, militärischer Vorsteher und Finanzbeamter ein Graf, der dreimal im Jahre die ordentliche Gerichtsversammlung abhielt und den Heerbann seines Gaues in den Krieg führte. Als Gehalt bezogen die Beamten die Nutzung von gewissem, ihnen überwiesenem Landbesitz und Teile der Gerichtsbüßen. Das Staatseinkommen bestand in den Erträgen der königlichen Domänen (fisci), deren Verwaltung K. mit Sorgfalt und großer Sachkenntnis leitete, Gerichts- und Heerbannbußen, freiwilligen Geschenken, die von jeher üblich waren, und gewaltsamen Einziehungen, die über treulose Große verhängt wurden; Steuern gab es nicht, aber wohl persönliche Dienste, da jeder zum Vorspann und zur Verpflegung des Königs und seines zahlreichen Gefolges auf seinen dauernden Fahrten durch das Reich verpflichtet war. K. verfügte über große Geldmittel und konnte gewaltige Unternehmungen, wie einen Donau-Mainkanal, den er wenigstens begann, und glänzende Bauten von Kirchen und Pfalzen ausführen, so in Nimwegen, Ingelheim und vor. allen in Aachen. K. fühlte sich als Deutscher; nur in Äußerlichkeiten gab er römischen oder byzantinischen Einflüssen Raum und führte z. B. in das höfische Zeremoniell Kniefall und Fußkuß ein. Sein Herz hing an der altfränkischen Heimat: hier versammelte er die Großen um sich, hier feierte er am liebsten das Weihnachtsfest (19 mal in Aachen, nur 6 mal in Gallien). Stets begleiteten ihn seine beiden ersten Räte, der Apokrisiarius, der den geistlichen, der Pfalzgraf, der den weltlichen Angelegenheiten vorstand. In den spätern Jahren hatte K. einen Kreis Vertrauter um sich, die gelehrtesten Männer ihrer Zeit. 781 schon zog er gelegentlich seines Zuges nach Italien den gelehrten Angelsachsen Alkuin an seinen Hof; 782 gewann er Paulus Diaconus, den Geschichtschreiber der Langobarden, und den Grammatiker Peter von Pisa. Sie wurden die vornehmsten Lehrer der Hochschule, die am königlichen Hof entstand. Hier empfing er selbst, seine Kinder und viele edle Jünglinge aus dem Reich Unterricht in der Dichtkunst, Rhetorik, Dialektik und Astronomie, ja auch im Griechischen und Lateinischen. In diesem Kreise von Gelehrten, die klassische und biblische Namen annahmen, störte kein Zeremoniell die Vertraulichkeit; für seine Gelehrten war K. nicht der Kaiser, sondern trug den Namen David. Die Handschriften der Bibel und der angesehensten römischen Autoren ließ er durch Mönche abschreiben, um die Benutzung dieser Werke zu erleichtern. Aus jener Schule gingen Männer hervor, wie Angilbert (s. d.), zugleich Dichter und Staatsmann, und Einhard (s. d.), des Kaisers Biograph. Geistliche und weltliche Würdenträger empfingen hier oder in den zu Tours und Pavia später begründeten Zweigschulen ihre Bildung. Auch der vaterländischen Literatur wendete er sein Interesse zu und ließ alle Lieder aus der germanischen Heldensage sammeln; diese Sammlung ist aber leider verloren gegangen.
K. war von breitem, kräftigem Körperbau, von stattlicher Größe (sie betrug sieben seiner Füße), hatte große, lebhafte Augen, eine bedeutende Nase; der Hals war dick und etwas zu kurz, sonst war der Körper ebenmäßig gebaut. Sein Aussehen war würdig u. achtunggebietend, der Gang fest, die Stimme heller, als man nach seiner Erscheinung erwarten sollte. Er erfreute sich dauernder Gesundheit, nur in seinen vier letzten Lebensjahren war er vom Fieber geplagt. Seine Kleidung war fränkisch; fremdländische verschmähte er, und nur bei Festlichkeiten erschien er in einem goldgewirkten Kleid, mit Schuhen, an denen Edelsteine funkelten, und einem Diadem aus Gold und Edelsteinen. Einfach war seine Lebensweise: er war mäßig im Essen und Trinken, weniger jedoch in ersterm als in letzterm, weil das Fasten seinem Körper schade. Obwohl im Regiment durchaus selbständig, bestimmten ihn, den tiefe Frömmigkeit auszeichnete, doch bisweilen religiöse Beweggründe zu politischen Maßregeln; aber er war kein Diener der Geistlichkeit, am wenigsten des Papstes. Er verband durchdringende Verstandesschärfe mit unbeugsamer Willenskraft. Das Höchste galt ihm nicht für unerreichbar, aber auch das Kleinste nicht zu gering. Er war von leidenschaftlichem Temperament und für Frauenschönheit empfänglich, wie er denn neben seinen Gemahlinnen mehrere Beischläferinnen hatte; aber geschlechtliche Ausschweifungen, sogar mit einer Schwester, hat ihm nur die neidische Sage angedichtet. Viermal war er vermählt: erstens mit einer Tochter des langobardischen Königs Desiderius, die er 771 verstieß; zweitens mit Hildegard, einer vornehmen Schwäbin; drittens mit Fastrada, der Tochter des ostfränkischen Grafen Radolf; viertens mit der Alemannin Luitgard. Hildegard hatte ihm fünf Söhne und drei Töchter geboren. Von den Söhnen blieben drei am Leben, von denen der ältere, Karl, schon 781 zum Nachfolger im fränkischen Reich bestimmt wurde, während von den jüngern Pippin (zuerst Karlmann genannt) zum König von Italien, Ludwig (später »der Fromme«) zum König von Aquitanien gesalbt wurde. Nach der Annahme der Kaiserkrone schien ihm 806 eine neue Teilung notwendig, die trotz der dem ältesten Sohn vorbehaltenen Oberhoheit einer Zerstückelung des Reiches gleichgekommen wäre, aber durch den Tod der beiden ältern, Karls (811) und Pippins (810), vereitelt wurde. So blieb Ludwig der alleinige Erbe und setzte sich auf den Wunsch des Vaters 813 im Münster zu Aachen die Kaiserkrone mit eigner Hand aufs Haupt. K. wurde in dem von ihm erbauten Münster zu Aachen feierlich beigesetzt. Otto III. ließ im J. 1000 das Grab öffnen, man fand den Kaiser auf seinem marmornen Thron sitzend, im Kaisermantel und das Schwert an der Seite, auf seinen Knieen lag die Bibel. Friedrich I. erwirkte bei dem Gegenpapst Paschalis III. die Heiligsprechung Karls (28. Dez. 1164) und ließ, um die heiligen Gebeine zu bergen, 27. Juli 1165 noch einmal die Gruft öffnen und den Leichnam, mit Ausnahme des Kopfes und eines Schenkels, in einen silbernen Schrein legen, der seinen Platz auf dem Altar fand. Doch den kommenden Geschlechtern schwand die Kunde von diesem Vorgang, und erst 1843 entdeckte man, daß der Schrein, in dem man die Reliquien des heil. Leopardus vermutete, des großen Kaisers Gebeine enthalte. Der Kopf und ein Schenkel waren in der Sakristei aufbewahrt und dort Jahrhunderte hindurch den Fremden gezeigt worden. Vgl. Tafel »Goldschmiedekunst«, Fig. 1, mit Text.
Kein Sterblicher hat die Phantasie der Nachgebornen so beschäftigt wie K.: nicht allein jede der Nationen, über deren Vorfahren er einst geherrscht, Deutsche, Franzosen, Niederländer, Italiener, nahm ihn als den Ihrigen in Anspruch und umwob seine weltgebietende Gestalt mit dem verklärenden Schimmer der Sage, sondern auch bei Engländern, Skandinaviern und Spaniern, mit denen ja K. nur wenig in Berührung gekommen ist, knüpft sich nach Jahrhunderten eine umfangreiche Literatur an seine Person. Während die Kirche schon vor dem ersten Kreuzzug von einer Heerfahrt Karls nach dem Orient fabelte (zuerst bei Benedikt um 968) und bis in das spätere Mittelalter die verschiedensten staatlichen Einrichtungen als Werke Karls bezeichnet werden, behandelte die französische und die provenzalische Dichtkunst mit Vorliebe die Kämpfe Karls gegen die Araber in Spanien (wie denn auch das älteste erhaltene Gedicht die »Chanson de Roland« ist), weniger die Züge nach Italien und Sachsen und Karls Jugend. Auch im deutschen Volke lebten zahlreiche Sagen über den großer Kaiser: man erzählte sich, er weile im Untersberg (bei Salzburg) und werde einst erscheinen, um das Reich in neuer Macht und Herrlichkeit wieder herzustellen. Aber nur in der »Kaiserchronik« (von 1160) sind diese Sagen niedergeschrieben, die übrigen Gedichte des karolingischen Sagenkreises, wie das »Rolandslied« und »Wilhelm von Oranse«, beruhen auf französischen Vorbildern. Ähnlich ist es in Italien; hier enthält nur die Chronik von Novalese (aus dem 11. Jahrh.) einheimische Sagen über K. und zwar meist von feindseliger Tendenz; die französischen Dichtungen wurden schon im 12. Jahrh. bekannt und haben ein Heer von Nachahmungen hervorgerufen, deren bedeutendste Ariosts »Rasender Roland« ist. Auch bei den übrigen oben genannten Nationen sind die zahlreichen Dichtungen über K. auf französische Vorbilder zurückzuführen, selbst die »Karlamagnus-Saga«, die im 13. Jahrh. in Island entstand (Weiteres s. Karlssage). Den historischen K. haben neuere Dramatiker auf die Bühne zu bringen gesucht, wie die Tragödien von Märcker (»K. der Große«, 1861), Kösting (»Zwei Könige«, 1863) u. a. erweisen. Vgl. Einhard (s. d.), Vita Caroli Magni (deutsch von O. Abel, 3. Aufl., Leipz. 1893); S. Abel, Jahrbücher des fränkischen Reichs unter K. dem Großen (Bd. 1, Berl. 1866; 2. Aufl. 1888; Bd. 2 von Simson, Leipz. 1883); Vétault, Charlemagne (Tours 1876); Brosien, K. der Große (Leipz. u. Prag 1885); Mombert, History of Charles the Great (Lond. 1888); v. Döllinger, Das Kaisertum Karls des Großen und seiner Nachfolger (Münch. 1864); v. Wyß, K. der Große als Gesetzgeber (Zürich 1869); Paris, Histoire poétique de Charlemagne (Par. 1865); Clemen, Die Porträtdarstellungen Karls des Großen (Aach. 1890); Rauschen, Die Legende Karls des Großen im 11. und 12. Jahrhundert (Leipz. 1890); Davis, Charlemagne, hero of two nations (Lond. 1900); Lindner, Die Fabel von der Bestattung Karls des Großen (Aachen 1893 u. 1896); Ketterer, K. der Große und die Kirche (Münch. 1898); Ohr, Die Kaiserkrönung Karls des Großen (Tübing. 1904).
3) K. II., der Kahle, geb. 13. Juni 823 in Frankfurt a. M., gest. 6. Okt. 877, einziger Sohn Ludwigs I., des Frommen, aus dessen zweiter Ehe mit Judith, der Tochter des bayrischen Grafen Welf, erhielt 829 Alemannien, was den Zwist Kaiser Ludwigs mit seinen Söhnen aus erster Ehe zur Folge hatte, dann 837 das mittlere Francien zwischen Weser und Loire, wurde 838 zum König gekrönt und wurde sogar 839 Herr von ganz Westfrancien mit Ausnahme von Südburgund. Als nach Ludwigs des Frommen Tode (840) dessen ältester Sohn, Kaiser Lothar, das ganze Reich beanspruchte, verband sich K. 841 mit dem andern Stiefbruder, Ludwig dem Deutschen, beide lieferten 25. Juni d. J. bei Fontenoy, unfern Auxerre, Lothar eine entscheidende Schlacht, worauf sie sich gegenseitig in Straßburg 14. Febr. 842 den Schwur gegenseitiger Treue in romanischer und deutscher Sprache erneuerten, und zwangen Lothar zum Teilungsvertrag von Verdun 10. Aug. 843. Dadurch erhielt K. Westfrancien, d. h. Aquitanien, Septimanien nebst der spanischen Mark, das westliche Burgund, Neustrien, die Bretagne und Flandern. Damals begannen die Raubzüge der Normannen (aus Norwegen und Dänemark), die mit kleinen Schiffen die Mündungen der Seine, Loire und Rhone hinausfuhren und 845 sogar Paris plünderten, und K., dem Krieg abhold, erkaufte ihren Rückzug wiederholt durch schimpflichen Tribut. Mit Ludwig dem Deutschen jetzt verfeindet, fiel er erfolglos 861 in die Provence, das Land seines Neffen Karl, ein und duldete nach dessen Tode (863), daß Ludwig und Lothar II., mit dem er seit 860 in Zwist lebte, sich in dessen Land teilten. Kaum war Lothar II. aber ohne legitime Erben gestorben (869), ließ sich K. 9. Sept. 869 in Metz zum König von Lothringen krönen, räumte aber schon, als eine Gesandtschaft Ludwigs des Deutschen erschien, das Land. Darauf teilten die Brüder 8. Aug. 870 in Mersen das Reich aufs neue: K. erhielt außer Südfriesland das Land westlich von der Maas, Ourthe, Mosel und der Rhone. Der weltlichen Großen vermochte K. nicht Herr zu werden und stützte sich auf die Geistlichkeit, der er als Mann von gelehrter, selbst theologischer Bildung sehr nahe stand. Diese Politik brachte es mit sich, daß die Geistlichkeit durch ihren Reichtum und die persönliche Bedeutung ihrer meisten Vertreter (Hinkmar von Reims) großen Einfluß auf die Verwaltung des Landes gewann und auch in ihrem Kampfe gegen den Papst bei K. Unterstützung fand. Als Kaiser Ludwig II. 875 starb, krönte der Papst, gegen den energischen Ludwig den Deutschen mißtrauisch, K. 25. Dez. 875 in Rom zum Kaiser. Die lombardischen Großen erkannten ihn (im Februar 876) zu Pavia als König von Italien an, auch die westfränkische Geistlichkeit stimmte auf der Synode zu Ponthion (im Juni 876) zu. Als K. aber nach Ludwigs des Deutschen Tode in dessen Land einfiel, wurde er von dem jüngern Ludwig bei Andernach (8. Okt. 876) geschlagen. Karlmann, Ludwigs des Deutschen andrer Sohn, wollte ihn sogar aus Oberitalien vertreiben, wohin ihn der bedrängte Papst 877 gerufen hatte. Aber auf die Kunde von Karlmanns Herannahen zog er sich zurück, überschritt den Mont Cenis und erlag noch 877 in einem Weiler im Tal des Arc einem Fieber. K. war zweimal verheiratet: zuerst mit Irmintrud, der Nichte des Grafen Adalhard; nach deren Tode mit Richilda, der Witwe eines Grafen Buwin. In seiner ersten Ehe waren ihm acht Kinder geboren. Von seinen vier Söhnen hatte er Ludwig zum König von Neustrien, Karl zum König von Aquitanien krönen lassen; jedoch beide empörten sich gegen den Vater 862. Dieser unterwarf sie aber bald und ließ nur dem ältern sein Reich. Gegen seine Kinder war K. lieblos, ja grausam, am meisten gegen Karlmann, den er wider dessen Willen zum Geistlichen bestimmte und, als er sich empörte, blenden ließ. Da der jüngere Karl 866 starb, ging das Reich bei des Vaters Tode auf Ludwig über. Vgl. Voß, De Carolo Calvo (Halle 1844); Dümmler, Geschichte des ostfränkischen Reiches, Bd. 3 (2. Aufl., Leipz. 1888).
4) K. III., seit dem 12. Jahrh. der Dicke genannt, geb. 839, gest. 13. Jan. 888, Ludwigs des Deutschen und der Welfin Hemma dritter Sohn, erhielt 876 bei per Teilung mit seinen Brüdern Karlmann und Ludwig Alemannien und das Elsaß, erbte aber nach dem Tode dieser beiden (880 und 882) auch deren Länder einschließlich Lothringens, das Ludwig der Jüngere gewonnen hatte. Vom Papst gegen die Sarazenen zu Hilfe gerufen, hatte er 879 das Königreich Italien erworben, ward im Februar 881 in Rom zum Kaiser gekrönt, 885 von den westfränkischen Großen ebenfalls zum König erwählt und vereinigte fast das gesamte Reich Karls d. Gr. unter seiner Herrschaft. Die Normannen, die damals den Niederrhein verwüsteten, umzingelte er 882 in ihrem Lager bei Elsloo an der Maas, schloß dann aber mit ihrem König Gottfried einen schimpflichen Vergleich und zahlte 2412 Pfd. Gold und Silber. Als die Normannen 886 Paris belagerten, erkaufte K. wiederum den Frieden für 700 Pfd. Silber. Wenig willensstark, war er von den Großen des Reichs abhängig, die ihn zur Entlassung seines vornehmsten Ratgebers, des Erzkanzlers Liutward von Vercelli, zwangen (887), und als die Verleumdung die Kaiserin Richarda sträflichen Umgangs mit diesem Günstling zieh, trennte sich die tief gekränkte Frau von dem indolenten Gemahl. Die Schwäche des Kaisers, die durch sein Siechtum (Epilepsie) noch vermehrt wurde, rief in allen Gauen Unzufriedenheit hervor, und als Herzog Arnulf von Kärnten, Karlmanns illegitimer Sohn, gegen den Oheim mit einem Heer heranzog, fielen die gerade in Tribur versammelten Großen von K. ab (im November 887) und huldigten Arnulf zu Frankfurt a. M. K. zog sich auf einige Güter in Schwaben zurück, die ihm der Neffe gelassen hatte, starb aber bald in Neidingen (bei Fürstenberg) an der Donau und wurde in der Klosterkirche auf dem Eiland Reichenau bestattet. Seine Ehe war kinderlos gewesen, er hinterließ bloß einen Bastard, Bernhard. Vgl. Dümmler, Geschichte des ostfränkischen Reichs, Bd. 3 (2. Aufl., Leipz. 1888).
[Deutsche Kaiser und Könige.] 5) K. IV., geb. 14. Mai 1316 in Prag, gest. daselbst 29. Nov. 1378, Sohn des Königs Johann von Böhmen, hieß ursprünglich Wenzel und erhielt erst bei seiner Famung den Namen K. Mit trefflichen Anlagen ausgestattet, in seiner Jugend am französischen Hof erzogen, hatte er sich eine Fülle von Kenntnissen erworben: er sprach und schrieb fünf Sprachen. K. übernahm 1331 an seines Vaters Statt das diesem vom Kaiser Ludwig dem Bayer übertragene Reichsvikariat von Italien, sodann das Markgrafentum Mähren und die Verwaltung von Böhmen. 1346 zog er mit seinem Vater dem französischen König gegen die Engländer zu Hilfe und rettete sich in der Schlacht von Crecy, in der sein Vater fiel, nur durch schnelle Flucht. Nach seiner Wahl als Gegenkönig Ludwigs des Bayern (11. Juli 1346 in Rhense) gestand er dem Papst alles zu, was dieser von ihm verlangte, namentlich sich nie in die italienischen Angelegenheiten mischen zu wollen, wie er sich überhaupt bereitwillig der Kirche unterordnete, dafür aber frei über die deutschen Erzbistümer und Bistümer verfügte. Schon 26. Nov. 1346 in Bonn ge krönt, ließ er in Aachen die Krönung (25. Juli 1349) wiederholen, als er den nach Ludwigs Tode von der wittelsbachischen Partei aufgestellten Gegenkönig Günter von Schwarzburg zur Verzichtleistung vermocht hatte, und bewog durch die Unterstützung des falschen Waldemar, der ihm 1348 die Oberlausitz ab trat, die Wittelsbacher zur Nachgiebigkeit und Huldigung (1350). Hierauf unternahm er 1354 einen Zug nach Italien, ließ sich in Mailand zum König von Italien (6. Jan. 1355) und in Rom (5. April) zum Kaiser krönen, kehrte aber, seines Versprechens eingedenk, nach der Krönung unverzüglich nach Deutschland zurück. Hier schuf er 1356 durch die Goldene Bulle (s. d.) das erste Reichsgrundgesetz, das die tatsächlich bestehenden Verfassungsverhältnisse sanktionierte. Auf einer Zusammenkunft mit Urban V. in Avignon (1365) versprach K., den Papst nach Rom zurückzuführen, ließ sich aber 1367 sogleich zu einem Frieden mit den dem Papst feindlichen Visconti herbei, und der Papst kehrte nach Avignon zurück. Die Goldene Bulle war den Städten nicht günstig; besonders verabscheute K. deren Bündnisse als dem Königtum gefährlich und suchte sie durch Landfriedensbündnisse zu ersetzen, die er wiederholt beschwören ließ. Er unterschätzte aber die Macht der Städte; er konnte 1376, als er die Partei der Ritter in Schwaben ergriff, den Widerstand des Schwäbischen Städtebundes nicht brechen, belagerte vergeblich Ulm und schloß für sich einen Waffenstillstand, indem er die Fortsetzung des Kampfes dem Adel überließ. Dagegen stellte er, der des Reiches Erzstiefvater genannt worden ist, in seinem Erblande, das ihm sein Vater in völliger Zerrüttung hinterlassen hatte, einen Zustand her, der allen deutschen Ländern jener Zeit als Muster gelten konnte; damit hat er außerordentlich viel zur kulturellen Hebung Ostdeutschlands beigetragen und den Grund für die Entwickelung gelegt, die dem Hause Habsburg, das schließlich die Luxemburger beerbte, zugute gekommen ist. Er sorgte dort für Sicherheit der Straßen und des Verkehrs, förderte den Handel und Gewerbfleiß, den Acker- und Bergbau, machte die Moldau schiffbar, baute die Moldaubrücke und andre prächtige Bauten in und bei Prag, brachte das Gerichtsverfahren in geordneten Gang, gründete in Prag ein Erzbistum und 1348 die erste deutsche Universität und zog eine Menge deutscher Künstler und Handwerker an seinen Hof. Auf Mehrung der Hausmacht bedacht, aber dem Krieg und Kampf abhold, erwarb er meist durch Geld neue Landesteile: 1353 die Oberpfalz, bald darauf Eger, 1364 die Niederlausitz und 1373 die Mark Brandenburg; 1355 vereinigte er Schlesien und die Oberlausitz untrennbar mit der böhmischen Krone. Auch mit dem Haus Habsburg schloß er eine Erbverbrüderung (1364 in Brünn), die sich damals sogar zugunsten der Luxemburger bald zu erfüllen schien. In allen Gegenden Deutschlands kaufte er sich an, und viele schwäbische, fränkische und bayrische Edelleute mußten in das Vasallenverhältnis zur Krone Böhmen treten. Die Wahl seines ältesten lebenden Sohnes, Wenzel, zum Nachfolger (1376) kostete ihm hohe Geldsummen; dieser erhielt Böhmen, Schlesien und den größten Teil der Lausitz, der zweite Sohn, Siegmund, die Mark Brandenburg, der dritte, Johann, das Herzogtum Görlitz und die Neumark als Erbe, während Mähren an Karls Neffen Jobst und Prokop fiel. In Prag wurde ihm 1848 ein Denkmal (von Hähnel) errichtet. Vgl. seine treffliche Selbstbiographie »Vita Caroli IV. ab ipso conscripta« (bis 1346) in Böhmers »Fontes rerum germanicarum«, Bd. 1 (deutsch von Ölsner, Leipz. 1885 u. 1899); Pelzel, Geschichte Kaiser Karls IV. (Prag 1780, 2 Bde.); Werunsky, Geschichte Kaiser Karls IV. und seiner Zeit (Innsbr. 1880–92, 3 Bde.); Böhmer, Die Regesten des Kaiserreichs unter Kaiser K. IV. (hrsg. von Huber, das. 1877; Nachtrag 1889); Friedjung, Kaiser K. IV. und sein Anteil am geistigen Leben seiner Zeit (Wien 1876); Gottlob, Karls IV. private und politische Beziehungen zu Frankreich (Innsbr. 1883); Ahrens, Die Wettiner unter Kaiser K. IV. (Leipz. 1895).
6) K. V., deutscher Kaiser und (als K. I.) König von Spanien, geb. 24. Febr. 1500 in Gent, gest. 21. Sept. 1558, ältester Sohn Philipps, des Erzherzogs von Österreich, und Johannas, der Erbtochter des Königs Ferdinand von Aragonien und seiner Gemahlin Isabella von Kastilien, wurde unter der Aussicht seiner Tante, der Erzherzogin Margarete, von Wilhelm von Croy und dem Utrechter Priester Hadrian Floriszoon (dem nachmaligen Papst Hadrian VI.) in den Niederlanden erzogen. Nach dem Tode seines Vaters (1506) Herr der Niederlande geworden und 1515 für großjährig erklärt, erbte K. 1516 nach Ferdinands Tode Spanien, da seine Mutter Johanna geisteskrank war. 1517 ging er mit niederländischem Gefolge nach Spanien, kam bald mit den Cortes in Konflikt, kehrte aber trotzdem 1520 nach den Niederlanden zurück, worauf 1521 der sogen. Aufstand der Communeros ausbrach, der erst 1522 unterdrückt wurde. K. war 28. Juni 1519 in Frankfurt a. M. zum König erwählt, 22. Okt. 1520 in Aachen gekrönt worden und hatte in der Wahlkapitulation vom 3. Juli 1519 unter anderm auch die Errichtung eines Reichsregiments während seiner voraussichtlich öftern Abwesenheit von Deutschland versprochen und berief 1521 seinen ersten Reichstag nach Worms, wo er, den deutschen Verhältnissen innerlich fremd, gegen Luther Partei ergriff. K. war strenger Katholik, der zwar in der Kirche manches für der Besserung bedürftig hielt, aber für die innere Überzeugung Luthers nicht das geringste Verständnis besaß. Noch 1521 brach der Krieg mit Franz I. von Frankreich, der durch Karls Übermacht ernstlich bedroht war, über die Herrschaft in Italien aus. Papst Leo X., durch Luthers Verurteilung gewonnen, und fast alle Staaten Italiens, selbst Heinrich VIII. von England, traten auf Karls Seite. Mailand ward 1521 den Franzosen entrissen, die 1522 nach der Niederlage ihres Feldherrn Lautrec bei Bicocca Italien ganz räumen mußten. K. wollte nun ganz Frankreich erobern, sein Heer fiel in Frankreich ein, und der Connetable Karl von Bourbon trat auf seine Seite. Schon belagerte das kaiserliche Heer Marseille, als es zum Rückzug nach Italien gezwungen wurde; hier erlitten aber die französischen Waffen eine neue Niederlage bei Pavia (24. Febr. 1525), Franz selbst fiel in Gefangenschaft, wurde nach Spanien gebracht und mußte in dem Frieden zu Madrid (14. Jan. 1526) auf Italien verzichten und Burgund zurückgeben. Freigelassen, erhob er aufs neue die Waffen und fand 1526 in Papst Clemens VII. und den ihm verbündeten Hauptstaaten Italiens Bundesgenossen gegen K. Die kaiserlichen Truppen drangen in Italien ein und erstürmten und plünderten Rom 6. Mai 1527; der Papst hielt sich in der Engelsburg eingeschlossen und entkam erst 1528. Nun erklärten Frankreich und England dem Kaiser den Krieg; eine französische Armee unter Lautrec eilte dem Papst zu Hilfe, drang bis an die neapolitanische Grenze vor und belagerte Gaëta, mußte aber, als Andrea Doria, der Admiral von Genua, zum Kaiser überging, unverrichteter Sache abziehen. Ein zweites französisches Heer, das im Sommer 1528 in Italien erschien, ward ebenfalls zurückgeworfen, und der darauf folgende Friede von Cambrai (1529) sicherte K. die Herrschaft über Italien, die auch der Papst anerkannte. 1529 reiste K., seit 29. Juni in Barcelona mit dem Papst versöhnt, aus Spanien durch Italien nach Deutschland und ließ sich unterwegs von Clemens VII. 24. Febr. 1530 in Bologna zum Kaiser krönen.
Die Reformation hatte inzwischen große Fortschritte in Deutschland gemacht, und die Fürsten dachten, als K. das Reichsregiment auflöste, sogar an seine Absetzung; nur der Sieg von Pavia hatte dies verhindert. Wiederholt hatte K. Vollstreckung des Wormser Edikts erfolglos verlangt, auch die Beschlüsse des zweiten Speyerer Reichstags (1529) gegen die Reformation blieben fruchtlos. Von den ungarischen Angelegenheiten und einem Einfall der Türken beunruhigt, besonders aber um dem Protestantismus entgegenzuwirken, schrieb K. auf 1530 einen Reichstag nach Augsburg aus; hier überreichten ihm die Protestanten ihr Glaubensbekenntnis (s. Augsburgische Konfession), erreichten aber nichts; der Reichsabschied befahl den Protestanten unter scharfen Drohungen die Rückkehr zur katholischen Kirche. K. befürwortete beim Papst Einberufung eines allgemeinen Konzils, um den Protestantismus zu unterdrücken, wie um eine Kirchenverbesserung nach seinem Sinn einzuführen, wollte aber gleichzeitig die Widerstrebenden mit Gewalt zum Gehorsam bringen, fand nur 1530 und 1531 die Gelegenheit dazu nicht, und mußte sogar 1532 den Protestanten im Nürnberger Religionsfrieden Zugeständnisse machen. Mit 80,000 Mann zog der Kaiser hierauf 1532 gegen die Türken und zwang sie zum Rückzug und kehrte durch Italien nach Spanien zurück. Unausgesetzt drohte ihm ein neuer französischer Krieg; unwiderstehlich verbreitete sich in Deutschland der Protestantismus, und der Papst war in keiner Weise zur Berufung des Konzils zu bewegen. 1535 unternahm K. einen Zug wider die unter dem Schutz der Pforte an der afrikanischen Küste sich bildenden Raubstaaten, erstürmte den Hafen von Tunis, Goletta, schlug Chaireddin Barbarossa in einer großen Feldschlacht, setzte den verjagten Dei Mulei Hassan in Tunis wieder ein und befreite 20,000 Christensklaven aus den Händen der Barbaresken. Während dieser glücklichen Kämpfe war aber König Franz von Frankreich wieder in Savoyen und Oberitalien eingebrochen, wurde zwar aus dem größten Teil der savoyischen Länder wieder vertrieben; aber auch das kaiserliche Heer, das in die Provence einfiel und sogar 1536 Marseille belagerte, mußte sich zurückziehen. Durch die Bemühungen des neuen Papstes Paul 111., der K. auch die Berufung eines Konzils versprach, kam 1538 in Nizza ein zehnjähriger Waffenstillstand zustande, und 14.–16. Juli d. J. fand zwischen beiden Monarchen eine vertrauliche Besprechung in Aigues-Mortes statt, wo beide die Verlängerung des Waffenstillstandes beschlossen.
Als in den Niederlanden wegen einer geforderten Kriegssteuer eine Empörung ausbrach, reiste K. durch Frankreich dorthin, erschien 1540 vor dem aufständischen Gent, unterwarf es und strafte die Rebellen. Von den Niederlanden ging K. 1541 durch Deutschland, von da nach Italien. Dann unternahm er einen Zug gegen Algier, begleitet von der Blüte des spanischen und italienischen Adels und den Malteserrittern. Am 20. Okt. erreichte die Flotte die Höhe von Algier, aber der Sturm zerstreute seine Schiffe und die gelandeten Truppen waren dem Feinde preisgegeben; nur wenige kehrten zurück. Diese Bedrängnis Karls benutzte Franz von Frankreich zur Niederwerfung seines Feindes, und der an zwei französischen Gesandten bei ihrer Durchreise durch das mailändische Gebiet verübte Mord, wofür der Kaiser keine Genugtuung gewährte, bot den Vorwand. Franz griff K. 1542 in Spanien, Luxemburg, Brabant, Flandern und Mailand an, aber zur See blieb Andrea Doria Herr. K. brachte 1543 schnell den Herzog von Kleve zur Unterwerfung, der sich Franz anschließen wollte, und 1544 drang K. siegreich bis in die Nähe von Paris, schloß dann aber plötzlich mit Franz den Frieden von Crépy 18. Sept. 1544, in dem Franz ohne weitere Verluste davonkam. Endlich hatte auch der Papst das seit langem geforderte Konzil nach Trient berufen, und er war nun entschlossen, den allgemeinen Frieden in derKirche herzustellen. Im Juli 1546 auf dem Regensburger Reichstag erklärte K., durch seine Erfolge ermutigt, die Führer der Protestanten als Rebellen in die Acht, aber die schmalkaldischen Bundesgenossen kamen ihm in der Kriegsrüstung zuvor, und mit Not hielt sich K. gegen die überlegene protestantische Heeresmacht. Erst als Herzog Moritz von Sachsen in das Land seines Verwandten, des Kurfürsten Johann Friedrich, einfiel, erhielt K. das Übergewicht. Da die schmalkaldischen Verbündeten eilig nach Sachsen abzogen, so konnte K. ihre süddeutschen Genossen einen nach dem andern unterwerfen; endlich gab die Schlacht bei Mühlberg an der Elbe 24. April 1547 auch den Kurfürsten von Sachsen und freiwillige Unterwerfung den Landgrafen von Hessen in seine Hand.
Nach Vernichtung des Schmalkaldischen Bundes dachte K. an eine Wiedervereinigung der Religionsparteien und erließ zu dem Ende auf dem Augsburger Reichstag 1548 das sogen. Interim (s. d.), das jedoch den gewünschten Erfolg nicht hatte. Des Kaisers Ansinnen an die Kurfürsten, seinen Sohn Philipp zum dereinstigen Kaiser zu bestimmen, veranlaßte eine neue Koalition der protestantischen Fürsten gegen ihn und bewog namentlich den Kurfürsten Moritz von Sachsen zum Abfall. Letzterer benutzte die ihm von K. 1550 übertragene Achtsvollstreckung gegen Magdeburg zur Zusammenbringung eines Heeres, ging insgeheim eine Verbindung mit Heinrich II. von Frankreich und mit mehreren deutschen Fürsten ein, erhob sich im Frühjahr 1552 gegen den Kaiser, drang im Mai in Tirol ein und verfolgte K. persönlich, so daß dieser von Innsbruck nur mit genauer Not nach Villach entkam. Karls Macht war dadurch gebrochen, widerwillig willigte er in den von seinem Bruder Ferdinand vermittelten Passauer Vertrag vom 2. Aug. 1552 und in den Augsburger Religionsfrieden vom 26. Sept. 1555. Gleichzeitig aber hatte Heinrich II. von Frankreich die lothringischen Bistümer Metz, Toul und Verdun in Besitz genommen, und K. versuchte vergeblich, Metz zurückzuerobern; im Februar 1556 schloß er mit Frankreich zu Vaucelles einen Waffenstillstand auf fünf Jahre. Im Oktober 1555 trat K. seinem einzigen Sohn, Philipp, die Niederlande ab, 15. Jan. 1556 auch Spanien und Neapel. Den deutschen Kurfürsten ließ er im September d. J. seine förmliche Abdankungsurkunde zugehen. Er selbst zog sich in das Kloster San Yuste bei Plasencia in Estremadura zurück, wo er den Rest seines Lebens in Zurückgezogenheit, aber doch unter lebhafter Teilnahme an den Weltereignissen und den Staatsgeschäften zubrachte und 1558 starb; er wurde 1574 im Escorial beigesetzt. Seine Gemahlin Isabella von Portugal hatte ihm Philipp II., seinen Nachfolger in Spanien, Maria, die Gemahlin Maximilians II., und Johanna, die Gemahlin des Thronfolgers Johann von Portugal, geboren. Johann von Österreich (s. Juan d'Austria) und Margarete, die Gemahlin des Herzogs von Parma, später Statthalterin der Niederlande, waren natürliche Kinder Karls. Sein Reich hatte Spanien mit den amerikanischen Kolonien, Neapel, die Niederlande und Österreich umfaßt; er hatte 1536 das Herzogtum Mailand noch hinzugefügt, 1521 aber schon Österreich seinem 1531 zum römischen König gekrönten Bruder Ferdinand abgetreten, der nach Karls Abdankung die österreichische oder deutsche Linie der Habsburger begründete.
K. war von schmächtiger Gestalt, spät entwickelt und kränklich; schweres Gichtleiden ließ ihn früh altern. Auch geistig reiste er langsam, zeigte aber eine große Zähigkeit und Ausdauer in der Verfolgung seiner Weltherrschaftspläne, die er nach großen Erfolgen schließlich doch scheitern sah. Für Deutschland war es verhängnisvoll, daß er für die deutschen Interessen und Wünsche keinen Sinn und für die deutschen religiösen und kirchlichen Ideen kein Verständnis hatte. K. hat sein Leben 1550 selbst beschrieben. Erst neuerdings ist eine portugiesische Übersetzung seiner Memoiren aufgefunden und von Kervyn de Lettenhove u. d. T.: »Commentaires de Charles-Quint« (Brüss. 1862; deutsch von Warnkönig, Leipz. 1862) veröffentlicht worden. Seine Korrespondenz gaben Lanz (Leipz. 1844–46, 3 Bde.) und Gachard (»Correspondance de Charles-Quint et d'Adrien VI«, Brüss. 1859) heraus. Die gleichzeitigen Historiker Jovius, Sleidanus, Sepulveda, Adriani u. a. haben seine Geschichte behandelt, Sandoval hat aus spanischen Relationen »Vida y hechos del emperador Carlos V.« (1604) zusammengestellt. Später ist seine Geschichte oft behandelt, z. B. von Robertson (Lond. 1769; neue Ausg. 1886; deutsch, 3. Aufl., Braunschw. 1795, 3 Bde.); von neuern Werken vgl. Baumgarten, Geschichte Karls V. (Stuttg. 1885–92, 3 Bde.); E. Armstrong, The emperor Charles V. (Lond. 1902, 2 Bde.); Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation (6. Aufl., Leipz. 1881, 6 Bde.); Henne, »Histoire du règne de Charles-Quinten Belgique« (2. Aufl., Brüss. 1865, 4 Bde.); G. de Leva, »Storia documentata di Carlo V. in correlazione all' Italia« (Vened. 1875–94, 5 Bde.); Mignet, Rivalité de Charles-Quint et François I (Par. 1875, 2 Bde.); Maurenbrecher, K. V. und die deutschen Protestanten (Düsseld. 1865); Höfler, Karls I. (V.) Wahl zum römischen König (Wien 1874); Rösler, Die Kaiserwahl Karls V. (das. 1868); v. Druffel, Kaiser K. V. und die römische Kurie 1544–1546 (Münch. 1877–90, 4 Tle.); Waltz, Die Denkwürdigkeiten Kaiser Karls V. (Bonn 1901); Hasenclever, Die Politik Kaiser Karls V. und Landgraf Philipps von Hessen 1546 (Marb. 1903); Gachard, Retraite et mort de Charles-Quint an monastère de Yuste (Brüss. 1855, 2 Bde.); Stirling, Das Klosterleben Karls V. (a. d. Engl., Leipz. 1852); Mignet, Charles-Quint, son abdication, son séjour et sa mort, etc. (10. Aufl., Par. 1882).
7) K. VI. Joseph Franz, geb. 1. Okt. 1685, gest. 20. Okt. 1740, Sohn Leopolds I. aus dessen dritter Ehe mit Eleonore von der Pfalz, bewarb sich 1700 bei dem Tode Karls II., des letzten spanischen Habsburgers, um die spanische Krone und wurde hierbei von den das Übergewicht der Bourbonen in Europa bekämpfenden Seemächten unterstützt (s. Spanischer Erbfolgekrieg). Als König K. III. von Spanien reiste K. 1703 zunächst nach England, schiffte sich dort im Januar 1704 mit 12,000 Mann englisch-holländischer Truppen ein und landete zuerst in Lissabon, in der Residenz des ihm befreundeten portugiesischen Hofes, dann in Katalonien. Nur hier fand K. ernstliche Anhänger und Freunde, die ihm auch später nach Österreich folgten. Die Mehrzahl der Spanier, namentlich die Länder der Krone Kastilien, hingen dem Bourbonen Philipp V. an. In Madrid, wo er zweimal seinen Einzug hielt, behauptete er sich nur kurze Zeit und mußte bei dem Haß der katholischen Spanier gegen die fremdländischen, meist protestantischen Truppen, bei der Uneinigkeit im Kriegsrat und der militärischen Überlegenheit Frankreichs trotz der umsichtigen Kriegstüchtigkeit und heroischen Ausdauer Guidos von Stahremberg nach der Gefangennahme Stanhopes seine Hoffnungen auf die spanische Krone aufgeben lernen. Als sein Bruder Joseph I. 1711, ohne männliche Erben zu hinterlassen, starb, setzte K. seine Gemahlin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg (geb. 28. Aug. 1691), mit der er seit 1708 vermählt war, in Spanien als Regentin ein und kehrte nach Deutschland zurück, wo er die Herrschaft über die habsburgischen Lande übernahm und im Dezember 1711 auch als K. VI. zum Kaiser gekrönt wurde. Da auf diese Weise doch die Vereinigung Österreichs und Spaniens in einer Hand drohte, schlossen die Seemächte 1713 mit Frankreich den Frieden von Utrecht, in dem sie Spanien dem Bourbonen ließen. Erst nach Verlauf eines weitern fruchtlosen Kriegsjahres fügte sich K. im Frieden von Rastatt 7. März 1714, dem die Ratifikation in Baden für das Deutsche Reich 7. Sept. folgte. Die für Österreich aus der spanischen Erbschaft neugewonnenen Gebiete, Belgien, Mailand, Neapel, Sardinien, das später gegen Sizilien ausgetauscht wurde, erhielten durch K. eine besondere Verwaltung, in der lediglich spanische Emigranten Einfluß übten. Trotz des glücklichen Türkenkriegs, den Prinz Eugen 1716 begann und durch den glänzenden Frieden von Poscharewatz 1718 beendete, wodurch Serbien und die kleine Walachei an Österreich fielen, vermochte Eugen seine frühere Stellung in den österreichischen und Reichsangelegenheiten nicht zu behaupten und sah sich durch die spanische und Jesuitenpartei am Hof überall zurückgesetzt. Karls höchstes Interesse bestand darin, seiner eignen weiblichen Deszendenz für den Fall seines söhnelosen Ablebens den Vorrang vor den zur Erbfolge berechtigten Töchtern Josephs I. zuzusichern. Durch dieses Bestreben Karls entstand das Grundgesetz, die Pragmatische Sanktion, die, zuerst 19. April 1713 veröffentlicht, wichtig wurde, als der einzige Sohn Karls 1716 starb. Als sich die Töchter seines Bruders mit den Prinzen von Bayern und Sachsen vermählten, mußten sie allen Erbrechten entsagen. Hierauf begann K. Unterhandlungen mit den Ständen seiner Länder, mit Kroatien, Ungarn, Tirol, Böhmen, Österreich etc., zuletzt mit den Niederlanden (1724), und erlangte die Zusicherung, daß erstens die sämtlichen österreichischen Länder im Falle seines Todes ungeteilt bleiben und zweitens an seine älteste Tochter, Maria Theresia, und deren gesamte Nachkommen vererbt werden sollten. K. suchte nun während der großen europäischen Verwickelungen durch eine Reihe von Verträgen die Großmächte für die Pragmatische Sanktion zu gewinnen: während er Spanien und Frankreich, allerdings die gefährlichsten Mächte, durch die weitgehendsten Konzessionen zu beschwichtigen suchte, auf diese Weise 1735 nach dem unglücklichen Polnischen Erbfolgekrieg Neapel und Sizilien verlor und den Gewinn Lothringens für die französische Krone vorbereitete, enthielt er den protestantischen Mächten jeden Vorteil vor, der ihnen aus der großen habsburgischen Erbschaft entspringen konnte. Den Holländern wurde zwar 1731 die Ostindische Handelskompanie geopfert; dem König von Preußen muße eine nicht ernst gemeinte Versprechung, einst Jülich und Berg zu gewinnen, genügen. Auch zogen diese Verhandlungen K. von wichtigen Interessen Österreichs ab, die Wehrkraft verfiel, so daß der 1736 mit Rußland begonnene neue Türkenkrieg unglücklich verlief und Österreich im Frieden von Belgrad (18. Sept. 1739) alle Vorteile des Poscharewatzer Friedens wieder verlor. Mit K. erlosch der habsburgische Mannesstamm; ihm folgte seine mit Franz von Lothringen vermählte Tochter Maria Theresia. K. war nicht ohne Begabung und Bildung, hatte Interesse für Kunst und Wissenschaft, förderte auch die Landeskultur nach Kräften, besaß aber wenig politische Einsicht und war eigensinnig, ohne energisch und beharrlich zu sein. Vgl. Massuet, Histoire de l'empereur Charles VI (Amsterd. 1741, 2 Bde.; deutsch, Regensb. 1742); P. A. ala Lande, Histoire de l'empereur Charles VI (Haag 1843); v. Radics, Kaiser K. VI. als Staats- und Volkswirt (Innsbr. 1886); Landau, Geschichte Kaiser Karls VI. als König von Spanien (Stuttg. 1889); Carrerasy Bulbena, K. von Österreich und Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel in Barcelona und Girona (Barcelona 1902); Ziekursch, Die Kaiserwahl Karls VI. (Gotha 1902). Von besonderm Wert sind: Foscarinis (des venezianischen Gesandten) »Arcane memorie, ossia segreta historia del regno di Carlo VI.« (Padua 1750).
8) K. VII. Albrecht, geb. 6. Aug. 1697 in Brüssel, als sein Vater Statthalter der Niederlande war, gest. 20. Jan. 1745 in München, ältester Sohn des Kurfürsten Max II. Emanuel von Bayern aus dessen zweiter Ehe mit Therese Kunigunde, einer Tochter des Polenkönigs Johann III. Sobieski, im Spanischen Erbfolgekrieg (1706) von den Österreichern gefangen, wurde mit seinen Brüdern als Graf von Wittelsbach in Klagenfurt, später in Graz erzogen. Nach seiner Freilassung (1715) unternahm er Reisen und befehligte 1717 im Türkenkrieg bayrische Hilfstruppen, vermählte sich 1722 mit Maria Amalie, jüngerer Tochter des Kaisers Joseph I., die allen Erbansprüchen entsagte, und folgte seinem Vater 26. Febr. 1726 in Bayern und in der Kurwürde. Seinem Haus brachte er Hohenwaldeckund die wartenbergischen Herrschaften zu. Zu Österreich trat er nur kurze Zeit in ein freundliches Verhältnis und stellte dem Kaiser Karl VI. ein Hilfskorps gegen die Türken (1738), protestierte aber nach dem Tode des Kaisers gegen die Pragmatische Sanktion, verband sich 1741 mit Frankreich, Spanien, Sachsen und Preußen, fiel in Österreich ein, ließ sich hier als Erzherzog huldigen, rückte dann in Böhmen ein, gewann 25. Nov. durch Überrumpelung Prag und ließ sich auch als König von Böhmen huldigen. Am 24. Jan. 1742 wurde er durch französischen Einfluß zum deutschen Kaiser gewählt. Alsbald aber wandte sich das Kriegsglück: Maria Theresia warf mit Hilfe der Ungarn den Feind aus Oberösterreich und eroberte in kurzem ganz Bayern. K. flüchtete nach Frankfurt und kam in große Not, als Österreich, Schlesien opfernd, mit Preußen Frieden schloß. Karls letzte bedeutende Macht, das bayrisch-französische Heer, wurde in Prag von den Österreichern umstellt, und der französische Befehlshaber Belleisle mußte sich zurückziehen. Zwar gestattete ein Sieg des Grafen Seckendorff K. 19. April 1743 einen kurzen Besuch in München; aber gleich darauf schlug Georg II. von England die Franzosen bei Dettingen (27. Juni 1743) und gewann Karl von Lothringen einen Sieg über die Bayern bei Simbach, worauf Österreich sich in Bayern huldigen ließ. Die Hilfe Friedrichs II., der 1744 in Böhmen einfiel, verbesserte Karls Lage, und Seckendorff führte K. 23. Okt. d. J. in seine Residenzstadt München zurück. Aber erst ein Vierteljahr nach dem Tode Karls kam der Friede von Füssen (22. April 1745) zustande. Vgl. Heigel, Der österreichische Erbfolgestreit und die Kaiserwahl Karls VII. (Nördlingen 1876) und Tagebuch Kaiser Karls VII. aus der Zeit des Österreichischen Erbfolgekriegs (Münch. 1883).
[Baden.] 9) K. Friedrich, Großherzog von Baden, geb. 22. Nov. 1728 in Karlsruhe, gest. 10. Juni 1811, Sohn des Erbprinzen Friedrich von Baden-Durlach, folgte seinem Großvater, dem Markgrafen Karl Wilhelm in Baden-Durlach. erst unter Vormundschaft seines Oheims, seit 1746 selbständig und regierte im Sinne der Humanität und der Aufklärung. Als ihm 1771 Baden-Baden zufiel, hob er 1783 die Leibeigenschaft auf, gab das erste Beispiel des Freizügigkeitssystems, trug die Landesschulden ab, beförderte Ackerbau, Gewerbe, Handel und geistige Bildung. zog Dichter und Gelehrte an seinen Hof und schrieb selbst einen »Abrégé des principes de l'économie politique« (Karlsr. 1772). 1785 schloß er sich dem Fürstenbund an. Infolge des Revolutionskrieges verlor er 1796 seine Besitzungen auf dem linken Rheinufer, erhielt aber 1803 das Stift Konstanz, die rechtsrheinische Pfalz mit Heidelberg, wo er die Universität zu neuer Blüte erhob, und ward 1. Mai 1803 Kurfürst von Baden. Durch den Preßburger Frieden erhielt er den Breisgau und die Stadt Konstanz. Am 12. Juli 1806 trat er als souveräner Fürst dem Rheinbund bei, nahm den Titel Großherzog an und erhielt abermals einen Länderzuwachs, so daß unter ihm Baden zu einem Staate von 14,300 qkm mit 430,000 Einw. anwuchs. Aus erster Ehe mit der edlen, geistvollen Karoline Luise von Hessen (gest. 1783) hatte K. drei Söhne, den Erbprinzen Karl Ludwig (geb. 14. Febr. 1755), der am 15. Dez. 1801 infolge eines Unglücksfalles starb, Markgraf Friedrich (1756–1817) und Ludwig, den spätern Großherzog (1818–30). 1787 vermählte er sich in zweiter Ehe mit Luise Karoline, Freiin Geyer von Geyersberg, die der Kaiser 1796 zur Reichsgräfin von Hochberg erhob, und die 1820 starb. Aus dieser Ehe stammten der nachmalige Großherzog Leopold (1830–52), Markgraf Wilhelm (1792–1859) und Markgraf Maximilian (1796–1882). Vgl. Nebenius, K. Friedrich von Baden (Karlsr. 1868); Kleinschmidt, K. F. von Baden (Heidelb. 1878); »Politische Korrespondenz K. Friedrichs von Baden 1783–1806« (bearbeitet von Erdmannsdörffer und Obser, das. 1888–1901, 5 Bde.) und »Brieflicher Verkehr mit Mirabeau und Du Pont« (bearbeitet von Knies, das. 1892, 2 Bde.); Roller, Zur Charakteristik des Großherzogs K. Friedrich, ein genealogischer Versuch (das. 1903).
10) K. Ludwig Friedrich, Großherzog von Baden, geb. 8. Juni 1786, gest. 8. Dez. 1818, Sohn des 1801 verunglückten Erbprinzen K. Ludwig. folgte 1811 seinem Großvater (s. Karl 9), dessen Mitregent er seit 1808 war, in der Regierung und verlieh dem Lande 22. Aug. 1818 die Verfassung. K. war seit 1806 vermählt mit Stephanie von Beauharnais (s. Stephanie), deren zwei Söhne bald nach der Geburt starben, weshalb ihm sein Oheim Ludwig, Karl Friedrichs dritter Sohn erster Ehe, in der Regierung folgte. Vgl. Karoline von Freystedt, Erinnerungen aus dem Hofleben (hrsg. von Obser, Heidelb. 1902).
[Bayern.] 11) K. Theodor Maximilian August, Herzog von Bayern, geb. 7. Juli 1795 in Mannheim, gest. 16. Aug. 1875 in Tegernsee, zweiter Sohn des Herzogs Maximilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken, nachherigen Kurfürsten und seit 1806 Königs von Bayern, vorwiegend militärisch gebildet, ward bereits 1813 Generalmajor und Brigadier der Infanterie, focht in den Befreiungskriegen an der Seite des Generals Wrede und begleitete seinen V. iter auf den Wiener Kongreß. Er übernahm sodann das Generalkommando in München, trat aber 1822, da mehrere seiner Militärreformvorschläge kein Gehör fanden, als General der Kavallerie zurück und lebte fortan seinen Studien, bis er nach Wredes Tod 1838 den Oberbefehl der bayrischen Armee übernahm. 1841 ward er Feldmarschall u. Generalinspektor der Armee, 1860 Oberbefehlshaber des 7. deutschen Bundeskorps, befehligte dieses 1866 im Kriege gegen Preußen, legte nach dem unglücklichen Ausgang alle militärischen Würden nieder und zog sich nach Tegernsee zurück.
12) K. Theodor, Herzogin Bayern, geb. 9. Aug. 1839 in Possenhofen, zweiter Sohn des Herzogs Maximilian von der Linie Zweibrücken-Birkenfeld, jüngerer Bruder der Kaiserin Elisabeth von Österreich, trat in die Artillerie ein, studierte dann Medizin, wurde von der Universität München zum Doktor der Medizin promoviert und erhielt durch besondern Erlaß des Reichskanzlers 1880 die Befugnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Sein besonderes Fach ist die Augenheilkunde. Im Gräfeschen »Archiv für Ophthalmologie« (1880) veröffentlichte er eine Abhandlung: »Beiträge zur Anatomie und Physiologie des Glaskörpers«. Er war zum erstenmal seit 1865 vermählt mit der Prinzessin Sophie von Sachsen, die schon 1867 starb, seit 1874 mit der Prinzessin Maria Josepha von Braganza, der Tochter des verstorbenen portugiesischen Prätendenten Dom Miguel. Er lebt meist in Tegernsee, das ihm Prinz Karl von Bayern (s. Karl 11) vermachte, oder in Meran. Seit dem Tode seines Vaters (15. Nov. 1888) ist K. durch den Verzicht seines ältern Bruders, Ludwig, Haupt der herzoglichen Linie des bayrischen Hauses.
[Brandenburg.] 13) K. Friedrich Albrecht, Markgraf von Brandenburg-Schwedt, geb. 10. Juni 1705, gest. 22. Juni 1762 in Breslau, Enkel des Großen Kurfürsten, trat früh in die preußische Armee, zeichnete sich im ersten Schlesischen Kriege bei der Einnahme von Glogau, bei Mollwitz und Chotusitz aus und befehligte zur besondern Zufriedenheit des Königs Anfang 1745 in Oberschlesien. Im Siebenjährigen Kriege wiederholt mit selbständigen Kommandos betraut, zeichnete er sich bei Hochkirch und Torgau aus, ward aber in bei den Schlachten, wie bei Mollwitz, verwundet. Er war von edlem, menschenfreundlichem Charakter, liebte Kunst und Wissenschaft und war 31 Jahre Herrenmeister des Johanniterordens. Mit seinem Tod erlosch die Linie Brandenburg-Schwedt, da seine Brüder auf dem Schlachtfeld gefallen waren. Nach ihm heißt seit 1889 das 7. brandenburgische Infanterieregiment Nr. 60 Infanterieregiment Markgraf K.
[Braunschweig.] 14) K. Wilhelm Ferdinand, Herzog von Braunschweig, geb. 9. Okt. 1735, gest. 10. Nov. 1806, ältester Sohn des Herzogs Karl I. (geb. 1713, gest. 1780) und der Prinzessin Philippine Charlotte von Preußen, zum Unterschied von seinem Oheim, Herzog Ferdinand, der Erbprinz genannt, befehligte im Siebenjährigen Kriege die braunschweigischen Truppen, tat sich in der Schlacht bei Hastenbeck hervor und entschied später die Schlacht bei Krefeld. Seit 1764 mit Auguste, Tochter des Prinzen von Wales, vermählt, trat er 1773 als General der Infanterie in die preußische Armee, nahm am Bayrischen Erbfolgekrieg teil und kam 1780 nach seines Vaters Tode zur Regierung. 1787 befehligte er die preußische Expedition gegen Holland. Beim Ausbruch des Revolutionskrieges erließ er als Oberbefehlshaber über die österreichisch-preußische Armee 25. Juli 1792 das bekannte Manifest von Koblenz, eroberte Longwy und Verdun und drang in die Champagne ein, führte jedoch den Krieg zu bedächtig und mußte sich nach der Kanonade von Valmy (20. Sept.) zurückziehen. Obwohl er 1793 Mainz wieder eroberte, die Schlacht bei Pirmasens (14. Sept.) gewann, in Gemeinschaft mit dem österreichischen General Wurmser die Weißenburger Linien stürmte und bei Kaiserslautern (29. u. 30. Nov.) die Franzosen unter Pichegru und Hoche schlug, so nützte er doch seine Überlegenheit nicht aus und wurde auch durch das Zerwürfnis zwischen Preußen und Österreich in seinen Unternehmungen gehemmt. Infolge des Haager Vertrags legte er 1794 seine Befehlshaberstelle nieder. 1806 stand er als Oberbefehlshaber des preußischen Heeres von neuem im Felde. Bei Auerstedt (14. Okt.) durch einen Schuß beider Augen beraubt und aus Braunschweig durch die Franzosen vertrieben, starb er 10. Nov. in Ottensen bei Altona. 1874 wurde ihm in Braunschweig ein Reiterstandbild (von Pönninger) errichtet. Vgl. Lord E. Fitzmaurice, Charles William F. duke of Brunswick, an historical study (Lond. 1901).
15) K. Friedrich August Wilhelm, Herzog von Braunschweig, geb. 30. Okt. 1804 in Braunschweig, gest. 18. Aug. 1873 in Genf, Enkel des vorigen, Sohn des bei Quatrebras 16. Juni 1815 gefallenen Herzogs Friedrich Wilhelm (s. Friedrich 16) und der Prinzessin Marie von Baden, wurde im Ausland erzogen, kam nach dem Tode seines Vaters unter die Vormundschaft des Prinz-Regenten, nachherigen Königs Georg IV. von England, der dem hannoverschen Minister Grafen Münster und dem braunschweigischen Minister Geheimrat v. Schmidt-Phiseldeck die Leitung der Staatsgeschäfte anvertraute. Der Prinz bekundete früh üble Charaktereigenschaften, führte, von Münster mit Major v. Linsingen 1820 nach Lausanne gesandt, ein wüstes Leben und hielt sich dann bei seiner Großmutter, der Markgräfin Amalie von Baden, in Bruchsal und später in Wien auf, bis ihm der König auf Metternichs Rat die Regierung 30. Okt. 1823 übertrug. Sieben Jahre regierte er nach Laune und Willkür und reizte seine Untertanen so, daß, als er 6. Sept. 1830 abends das Theater verließ, sein Wagen mit Steinwürfen verfolgt und das Schloß die ganze Nacht belagert wurde. Er entfloh, machte dann gegen Ende des Jahres einen Versuch, sein Herzogtum wiederzuerobern, und ward, da er freiwilligen Verzicht verweigerte, durch Beschluß des Landtags, den der Bundestag 2. Dez. bestätigte, abgesetzt. Er ging nach Paris, 1831 nach Spanien, von da nach London und endlich wieder nach Paris, wo er mit dem greifen Jérôme in vertrautem Verkehr lebte. Die Hoffnung auf Wiedererlangung seiner Herrschaft gab er nie auf und schloß schon 1845 einen diesbezüglichen Vertrag mit Napoleon III., den er vor dem Staatsstreich reichlich mit Geld unterstützte. 1870 nach Genf übergesiedelt, vermachte er, unversöhnt mit seinen Verwandten, sein bedeutendes, namentlich an Diamanten reiches Vermögen der Stadt Genf mit der Verpflichtung, ihm ein Reiterstandbild zu errichten. Dieses (Bronzestatue von Cain) wurde 1879 enthüllt. Doch machten die Nachkommen einer natürlichen Tochter des Herzogs, einer Gräfin von Civry, der Stadt Genf die Erbschaft streitig. Die auf Karls Befehl französisch und deutsch abgefaßten Memoiren (1836, 1844) sind ein verlogenes Machwerk. Vgl. K. Braun, Der Diamantenherzog (Berl. 1881).
[Burgund.] 16) K. der Kühne (Charles le Téméraire), Herzog von Burgund, geb. 10. Nov. 1433 in Dijon, gest. 5. Jan. 1477, Sohn des Herzogs Philipp III., des Guten, aus dem Hause Valois und dessen dritter Gemahlin, Isabella von Portugal, führte zuerst den Titel Graf von Charolais. Von stattlicher Gestalt, übte er sich früh in allen Ritterkünsten. Er lebte einfach und mäßig, war tapfer und energisch, aber auch jähzornig, leidenschaftlich und unversöhnlich. 1465 stellte er sich an die Spitze des von den französischen Großen gegen Ludwigs XI. Despotie geschlossenen Bundes (ligue du bien public). Er fiel in Frankreich ein, erschien mit 26,000 Mann vor Paris, lieferte 16. Juli dem König die unentschiedene Schlacht bei Montlhéry (16. Juli 1465) und diktierte 29. Okt. den Frieden von St.-Maur. 1467 folgte er seinem Vater auf dem Thron und betrieb seitdem den Plan, ein Königreich Burgund herzustellen, dem auch Lothringen, die Schweiz und das südliche Frankreich einverleibt werden sollten. Als sich 1468 Lüttich, von Frankreich aufgereizt, gegen seinen Bischof empörte, brachte K. König Ludwig XI. durch List in seine Gewalt, zwang ihn zum Vertrag von Péronne (14. Okt.) und züchtigte Lüttich grausam. Durch seine Eroberungsgier geriet er mit allen Nachbarn in Streit, und nachdem er 1474–75 Neuß vergeblich belagert, wandte er sich gegen die Schweizer, die 1474 seinem Heer bei Héricourt eine Niederlage beigebracht, verlor aber gegen sie die beiden Schlachten bei Grandson (2. März 1476) und bei Murten (22. Juni), die mit schmachvoller Flucht und Verlust seines kostbaren Lagers (s. Diamant, S. 866,2. Spalte) endeten, und fiel in der Schlacht bei Nancy, das er hatte wiedererobern wollen, und wo er nun, der letzte der burgundischen Valois, begraben wurde. Seine Erbin war seine und seiner Gemahlin Isabella von Bourbon einzige Tochter Marie, die den Erzherzog Maximilian von Österreich heiratete. Der Untergang des stolzen Burgunderherzogs durch die Heere der Eidgenossen gab für eine Reihe dramatischer Dichtungen den Stoff ab, von denen als die jüngsten nur die Tragödien von Gengenbach (»Schlacht bei Murten«. 1854) und M. Meyr (»K. der Kühne«, 1862) genannt seien. Vgl. Barante, Histoire des ducs de Bourgogne de la maison de Valois (8. Aufl., Par. 1858, 8 Bde.); Rodt, Die Kriege Karls des Kühnen (Schaffh. 1844–45, 2 Bde.); Kirk, History of Charles the Bold, duke of Burgundy (Lond. 1863, 3 Bde.); Hoch, Murten und K. der Kühne (deutsch, Basel 1876); Daendliker, Ursachen und Vorspiel der Burgunderkriege (Zürich 1876); Toutey, Charles le Téméraire et la ligue de Constance (Par. 1902; mit Archivalien).
[Frankreich.] 17) K. I., bei den Franzosen soviel wie Karl der Große (s. Karl 2, S. 627).
18) K. II., soviel wie Karl der Kahle (s. Karl 3).
19) K. 111., von spätern Chronisten mit Unrecht der Einfältige genannt, geb. 879, gest. 929, Ludwigs II., des Stammlers, jüngster Sohn, wurde, als sein Bruder Karlmann 884 starb, bei der Besetzung des Thrones zugunsten Karls des Dicken von Ostfranken durch die von den Normannen hart bedrängten Franzosen übergangen. Nach dem Tode Karls des Dicken machte er dem Usurpator Odo die französische Krone streitig und zwang ihn 897 zu einem Vertrag, in dem alles Land zwischen Seine und Maas ihm abgetreten wurde. Als dann Odo im Januar 898 starb, ward K. König von ganz Frankreich, vermochte aber den übermächtigen Vasallen gegenüber nicht mehr Ruhe und Ordnung herzustellen. Dem furchtbaren normannischen Piratenhäuptling Hrolf (Rollo) Gangr überließ er 911 die Normandie als erbliches Herzogtum, wofür Hrolf unter dem Namen Robert Christ wurde und des Königs Tochter Gisela heiratete. Die Zwistigkeiten in Deutschland benutzte er, um 912 Lothringen diesem abzunehmen und mit Frankreich zu vereinigen. 922 brach gegen ihn ein Aufstand der französischen Großen unter Giselbert von Lothringen, Rudolf von Burgund und Robert von Francien, der zum König ausgerufen wurde, aus. In der Schlacht bei Soissons (923) fiel zwar der letztere, aber der König wurde besiegt und eingekerkert, Rudolf von Burgund an seiner Stelle auf den Thron erhoben. Im Schloß zu Péronne starb K. Die Königin Ethgive vermochte mit Karls und ihrem Sohn Ludwig zu ihrem Bruder, dem englischen König Athelstan, übers Meer zu entfliehen. Vgl. Borgnet, Étude sur le règne de Charles le Simple, im 17. Bd. der »Comptes rendus de l'Académie de Bruxelles«; Eckel, Charles le Simple (Par. 1899).
20) K. IV., der Schöne, geb. 1294, gest. 31. Jan. 1328, der dritte Sohn Philipps des Schönen und der Johanna von Navarra, bestieg nach dem Tode seines ältern Bruders, Philipps des Langen, im Januar 1322 den Thron. Den Grafen von Flandern unterstützte er glücklich gegen seine rebellierenden Untertanen. Ebenso stand er seiner Schwester, der englischen Königin Isabella, gegen deren Gemahl Eduard II. bei, der besiegt und getötet wurde; hierfür trat Isabella an K. das Agénois ab und bezahlte ihm 50,000 Mark Sterl. (1327). Nach innen war Karls Regierung despotisch und drückend. Nach seiner Scheidung von der ehebrecherischen Blanka von Burgund ehelichte er Maria von Luxemburg und nach deren frühem Tode Johanna von Evreux, die ihm drei Töchter gebar. Mit ihm erlosch der gerade Mannesstamm der Kapetinger.
21) K. L., der Weise, geb. 21. Jan. 1337 in Vincennes, gest. 16. Sept. 1380, Sohn König Johanns, ward durch die testamentarische Bestimmung Humberts II. von Dauphiné erster Dauphin und übernahm schon 1356, als sein Vater bei Maupertuis gegen die Engländer gefangen wurde, die Reichsverwaltung, hatte aber anfangs einen schwierigen Stand, da die Großen sich die Gewalt anmaßten, die Stadt Paris revoltierte und gleichzeitig die Unruhen der Jacquerie ausbrachen. Nach dem Frieden von Bretigny 1360 kehrte Johann auf den Thron zurück. den sodann nach seinem Ableben (8. April 1364) K. bestieg. Selbst dem Krieg abgeneigt, fand K. in dem Bretonen Bertrand Duguesclin eine glückliche Hand für dessen Führung. Den Engländern nahm Duguesclin fast alle ihre Besitzungen in Frankreich wieder ab. Schon 1367 hatte K. ein Landfriedensgesetz erlassen, wie er denn überhaupt Sicherung des Landes vor den Söldnerbanden, vor dem Druck des Adels und seinen Binnenzöllen und vor den Ungerechtigkeiten der Gerichte erstrebte. Durch Handelsbegünstigungen zog er auch Fremde ins Land, begünstigte Künste und Wissenschaften, stiftete die königliche Bibliothek in Paris und erbaute die Bastille daselbst. Seine Gemahlin Johanna von Bourbon gebar ihm zwei Söhne, seinen Nachfolger Karl VI. und Ludwig, Herzog von Orléans. Vgl. Choisy, Vie de Charles V (Par. 1689, neue Ausg. 1784); Barthélemy de Beauregard, Histoire de Charles V (das. 1843); Delisle, Mandements et actes divers de Charles V (das. 1874).
22) K. VI., der Geliebte oder der Wahnsinnige, geb. 3. Dez. 1368 in Paris, gest. 21. Okt. 1422, Sohn des vorigen, kam 1380 auf den Thron unter Vormundschaft seiner väterlichen Oheime Ludwig von Anjou, Johann von Berri und Philipp von Burgund, die das Land aufs äußerste bedrückten und viele Aufstände des Volkes in Paris und andern Städten hervorriefen. Die Empörungen wurden blutig unterdrückt, die aufrührerischen Flandrer 1382 bei Roosebeke besiegt u. die Herrschaft des Adels neu begründet. Erst 1388 übernahm K. die Regierung selbst. Er war guten Regungen leicht zugänglich, freundlich und herablassend, persönlich tapfer; doch war er phantastisch, nervös aufgeregt und steigerte diese für einen Regenten so gefährlichen Eigenschaften durch Ausschweifungen, die ihn bald jeder ernstern Beschäftigung entfremdeten. Auf einem Zuge gegen den aufrührerischen Herzog von der Bretagne (1392) fiel der König in Geisteszerrüttung, und ein zufälliger Brand bei einer Maskerade, der mehreren Personen das Leben kostete, brachte bei ihm den Wahnsinn 1393 unheilbar zum Ausbruch. Um die Herrschaft stritten sich nun zwei Parteien, die Armagnacs unter dem Herzog Ludwig von Orléans und nach dessen Ermordung 1407 unter dem Grafen von Armagnac, und die Bourguignons unter dem Herzog Johann von Burgund. Jenen schloß sich der Dauphin Karl, diesen König Karls Gemahlin Isabeau von Bayern an. Die innern Kämpfe benutzte Heinrich V. von England zu einem neuen Eroberungskrieg, und 1420 schloß der König unter dem Einfluß Isabeaus und Burgunds mit Heinrich V. den Vertrag von Troyes, in dem er diesem seine Tochter Katharina vermählte und ihn als Thronfolger anerkannte. Vgl. Duval-Pineux, Histoire de France sous le règne de Charles VI (Par. 1842, 2 Bde.); du Fresne de Beaucourt, Histoire de Charles VII, Bd. 1 (das. 1881).
23) K. VII., der Siegreiche, geb. 22. Febr. 1403, gest. 22. Juli 1461, dritter Sohn und Nachfolger des vorigen, wurde nach dem Tode seiner ältern Brüder 1417 Dauphin und Regent, aber 1418 von den Bourguignons aus Paris vertrieben und nahm in Bourges seine Residenz. Als er jedoch auf Anstiften Duchâtels Johann den Unerschrockenen von Burgund auf der Yonnebrücke zu Montereau 10. Sept. 1419 hinterlistig hatte ermorden lassen, fielen alle burgundischen Länder, ganz Nordfrankreich, den Engländern zu, auf deren Seite auch Karls eigne Mutter Isabeau trat. König Heinrich V. ließ K. durch das Pariser Parlament für des Thrones verlustig erklären (1421), und nach Heinrichs und Karls VI. Tode (1422) wurde des erstern einjähriger Sohn, Heinrich VI., in Paris als König anerkannt. Bei Crevant (1423) und bei Verneuil (1424) vollständig geschlagen, wurde das Heer des »Dauphins« K. durch die verbündeten Engländer und Burgunder hinter die Loire getrieben, so daß man K. spottweise den »König von Bourges« nannte. Leichtsinnig vertändelte K. zu Chinon seine Zeit mit üppigen Festen und zahlreichen Mätressen. Endlich verschaffte die Jungfrau von Orléans (s. Jeanne d'Are) K. den Sieg und führte ihn 1429 in die Krönungsstadt Reims. Burgund versöhnte sich 1435 mit K. durch den freilich für letztern sehr opfervollen Vertrag von Arras. Seitdem ging es mit der Herrschaft der Engländer unaufhaltsam rückwärts, zumal K., durch seine Geliebte Agnes Sorel veranlaßt, mehr Tätigkeit und Eifer entwickelte. Im April 1436 wurde den Engländern Paris abgenommen, und bis zum Oktober 1453 wurden sie gänzlich aus Frankreich vertrieben. Inzwischen begründete K. durch die Pragmatische Sanktion von 1438 die Freiheit der gallikanischen Kirche. Vor allem ordnete er die Finanzen und die Rechtspflege, beseitigte die zügellosen Söldnerbanden (Armagnacs), errichtete ein kleines, aber zuverlässiges stehendes Heer und hemmte durch energische Verordnungen den Druck des Adels auf die untern Klassen, was einen offenen Aufstand, die sogen. Praguerie, hervorrief, dem sich sogar der Dauphin Ludwig anschloß. K. war vermählt mit Maria von Anjou, die ihm einen Sohn, den nachherigen Ludwig XI., gebar. Vgl. Vallet de Viriville, Histoire de Charles VII (Par. 1862–65, 3 Bde.); du Fresne de Beaucourt, Histoire de Charles VII (das. 1881–92, 6 Bde.); Clément, Jacques Cœur et Charles VII (4. Aufl., das. 1874)
24) K. VIII., geb. 30. Juni 1470 in Amboise, gest. 7. April 1498, ältester Sohn Ludwigs XI., Enkel des vorigen, bestieg nach dem Tode seines Vaters 1483 den Thron. K. war ein schwächlicher, phantastischer und beschränkter Fürst. Durch seine Vermählung mit Anna, der Erbin der Bretagne, erwarb er dies Land für die Krone. Als Erbe der Rechte der Anjous auf Neapel unternahm er 1494 einen Kriegszug nach Italien, eroberte auch 1495 das Königreich, ward aber durch den Bund zwischen dem Papste, dem Kaiser, Ferdinand von Aragonien u. a. wieder aus Italien vertrieben. Er starb, erst 27 Jahre alt. Mit ihm erlosch der ältere Stamm der Valois. Sein Nachfolger war Ludwig XII., Urenkel Karls V. Vgl. Ségur, Histoire de Charles VIII (2. Aufl., Par. 1842, 2 Bde.); de Cherrier, Histoire de Charles VIII (2. Aufl., das. 1870, 2 Bde.); Delaborde, L'expédition de Charles VIIIen Italie (das. 1888); Zeller, Charles VIII: La guerre folle; le mariage breton, 1485–4491 (das. 1888); »Lettres de Charles VIII« (das. 1898–1903, 4 Bde.).
25) K. IX., zweiter Sohn Heinrichs II. und der Katharina von Medici, bei seiner Geburt 27. Juni 1550 zum Herzog von Orléans ernannt, gest. 30. Mai 1574, folgte seinem Bruder Franz II. 5. Dez. 1560 auf dem Thron und zwar unter Vormundschaft seiner Mutter. 1563 für mündig erklärt, überließ er die Regierung nach wie vor seiner Mutter. Eine größere Selbständigkeit zeigte er erst 1570, nach dem Religionsfrieden von St.-Germain-en-Laye. Er berief Coligny als seinen vertrauten Ratgeber an den Hof, begünstigte die Hugenotten im Innern und schlug nach außen eine den Spaniern feindselige Politik ein, die zum Kriege mit diesen führen zu müssen schien. Als aber Colignys Entwürfe mannigfache Niederlagen erlitten, gelang es Katharina und deren Freunden, K. zum Bruch mit den Hugenotten und zur Anordnung der Pariser Bluthochzeit (s. Bartholomäusnacht) fortzureißen, die er nachträglich als längst geplante und listig verwirklichte Absicht bezeichnete. Da die Metzelei aber nicht den innern Frieden des Reiches herstellte, sondern nur neue Aufstände herbeiführte, wurde sein Gewissen nicht wieder ruhig, und er erlag der Schwindsucht im Schloß zu Vincennes. Seine Gemahlin Elisabeth, Tochter des Kaisers Maximilian 11., hatte ihm keine Kinder geboren, daher ihm sein Bruder Heinrich III. in der Herrschaft folgte. Vgl. Desjardins, Charles IX, 1570 bis 1572 (Douai 1825); De la Barre-Duparcq, Histoire de Charles IX (Par. 1875). Mérimée hat die Geschichte Karls dichterisch behandelt in seiner »Chronique du règne de Charles IX« (1829 u. öfter).
26) K. X. Philipp, geb. 9. Okt. 1757 in Versailles, gest. 6. Nov. 1836 in Görz, dritter Sohn des Dauphins Ludwig, einzigen Sohnes Ludwigs XV., Bruder Ludwigs XVI. und Ludwigs XVIII., erhielt den Titel eines Grafen von Artois. Seine Erziehung an dem frivolen Hof seines Großvaters Ludwig XV. blieb nicht ohne üble Einwirkung auf den überdies geistig beschränkten Prinzen. Im Juli 1789 gab er das Zeichen zur Auswanderung des royalistischen Adels und zog allenthalben umher, seinem Vaterlande Feinde zu erwecken. Bei Kaiser Leopold II. in Mantua warb er für einen Angriff auf Frankreich, wohnte 1791 dem Kongreß in Pillnitz bei und nahm im Emigrantenkorps an der Invasion von 1792 teil. Nach Ludwigs XVI. Tode ward er von Ludwig XVIII. zum Generalleutnant des Königreichs ernannt und versuchte 1795 mit einer englischen Flottille bei Ile Dieu eine Landung, die jedoch mißlang. Darauf lebte er von der ihm verliehenen englischen Pension von 15,000 Pfd. Sterl. in London und in Hartwell bei seinem Bruder. Als die Verbündeten 1814 gegen Paris zogen, trat er mit einer freiheitverheißenden Proklamation in Frankreich auf. In Paris nahm er als Generalleutnant im Namen Ludwigs XVIII. die Regierung in die Hand, verkündete Freiheit der Presse und der Personen, Aufhebung der Droits réunis (12. April 1814), erkannte auch die Grundzüge der Konstitution an und schloß einen Waffenstillstand mit den Verbündeten. Bei Napoleons I. Rückkehr (1815) floh K. mit der königlichen Familie nach Gent. Nach der zweiten Restauration legten er und seine Gesinnungsgenossen (»Pavillon Marsan«) die ausschweifendsten reaktionären Gelüste an den Tag und intrigierten gegen seinen Bruder Ludwig XVIII., die Charte und die Kammern. Nachdem er 16. Sept. 1824 seinem Bruder auf dem Thron gefolgt war und sich 29. Mai 1825 mit mittelalterlichem Pomp in Reims hatte salben und krönen lassen, schien er anfangs eine gemäßigtere Richtung einzuschlagen, lenkte aber sodann wieder in die frühere reaktionäre Bahn ein. Er berief Villèle an die Spitze eines rückschrittlichen Ministeriums und übertrug, nachdem der gemäßigtere Martignac sich mit der Kammer nicht hatte verständigen können, Polignac die Leitung der Staatsgeschäfte. Durch auswärtige Erfolge suchte K. die Unzufriedenheit der Nation zu beschwichtigen und unternahm zu diesem Zweck 1830 die Expedition nach Algier. Doch blieb sie ohne Erfolg auf die Volksstimmung, zu deren Organ sich die 221 liberalen Mitglieder der Kammer machten. Um die Opposition zu unterdrücken, erließ K. 25. Juli 1830 die berüchtigten Juliordonnanzen. Hierdurch rief er die Julirevolution von 1830 hervor, infolge deren er 2. Aug. 1830 zugunsten seines Enkels, des Herzogs Heinrich von Bordeaux, auf die Krone verzichtete. Er lebte fortan nacheinander in Edinburg, Prag, Kirchberg und Görz. K. war seit 1773 vermählt mit Maria Theresia von Savoyen, die ihm die Herzoge von Angoulême und von Berri gebar. Vgl. Védrenne, Vie de Charles X (Par. 1879, 3 Bde.); Petit, Charles X (das. 1886); Villeneuve. Charles X et Louis XIXen exil. Mémoires inédits (das. 1889); Imbert de Saint-Amand, La cour de Charles X (das. 1892).
[Großbritannien und Irland.] Könige von England, Schottland und Irland: 27) K. I., geb. 19. Nov. 1600 zu Dunfermline in Schottland, gest. 30. Jan. 1649, zweiter Sohn Jakobs I., durch den Tod seines Bruders Heinrich 1612 Prinz von Wales geworden, bestieg 6. April 1625 den Thron. K. hatte schon vorher durch seine Verlobung mit der katholischen Henriette Maria, Tochter Heinrichs IV. von Frankreich, die öffentliche Meinung gegen sich, und später entzog ihm die vom Vater ererbte Neigung zu dem stolzen Buckingham die Liebe des Volkes noch mehr. Zudem war er, obwohl tätig, geistvoll, gütig und liebenswürdig, doch zu Leichtsinn, Hartnäckigkeit und Willkür geneigt, vor allem aber besaß er einen unwiderstehlichen Hang zu gefährlichen und zweideutigen Intrigen. So geriet er bald in scharfe Kämpfe mit dem Parlament, die nach der Ermordung Buckinghams (im August 1628) zuletzt dahin führten, daß der König eine Reihe von Jahren hindurch ohne Parlament mit Hilfe verfassungswidriger Willkürmaßregeln regierte, in weltlichen Angelegenheiten hauptsächlich von Wentworth, später Lord Strafford (s. d.), in geistlichen von dem Erzbischof Land (s. d.) beraten. Allein als der König 1637 auch mit den Schotten zerfiel, die wegen der Einführung einer neuen hochkirchlichen Liturgie einen Aufstand unternahmen, sah er sich 1640 genötigt, das Parlament wieder zu berufen. Indessen der frühere Zwist erneuerte und verstärkte sich nur: das Parlament wollte die bedrängte Lage Karls zur Erweiterung der eignen und zur Beschränkung der königlichen Rechte benutzen; K. gab in vielen Dingen nach und war kleinmütig genug, dem Unterhause sogar seine Günstlinge Strafford und Land zu opfern. Aber trotzdem brach 1642, als der König London verließ, der offene Kampf zwischen ihm und seinem Volk aus. K. berief ein Parlament nach York, lehnte die letzten Forderungen des Londoner Parlaments, das einen Verzicht auf die wichtigsten Machtbefugnisse der Krone verlangte, ab und begann den Bürgerkrieg. Fast zwei Jahre lang behauptete er das Übergewicht, bis die Verbindung des englischen und schottischen Parlaments, das Scheitern des Versuchs des Königs, sich auf ein in Oxford zusammenberufenes royalistisches Gegenparlament zu stützen, endlich die Reorganisation der Parlamentsarmee durch Cromwell die Entscheidung herbeiführten. Am 2. Juli 1644 erlitten die Königlichen bei Marston-Moor, unweit York, eine bedeutende Niederlage, und wenn diese auch durch die Unfälle, die das Parlamentsheer unter dem Grafen Essex 1. Sept. in Cornwall erlitt, aufgewogen wurde, so war doch das Unterliegen des Königs kaum noch zweifelhaft. Neue Verhandlungen zu Uxbridge (Januar 1645) scheiterten an den weitgehenden Forderungen des Parlaments. Die Niederlage bei Naseby, unweit Northampton (14. Juni), namentlich aber die Veröffentlichung seines Briefwechsels, den die Sieger erbeutet hatten, und aus dem hervorging, daß er die Hilfe des Auslandes nachgesucht hatte, bestimmten K. zur Nachgiebigkeit. Allein es war zu spät. Seine Anerbietungen wurden zurückgewiesen; und, um nicht in Oxford eingeschlossen zu werden, warf er sich den Schotten in die Arme. Am 27. April 1646 floh er und gelangte nach mehrtägigem Umherirren in das Schottenlager. Der Empfang war ehrenvoll, aber tatsächlich war K. nur ein Gefangener, und im Januar 1647 lieferten die Schotten ihn für 400,000 Pfd. Sterl. an das englische Parlament aus, das ihn im Schloß Holmby in der Grafschaft Northampton gefangen setzte. Die Presbyterianer dachten nun an eine vertragsmäßige Ausgleichung der Wirren, die Independenten hingegen erstrebten unbedingte Beseitigung der königlichen Macht. Cromwell ließ den König heimlich entführen und knüpfte Verhandlungen mit ihm an, deren Erfolg aber durch das zweideutige Verhalten des Königs vereitelt wurde. Am 11. Nov. entfloh K. von Hamptoncourt auf die Insel Wight, ward jedoch vom Gouverneur der Insel verhaftet und auf das feste Schloß Carisbrook gebracht. In den letzten Monaten 1647 fanden zwar neue Verhandlungen zwischen König, Heer und Parlament statt, die aber von vornherein aussichtslos waren und deren Abbruch im Januar 1648 beschlossen wurde. Nun rüsteten zwar die Schotten für K. und rückten in England ein, wurden aber von Cromwell 17.–19. Aug. bei Preston geschlagen. Gleichwohl erneuerte das Parlament die Verhandlungen mit dem König; aber das Heer wollte davon nichts wissen, bemächtigte sich 1. Dez. der Person Karls und entfernte 6. Dez. die seinen Tendenzen widerstrebenden Mitglieder gewaltsam aus dem Unterhaus. Der König wurde 23. Dez. nach Windsor gebracht, und das Rumpfparlament beschloß im Januar 1649 seine Anklage wegen Hochverrats vor einem Gerichtshof von 150 Personen, bestehend aus Peers, Oberrichtern, Baronets, Aldermen und Mitgliedern des Unterhauses. Am 19. Jan. brachte man K. nach London; am 20. begann der Prozeß im großen Saal von Westminster. Bradshaw (s. d.) war Präsident des Gerichtshofs, gegen den K. protestierte. Vergebens verwendeten sich die auswärtigen Höfe und das schottische Parlament für K.: am 27. ward er als Tyrann, Verräter, Mörder und Landesfeind zum Tode verurteilt. Nach Mitteilung des Urteils verlangte K. noch einmal Gehör; man glaubte, daß er der Krone zugunsten des Prinzen von Wales entsagen wollte. Er wurde jedoch mit Gewalt abgeführt und 30. Jan. vor dem Palast Whitehall in London hingerichtet. Die Schriften Karls gab Brown (Haag 1651) heraus, seine Memoiren 1646–49 Allen Fea (Lond. 1904); seine Briefe an Henriette Maria wurden 1856 von der Camden Society veröffentlicht. Sein Bildnis s. Tafel »Kostüme III«, Fig. 1. Vgl. Disraeli, Commentaries on the life and reign of Charles I. (Lond. 1828–1831, 5 Bde.; neue Ausg. 1850, 2 Bde.); Guizot, Histoire de Charles I, 1625–1649 (Par. 1828 u. ö., 2 Bde.); Gardiner, History of England under the duke of Buckingham and Charles I., 1624–1628 (Lond. 1874, 2 Bde.), The personal government ot Charles I., 1628–1637 (das. 1877, 2 Bde.) und The fall of the monarchy of Charles I. (das. 1882, 2 Bde.); Chancellor, Life of Charles I., 1600–1625 (das. 1886); Skelton, Charles I. (das. 1898).
28) K. II., ältester Sohn des vorigen, geb. 29. Mai 1630, gest. 6. Febr. 1685, wurde während des Bürgerkrieges unter Leitung seiner Mutter in Frankreich erzogen und befand sich zur Zeit der Hinrichtung seines Vaters im Haag. Danach nahm er den Königstitel an und wurde in Irland und 5. Febr. 1649 auch in Schottland zum König ausgerufen. Aber der in Irland zu seinen Gunsten ausgebrochene Aufstand ward von Cromwell und Ireton niedergeworfen, und auch in Schottland hatte K. keinen Erfolg. Er landete zwar daselbst im Juni 1650 und wurde, nachdem er sich den Anforderungen des presbyterianischen Parlaments gefügt hatte, zu Scone gekrönt (1. Jan. 1651); aber inzwischen war Cromwell nach seinem Sieg bei Dunbar über Leslie schon tief in Schottland eingedrungen. Um ihn zum Rückzug zu bewegen, unternahm K. mit 14,000 Mann einen kühnen Marsch nach England, wurde aber 3. Sept. 1651 bei Worcester völlig geschlagen. Nach einer abenteuerreichen Flucht gelangte er 16. Okt. in die Normandie. K. lebte nun vorzugsweise in den Niederlanden und hörte nicht auf, Pläne für seine Rückkehr zu schmieden. Doch erst nach Cromwells Tod trat die royalistische Partei in England offener hervor, und als sich ihr auch der General George Monk anschloß, setzte sie im Mai 1660 die Wiederherstellung des Königtums durch. K., der sich im Haag befand, kam 25. Mai auf der zu seinem Empfang abgeschickten Flotte in Dover an und zog 29. Mai unter lautem Jubel des Volkes in London ein. England hatte wieder einen König; aber in der den Stuarts eigentümlichen Verblendung knüpfte dieser überall da an, wo sein Vater geendet hatte. Die bischöfliche Kirche wurde wiederhergestellt; die presbyterianischen Geistlichen, denen K. die in Schottland erlittenen Demütigungen nicht verzieh, verloren ihre Pfarreien; die verkauften Ländereien der Krone und der Kirche wurden eingezogen; den Richtern Karls I. ward der Prozeß gemacht, mehrere wurden hingerichtet, die Leichen andrer, auch die Cromwells, aus den Gräbern gerissen und an den Galgen gehängt. Auch die auswärtige Politik Karls war weder glücklich noch ruhmvoll. Er verkaufte das von Cromwell erworbene Dünkirchen an Frankreich und stürzte sich 1665 in einen Krieg mit Holland, in dem er die Schmach erlebte, daß eine niederländische Flotte in die Themse eindrang, und dem der Friede von Breda 1667 ein wenig befriedigendes Ende machte. Vollends nach der Entlassung seines Ministers Edward Hyde Lord Clarendon und der Einsetzung des höchst unpopulären Cabal-Ministeriums warf K. sich in die Arme der Reaktion. Seit Anfang 1669 ging er mit dem Plan um, mit Hilfe Ludwigs XIV. die katholische Religion und die absolute Monarchie wieder einzuführen, und im Juni 1670 schloß er eine geheime Allianz mit Frankreich, die ihn völlig von den Subsidien Ludwigs abhängig machte. Dieser Bund nötigte ihn 1672 zur Teilnahme an dem Rachekrieg Frankreichs gegen Holland, doch zwang ihn der Wille der Nation schon 1674 zum Frieden. Auch die religiösen Pläne des Königs hatten wenig Erfolg: seine 1672 erlassene Duldungsverordnung, welche die Strafgesetze gegen Katholiken und Dissidenten aufhob, mußte er zurücknehmen und der Testakte zustimmen, welche die Katholiken von allen öffentlichen Ämtern ausschloß. Nach einigen Jahren energielosen Schwankens wurde K. 1678 wieder in entschiedenere Bahnen gelenkt. Das von Titus Oates denunzierte angebliche Komplott der Papisten (popish plot), den König zu ermorden und den Katholizismus mit Gewalt wieder einzuführen, brachte ganz England in Aufregung; das Parlament verlangte 1679, hauptsächlich auf Betreiben Lord Shaftesburys, die Ausschließung des Herzogs von York (nachmals Jakobs II.) von der Thronfolge. K. genehmigte zwar die gleichzeitig beschlossene Habeaskorpusakte, verweigerte aber seine Zustimmung zu der Ausschließungsbill, löste 1679 und 1681 drei Parlamente, deren drittes er nach Oxford berief, kurz hintereinander auf, schloß mit Frankreich einen neuen Subsidienvertrag ab und regierte nun ohne Parlament. Shaftesbury floh nach Holland, die Opposition der großen Städte, auch Londons, wurde gebrochen, indem man ihre Freiheitsbriefe durch Jeffreys (s. d.) kassieren ließ, ein Empörungsversuch des Herzogs von Monmouth ward schon vor dem Ausbruch erstickt und an den Häuptern der Whigs, Lord William Russell und Algernon Sidney, auf dem Schafott gestraft. K. mochte glauben, seiner Feinde Herr geworden zu sein, als er 2. Febr. 1685 vom Schlage getroffen wurde. Auf seinem Totenbett empfing er auf seines Bruders Wunsch das Abendmahl und die Letzte Ölung nach katholischem Ritus. Nicht ohne Talente und Bildung, in Rede und Umgang voll Anmut, bisweilen nach dem Höchsten strebend, hat K. doch nie seine Herrscheraufgabe in vollem Ernst erfaßt, und mit kleinen Mitteln glaubte er große Ziele erreichen zu können. Karls Privatleben war höchst zügellos; während seine legitime Ehe mit Katharina von Portugal (s. Katharina 5) kinderlos blieb, hat er eine große Zahl natürlicher Kinder hinterlassen, von denen er neun anerkannt hat. Vgl. Harris, Life of Charles II. (Lond. 1766); Sidney, Diary of the times of Charles II. (das. 1843, 2 Bde.); Macpherson, History of Great Britain from the restoration of Charles II., etc. (das. 1873); Airy, Charles II. (2. Aufl., das. 1904); Pollock, Popish plot, etc. (das. 1903).
29) K. Eduard, der Prätendent, geb. 31. Dez. 1720 in Rom, gest. 30. Jan. 1788, Enkel König Jakobs II. von England und Sohn des Prätendenten Jakob III. (s. Jakob 5), begab sich 1744 nach Frankreich, wo ihm Ludwig XV. eine Flotte zur Wiedererlangung der Krone seiner Väter zur Verfügung stellte, deren Unternehmen indes, ohne daß es zur Invasion in England kam, scheiterte. Darauf rüstete der Prinz mit geringen Mitteln ein Schiff aus und landete mit wenigen Getreuen im Juli 1745 an der schottischen Küste. Anfangs hatte er Erfolg: zahlreiche Hochländer schlossen sich ihm an; er ließ sich nach der Eroberung von Perth zum Regenten und seinen Vater zum König ausrufen, schlug 21. Sept. bei Preston-Pans die ihm entgegengesandten englischen Truppen und zog 22. Sept. in Edinburg ein. Demnächst brach er gegen England auf, überschritt 8. Nov. die Grenze, nahm Carlisle und rückte in Derby ein. Bald aber ward er von der englischen Übermacht zurückgedrängt. Zwar siegte er 28. Jan. 1746 bei Falkirk; aber die Niederlage, die er bei Culloden (27. April) durch den Herzog von Cumberland erlitt, zwang ihn zur Flucht in die Hochlande Schottlands, von wo er nach fünfmonatigen Mühseligkeiten und nach Gefahren aller Art nach Frankreich entkam. Hier erhielt er vom Hof ein Jahrgel d, wurde aber nach dem Aachener Frieden 1748 ausgewiesen und lebte in der Folge meist zu Lüttich, besuchte auch noch einigemal England, ohne von der Regierung beachtet zu werden. Später lebte er teils in Florenz, teils in Rom als Graf von Albany, heiratete 1772 die Gräfin Luise von Stolberg-Gedern (s. Albany 1, S. 263), eine Ehe, die 1780 wieder getrennt wurde. und ergab sich endlich dem Trunk, der sein Ende beschleunigte. Er ward zu Frascati mit königlichen Ehren bestattet, sein Bruder, der Kardinal von York (gest. 13. Juli 1807 in Frascati), hielt das Totenamt. Vgl. Pichot, Histoire de Charles-Edouard (4. Aufl., Par. 1846); Klose, Leben des Prinzen K. (Leipz. 1842); Ewald, Life and times of Prince Charles Stuart (Lond. 1875, 2 Bde.; 3. Aufl. in 1 Bd. 1903); v. Hassel, Der Aufstand des jungen Prätendenten K. Eduard Stuart (Leipz. 1876); A. Lang, Prince Charles Edward Stuart (Lond. 1900, Prachtwerk; Textausg. 1903); Norie, Life and adventures of Prince Charles Edward Stuart (das. 1903, 4 Bde.).
[Hessen-Rothenburg.] 30) K. Konstantin, Prinz von Hessen-Rothenburg, geb. 10. Jan. 1752 als Sohn des Landgrafen Konstantin von Hessen-Rothenburg (gest. 1778) und der Maria Eva, verw. Fürstin von Nassau-Siegen, einer gebornen Gräfin Starhemberg (gest. 1773), gest. in der Nacht vom 19. zum 20. Mai 1821 in Frankfurt a. M., bekannt durch seine Schwärmerei für die französische Revolution (er nannte sich seit 10. Aug. 1792 »Citoyen Hesse«) und sein abenteuerliches Leben. Vgl. Kleinschmidt, Prinz K. Konstantin von Hessen-Rothenburg (in der Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, Kassel 1901).
[Hohenzollern.] 31) K. Anton Friedrich Meinrad Fidelis, Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen, Sohn des Fürsten Anton Aloys, geb. 20. Febr. 1785, gest. 11. März 1853 in Bologna, übernahm 17. Okt. 1831 die Regierung, trat sie aber 27. Aug. 1848 an seinen Sohn ab. Vermählt warer mit Antoinette Murat, einer Nichte des Königs Joachim.
32) K. Anton, Fürst von Hohenzollern, Sohn des vorigen, geb. 7. Sept. 1811, gest. 2. Juni 1885 in Sigmaringen, folgte seinem Vater kraft der Zession vom 27. Aug. 1848 in der Regierung, trat aber 7. Dez. 1849 das Fürstentum an Preußen ab, siedelte nach Düsseldorf über und erhielt durch königliche Order vom 20. März 1850 das Prädikat »Hoheit« mit den Vorrechten eines nachgebornen Prinzen des königlichen Hauses. Seit 1831 in preußischen Militärdiensten und zuletzt Kommandeur der 14. Division, erhielt er 6. Nov. 1858 das Präsidium im Ministerium der neuen Ära und 2. Dez. auch im Staatsrat, wurde gleichzeitig kommandierender General des 7. Armeekorps, was er bis 1860 blieb, und erhielt 1861 das Prädikat »Königliche Hoheit«, schied aber im März 1862 wieder aus dem Ministerium, worauf er Anfang 1863 als General der Infanterie zum Militärgouverneur in der Rheinprovinz und Westfalen ernannt wurde. Seit 1868 stellvertretender Präses der Landesverteidigungskommission, lebte er seit 1873 in Sigmaringen. Seit 1834 war er vermählt mit Josephine von Baden (geb. 21. Okt. 1813, gest. 19. Juni 1900 in Sigmaringen), die ihm vier Söhne und zwei Töchter gebar (Weiteres s. Hohenzollern, S. 454,2. Spalte). Ihm zu Ehren erhielt 1889 das hohenzollerische Füsilierregiment Nr. 40 den Namen Füsilierregiment Fürst K. Anton von Hohenzollern. Vgl. Schmitz, Fürst K. Anton v. Hohenzollern (4. Aufl., Neuwied 1893).
[Lothringen.] 33) K. III. (II. als Herzog), der Große, geb. 1543 in Nancy, gest. 1608, Sohn des Herzogs Franz I. und der Christine von Dänemark, gelangte 1546 unter mütterlicher Vormundschaft zur Regierung, wurde aber seit 1552, nachdem sich Heinrich II. von Frankreich Metz', Touls und Verduns bemächtigt hatte, am französischen Hof erzogen und vermählte sich hier mit Heinrichs II. Tochter Claudia. Nach Heinrichs II. Tod (1559) kehrte er nach Lothringen zurück und zeichnete sich durch eine weise Regierung aus. Er verstärkte sein Heer, stiftete die Universität Pont-à-Mousson und vergrößerte Nancy.
34) K. IV. (III.), Enkel des vorigen, geb. 1604, gest. 8. Sept. 1675, gelangte 1624 zur Herrschaft. Nach mehreren Kriegen, bald gegen Frankreich, bald gegen Schweden, 1631 aus Nancy vertrieben, begab er sich mit 3000 Mann in kaiserliche und nach dem Westfälischen Frieden in spanische Dienste. Da er eigen mächtig mit den Franzosen unterhandelte, ward er 1654 in Brüssel gefangen genommen und nach Tudela in Spanien gebracht, wo er bis 1659 bewacht wurde. Im Pyrenäischen Frieden erhielt er Freiheit und Land zurück. Aber 1669 rückte ein französisches Heer unter dem Marschall Créqui in Lothringen ein. K. nahm nun seit 1672 im Heer der Verbündeten am Kriege gegen Frankreich teil, ward 1674 bei Sinzheim besiegt, schlug aber 11. Aug. 1675 Créqui bei der Konzerbrücke und starb einige Wochen danach. Vgl. Des Robert, Campagnes de Charles IV, duc de Lorraine et de Bar. 1638–1643 (Nancy 1883–88. 2 Bde.) und Charles IV et Mazarin (das. 1899).
35) K. V. (IV.) Leopold, geb. 3. April 1643 in Wien, gest. 18. April 1690, zweiter Sohn des Herzogs Franz von Lothringen, Neffe des vorigen, wurde von seinem Oheim als Nachfolger bestimmt, 1669 aber mit diesem durch die Franzosen vertrieben, trat in österreichische Kriegsdienste und machte den Türkenkrieg mit, in dem er sich namentlich 1683–88 auszeichnete. Er befehligte das kaiserliche und Reichsheer, das 1683 Wien entsetzte, schlug die Türken 1685 bei Gran, eroberte Neuhäusel und Ofen und siegte 1687 bei Mohács. 1689 kämpfte er gegen Frankreich und eroberte Mainz und Bonn. Er war vermählt mit Eleonore Marie, Schwester Kaiser Leopolds I. und Witwe des Königs Michael von Polen. Von seinen Söhnen erhielt der älteste, Leopold, im Ryswyker Frieden Lothringen zurück; der zweite, Karl Leopold, wurde Kurfürst von Trier.
36) K. Alexander, Prinz von Lothringen und Bar, Hochmeister des Deutschen Ordens, k. k. Generalfeldmarschall, geb. 12. Dez. 1712 in Lunéville, gest. 4. Juli 1780 in Teruen, Sohn des Herzogs Leopold und der Elisabeth Charlotte von Orléans, erhielt, als Lothringen 1738 an Stanislaus Leszczynski abgetreten ward, das Deutschordens-Großpriorat von Pisa. Er trat früh in österreichische Kriegsdienste, kämpfte 1736–39 gegen die Türkei und rettete in der Schlacht bei Krozka den linken Flügel. Im ersten Schlesischen Kriege wurde er 17. Mai 1742 bei Chotusitz von Friedrich II. geschlagen, focht dann aber mit Glück gegen die Bayern und Franzosen, ging 1744 über den Rhein und bemächtigte sich eines großen Teiles vom Elsaß. Beim Ausbruch des zweiten Schlesischen Krieges von Maria Theresia, deren Schwager er war, zurückberufen, vertrieb er, von Traun trefflich beraten, 1744 Friedrich aus Böhmen, ward indes 4. Juni 1745 bei Hohenfriedeberg und 30. Sept. bei Soor geschlagen. Nach dem Aachener Frieden 1748 zum Gouverneur der Niederlande ernannt, lebte er meist in Brüssel. Beim Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1757 erhielt er den Oberbefehl über sämtliche österreichische Truppen, wurde jedoch 6. Mai bei Prag besiegt, in dieser Stadt eingeschlossen und nur durch Dauns Sieg bei Kolin 18. Juni befreit. Er kämpfte dann noch in der Lausitz und in Schlesien, trat aber nach der Niederlage bei Leuthen 5. Dez. vom Kriegsschauplatz ab und begab sich in sein Gouvernement nach den Niederlanden. Dort stiftete er die Kunstakademie (1762), Bibliothekssäle zu allgemeinem Gebrauch, Versorgungshäuser, verbesserte das Münzwesen, förderte den Handel und den Ackerbau und baute neue Kanäle und Landstraßen. Zu Brüssel befindet sich sein Denkmal. Vgl. Slingeneyer, Vie du prince Charles Alex. de Lorraine (Brüssel 1834); L. Perey, Charles de Lorraine et la cour de Bruxelles sous le règne de Marie-Thérèse (Par. 1903).
[Mecklenburg.] 37) K. Friedrich August, Herzog von Mecklenburg-Strelitz, Stiefbruder der Königin Luise von Preußen, geb. 30. Nov. 1785 in Hannover, wo sein Vater, der nachmalige Großherzog Karl Ludwig Friedrich von Mecklenburg-Strelitz (geb. 1741, gest. 1816), als hannoverscher Feldmarschall und Generalgouverneur lebte, gest. 23. Sept. 1837, wurde, da seine Mutter Charlotte, Prinzessin von Hessen-Darmstadt, sehr früh starb, in Darmstadt unter den Augen seiner Großmutter erzogen, bis er 1794 dem Vater nach Strelitz folgte. Er besuchte die Kriegsschule in Berlin, trat 1805 als Major in die Garde, kämpfte bei Auerstedt und zeichnete sich 1813 bei Lützen und Bautzen und besonders als Brigadekommandeur an der Katzbach, bei Wartenburg und bei Möckern, wo er verwundet wurde, aus. Wieder genesen, machte er als Generalleutnant 1814 den Feldzug in Frankreich mit, wurde 1815 Kommandeur der Garde, die er im Kriege von 1815 und bis zu seinem Tode befehligte. Seit 1817 Mitglied des Staatsrats, wurde er 1825 General der Infanterie und 1827 definitiver Präsident des Staatsrats mit der Befugnis, an den Sitzungen der Minister teilzunehmen. Staatsmännisch gebildet, aber entschiedener Absolutist und dem König nahe stehend, übte er, namentlich seit Hardenbergs Tod, auf den Gang der preußischen Staatsangelegenheiten vielfach entscheidenden Einfluß. Unter den Namen J. E. Mand und Weishaupt schrieb der Herzog einige Lustspiele (»Die Isolierten«) und das Trauerspiel »Der ewige Jude«, die 1834 in Berlin gesammelt erschienen. Seit 1889 heißt das 6. ostpreußische Infanterieregiment Nr. 43 Infanterieregiment Herzog K. von Mecklenburg-Strelitz.
[Navarra.] 38) K. der Böse, König von Navarra, geb. 1332, gest. 1. Jan. 1387, war der Sohn Philipps von Evreux und der Johanna, Tochter Ludwigs X. von Frankreich, erbte von dieser 1349 das Königreich Navarra und vermählte sich 1352 mit Johanna, der Tochter des französischen Königs Johann. Aber anstatt den ehrgeizigen Schwiegersohn, der sogar Erbansprüche auf die französische Krone hatte, an sich zu fesseln, reizte ihn König Johann durch Vorenthaltung seiner französischen Lehen zur Feindschaft und ließ ihn 1356 unter der Beschuldigung, das Volk gegen ihn aufgereizt zu haben, gefangen nehmen. Nach der Niederlage Johanns bei Maupertuis wieder befreit, stellte sich K. 1357 an die Spitze der aufständischen Bevölkerung von Paris und strebte offen nach der französischen Krone. Auf Betrieb des Prevots Marcel wurde er 1358 zum Kapitän von Paris erhoben, erweckte aber durch seine Gewalttätigkeit gegen die Jacquerie das Mißtrauen des Volkes und mußte nach Marcels Sturz 1359 mit dem Dauphin Frieden schließen. Der Aufschwung der französischen Macht unter Karl V. verdrängte K. aus seiner einflußreichen Stellung. Zwischen England und Frankreich schwankend, zweimal des Vergiftungsversuchs gegen Karl V. angeklagt. zog sich K. in sein Königreich Navarra zurück und starb eines schmerzvollen Todes durch Verbrennung. Vgl. E. Meyer, Charles II, roi de Navarre, et la Normandie an XIV. siècle (Par. 1898).
[Neapel und Sizilien.] 39) K. I. von Anjou, geb. im Frühjahr 1226, gest. 7. Jan. 1285, jüngster Sohn König Ludwigs VIII. von Frankreich und Blankas von Kastilien, erhielt von seinem Bruder Ludwig IX. Anjou und Maine als Apanage und durch seine Vermählung mit Beatrix, Tochter des Grafen Raimund Berengar von Provence (1246), dieses Land, das er allmählich unterwarf und durch Erwerbungen in Piemont vergrößerte. Er begleitete seinen Bruder 1248 auf dem Kreuzzug, der mit der Gefangenschaft beider Brüder endete (1250). Um den Hohenstaufen Manfred zu stürzen, belehnte Papst Clemens IV. 28. Juni 1265 K., der einen Tribut von 8000 Unzen Gold versprochen hatte, mit Neapel und Sizilien, und durch den Sieg bei Benevent 26. Febr. 1266 eroberte K. die Krone. Bald aber reizten Gewalttaten und Steuerdruck das Volk zum Aufstand, und die Großen traten mit Konradin, Manfreds Neffen, in Unterhandlung. Dieser ward jedoch 23. Aug. 1268 bei Tagliacozzo besiegt, in Astura gefangen genommen, durch Spruch des Königs zum Tode verurteilt und 29. Okt. 1268 enthauptet. Auch die abgefallenen Inländer, Sarazenen und Deutschen wurden blutig bestraft. Als Ludwig IX. 1270 einen neuen Kreuzzug gerüstet, veranlaßte ihn K., sich gegen Tunis zu wenden, die Zufluchtsstätte staufischer Parteigänger, die seinen Thron bedrohten. Nach Ludwigs Tod (25. Aug. d. J.) befehligte er das Kreuzheer und schloß mit dem Herrscher von Tunis einen vorteilhaften Frieden. Weitausblickend waren auch seit 1271 seine Absichten auf den Westen der Balkanhalbinsel (1273 Huldigung der Albanesen von Berat), die dem Kaiser Michael VIII. Palaiologos sehr unbequem waren. In der Sizilianischen Vesper (s. d.) brach 1282 der lange verhaltene Grimm der Sizilianer gegen die Franzosen hervor. Diese wurden 31. März in Palermo und dann in den andern Städten niedergemetzelt. Wohl eilte K. mit Heer und Flotte herbei und belagerte Messina; doch entsetzte Peter von Aragonien, den die Sizilianer zu Hilfe riefen, die Stadt; in einer Seeschlacht bei Reggio wurde die Flotte Karls von der aragonischen geschlagen, und Sizilien blieb dem französischen Haus verloren. K. starb unter neuen gewaltigen Rüstungen, das Verlorne wiederzuerringen. In zweiter Ehe war er vermählt mit Margarete von Nevers, Tochter Herzog Eudos von Burgund. Vgl. Riccio, Genealogia di Carlo I di Angiò (Neapel 1857) und Il regno di Carlo I di Angiò 1272–1283 (im »Archivio storico italiano«, 1875–81); Cadier, Essai sur l'administration du royaume de Sicile sur Charles I et Charles II d'Anjou (Par. 1891); Merkel, La dominazione di Carlo I d'Angiò in Piemonte ein Lombardia (Tur. 1891); Durrieu, Archives angevines de Naples; étude sur les registres du roi Charles I (Toulouse 1886–87, 2 Bde.); Sternfeld, K. von Anjou als Graf der Provence, 1245–1265 (Berl. 1888).
40) K. II., der Hinker, Sohn des vorigen, geb. 1254, gest. 1309, war 1283 von den Sizilianern in einer Seeschlacht besiegt worden und befand sich bei Karls I. Tod in Gefangenschaft bei Peter III. von Aragonien und Sizilien. Er erlangte erst 1288 unter harten Bedingungen seine Freilassung und wurde 1289 vom Papst, der ihn von den eingegangenen Verbindlichkeiten freisprach, als König gekrönt, während man gegen Jakob V. von Sizilien einen abermaligen Kreuzzug vorbereitete. Als dieser, durch den Bann eingeschüchtert, 1295 auf Sizilien Verzicht leistete, erhoben die Sizilianer seinen Bruder Friedrich auf den Thron, den K. im Frieden von Caltabellotta 1302 anerkennen mußte. K. war vermählt mit Maria von Ungarn.
41) K. III. von Durazzo, der Kleine, Sohn Ludwigs von Gravina, geb. 1345, wurde von Johanna I. von Neapel zum Nachfolger ernannt, erhob sich aber auf Anstiften Ludwigs von Ungarn und des Papstes gegen sie, eroberte 1381 Neapel und ließ 1382 Johanna ermorden. 1385 von einem Teil des Adels zum König von Ungarn erwählt, wurde er im Februar 1386 ermordet. Er war vermählt mit Margarete von Durazzo. – K. IV., vgl. unten: K. 70).
[Österreich.] 42) K. Ludwig Johann, Erzherzog von Österreich, Herzog von Teschen, einer der ausgezeichnetsten Feldherren der neuern Zeit, geb. 5. Sept. 1771 in Florenz, gest. 30. April 1847, dritter Sohn Kaiser Leopolds II. und der spanischen Infantin Maria Luise, jüngerer Bruder des Kaisers Franz I., wurde vom Herzog Albert von Sachsen-Teschen (s. Albert 6) und dessen Gemahlin, Erzherzogin Christine, an Kindes Statt angenommen und folgte diesen 1790 in die Niederlande, wo ihn eine Fraktion der Bewegungspartei als »Erbsouverän und Großherzog« hatte ausrufen wollen. Seine militärische Laufbahn betrat er 1792, focht mit 22 Jahren als Generalmajor in der Schlacht bei Jemappes, nahm 1793 teil an den Schlachten von Aldenhoven und Neerwinden, wo er den feindlichen linken Flügel in die Flucht schlug, und wurde Generalstatthalter der Niederlande. Am 24. Mai erstürmte er das befestigte Lager auf den Höhen von Femers und wohnte der Eroberung von Condé, Valenciennes, Le Quesnov sowie der Schlacht von Wattignies bei. Nach der unglücklichen Schlacht bei Fleurus, in welcher der Herzog von Koburg von Jourdan geschlagen wurde, ging K. 1794 nach Wien, um sich kriegswissenschaftlichen Studien zu widmen. Mit der Ernennung zum Reichsfeldmarschall 1796 begann seine selbständige militärische Laufbahn. Er warf Jourdan durch die Gefechte von Wetzlar und Uckerodt über den Rhein zurück, lieferte 9. Juli Moreau das Treffen bei Malsch und Rosenthal, siegte über Bernadotte 22. Aug. bei Teining, über Jourdan bei Amberg (24. Aug.) und Würzburg (3. Sept.) und trieb das französische Heer über den Rhein zurück. Sodann wandte er sich gegen Moreau an den Oberrhein, schlug ihn bei Emmendingen an der Elz, an der Dreisam, bei Schliengen und nötigte ihn 26. Okt., bei Hüningen über den Rhein zu gehen. Die hierauf folgende Belagerung Kehls, mit len im Winter, gehört zu Karls größten Waffentaten; die Festung mußte 10. Jan. 1797 kapitulieren. Am 7. Febr. 1797 übernahm K. das Kommando der italienischen Armee, mußte aber der Übermacht weichen und sich vom Tagliamento bis zum Isonzo und von da nach dem Gefecht bei Tarvis (23. März) bis Leoben zurückziehen. Nach dem Waffenstillstand zu Judenburg 5. April, dem am 18. die Friedenspräliminarien von Leoben folgten, eilte K. zur Rheinarmee zurück, wurde aber nach dem Frieden von Campo Formio (im Oktober 1797) zum Gouverneur und Generalkapitän von Böhmen ernannt und benutzte die Zeit der Ruhe zur Disziplinierung des Heeres. Als 1799, nach dem fruchtlosen Kongreß zu Rastatt, ein Heer zwischen dem Lech und der Isar aufgestellt wurde, erhielt K. den Oberbefehl, zog Jourdan, der den Rhein überschritten hatte, entgegen und schlug ihn im März 1799 bei Biberach, Ostrach und Stockach. Darauf drang er mit Bellegarde und Hotze in die Schweiz ein und lieferte Masséna 4. Juni die Schlacht bei Zürich, mußte aber dann nach Deutschland zurückkehren, entsetzte Philippsburg und erstürmte Mannheim. Neue Pläne zu einem Feldzug in die Schweiz wurden durch Korsakows Niederlage und den Rückzug Suworows vereitelt.
Wegen seiner erschütterten Gesundheit und Zwistigkeiten mit dem Hofkriegsrat trat er im März 1800 vom Oberkommando zurück und übernahm Oktober bis November die Leitung der Verteidigungsanstalten Böhmens, bildete eine Legion von 25,000 Freiwilligen aus Böhmen und Mähren und erhielt erst, als nach der unglücklichen Schlacht von Hohenlinden die Franzosen in Österreich eindrangen, abermals das Kommando. Er fand jedoch die Armee in so traurigem Zustand, daß er sich über die Traun nach Steier zurückziehen und dort 20. Dez. einen Waffenstillstand schließen mußte, der dem Lüneviller Frieden im Februar 1801 zur Grundlage diente. 1801 zum Feldmarschall u. Hofkriegsratspräsidenten ernannt, unterzog er sich mit Einsicht und Eifer der Reform des Militärwesens. 1805 übernahm K. zunächst das Kommando gegen Masséna in Italien, schlug ihn bei Caldiero (30. und 31. Okt.), doch zwang ihn die Katastrophe von Ulm. nach dem Norden zu marschieren; er sammelte noch seine Truppen in Westungarn, als 2. Dez. bei Austerlitz die Entscheidung fiel. Auf Napoleons I. Wunsch, den bedeutendsten aller seiner Gegner persönlich kennen zu lernen, fand 27. Dez. 1805 eine Zusammenkunft in Stammersdorf bei Wien statt, bei der K. vergeblich günstigere Friedensbedingungen zu erreichen trachtete. Nachdem K. 10. Febr. 1806 zum Generalissimus und Kriegsminister mit unumschränkter Vollmacht ernannt worden war, widmete er sich von neuem der Reform der Armee, die ihm ihre besten Einrichtungen verdankte. Er verbesserte den Unterricht der Armee durch gute Unterrichtsbücher, durch neue Instruktionen und Reglements, durch die Gründung eines Kriegsarchivs, einer militärischen Zeitschrift, durch systematischen Unterricht in den Regimentern und Korps etc. Am 12. Mai 1808 erließ er ein Patent, betreffend die Errichtung einer dreifachen Militärreserve. Den Antrag der spanischen Patriotenpartei, die unter Palafox ihn zu Saragossa als König Spaniens ausrief (31. Mai), lehnte er ab. Im Kriege von 1809 übernahm er das Kommando der 200,000 Mann starken Armee in Deutschland, überschritt 9. April den Inn, erzwang am 16. den von den Bayern verteidigten Übergang über die Isar bei Landshut und besetzte München. Doch wurde er nach mehrtägigen Gefechten bei Abensberg, Landshut, Eckmühl und Regensburg (im April 1809) von Napoleon geschlagen, mußte sich nach Böhmen zurückziehen, vereinigte sich aber 16. Mai bei Stockerau mit Hiller und siegte dann bei Aspern (s. d.) und Eßlingen 21. und 22. Mai über Napoleon, ohne jedoch den Sieg gehörig zu benutzen. So kam es denn, daß Napoleon, durch einen Scheinangriff unterstützt, in der Nacht vom 4. zum 5. Juli von neuem die Donau überschritt und das österreichische Heer nötigte, sich bei Wagram 5. und 6. Juli in eine Schlacht einzulassen. In dieser bewiesen die Österreicher die glänzendste Bravour, der Erzherzog selbst wurde verwundet; aber Napoleon blieb Sieger, vielleicht auch deshalb, weil das Armeekorps unter Erzherzog Johann auf dem Schlachtfeld nicht rechtzeitig erschien. In Znaim, bis wohin sich K. zurückgezogen hatte, wurde sodann ein Waffenstillstand geschlossen; als aber der Kaiser diesen Schritt mißbilligte, legte K. seine Stelle als Generalissimus zu Littau bei Olmütz 31. Juli nieder. Von da an lebte K. in Teschen beim Herzog Albert. Von Napoleon dazu erwählt, vertrat er denselben bei dessen Vermählung mit Maria Luise und erhielt deshalb das Großkreuz der Ehrenlegion. Den Kriegsschauplatz betrat er nicht wieder, doch war er nach Napoleons Zurückkunft von Elba kurze Zeit Gouverneur der Bundesfestung Mainz. Hier vermählte er sich 17. Sept. 1815 mit der Prinzessin Henriette von Nassau-Weilburg (gest. 29. Dez. 1829), die ihm vier Söhne und zwei Töchter gebar; von den Söhnen war der älteste, Erzherzog Albrecht (s. Albrecht 18), der bekannte Feldmarschall (gest. 18. Febr. 1895); der zweite, Erzherzog Karl Ferdinand, geb. 18. Juli 1818, General der Kavallerie, starb 20. Nov. 1874; der dritte, Erzherzog Friedrich Ferdinand Leopold, widmete sich dem Seedienst (s. Friedrich 49); der jüngste, Erzherzog Wilhelm, war Hoch- und Deutschmeister, Feldmarschalleutnant und Generalinspektor der Artillerie (gest. 29. Juli 1894). Von seinen beiden Töchtern wurde Therese, geb. 1816, Gemahlin des Königs Ferdinand II. von Neapel, gest. 1867, und Marie Karoline, geb. 1825, vermählte sich 1852 mit dem Erzherzog Rainer Ferdinand. Durch den Tod des Herzogs Albert zu Sachsen-Teschen (10. Febr. 1812) war K. in den Besitz von dessen Namen und großem Vermögen gekommen und lebte von nun an abwechselnd in Wien und auf seinen Besitzungen. Die militärische Literatur bereicherte er mit den Werken: »Grundsätze der Strategie, erläutert durch die Darstellung des Feldzugs von 1796 in Deutschland« (Wien 1814, 3 Bde.) und »Geschichte des Feldzugs von 1799 in Deutschland und der Schweiz« (das. 1819, 2 Bde.); gesammelt erschienen »Militärische Werke« (7 Lfgn., das. 1862, unvollständig) und »Ausgewählte Schriften« (das. 1893–94, 6 Bde.), darunter auch das Bruchstück seiner Selbstbiographie. 1860 wurde ihm vor der Burg zu Wien ein von Fernkorn entworfenes Denkmal gesetzt. Vgl. Duller, Erzherzog K. (Wien 1844–47); Schneidawind, Das Buch vom Erzherzog K. (5. Aufl., Leipz. 1860); Zeißberg, Erzherzog K. von Österreich, ein Lebensbild (Wien 1895, Bd. 1), und von Zeißbergs andern Schriften: Erzherzog K. und Prinz Hohenlohe-Kirchberg 1792 (das. 1888) und Belgien unter der Generalstatthalterschaft Erzherzog Karls (das. 1893 bis 1894, 3 Tle.); M. v. Angeli, Erzherzog K. von Österreich als Feldherr und Heeresorganisator, nach österreichischen Originalakten dargestellt (das. 1895–1897, 5 Bde.); Ommen, Die Kriegführung des Erzherzogs K. (Berl. 1900); Menge, Die Schlacht von Aspern 1809. Eine Erläuterung der Kriegführung Napoleons und des Erzherzogs K. von Österreich (das. 1900); Holtzheimer, Erzherzog K. bei Wagram (das. 1904).
43) K. Ludwig, Erzherzog von Österreich, geb. 30. Juli 1833, gest. 19. Mai 1896 in Wien, jüngerer Bruder des Kaisers Franz Joseph I., trat in die Armee, ohne indes eine hervorragende Rolle in derselben zu spielen, und bekleidete in ihr den Rang eines Generals der Kavallerie. 1855 wurde er Statthalter von Tirol, ein Amt, das er beim Beginn der konstitutionellen Ära (1861) niederlegte. Er machte sich durch seine Fürsorge für die Kunst verdient und vertrat gelegentlich den Kaiser bei der Abstattung von Besuchen an auswärtigen Höfen. K. war in erster Ehe vermählt mit der Prinzessin Margarete von Sachsen, die 1858 kinderlos starb; dann heiratete er 1862 die Prinzessin Annunciata von Sizilien, die ihm vier Kinder gebar und 1871 verschied; seit 1873 war er mit einer Tochter des Prinzen Miguel von Portugal, Erzherzogin Maria Theresia, vermählt. Der älteste Sohn, Erzherzog Franz Ferdinand, geb. 18. Dez. 1863 in Graz, ist österreichischer Thronerbe (s. Franz 13). Der zweite Sohn, Erzherzog Otto Franz Joseph, geb. 21. April 1865 in Graz, vermählte sich 1886 mit der Prinzessin Maria Josepha von Sachsen; er ist Feldmarschalleutnant und wurde, 1904 zuerst aus Gesundheitsrücksichten, vom Kommando der Kavallerietruppendivision in Wien enthoben, wenige Monate danach (im Oktober) zum Generalinspektor der Kavallerie ernannt. Ein dritter Sohn, Ferdinand Karl Ludwig, geb. 27. Dez. 1868, ist derzeit Generalmajor und Kommandant der 18. Infanteriebrigade. Vgl. v. Lindheim, Erzherzog K. Ludwig 1833–1896 (Wien 1898).
[Parma.] 44) K. II. Ludwig Ferdinand von Bourbon, Herzog von Parma, Infant von Spanien, geb. 22. Dez. 1799, gest. 17. April 1883, Sohn des Königs Ludwig von Etrurien (gest. 27. Mai 1803) und der Infantin Maria Luise, Tochter Karls IV. von Spanien, folgte 13. März 1824 seiner Mutter, die nach der Vereinigung Etruriens mit Frankreich (1807) das Herzogtum Lucca erhielt, in dessen Regierung, lebte aber meist auf Reisen, trat 5. Okt. 1847 Lucca an Toskana ab und folgte der am 17. Dez. 1847 gestorbenen Witwe Napoleons I. als Herzog von Parma, Piacenza und Guastalla. Im April 1848 verließ er, nachdem er eine Regentschaft eingesetzt hatte, Parma, legte 14. März 1849 die Regierung zugunsten seines Sohnes nieder und lebte meist in Nizza, wo er auch starb. Vermählt war er mit Maria Therese von Sardinien (geb. 19. Sept. 1803, gest. 16. Juli 1879). Sein Sohn Ferdinand Karl III., Herzog von Parma, geb. 14. Jan. 1823, kehrte im August 1849 nach Parma zurück, wo er ein schändliches Regiment führte. Er starb 27. März 1854 durch Meuchelmord, worauf seine Witwe Luise Maria Therese von Bourbon (geb. 21. Sept. 1819), Tochter des 1820 ermordeten Herzogs von Berri, die Regierung für ihren unmündigen Sohn Robert führte, bis beide 1859 aus ihrem Lande vertrieben wurden. Die Herzogin zog sich in die Schweiz zurück, sie starb 1. Febr. 1864 in Venedig.
[Pfalz.] 45) K. Ludwig, Kurfürst von der Pfalz, geb. 22. Dez. 1617, gest. 28. Aug. 1680, zweiter Sohn des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz und Elisabeths von England, teilte als Kind das Schicksal seines Vaters, kam selbst nach seines ältern Bruders, Heinrich Friedrich (1629), und seines Vaters Tod (1632) nicht in den Besitz von dessen Ländern und erwarb sie erst im Westfälischen Frieden (1648), jedoch nach Abtretung der Oberpfalz an Bayern, erhielt aber die achte Kurwürde. Seit 1658 in morganatischer Ehe mit Loysa v. Degenfeld (s. d.), dem Hoffräulein seiner Gemahlin Charlotte, einer hessen-kasselschen Prinzessin, die, 1657 von ihm geschieden, nach Kassel zurückkehrte, lebend, stellte er als vortrefflicher Regent und Volkswirt den Wohlstand im Lande wieder her und hatte seinen legitimen Sohn Karl, geb. 10. April 1651, zum Nachfolger, mit dem am 26. Mai 1685 die Linie Pfalz-Simmern erlosch. Seinen Briefwechsel mit seiner Schwester Sophie von Hannover und der Pfalzgräfin Anna gab Bodemann heraus (Leipz. 1885), »Schreiben von K. L. und den Seinen« Holland (Tübing. 1884, Literar. Verein), »Briefe seiner Mutter an K. Ludwig 1650–1662« Anna Wendland (Tübing. 1902, ebenda). Vgl. Lipowsky, K. Ludwig, Kurfürst von der Pfalz, und Marie Susanne Luise, Raugräfin von Degenfeld (Sulzb. 1824); Hauck, K. Ludwig, Kurfürst von der Pfalz (Leipz. 1903).
46) K. Philipp Theodor, Kurfürst von der Pfalz und von Bayern, geb. 11. Dez. 1724, gest. 16. Febr. 1799, Sohn des Pfalzgrafen Johann Christian zu Sulzbach, folgte seinem Vater in Sulzbach 20. Juli 1733 unter Vormundschaft seines Vetters von der Neuburger Linie, des Kurfürsten Karl Philipp von der Pfalz (1716–42). Seit 1742 mit Maria Elisabeth Auguste, Tochter des Erbprinzen Joseph Karl Emanuel von Pfalz-Sulzbach, vermählt, folgte er 1. Jan. 1743 seinem Vetter in der Kurpfalz sowie in Jülich und Berg und erhielt 1777 durch das Erlöschen des bayrischen Mannesstammes auch Bayern, wodurch er nächst dem Kaiser und dem König von Preußen der mächtigste Fürst in Deutschland wurde. Prachtliebend, hielt er verschwenderisch Hof, pflegte Kunst und Wissenschaft, beförderte die Errichtung des berühmten Theaters in Mannheim, ließ sich aber von Mätressen und Jesuiten leiten und stand in französischem Sold. Um seine natürlichen Kinder von der Schauspielerin Seyffert, Gräfin Heideck, zu Fürsten von Bretzenheim erhoben zu sehen, wollte er einen großen Teil Bayerns an Österreich abtreten und gab dadurch 1778 Anlaß zum Bayrischen Erbfolgekrieg (s. d.). Einen Austausch Bayerns gegen Belgien, wozu er sich später geneigt zeigte, vereitelte 1785 der Fürstenbund. 1796 floh er bei Annäherung der französischen Armee unter Moreau nach Dresden. Vermählt war er seit 1795 in zweiter kinderloser Ehe mit Maria Leopoldine von Österreich. Bayern fiel mit seinem Tode an den Herzog von Pfalz-Zweibrücken, nachherigen König Maximilian I. von Bayern. Vgl. Lipowsky, K. Theodor, Kurfürst von Pfalz-Bayern (Sulzb. 1828).
[Portugal.] 47) K. I. Ferdinand Ludwig etc., König von Portugal, Herzog zu Sachsen, geb. 28. Sept. 1863, ältester Sohn des Königs Ludwig I. und seiner Gemahlin Pia, vermählte sich 22. Mai 1886 mit der Prinzessin Amalie, Tochter des Grafen von Paris, und folgte seinem Vater 19. Okt. 1889 als König von Portugal. Während der Schwierigkeiten, welche die ungemessenen Forderungen Englands in den kolonialen Angelegenheiten und die revolutionären Bestrebungen in Portugal selbst der Krone bereiteten, benahm sich K. mit ebensoviel Entschiedenheit wie Mäßigung und Würde. Sein ältester Sohn ist Kronprinz Louis Philipp, geb. 21. März 1887.
[Preußen.] 48) Prinz von Preußen, geb. 29. Juni 1801, gest. 21. Jan. 1883, dritter Sohn des Königs Friedrich Wilhelm III. und Bruder des deutschen Kaisers Wilhelm I., seit 1853 Herrenmeister des Johanniterordens und seit 1854 Generalfeldzeugmeister und Chef der Artillerie, hinterließ in seinen Schlössern in Berlin und in Glienicke bei Potsdam wertvolle Kunstschätze, namentlich eine ausgezeichnete Waffensammlung, die der Ruhmeshalle in Berlin einverleibt ist. Er war vermählt seit 26. Mai 1827 mit der Prinzessin Marie von Sachsen-Weimar (geb. 3. Febr. 1808, gest. 18. Jan. 1877). Sein einziger Sohn war Prinz Friedrich Karl (s. Friedrich 64).
[Rumänien.] 49) K. (Carol) I., König von Rumänien, geb. 20: April 1839 als Prinz K. Eitel-Friedrich Zephyrin, zweiter Sohn des Fürsten Karl Anton von Hohenzollern (s. Karl 32), trat 1857 in das preußische 2. Gardedragonerregiment und wurde 20. April 1866 nach Vertreibung des Fürsten Cusa (s. Alexander 15) zum Fürsten von Rumänien erwählt. Am 20. Mai 1866 erschien er in Turn-Severin und hielt 22. Mai seinen feierlichen Einzug in Bukarest. Die Mächte gaben endlich ihre Zustimmung; die Türkei fügte sich, und der Sultan erteilte K., der selbst nach Konstantinopel reiste, die Investitur. Größere Schwierigkeiten hatte K. im Innern zu besiegen. Die Zuchtlosigkeit der Armee, die Unzuverlässigkeit der Beamten, die Finanznot, endlich die Anmaßung der Rumänen, ihre Parteizerklüftung und politische Verderbnis legten K. große Hindernisse in den Weg. Sympathien des Volkes für Frankreich wurden namentlich 1870 dem Fürsten gefährlich. Indes gelang es K., allmählich ein tüchtiges Heer zu bilden, das Schulwesen zu heben und den Bau von Eisenbahnen zu fördern. Als er 1871, des fortwährenden Ministerwechsels und der ewigen Klagen in der Kammer üperdrüssig, mit Abdankung drohte, erreichte er, daß die konservative Partei sich eine feste Mehrheit in der Kammer verschaffte und K. durch ein beständigeres Ministerium unterstützte. 1877 im russisch-türkischen Kriege befehligte K. die rumänischen Truppen und erhielt 31. Aug. den Befehl über die Zernierungsarmee vor Plewna. Nachdem er 1878 als souveräner Fürst anerkannt worden, ward er 26. März 1881 zum König proklamiert und 22. Mai in Bukarest gekrönt. K. ist seit 15. Nov. 1869 in kinderloser Ehe mit der Prinzessin Elisabeth von Wied (geb. 29. Dez. 1843, als Dichterin unter dem Namen Carmen Sylva bekannt, s. Elisabeth 10) vermählt. Zu seinem Nachfolger wurde sein Neffe, Prinz Ferdinand von Hohenzollern (s. Ferdinand 24), ernannt. Vgl. »Aus dem Leben König Karls von Rumänien« (Stuttg. 1894–1900, 4 Bde.); Mite Kremnitz, König K. von Rumänien, ein Lebensbild (2. Aufl., Bresl. 1904); D. Sturdza, Charles I, roi de Roumanie. Chronique, actes, documents (Bukar. 1900 ff.).
[Sachsen-Koburg.] 50) K. Eduard, Herzog von Sachsen-Koburg und Gotha, Herzog von Albany, geb. 19. Juli 1884 in Claremont, nachgeborner Sohn des am 28. März 1884 verstorbenen Herzogs Leopold von Albany (vierten Sohnes des Prinzen Albert und der Königin Viktoria) und der Prinzessin Helene von Waldeck (s. Albany 2, S. 263), wurde nach dem Tode des Erbprinzen Alfred (6. Febr. 1899), da der Herzog von Connaught und sein einziger Sohn auf ihre Erbansprüche verzichteten, zum Nachfolger seines Oheims, des Herzogs Alfred, ausersehen und durch das Gesetz vom 30. Juli 1899 als Thronfolger nach dem Tode des regierenden Herzogs anerkannt. Die Herzogin lebte mit ihrem Sohn anfangs in Stuttgart, seit Frühjahr 1900 in Potsdam, wo der Prinz Kadettenunterricht empfing und in das preußische Heer eintrat; seit Sommer 1903 studierte er in Bonn und ist gegenwärtig Leutnant im 1. Garderegiment zu Fuß in Potsdam. Nach dem Tode des Herzogs Alfred (s. Alfred 2) 30. Juli 1900 wurde K. Herzog; die Vormundschaft und Regentschaft führte für ihn der Erbprinz Ernst zu Hohenlohe-Langenburg, Schwiegersohn des verstorbenen Herzogs.
[Sachsen-Weimar.] 51) K. August, Großherzog von Sachsen-Weimar, geb. 3. Sept. 1757, gest. 14. Juni 1828, Sohn des Herzogs Ernst August Konstantin, stand nach seines Vaters Tod (28. Mai 1758) unter der Vormundschaft seines Großvaters, des Herzogs Karl von Braunschweig-Lüneburg. Unter Leitung seiner geistvollen Mutter Amalie, des Grafen Görtz, Wielands und Knebels früh geistig entwickelt, lernte er auf einer Reise nach Paris und der Schweiz 1774 Goethe kennen und schloß mit ihm sofort enge Freundschaft. 1775 zur Regierung gekommen und mit der Prinzessin Luise von Hessen-Darmstadt vermählt, rief er den Dichter gegen den Rat des Ministers Freiherrn v. Fritsch an seinen Hof, blieb selbst für geistige Einflüsse sehr empfänglich, schrieb und sprach gern und mit großer Leichtigkeit, dennoch nie über der Poesie die Regierung des Landes und die Pflichten eines deutschen Reichsfürsten vergessend und eifrig um die Pflege der Wissenschaft (Universität Jena) besorgt. An der Gründung des Fürstenbundes 1785 teilnehmend, hoffte K. auf eine von Preußen ausgehende Reform der deutschen Reichsverfassung und eine Wiedergeburt Deutschlands, er trat 1791 in das preußische Heer, machte als Generalmajor die Feldzüge gegen Frankreich 1792 und 1793 mit und ward 1797 Generalleutnant. 1806 ging er, während der Entscheidungsschlachten im Oktober gezwungen, müßig bei Ilmenau zu stehen, mit seinem Korps über die Elbe, kehrte erst, von Friedrich Wilhelm III. selbst des Dienstes entlassen, auf Napoleons Geheiß nach Weimar zurück und schloß sich, um sich seine Herrschaft zu erhalten, dem Rheinbund an. Obwohl seine deutsche Gesinnung nie verleugnend, besaß er doch stets die Achtung Napoleons. Nach der Schlacht bei Leipzig in russischen Dienst getreten, kommandierte K. ein aus Russen, Sachsen und Hessen vereinigtes Korps in Belgien, wo er zugleich Statthalter wurde, erhielt auf dem Kongreß in Wien eine Vergrößerung seines Gebiets und kehrte als Großherzog nach Weimar zurück. Auch am Feldzug von 1815 nahm er teil. 1816 gab er seinem Land eine landständige Verfassung, schützte die Preßfreiheit und die Freiheit der Universität Jena, solange er es gegen die deutschen Großmächte konnte. Weimar verdankt ihm, daß es die Heimat der deutschen Dichter wurde. K. August starb auf der Rückreise von Berlin in Graditz bei Torgau. Seine »Niederschriften über den Schutz der Demarkationslinie, den Rennweg (1796) und die Defension Thüringens (1798)« gab P. v. Bojanowski (Weim. 1902) heraus. Vgl. Wegele, K. August (Leipz. 1850); Düntzer, Goethe und K. August (2. Aufl., das. 1888); »Briefwechsel des Großherzogs K. August mit Goethe« (Weim. 1863, 2 Bde.; neue Ausg., Wien 1873); »Briefe des Herzogs K. August an Knebel und Herder« (hrsg. von Düntzer, Leipz. 1883); v. Beaulieu-Marconnay, Anna Amalie, K. August und der Minister v. Fritsch (das. 1874); P. v. Bojanowski, K. August als Chef des 6. preußischen Kürassierregiments 1787–1794 (das. 1894); Eleonore v. Bojanowski, Luise, Großherzogin von Sachsen-Weimar und ihre Beziehungen zu den Zeitgenossen (Stuttgart 1903); Verus (Pseudonym), Die Kandidatur des Herzogs K. August von Sachsen-Weimar für den ungarischen Königsthron, 1789 (Weim. 1904) und K. August von Sachsen-Weimar und die Universität Jena (das. 1904).
52) K. Friedrich, Großherzog von Sachsen-Weimar, geb. 2. Febr. 1783 in Weimar, gest. 8. Juli 1853, Sohn des vorigen, erhielt unter Herders und Böttigers Leitung eine sorgfältige Erziehung und begab sich zur Vollendung derselben 1802 nach Paris. 1804 vermählte er sich mit der Großfürstin Maria Paulowna von Rußland (gest. 23. Juni 1859; ihr Leben beschrieb Natalie v. Milde, Hamb. 1904). Der Tod seines Vaters 14. Juni 1828 rief ihn an die Spitze der Regierung, die er in seines Vaters Geiste, doch mit größerer Sparsamkeit führte. Der Bewegung von 1848 wußte K. in seinem Lande durch kluges Nachgeben und rechtzeitige Zugeständnisse Schranken zu setzen. Er hinterließ drei Kinder: Maria, vermählt mit dem Prinzen Karl von Preußen (gest. 18. Jan. 1877), Augusta, die erste deutsche Kaiserin, und Karl Alexander, seinen Nachfolger.
53) K. Alexander August Johann, Großherzog von Sachsen-Weimar, geb. 24. Juni 1818 in Weimar, gest. 5. Jan. 1901 daselbst, Sohn des vorigen, studierte in Jena und Leipzig, diente ein Jahr lang in einem Kürassierregiment zu Breslau, unternahm größere Reisen und folgte seinem Vater 8. Juli 1853 in der Regierung, die er in liberalem Geiste führte. Regen Anteil nahm er, gern mit Künstlern und Gelehrten verkehrend, an Wissenschaft und Kunst, besonders an den bildenden Künsten, ließ unter anderm die Wartburg restaurieren und gründete in Weimar Kunstschule und Museum. Politisch hielt er stets treu zu dem verwandten preußischen Königshaus und förderte die Einigung Deutschlands; seine Tagebuchsaufzeichnungen über die Ereignisse in Versailles im Januar 1871 verwertete O. Lorenz (»Kaiser Wilhelm und die Begründung des Reichs 1866–1871«, Jena 1902). Seit 8. Okt. 1842 war er mit Wilhelmine Marie Sophie Luise, Prinzessin der Niederlande (geb. 8. April 1824, gest. 23. März 1897), vermählt, die, durch ihr wohltätiges und gemeinnütziges Wirken bekannt und von den Enkeln Goethes zur Erbin des Goetheschen Familienarchivs ernannt, das Goethe-Archiv, das unter ihrem Protektorat zum Goethe- und Schiller-Archiv wurde (s. Goethe, S. 167), stiftete und dafür ein prächtiges Gebäude auf ihre Kosten errichten ließ. Der Erbgroßherzog K. August (geb. 31. Juli 1844, gest. 21. Nov. 1894) war vermählt mit Prinzessin Pauline zu Sachsen-Weimar, Tochter des Prinzen Hermann (geb. 25. Juli 1852 in Stuttgart, gest. 17. Mai 1904 auf der Eisenbahnfahrt von Rom nach Venedig) und hinterließ einen einzigen Sohn, Wilhelm Ernst (s. Wilhelm), den jetzigen Großherzog. Vgl. die Gedächtnisrede von Kuno Fischer auf die Großherzogin Sophie (Heidelb. 1897) und den Großherzog (das. 1901); P. v. Bojanowski, Sophie, Großherzogin von Sachsen (Braunschweig 1898); G. Richter, Zur Erinnerung an K. Alexander (Jena 1901); »K. Alexander, Großherzog von Sachsen, in seinen Briefen an Frau Fanny Lewald-Stahr« (hrsg. von G. Jansen, Berl. 1904).
[Savoyen-Sardinien.] 54) K. Emanuel I., der Große, Herzog von Savoyen, geb. 12. Jan. 1562 auf dem Schloß Rivoli, gest. 26. Juli 1630, folgte 1580 seinem Vater Emanuel Philibert in der Regierung. In den Kämpfen der damaligen Machthaber in Italien stand er bald auf der Seite Philipps II. von Spanien, dessen Tochter Katharina er geheiratet hatte, bald auf der des Kaisers, bald auf der Frankreichs, je nachdem sein Vorteil es erheischte. 1588 bemächtigte er sich der Markgrafschaft Saluzzo, die in den Händen der Franzosen war, und überzog die reformierten Schweizer Kantone mit Krieg, der nach der Niederlage des savoyischen Heeres bei St.-Joire im Oktober 1589 mit einem den frühern Besitzstand herstellenden Frieden endigte. Hierauf besetzte K., von den liguistischen Provenzalen gegen Heinrich IV. zu Hilfe gerufen, Barcelonette, Antibes und Fréjus und zog im November 1590 in Aix ein. Durch den Lyoner Frieden erhielt er 1601 Saluzzo, befreit von allem Lehnsverband mit Frankreich, wogegen er Bresse, Bugey und andre Landstriche abtrat. Während eines um den Besitz von Montserrat entbrannten neuen Krieges mit Frankreich, in dem dieses ganz Savoyen eroberte, starb K. Er liebte die Wissenschaften, erbaute Paläste und Kirchen, opferte aber seinem unbegrenzten Ehrgeiz, der 1619 selbst nach dem Kaiserthron strebte, das Glück seines Landes. Vgl. Erdmannsdörffer, Herzog K. von Savoyen und die deutsche Kaiserwahl 1619 (Leipz. 1862); G. Curti, Carlo Emanuele I. (4. Aufl., Mail. 1897); Raulich, Storia di Carlo Emanuele I, duca di Savoia (Mail. 1896–1902, 2 Bde.).
55) K. Emanuel I., König von Sardinien (als Herzog von Savoyen K. Emanuel III.), geb. 27. April 1701, gest. 20. Febr. 1773, Sohn Viktor Amadeus' II., bestieg 1730 den Thron nach der Abdankung seines Vaters, dessen Versuch, die Regierung wieder zu übernehmen, er 1731 durch dessen Verhaftung vereitelte. Im Polnischen Erbfolgekrieg schloß er sich Frankreich an, eroberte Mailand, besiegte die Kaiserlichen bei Guastalla 19. Sept. 1734 und erwarb im Wiener Frieden (1738) Novara. Im Österreichischen Erbfolgekrieg ergriff er für Maria Theresia die Waffen und erlangte im Aachener Frieden (1748) Gebietsteile der Lombardei. Für die Rechtspflege in Sardinien erließ er das Corpus Carolinum. 1891 wurde ihm ein Denkmal in Mondovi errichtet. Vgl. Carutti, Storia del regno di Carlo Emanuele III. (Turin 1859, 2 Bde.).
56) K. Emanuel II., geb. 24. Mai 1751 in Turin, Sohn Viktor Amadeus' III., folgte diesem 1796, wurde 1798 von den Franzosen seiner Besitzungen auf dem Festland beraubt, zog sich 9. Dez. nach Sardinien zurück, entsagte 4. Juni 1802 zugunsten seines Bruders Viktor Emanuel I. und starb 6. Okt. 1819 in Rom als Jesuit. Vgl. Claretta, Storia del regno e dei tempi di Carlo Emanuele II, duca di Savoia (Genua 1877–79, 3 Bde.).
57) K. Felix, geb. 6. April 1765, gest. 27. April 1831, vierter Sohn des Königs Viktor Amadeus III., verwaltete 1799–1806 und 1817–21 Sardinien als Vizekönig, folgte seinem Bruder Viktor Emanuel I. 13. März 1821 und herrschte nach Unterdrückung der Revolution durch die Österreicher streng absolutistisch.
58) K. Albert, geb. 2. Okt. 1798, gest. 28. Juli 1849, Sohn des Prinzen Karl Emanuel von Savoyen-Carignan und der Marie Christine, Tochter des Herzogs Karl von Sachsen und Kurland, folgte 1800 als Prinz von Carignan seinem Vater in den französischen und piemontesischen Besitzungen unter Vormundschaft seiner Mutter, ward aber in Dresden und Paris erzogen. Seit 1817 lebte er in Piemont und galt als Freund der konstitutionellen und nationalen Bewegung. Nach dem Aufstand von 1821 wurde er von dem von der Regierung zurückgetretenen König Viktor Emanuel I. 13. März zum Regenten bis zur Ankunft des Thronfolgers Karl Felix ernannt. Er beschwor sofort die spanische Konstitution und setzte eine provisorische Junta ein. Nachdem aber ein österreichisches Heer sich gegen Piemont in Bewegung gesetzt, verließ der Prinz 21. März Turin und lebte, vom sardinischen Hofe verbannt, in Florenz, später in Frankreich, von wo aus er 1823 als Freiwilliger die Expedition des Herzogs von Angoulême nach Spanien mitmachte. Nach seiner Rückkehr durfte er wieder in Turin erscheinen, ward 1829 zum Vizekönig von Sardinien ernannt und bestieg nach dem Tode Karl Felix' 27. April 1831 den Thron. Die Hoffnungen der Liberalen erfüllte er nicht, sondern regierte in dem absolutistischen Sinne seines Vorgängers; erst 1848 neigte er sich auf die Seite der Reformbewegung und gab seinem Königreich eine konstitutionelle Verfassung. Gleichzeitig mit dem Aufstande der Lombarden und Venezianer erklärte er 23. März 1848 den Krieg an Österreich, machte anfangs glückliche Fortschritte und erwarb sich den Beinamen »Schwert von Italien« (spada d'Italia), bis die Schlacht bei Custoza 25. Juli 1848 das Übergewicht der Österreicher herstellte und K., der in Mailand kaum den Mißhandlungen des empörten Volkes entging, 9. Aug. einen Waffenstillstand schloß. Zwar begann er im Frühjahr 1849 den Krieg von neuem, ward aber 23. März bei Novara geschlagen, legte noch auf dem Schlachtfelde die Regierung nieder, verließ sofort das Land und begab sich nach Portugal, wo er in Oporto starb. Ihm folgte sein älterer Sohn, Viktor Emanuel, auf dem Thron. K. Albert war vermählt mit der Prinzessin Maria Theresia von Toskana. Vgl. Cibrario, Notizie sulla vita di Carlo Alberto (Turin 1861); Costa de Beauregard, La jeunesse und Les dernières années du roi Charles Albert (Par. 1888 u. 1890); Perrero, Gli ultimi reali di Savoia, etc. (Turin 1889; Anhang, das. 1890); L. Cappelletti, Storia di Carlo Alberto e del suo regno (Rom 1891).
[Schleswig-Holstein.] 59) K. (eigentlich Christian) August, Prinz von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, Kronprinz von Schweden, geb. 9. Juli 1768, gest. 28. Mai 1810, dritter Sohn des Herzogs Friedrich Christian, nahm früh dänische Kriegsdienste, diente 1796–1801 unter Erzherzog Karl im österreichischen Heere, ward 1805 Oberbefehlshaber in Norwegen, tat sich daselbst 1808 während des Krieges zwischen Dänemark und Schweden hervor und wurde von seinem Oheim, dem kinderlosen König Karl XIII. von Schweden, 1809 adoptiert, vom schwedischen Reichstag zum Thronfolger gewählt. Seinen ursprünglichen, den Schweden aber verhaßten Namen Christian mit K. vertauschend, legte er 24. Jan. 1810 den Eid ab, starb aber schon im Mai d. J., bei einer Revue plötzlich vom Schlage getroffen. Gegen den Großmarschall Axel v. Fersen entstand der Verdacht, ihn vergiftet zu haben; doch erwies sich dies später als grundlos. Vgl. Ipsen, Christian August, Prinz zu Schleswig-Holstein, nachmals Kronprinz von Schweden (Kiel 1852).
[Schwarzburg.] 60) K. Günter, Fürst von Schwarzburg-Sondershausen, geb. 7. Aug. 1830, Sohn des Fürsten Günter Friedrich Karl und der Prinzessin Marie von Schwarzburg-Rudolstadt, besuchte die Universität Bonn, trat in das preußische Gardekürassierregiment ein und nahm mit diesem am Feldzug von 1866 teil. Er übernahm 17. Juli 1880 nach der Abdankung seines Vaters die Regierung, ist preußischer General der Infanterie und lebt seit 12. Juni 1869 mit Herzogin Marie zu Sachsen (geb. 28. Juni 1845), Tochter des 1852 verstorbenen Prinzen Eduard zu Sachsen-Altenburg, in kinderloser Ehe.
[Könige von Schweden.] 61) K. VII. (eigentlich K. I., da die ersten sechs Karl eine Erfindung des schwedischen Chronisten Johannes Magni sind), gest. 1167 auf der Insel Wisingsö (Småland), seit 1156 Nachfolger seines Vaters Sverker in Götaland, 1161 auch zum König in Svealand gewählt, errichtete 1164 das Erzbistum Upsala. Sein Nebenbuhler Knut Eriksson, Sohn Erichs des Heiligen, ermordete ihn. Sein Königssiegel ist das älteste in Schweden noch vorhandene.
62) K. VIII. Knutsson, geb. 1409 in Finnland, gest. 15. Mai 1470, aus dem alten Adelsgeschlecht Bonde, beteiligte sich an der nationalen Bewegung gegen den Unionskönig Erich XIII., war seit 1436, anfangs zusammen mit Engelbrekt Engelbrektsson, Reichshauptmann, seit 1438 Reichsverweser und lebte als Reichsdrost seit 1440, nachdem die schwedische Unionspartei Christoph III. zum König gewählt hatte, meistens in Finnland. Nach dessen Tode (1448) zum König von Schweden gewählt, 1449–50 auch König von Norwegen, mußte er fast ununterbrochen gegen Christian 1. und dessen aristokratische Anhänger in Schweden kämpfen, wandte sich, 1457 durch einen Aufstand des mächtigen Erzbischofs Jöns Bengtsson Oxenstierna vertrieben, nach Danzig, ward 1464 von neuem König, 1465 abermals verjagt und 1467 zum drittenmal auf den schwedischen Thron erhoben.
63) K. IX., geb. 14. Okt. 1550 in Stockholm, gest. 9. Nov. 1611 in Nyköping, erbte 1560 von seinem Vater Gustav Wasa Södermanland und andre Gebiete als Herzogtum, das er 1569–87 und 1589–1599 mit fast königlichen Rechten innehatte. 1568 am Sturz seines Stiefbruders Erich XIV. wirksam beteiligt, lebte er später mit seinem Bruder Johann III., dessen katholischen Bestrebungen er nachdrücklich entgegentrat, lange (bis 1589) auf gespanntem Fuße. Nach Johanns Tode (1592) übernahm er mit dem Reichsrat die Regierung in Schweden und sicherte 1593 den Fortbestand der lutherischen Kirche auf einer Versammlung in Upsala, deren Beschlüsse sein katholischer Neffe, König Siegmund III. von Polen, vor seiner Krönung zum schwedischen König (1594) anerkennen mußte. Seit 1595 Reichsverweser, geriet er mit Siegmund, der trotz seiner Königsversicherung Schweden wieder katholisch machen wollte, und mit dem schwedischen Hochadel, der, um seine mittelalterliche Machtstellung wiederzugewinnen, für jenen und für die Union mit Polen eintrat, in offene Feindschaft, besiegte seinen Neffen 1598 bei Stångebro, ward von den ihm seit jeher wohlgesinnten Ständen 1599, nach Absetzung Siegmunds, zum Regenten, 1600 auf dem Reichstag zu Linköping, wo er viele seiner aristokratischen Gegner hinrichten ließ, auch zum König ausgerufen, nahm aber erst nach der freiwilligen Thronentsagung Herzog Johanns von Östergötland, der als jüngster Sohn Johanns III. das nähere Erbrecht besaß, den Königstitel an (1604). Seine auswärtige Politik war für Schwedens Zukunft von größter Bedeutung. Der aus den polnischen Verwickelungen 1600 entstandene Krieg rief (1609) auch Schwedens siegreiche Beteiligung unter Jak. de la Gardie an den russischen Thronstreitigkeiten sowie (1611) einen gefährlichen Krieg mit Dänemark hervor. Er war erst mit Maria von der Pfalz, dann mit Christine von Holstein vermählt; letztere gebar ihm Gustav Adolf. Vgl. Rogberg, K. IX. 's fälttåg i Lifland 1600 (Ups. 1859); Tranér, K. IX. 's krig i Livland 1601–1605 (Stockh. 1872–76, 2 Bde.); S. Bergh, K. IX. och den svenska adeln 1607–1609 (Ups. 1882); Boëthius, Hertig Karls och Svenska riksrådets samregering 1594–1596 (»Svensk historisk Tidskrift«, 1884–86); Ingman, Karls IX. Eismeerpolitik (finnisch; Helsingf. 1893–94, 2 Bde.); Söderqvist, Johan III. och hertig K. 1568–1575 (Ups. 1898); Sjögren, Gustaf Vasas söner och deras tidehvarf (Stockh. 1901).
64) K. X. Gustav, Sohn Katharinas, der Tochter des vorigen, und des Pfalzgrafen Johann Kasimir von Zweibrücken, geb. 18. Nov. 1622 in Nyköping, gest. 23. Febr. 1660 in Gotenburg, als Prinz unter dem Namen »der Pfalzgraf« bekannt, focht 1642–46 unter Torstensson im Dreißigjährigen Krieg und ward von seiner Stiefcousine Christine, um deren Hand er erfolglos geworben, kurz vor Abschluß des Westfälischen Friedens zum Generalissimus der schwedischen Armee in Deutschland, 1650 zum Vertreter Schwedens auf dem Nürnberger Exekutionstag ernannt. 1649 zum schwedischen Thronfolger gewählt und 1654, nach der freiwilligen Thronentsagung Christinens, zum König gekrönt, überfiel er 1655 Polen, das er in wenigen Wochen eroberte, nötigte im Januar 1656 den Großen Kurfürsten, das Herzogtum Preußen von ihm zu Lehen zu nehmen, erkannte ihn aber im Vertrag von Labiau (s. d.) als souveränen Herzog von Preußen an, nachdem er mit seiner Hilfe König Johann II. Kasimir von Polen in der dreitägigen Schlacht bei Warschau (28.–30. Juli) besiegt hatte. Als sich bald darauf eine gefährliche polnisch-österreichisch-dänisch-holländisch-russisch-brandenburgische Koalition gegen Schweden zu bilden begann, wandte er sich im Sommer 1657 schnell gegen Dänemark, bemächtigte sich des dänischen Festlandes, ging im Februar 1658 über den gefrornen Kleinen und Großen Belt nach Fünen und Seeland und zwang Friedrich III., ihm 8. März im Frieden von Roeskilde Schonen, Halland, Blekinge, Bohus, Bornholm und das Stift Drontheim abzutreten. Infolge der Nichterfüllung eines Teils der Friedensbedingungen, namentlich wegen der Nichtsperrung des Sundes für die fremden Flotten, überfiel er im Sommer 1658 nochmals Dänemark, mußte aber 1659 die Belagerung Kopenhagens wieder aufgeben, da Holland, Brandenburg und der Kaiser den Dänen zu Hilfe eilten. Noch vor Beendigung des im ganzen wenig glücklich geführten Krieges starb er. Vgl. S. Pufendorf, De rebus a Carolo Gustavo gestis (Nürnb. 1696, auch franz. u. deutsch); Lundblad, Karl X. Gustafs historia (Stockh. 1825, 2 Bde.); Ignatius, Finlands historia under Karl X. Gustafs regering (Helsingf. 1865); Ellen Fries, Bidrag till kännedomen om Sveriges och Nederländernas diplomatiska förbindelser under Karl X. Gustafs regering (Ups. 1883); Wibling, Karl X. Gustaf och Georg Rakoczy II. (Lund 1891); G. Jones, The diplomatic relations between Cromwell and Charles X. Gustavus (Heidelberg u. Lincoln 1897).
65) K. XI., geb. 4. Dez. 1655 in Stockholm, gest. 15. April 1697, einziges Kind des vorigen, folgte diesem 1660 unter der Vormundschaftsregierung seiner Mutter Hedwig Eleonore von Holstein-Gottorp und der fünf höchsten Reichsbeamten, darunter M. G. de la Gardies, Per Brahes des Jüngern, Gust. Bondes und K. G. Wrangels. 1672 zur selbständigen Regierung gelangt, ließ er sich durch den französisch gesinnten Reichskanzler de la Gardie Anfang 1675 zu einem Angriffskrieg gegen Brandenburg verleiten, der die Okkupation der deutschen Besitzungen Schwedens und kriegerische Verwickelungen mit Holland, dem Kaiser und Dänemark zur Folge halte. Nur die geschickte Politik Gyllenstiernas und das persönliche Eingreifen Karls, der die zur See unter Juels Führung siegreichen Dänen zu Lande mehrmals schlug, retteten Schweden aus seiner bedrängten Lage, so daß es 1679 bei den Friedensschlüssen von Nimwegen, St.-Germain und Lund keine erhebliche Gebietsverminderung erfuhr. Seitdem wandte K. seine Aufmerksamkeit auf die innern Angelegenheiten. Durch die Reichstagsbeschlüsse von 1680 und 1682 zum fast unumschränkten Herrscher gemacht, stellte er seine einstigen Vormünder wegen ihrer Verwaltung zur Rechenschaft und zog durch die »Reduktion« mit rücksichtsloser Strenge die der Krone abhanden gekommenen Güter wieder ein, wodurch die Macht des Hochadels einen schweren Stoß erlitt, die Finanzen aber sich so sehr besserten, daß eine umfassende Reorganisation des Heeres (durch das »Indelningsverk«), der Flotte sowie der gesamten innern Verwaltung möglich ward. Ferner dehnte der Reichstag 1683 die Erbfolge auch auf Karls weibliche Nachkommen aus. Seine auswärtige Politik war seit 1680 unter B. Oxenstiernas Leitung friedlich und gegen Ludwig XIV. gerichtet. Den Dänenkönig Christian V., dessen hochbegabte Schwester Ulrike Eleonore (die ältere) er 1680 geheiratet hatte, zwang er 1689 zur Rückgabe Schleswigs an den Herzog von Gottorp. Vgl. Lönbom, Handlingar till K. XI. 's historia (Stockh. 1763–64, 15 Bde.); Svedelius, Om reduktionen af kronooch adeliga gods under K. X. Gustafs och K. XI.'s regering (Ups. 1849–51); Fåhräus, K. XI.'s personlighet och lifsgerning (Stockh. 1897); Sjögren, K. XI. och svenska folket på hans tid (1897–98); Wimarson, Sveriges krig i Tyskland 1675–1679 (Lund 1897–1903, 2 Bde.); O. Malmström, Anteckningar rörande Ulrika Eleonoras och K. XI.'s hof (Stockh. 1898) und K. XI.'s bref till N. Bielke 1676–1697 (1900); Varenius, Räfsten med K. XI.'s förmyndarstyrelse (Ups. 1901–03, 2 Bde.).
66) K. XII., geb. 27. Juni 1682 in Stockholm, gest. 11. Dez. 1718, Sohn des vorigen, genoß eine gute wissenschaftliche und militärische Erziehung. Nach einer kurzen Vormundschaftsregierung Ende 1697 von den Ständen für volljährig erklärt, ward er Anfang 1700, nicht ganz ohne eigne Schuld, durch die auf Schwedens Übergewicht im Norden eifersüchtigen Nachbarmächte Dänemark, Polen und Rußland in den Nordischen Krieg (s. d.) verwickelt. Nachdem er den Dänenkönig Friedrich IV. besiegt und den Zaren Peter d. Gr. bei Narwa geschlagen hatte, wandte er sich, anstatt diesen Erfolg über seinen gefährlichsten Gegner auszunutzen, 1701 gegen seinen ihm besonders verhaßten polnisch-sächsischen Vetter August 11., eroberte in mehreren Feldzügen dessen polnische Besitzungen, erzwang 1704 in Warschau seine Absetzung sowie die Wahl Stanislaus Leszcynskis zu seinem Nachfolger, und nötigte ihn durch einen Einfall in Sachsen, im Altranstädter Frieden (1706) auf alle seine Bedingungen einzugehen. Erst im Spätsommer 1707, nach einem erfolgreichen Einschreiten beim Kaiser zugunsten der hart bedrängten Protestanten Schlesiens, zog er an der Spitze eines großen Heeres gegen Peter, der inzwischen mit seiner reorganisierten Armee einen großen Teil der schwedischen Ostseeprovinzen erobert hatte. Der teils vielbewunderte, teils scharf getadelte Plan Karls, die Russen im Herzen ihres eignen Landes zu einer Entscheidungsschlacht zu zwingen und dann in Moskau dem Zaren den Frieden zu diktieren, mißlang (s. Mazeppa) und endigte mit der Niederlage bei Poltawa (8. Juli 1709), deren verhängnisvolle Folgen sich rasch bemerkbar machten. August II. besetzte Polen von neuem, Friedrich IV. landete in Schonen, und Peter drang in Livland ein. Zwar wußte K., der mit 500 Mann nach der Türkei geflüchtet war und bei Bender in königlichen Ehren lebte, den Sultan Ahmed III. dreimal zu einer Kriegserklärung gegen Rußland zu bewegen, aber jedesmal sah er die an den Ausbruch des Krieges geknüpften Hoffnungen scheitern. Infolge seiner wiederholten Weigerung, die Türkei zu verlassen, schließlich (12. Febr. 1713) nach heftigem bewaffneten Widerstand überwältigt und als Gefangener erst nach Timurtasz, dann nach Demotika gebracht, entschloß er sich, auf Grund von Nachrichten über die in Schweden wegen seiner langen Abwesenheit herrschende lebhafte Verstimmung, endlich (im November 1714) zur Heimkehr und gelangte verkleidet nach nur 16tägigem Ritt nach Stralsund (22. Nov.). Er fand sein Reich in einer sehr bedenklichen Lage. Die ausländischen Besitzungen waren in Feindeshand oder verpfändet, die wirtschaftlichen Zustände Schwedens in schlimmster Zerrüttung. Anstatt jedoch mit seinen Gegnern Frieden zu schließen, vermehrte er deren Zahl 1715 noch durch England-Hannover und den Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. (s. Friedrich 57) und mußte Ende d. J. nach heldenmütiger Verteidigung Stralsund preisgeben. Während er nun von Schweden aus, unter Anspannung der letzten finanziellen Kräfte des Landes, Norwegen zu erobern suchte, war sein Günstling Freiherr v. Görtz (s. d.) vergebens bemüht, die antischwedische Koalition durch diplomatische Künste zu sprengen. Bei dem zweiten Zug nach Norwegen erlag K. im Laufgraben vor Frederikshald einer feindlichen Kugel. Da er unvermählt war, folgte ihm seine mit dem hessischen Erbprinzen Friedrich (s. Friedrich 79) vermählte Schwester Ulrike Eleonore. – Eine der größten Heldengestalten der Geschichte, hat K. durch sein an Abenteuern und glänzenden Waffentaten reiches Leben seit jeher einen dankbaren Stoff für Dichter, Schriftsteller und Komponisten geboten. Seine Sittenreinheit, Frömmigkeit, Einfachheit und Tapferkeit, in gewissem Sinn auch seine taktische und strategische Begabung, verdienen entschieden Anerkennung. Tadelnswert erscheint namentlich seine Halsstarrigkeit, der er rücksichtslos das Leben von Tausenden seiner Soldaten und den wirtschaftlichen Wohlstand seiner Untertanen opferte. Anderseits beruht die Sympathie, die Schweden heute in Europa genießt, zweifellos teilweise darauf, daß es seine unter Gustav Adolf erworbene, aber längst unhaltbar gewordene Großmachtstellung auf so ehrenvolle Weise unter Karl verlor.
Die Literatur über K. ist sehr umfangreich. Noch jetzt bestehen hinsichtlich seiner Beurteilung große Meinungsverschiedenheiten unter den Geschichtsforschern. Durchaus unzuverlässig sind: Voltaire, Histoire de Charles XII (1731; kritische Ausg. von P. Martine, Par. 1896); Hultgren, Om mordet pa K. XII. (Stockh. 1897); A. Nyström, K. XII. och sammansvärjningen mot hans envälde och lif (1900); Cl. Adelsköld, K. XII. och svenskarne (1903–04, 2 Bde.). Die wichtigsten Arbeiten sind: Adlerfeld, Histoire militaire de Charles XII (Amsterd. 1740, 4 Tle.; auch deutsch); Nordberg, K. XII.'s historia (1740, 2 Tle.; auch franz. u. deutsch); Lundblad, Geschichte Karls XII. (Hamb. 1835–40, 2 Bde.); Fryxell, K. XII. (deutsch, Braunschw. 1861, 5 Bde.); M. Höjer, Om K. XII.'s myndighetsförklaring (Stockh. 1866); Beskow, K. XII.,en minnesbild (1868–69, 2 Tle.); Schriften von König Oskar II. (s. d.) und F. F. Carlson (s. d.); Lind, K. XII. i Turkiet (Karlstad 1875); v. Sarauw, Die Feldzüge Karls XII. (Leipz. 1881); Lagermark, K. XII.'s krig i Norge 1716 (Ups. 1883); G. E. Axelson, Bidrag till kännedomen om Sveriges tillstånd på K. XII.'s tid (Wisby 1888); E. Carlson, Die eigenhändigen Briefe Karls XII. (deutsch von Mevius, Berl. 1894); N. R. Bain, Charles XII. and the collapse of the Swedish empire (Lond. 1895); O. Browning, Charles XII. of Sweden (das. 1898); Hallendorff, Studier öfver den aldre K. XII.-historiografien (Ups. 1899) und K. XII. och Lewenhaupt år 1708 (das. 1902); Sjögren, K. XII. och hans män (Stockh. 1899); G. Syveton, Louis XIV et Charles XII. Au camp d'Altrandstadt, 1707 (Par. 1900); Hjärne, K. XII., omstörtningen i Osteuropa 1697–1703 (Stockh. 1902).
67) K. XIII., geb. 7. Okt. 1748 in Stockholm, gest. 5. Febr. 1818, zweiter Sohn Adolf Friedrichs und der Schwester Friedrichs d. Gr., Luise Ulrike, 1772 am Staatsstreich seines Bruders Gustav III. beteiligt und von ihm zum Herzog von Södermanland ernannt, 1788–90 in Finnland (s. Anjalabund) Oberbefehlshaber der schwedischen Flotte im russischen Kriege, stand 1792–96 an der Spitze der Regentschaft für seinen unmündigen Neffen Gustav IV. Adolf. Nach dessen Sturz (13. März 1809) zum Reichsverweser, dann (6. Juni) zum König gewählt, mußte er im Frieden von Fredrikshamn die Vereinigung Finnlands mit Rußland anerkennen. Ohne Nachkommen, adoptierte er 1809 Prinz Christian August von Holstein-Sonderburg-Augustenburg als Karl August (s. Karl 59), nach dessen Tode (1810) den Marschall Bernadotte als Karl XIV. Johann, der fortan Schwedens eigentlicher Regent war. Seine Gattin war Hedwig Elisabeth Charlotte von Holstein-Gottorp. Vgl. Brißman, Sveriges inre styrelse under Gustaf IV. Adolfs formyndareregering (Lund 1888); »Hedvig Elisabeth Charlottas dagbok« (hrsg. von C. C. Bonde, Stockh. 1902 ff., bisher 2 Bde., die Jahre 1775–88 umfassend).
68) K. XIV. Johann, ursprünglich Jean Baptiste Bernadotte, geb. 26. Jan. 1763 in Pau (Südfrankreich) als Sohn eines Advokaten, gest. 8. März 1844 in Stockholm, seit 1780 Freiwilliger im französischen Heer, beim Ausbruch der Revolution Unteroffizier, zeichnete sich am Rhein und in Belgien derart aus, daß er 1794 zum Divisionsgeneral avancierte. 1795–96 unter J. B. Jourdan tätig, 1797 mit Verstärkungen nach Italien geschickt, wo er Gradisca eroberte, ward er Anfang 1798 Botschafter in Wien, das er jedoch infolge eines Volkstumultes (13. April) bald wieder verließ. 1799 kurze Zeit Kriegsminister, ging er nach dem Staatsstreich vom 18. Brumaire auf Befehl Napoleon Bonapartes, der ihn seit längerer Zeit mit Eifersucht und Argwohn beobachtete, nach der Vendée, wo er 1800–01 einen neuen Aufstand geschickt unterdrückte. 1804 zum Marschall befördert, befehligte er das Okkupationsheer in Hannover, kam 1805 rechtzeitig zur Verstärkung Napoleons I. nach Mähren und ward wegen seiner Verdienste in der Schlacht bei Austerlitz zum Fürsten von Pontecorvo, einer vormals päpstlichen Enklave im Neapolitanischen, ernannt (5. Juni 1806). Schon bei Beginn des Krieges von 1806 in mehreren Gefechten siegreich, schlug er nach der Schlacht bei Jena die Preußen bei Halle (17. Okt.), zwang Blücher bei Lübeck (7. Nov.) zur Kapitulation und kämpfte 25. Jan. 1807 ruhmvoll bei Mohrungen. Nach dem Tilsiter Frieden Befehlshaber der Okkupationsarmee in Norddeutschland, erwarb er sich hier, wie früher in Hannover, durch seine Verwaltung allgemeines Vertrauen. 1809 in der Schlacht bei Wagram Kommandeur der sächsischen Truppen, zog er sich durch das Lob, das er diesen in einem Tagesbefehl spendete, die Ungnade Napoleons zu und ging nach Paris, übernahm jedoch bald auf Wunsch des dortigen Ministerrats die Verteidigung Antwerpens gegen die Engländer. Am 21. Aug. 1810 in Örebro von der schwedischen Reichstagsmehrheit, die mit Hilfe des französischen Kaisers Finnland wiederzugewinnen hoffte, zum Kronprinzen gewählt, verließ er mit Napoleons Zustimmung Frankreich, trat 19. Okt. in Helsingör von der katholischen zur lutherischen Kirche über, landete 20. Okt. in Helsingborg und empfing 5. Nov., von König Karl XIII. unter dem Namen K. Johann adoptiert, in Stockholm die Huldigung der Stände. Seitdem der eigentliche Regent Schwedens, leitete er widerwillig dessen Politik anfangs im französischen Sinn und unterwarf sich der Kontinentalsperre, näherte sich aber bald den Gegnern Napoleons, schloß, als dieser Anfang 1812 Schwedisch-Pommern besetzen ließ, mit Rußland (5. April) ein Bündnis und mit England (18. Juli) Frieden, hatte Ende August mit Kaiser Alexander I. eine Zusammenkunft in Åbo, wo er für seinen Anschluß an die Koalition gegen Frankreich den Besitz Norwegens zugesichert erhielt, und erschien, nachdem Preußen durch den Stockholmer Vertrag vom 22. April 1813 dem schwedisch-russisch-englischen Bündnis beigetreten war und sich zur Stellung eines Armeekorps unter schwedischen Oberbefehl verpflichtet hatte, mit einem schwedischen Heer auf deutschem Boden. Kraft des in Trachenberg von ihm entworfenen und von den Alliierten genehmigten Feldzugplans im Herbst 1813 während des deutschen Befreiungskrieges Führer der Nordarmee, suchte er die schwedischen Truppen gegen deren Willen (s. Adlercreutz) in den Schlachten von Großbeeren, Dennewitz und Leipzig möglichst zu schonen, zog hierauf nach Holstein und zwang den Dänenkönig Friedrich VI., im Kieler Frieden (14. Jan. 1814) gegen Schwedisch-Pommern ihm Norwegen abzutreten. Erst nach der Einnahme von Paris in Frankreich angelangt, sah er seine durch Versprechungen Alexanders I. genährte Hoffnung auf den französischen Königsthron durch die Rückkehr der Bourbonen vereitelt. Durch die Erhebung Norwegens zur Rückkehr nach Skandinavien genötigt, zog er, obwohl nach nur 14tägigem Kriege Herr des Landes, doch eine friedliche Verständigung mit den Norwegern (s. Moss) vor, erwirkte die Abänderung der sogen. Eidsvolder Verfassung (s. Eidsvold) und ward hierauf (4. Nov.) als Kronprinz von Norwegen anerkannt. Seit 1818 König der beiden Unionsländer, beobachtete er nach außen eine friedliche Haltung, so daß nur eine vorübergehende Trübung der Beziehungen zur Heiligen Allianz (1818 bis 1819) und zu Rußland (1825) stattfand. Dagegen erregte seine innere, Verfassungs- und Verwaltungsreformen abgeneigte Regierung allmählich lebhaften Widerspruch und veranlaßte das Aufkommen einer starken Opposition unter Führung von Crusenstolpe, Anckarsvärd und L. Hierta. Wirklich volkstümlich zu werden, hinderte ihn überdies seine Unkenntnis der Landessprache sowie in spätern Jahren seine Zurückgezogenheit. Um die wirtschaftliche, geistige und militärische Entwickelung seiner Reiche machte er sich sehr verdient. Seine Gattin, die Marseiller Kaufmannstochter Désirée Clary (s. Désirée), Schwägerin Joseph Bonapartes, gebar ihm den spätern König Oskar I. Vgl. »Correspondance de Bernadotte 'avec Napoléon 1810–1814« (Par. 1819); »Recueil de lettres, proclamations et discours du roi Charles Jean« (Stockh. 1838–39, 2 Bde.); Touchard-Lafosse, K. XIV. Johann (deutsch, Quedlinb. 1839, 2 Bde.); Geijer, K. XIV. Johann (Stockh. 1844, auch schwed.); Sarrans, Histoire de Bernadotte, Charles XIV Jean (Par. 1845, 2 Bde.); Schriften von Crusenstolpe (s. d.) und Alin (s. d.); Blomberg, Marskalk Bernadotte och hans tid (2. Aufl., Stockh. 1899, 2 Bde.); F. U. Wrangel, Från Jean Bernadottes ungdom (1889); Lagerhjelm, Napoleon och Carl Johan under krigeti Tyskland 1813 (1891); Wiehr, Napoleon und Bernadotte im Herbstfeldzug ‚‚1813 (Berl. 1893; schwed., Stockh. 1895); Almén, Atten Bernadotte (Stockh. 1893, illustriert); Ch. Schefer, Bernadotte roi 1810–1844 (Par. 1899; schwed., Stockh. 1900); Pingaud, Bernadotte, Napoléon et les Bourbons (Par. 1901); C. Th. Sörensen, Bernadotte i Norden (Kopenh. 1902–05, 3 Bde.).
69) K. XV., geb. 3. Mai 1826 in Stockholm, gest. 18. Sept. 1872 in Malmö, Enkel des vorigen, übernahm nach einer vorzüglichen Jugenderziehung 1857 die Regentschaft für seinen erkrankten Vater Oskar I., dem er 1859 folgte. Mit dem Dänenkönig Friedrich VII. innig befreundet und eifriger Anhänger des sogen. Skandinavismus, suchte er eine engere Verbindung der drei skandinavischen Reiche durch Familienverträge zustande zu bringen. Sein Unionsvorschlag ward jedoch abgelehnt, während die 1864 von ihm geplante militärische Unterstützung Dänemarks am Widerstand seines Ministeriums, besonders L. de Geers und Gripenstedts, scheiterte. Mit Preußen, auf dessen Besiegung er 1866 und 1870–71 bestimmt rechnete, stand er seit 1864 auf gespanntem Fuß. An seine innere, streng konstitutionelle und von einem bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwung begleitete Regierung knüpfte sich eine wichtige Verfassungsreform: die Ersetzung der ständischen Volksvertretung durch ein modernes Zweikammersystem (1865). Dagegen vermochte er, trotz seiner ungewöhnlichen Popularität, eine Reorganisation des Heeres, für die er in Zeitungen und Broschüren (auch deutsch) unter der Chiffre C. wirkte, nicht durchzusetzen. Als Maler und Dichter leistete K. Hervorragendes. Er veröffentlichte: »Fosterbröderne« (Stockh. 1848; auch deutsch: »Die Kampfgenossen«); »Heidi, Gylfes dotter« (1852); »En Vikingasaga« (1855). Seine »Dikter« (1863–65, 2 Bde.) erschienen in deutscher Übersetzung von Winterfeld (Berl. 1866) und Bömers (Minden 1867). Da seine Gattin, Luise von Holland, ihm nur eine Tochter, die jetzige dänische Kronprinzessin Luise, gebar, folgte ihm sein Bruder Oskar II. Vgl. Morin, König, Dichter und Maler (Leipz. 1875); Hebbe, Carl XV. Politiska tilldragelser i Europa 1814–1876 (Stockh. 1876–77, 2 Bde.); C. Bååth-Holmberg, Carl XV. som enskild man, konung och konstnär (1891); »Tre episoder i K. XV.'s lif« (1893).
[Königreich beider Sizilien; vgl. oben: K. 39–41.] 70) K. IV., als König von Spanien Karl III. (s. unten: K. 73).
[Spanien.] 71) K. I., soviel wie Karl V., deutscher Kaiser (s. Karl 6, S. 631).
72) K. II., geb. 6. Nov. 1661, gest. 1. Nov. 1700, Sohn Philipps IV. und der Maria Anna von Österreich, folgte seinem Vater 1665 unter Vormundschaft, übernahm 1675 die Regierung, stand aber, stets kränklich und schwächlich, unter dem Einfluß seiner Umgebung; er war der letzte spanische Habsburger. Seine beiden Ehen, mit Maria Luise von Orléans und mit Maria Anna von Pfalz-Neuburg, blieben kinderlos, daher er im letzten Testament Philipp V., den Enkel Ludwigs XIV., zum Nachfolger bestimmte, wodurch der Spanische Erbfolgekrieg (s. d.) entstand.
73) K. III., geb. 20. Jan. 1716, gest. 14. Dez. 1788, Sohn Philipps V. und der Elisabeth Farnese, bekam 1730 durch die Bemühungen seiner Mutter das Herzogtum Parma, fiel 1734 in Neapel ein und erhielt 1738 im Wiener Frieden das Königreich beider Sizilien vom Kaiser förmlich abgetreten, das er als K. IV., unterstützt von dem juristisch vortrefflich gebildeten Minister Marquise Bernardo Tanucci (geb. 1698 zu Stia in Toskana, gest. 1783), liberal und im ganzen gut regierte, wenn auch das Finanzgebaren zu wünschen übrigließ und das neue Gesetzbuch schließlich nicht ins Leben trat. Übertriebenen Forderungen der Kurie und der Einführung der Inquisition trat er fest entgegen. Unter ihm begannen 1736, zum erstenmal in größerm Maßstab, Ausgrabungen in Herculaneum, 1748 in Pompeji und 1749 in Stabiä. Nach dem Tode seines Halbbruders Ferdinand VI. (1759) bestieg er den spanischen Thron, legte jedoch zuvor die neapolitanische Krone in die Hände seines Sohnes Ferdinand nieder und trat sofort dem sogen. bourbonischen Familientraktat (15. Aug. 1761) bei, der ihn in einen verlustreichen Krieg mit England und Portugal verwickelte, in dem Spanien 1763 Florida verlor, 1783 aber zurückerhielt. Im Innern dagegen bewies sich K. als einsichtsvoller Regent, hob den gesunkenen Staatskredit wieder, beförderte Handel und Ackerbau durch Anlegung von Brücken, Kanälen, Straßen und Fabriken; außerdem kultivierte er die bisher öde Sierra Morena. Ihn unterstützten dabei die Minister Aranda, Campomanes und Floridablanca. Der Inquisition in Spanien setzte er heilsame Schranken, verringerte die Macht der Kirche, und den Jesuiten verschloß er 1. April 1767 sein Land. 1771 stiftete er den Orden Karls III. K. war vermählt mit der Prinzessin Maria Amalie von Sachsen. Vgl. Graf Fernan-Nunez, Vida di Carlos III (hrsg. von Morel Fatio und Paz Melia, Madr. 1899, 2 Bde.); Ferrer del Rio, Historia del reinado de Carlos III de España (das. 1856–58, 4 Bde.); Danvila y Collado, Reinado de Carlos III (das. 1892–96, 7 Bde.); Addison, Charles III. of Spain (Lond. 1900); M. Schipa, Il regno di Napoli al tempo di Carlo di Borbone (Neap. 1904).
74) K. IV., Sohn des vorigen, geb. 12. Nov. 1748 in Neapel, gest. 19. Jan. 1819, folgte seinem Vater 1788 und führte die Regierung anfangs ganz in dessen Geiste fort, besonders seitdem Aranda an die Spitze der Geschäfte getreten war. Derselbe ward jedoch bald durch Karls Günstling Manuel Godoy (s. d.), den Geliebten seiner sittenlosen Gemahlin Maria Luise von Parma, die ihn ganz beherrschte, verdrängt, der K. 1793 zu einem unglücklichen Kriege gegen Frankreich und nach dem Baseler Frieden (1795) gegen Portugal und England verleitete, welch letzteres 1805 bei Trafalgar Spaniens Seemacht vernichtete. Ein Spielball in der Hand Napoleons, mußte er dessen Einmischung in die Verhältnisse seines Königreichs dulden, und als ihn sein Sohn Ferdinand durch den Aufstand von Aranjuez 18. März 1808 zur Thronentsagung gezwungen hatte, ließ er sich in Bayonne von Napoleon bewegen, 5. Mai 1808 zu dessen Gunsten auf die Krone zu verzichten. Er begab sich darauf nach Fontainebleau, später nach Rom und von hier an den Hof seines Bruders, des Königs Ferdinand IV. von Neapel. Sein zweiter Sohn war Don Carlos, der Prätendent »Karl V.« (s. unten: K. 76). Vgl. Gomez de Arteche, Historia del reinado de Carlos IV (Madr. 1892–96, Bd. 1 u. 2); Muriel, Historia de Carlos IV (das. 1894 ff.).
75) (Don Carlos) Infant und Kronprinz von Spanien, geb. 8. Juli 1545 in Valladolid, gest. 24. Juli 1568, Sohn König Philipps II. aus dessen erster Ehe mit Maria von Portugal, wurde nach dem frühen Tode seiner Mutter von Johanna, der Schwester seines Vaters, erzogen, und 1560 von den Ständen als Thronfolger anerkannt. Von früher Jugend an war er schwächlich und kränklich, auch zeigte er Spuren von Schwachsinn. Die Hoffnung aber, daß eine Besserung eintreten könnte, wurde deshalb nicht sogleich aufgegeben; erst als sich diese als unwahrscheinlich herausstellte, ergab sich für den Vater der Gedanke, einer Thronfolge Karls vorbeugen zu müssen. Er ließ schon 1563 seine Neffen, die Erzherzoge Rudolf und Ernst von Österreich, nach Spanien kommen, um ihnen die Sukzession in diesem Reiche zuzuwenden. Doch wurde noch mehrere Jahre hindurch äußerlich der Prinz als Thronerbe betrachtet; er wurde verlobt mit seiner deutschen Cousine Anna und auch in den Staatsrat aufgenommen. Doch je länger, desto mehr häuften sich seine Exzesse und die Beweise seiner geistigen Gestörtheit. Später entdeckte man, daß er aus Spanien zu entfliehen sich vorgesetzt, sa daß er Anschläge gegen das Leben seines Vaters geschmiedet habe. In der Nacht des 18. Jan. 1568 begab sich Philipp II. mit einer Bedeckung in Karls Gemächer, bemächtigte sich der Papiere desselben und übergab ihn selbst der strengsten Bewachung. Von da ab blieb K. bis zu seinem Tode dem Verkehr mit der Welt entrückt. Über die Motive des Zerwürfnisses zwischen Vater und Sohn wurden viel falsche Ansichten verbreitet. Besondern Beifall fand die Version, die Saint-Real (»Don Carlos; nouvelle historique«, 1672) vortrug, daß Don Carlos eine unglückliche Liebe zu seiner Stiefmutter Elisabeth, der Tochter Heinrichs II. von Frankreich, gehabt habe; sie diente als Stoffsammlung für Schillers Drama »Don Carlos« wie für die Dramen von Campistron, Lefèvre, Alfieri und Russell. Erschüttert wurde die Glaubwürdigkeit dieser Fabel 1817 durch den Spanier Llorente und 1829 durch Ranke (»Wiener Jahrbücher der Literatur«, Bd. 46). Das wichtigste archivalische Material verdankt man Gachard (»Don Carlos et Philippe II«, 2. Aufl., Par. 1867). Neue Aufschlüsse fügte Maurenbrecher hinzu. Zu gleichen Ergebnissen gelangte Graf de Mouy, Don Carlos et Philippe II (Par. 1863, 3. Aufl. 1888); Büdinger, Don Carlos' Hast und Tod, insbesondere nach den Auffassungen seiner Familie (Wien 1891), behandelt die Biographie des Prinzen hauptsächlich als Krankengeschichte. Vgl. Warnkönig, Don Carlos' Leben, Verhaftung und Tod (Stuttg. 1864); Maurenbrecher, Don Carlos (2. Aufl., Berl. 1876).
[Spanische Prätendenten.] 76) K. Maria Joseph Isidor de Borbon y Borbon, geb. 29. März 1788, gest. 10. März 1855 in Triest, gewöhnlich Don Carlos genannt, zweiter Sohn König Karls IV. von Spanien, mußte 1808 zugleich mit seinem ältern Bruder, Ferdinand VII., auf Napoleons I. Befehl auf die Thronfolge Verzicht leisten und dann bis 1814 die Gefangenschaft jenes Prinzen zu Valençay teilen. 1814 kehrte er mit Ferdinand VII. nach Madrid zurück. Da dieser kinderlos blieb, eröffnete sich K. die nächste Aussicht zur Thronfolge, und es scharte sich eine Partei um ihn, die von dem Prinzen die Wiederherstellung des Katholizismus in seinem alten Glanz sowie des absoluten Königtums hoffte. Die Geburt der Infantin Isabella (1830) vernichtete Karls Aussicht auf die Thronfolge, da der König zuvor das Salische Gesetz, das bloß männliche Erbfolge statuierte, aufgehoben hatte. Als K. gegen diese Bestimmung protestierte, verwies ihn der König erst nach Portugal, sodann nach dem Kirchenstaat. K. versagte jedoch den Gehorsam und ward nach dem am 19. Sept. 1833 erfolgten Tode Ferdinands VII. von seiner Partei, die von jetzt an den Namen Karlisten führte, als rechtmäßiger Herrscher (K. V.) anerkannt. Die Königin-Regentin Christine erklärte ihn daher 16. Okt. für einen Rebellen, und K., der alle Vergleichsvorschläge zurückwies, entzündete 1834 einen blutigen Bürgerkrieg, den Karlistenkrieg, der mit abwechselndem Glück geführt ward, bis K. endlich 1839 auf französischem Boden eine Zuflucht suchte, wo er das Schloß Bourges als Aufenthaltsort angewiesen erhielt und seitdem in halber Gefangenschaft lebte. Erst 18. Mai 1845 entsagte er zugunsten seines ältesten Sohnes, des Prinzen Karl von Asturien. Unter dem Namen eines Grafen von Molina lebte er seit 1847 in Triest. Er war vermählt mit Maria Franziska von Portugal und seit 1838 zum zweitenmal mit Maria Theresia, Prinzessin von Beira und Witwe des Infanten Peter von Spanien.
77) K. Ludwig Maria Ferdinand, Prinz von Asturien (K. VI.), ältester Sohn des vorigen, geb. 31. Jan. 1818, gest. 13. Jan. 1861, lebte bis 1833 in Madrid, ging mit seinem Vater 1834 nach England, kehrte 1838 nach Spanien zurück und mußte 1839 ebenfalls seinen Aufenthalt in Bourges nehmen. Nach der Verzichtleistung seines Vaters (1845) nannte er sich Graf von Montemolin und vermählte sich 1850 mit Karoline Ferdinande, Schwester des Königs Ferdinand III. von Neapel. 1860 unternahm er mit seinem jüngsten Bruder, Ferdinand, während des spanisch-marokkanischen Krieges eine Landung an der Ostküste Spaniens bei Tortosa und ließ sich zum König von Spanien ausrufen. Er fand jedoch gar keinen Anhang und rettete sein Leben nur durch förmlichen Verzicht zugunsten Isabellas; hierauf in Freiheit gesetzt, nahm er denselben 15. Juni wieder zurück. Er starb zu gleicher Zeit mit seiner Gemahlin, ohne Kinder zu hinterlassen.
78) K. Maria de los Dolores Johann Isidor Joseph Franz, gewöhnlich Don Carlos genannt, geb. 30. März 1848, Sohn des Infanten Johann Karl Maria Isidor (s. Johann 55), wurde durch den Verzicht seines Vaters, der durch den Tod des Grafen Montemolin 1861 Erbe der Thronansprüche des Don Carlos geworden, 3. Okt. 1868 Träger der karlistischen Ansprüche und nannte sich Herzog von Madrid. 1872 trat er zuerst als Prätendent auf, indem er als König K. VII. 15. April ein Manifest an die karlistische Partei in Madrid erließ, 2. Mai in Spanien selbst erschien und, von den karlistischen Banden in den baskischen Provinzen empfangen, in Vera einzog. Aber bereits 4. Mai bei Oroquieta von Moriones gänzlich geschlagen, floh er nach Frankreich und überließ seinem Bruder, dem Infanten Alfons, die Leitung der karlistischen Scharen. Erst als der Thron des Königs Amadeus 1873 zusammenstürzte und überall Aufstände ausbrachen, wagte er es, 15. Juni von Bayonne wieder auf spanischem Boden zu erscheinen, wo sich inzwischen sein Anhang bedeutend gemehrt hatte. Am 2. Aug. beschwor er in Guernica die Fueros der baskischen Provinzen und bemächtigte sich des festen Platzes Estella, den er zu seiner Residenz und zum Mittelpunkt seiner Operationen machte; übrigens hielt er sich von den Kämpfen selbst möglichst fern. Erst als Ende 1874 Alfons XII. zum König ausgerufen worden war, gingen die spanischen Generale ernstlich an die Überwindung der Empörer. Im Mai 1875 begannen Jovellar und Martinez Campos die systematische Säuberung der Provinzen und beschränkten den Karlismus auf Navarra und die baskischen Provinzen, die im Februar 1876 durch eine konzentrische Operation der überlegenen Regierungsarmee ebenfalls erobert wurden. Eine Entscheidungsschlacht mied K. und zog es vor, seine Truppen ihres Eides zu entbinden, worauf dieselben 26. Febr. in Pamplona die Waffen streckten. Er selbst flüchtete über die französische Grenze und lebt seitdem im Ausland. Er war seit 4. Febr. 1867 mit der Tochter des Herzogs Karl III. von Parma, Margarete (geb. 1. Jan. 1847), vermählt, die ihm auch 27. Juni 1870 einen »Thronerben«, den Infanten Jayme, geboren hat, aber 29. Jan. 1893 starb. Am 28. April 1894 heiratete er dann die Prinzessin Maria Berta von Rohan.
[Ungarn.] 79) K. Robert, König von Ungarn 1308–42, der erste König aus dem neapolitanischen Zweige, des Hauses Anjou, trat nach dem Tode des letzten Árpáden, Andreas III., mit Unterstützung des päpstlichen Stuhles als Thronprätendent auf, wurde aber erst nach langwierigen Kämpfen mit seinen Rivalen, Wenzel von Böhmen und Otto von Bayern, 1308 von den Ständen einstimmig zum König erwählt. Nachdem er auch die innere Oligarchie (Csák) besiegt und aus seinen Getreuen sich eine neue Aristokratie geschaffen hatte, schritt er zu zeitgemäßen Reformen: in militärischer Beziehung zum Banderialsystem, in finanzieller zur Einführung der Portal- (Tor-) Steuer der Hörigen. Nach Herstellung der zerrütteten innern Verhältnisse führte er mehrere Kriege, so gegen den Woiwoden der Walachei, Bazarába, wobei K. fast sein Leben einbüßte; dagegen zwang er Milutin von Serbien zur Anerkennung seiner Lehnshoheit. Der Krieg gegen Venedig wegen Dalmatiens verlief ergebnislos. Im Thronstreit um die deutsche Krone unterstützte er Friedrich den Schönen. Mehr Erfolg krönte seine Familienpolitik; seinem ältern Sohn, Ludwig (dem Großen), erwarb er das Anrecht auf die polnische Krone (1339), seinem zweiten Sohn, Andreas, die Hand der Erbin von Neapel, Johanna. Der Fürstenkongreß von Visegrád (1335) zeigte Ungarn in seiner Größe als führende Macht Osteuropas. Vgl. Ant. Pór, Die Anjou und ihre Erben (in Szilágyis »Geschichte Ungarns«, Bd. 3).
[Württemberg.] 80) K. Alexander, Herzog von Württemberg, geb. 24. Jan. 1684 in Stuttgart, gest. 12. März 1737, Sohn des Prinzen Friedrich Karl zu Württemberg-Winnenthal, focht in österreichischen Diensten 1697 gegen Frankreich, im Spanischen Erbfolgekrieg am Rhein und in Italien und verteidigte 1713 Landau, mußte aber 20. Aug. kapitulieren. 1712 in Wien katholisch geworden, bei Peterwardein und Belgrad gegen die Türken ausgezeichnet, ward er Generalfeldmarschall und 1719 Statthalter von Belgrad und Serbien. Seinem Vetter, Herzog Eberhard Ludwig, 1733 nachfolgend, versprach er die evangelische Religion zu schützen, drückte, da er, seinen kriegerischen Neigungen folgend, mit einem starken Truppenkorps am Polnischen Erbfolgekrieg teilnahm, das Land mit hohen Steuern und geriet in die Hände des berüchtigten Juden Süß Oppenheimer (s. d.), der durch Prägung falschen Geldes und ähnliche Betrügereien die nötigen Geldmittel schaffte.
81) K. Eugen, Herzog von Württemberg, Sohn des vorigen, geb. 11. Febr. 1728 in Brüssel, gest. 24. Okt. 1793 in Hohenheim, folgte seinem Vater 1737 unter Vormundschaft, ward aber, nachdem er 1741–44 am Hofe Friedrichs d. Gr. gelebt, im 17. Jahre für mündig erklärt und regierte selbständig, der fürstlichen Gewohnheit der Zeit entsprechend, mit Entfaltung äußerer Pracht, so daß sein Hof als einer der glänzendsten in Europa galt. Seine Minister Rieger und Montmartin beschafften ihm das nötige Geld, das er seinem Hang zu Pracht, sinnlichem Genuß und seiner Vorliebe für das Militärwesen opferte. In französischem Sold im Siebenjährigen Kriege gegen Preußen kämpfend, hielt er sich auch nachher 14,000 Soldaten. Erpressungen, Ämterverkauf, Zwangsanleihen, Monopole, das Lotto und andre Mittel dienten der Geldbeschaffung, doch litten Land und Stände schwer, so daß sie sich in Wien beim Reichshofrat beschwerten. Auch durch die Verfolgung J. J. Mosers (s. d.) und des Dichters Schubart (s. d.) machte sich K. verhaßt. 1748 vermählte er sich mit Elisabeth Friederike Sophie von Bayreuth, die sich aber schon 1756 von ihm trennte und 6. April 1780 in Bayreuth starb. K. wählte 1771 die Frau eines Freiherrn v. Leutrum, Franziska, geborne v. Bernardin, zur Geliebten, erhob sie 1774 zu einer Gräfin von Hohenheim und heiratete sie 1785. Jetzt trat ein Umschwung in seiner Regierungsweise ein; er suchte die dem Lande geschlagenen Wunden zu heilen, sorgte für Veredelung des Weinbaues und für Verbesserungen im Betrieb der Landwirtschaft, legte Kunststraßen an, erweiterte durch Kauf das Gebiet des Herzogtums und beförderte Kunst und Wissenschaft durch Errichtung der berühmten Karlsschule (s. d.). Die letzten Jahre seines Lebens verlebte er auf dem für seine Gemahlin erbauten Lustschloß Hohenheim. Ihm folgten in der Regierung seine Brüder Ludwig Eugen (gest. 1795) und Friedrich Eugen (gest. 1797). Vgl. Vely, Herzog K. von Württemberg und Franziska von Hohenheim (3. Aufl., Stuttg. 1877); »K. Eugen, Herzog von Württemberg, und seine Zeit« (hrsg. vom Württembergischen Geschichts- und Altertumsverein, das. 1903 ff.).
82) K. I. Friedrich Alexander, König von Württemberg, geb. 6. März 1823 in Stuttgart, gest. daselbst 6. Okt. 1891, der einzige Sohn Wilhelms I. und dessen dritter Gemahlin, Pauline, Herzogin von Württemberg, studierte in Tübingen und Berlin, vermählte sich 13. Juli 1846 mit der Tochter des Kaisers Nikolaus, der Großfürstin Olga (geb. 11. Sept. 1822, gest. 30. Okt. 1892) und folgte seinem Vater 25. Juni 1864. Er ersetzte das reaktionäre Ministerium Linden durch den gemäßigten Varnbüler, schloß sich 1866 den Gegnern Preußens an, vertrat aber 1870 eine nationale Politik, stellte seine Truppen unter preußischen Oberbefehl und trat dem Deutschen Reiche bei. Im Innern regierte er in stetem Einvernehmen mit dem Landtag und genoß wegen seines Wohlwollens allgemeine Beliebtheit, lebte aber infolge seiner Kränklichkeit viel im Ausland. Ihm folgte, da seine Ehe kinderlos blieb, sein Vetter, König Wilhelm II. Vgl. »Württemberg und sein König, 1864 bis 1889« (Stuttg. 1889, Jubiläumsschrift); Hochstetter, König K. von Württemberg (das. 1891).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.