Dresden [1]

Dresden [1]

Dresden (hierzu der Stadtplan: Dresden mit den Vororten und Innere Stadt, mit Registerblatt), Residenz und Hauptstadt des Königreichs Sachsen sowie Hauptort der gleichnamigen Kreishauptmannschaft (s. unten, S. 201), wegen ihrer anmutigen Lage (105,5 m über der Ostsee) und ihrer Kunstschätze von Herder das »deutsche Florenz« genannt, liegt in einer reizenden Talsohle an beiden Ufern der Elbe, die hier einen nach SW. vorspringenden Bogen bildet und in und bei der Stadt den Prießnitz- und Kaitzbach sowie den Weißeritzfluß aufnimmt.

Wappen von Dresden.
Wappen von Dresden.

An das rechte Elbufer reichen Berghöhen ziemlich nahe heran, teils mit Rebengeländen und Villen, teils mit der im N. und NO. der Stadt sich erstreckenden »Dresdener Heide«, einem Kiefernwald, bedeckt; auf dem linken Ufer aber treten die letzten nördlichen Ausläufer des Erzgebirges: die Räcknitzer und Golberodaer Höhen und die Berge des Plauenschen Grundes, etwas weiter zurück. D. liegt unter 51°3´ nördl. Br., 13°44´ östl. L. v. Gr. Nachdem 1892 die Vororte Strehlen und Striesen, 1897 Pieschen und Trachenberge, 1899 der König Albert-Park, 1901 Gruna, 1902 Räcknitz, Zschärtnitz und Seidnitz und 1903 Kaditz, Mickten, Übigau, Trachau, Kotta, Wölfnitz, Naußlitz, Löbtau und Plauen dem Stadtgebiet einverleibt worden sind, nimmt D. einen Flächeninhalt von 62,44 qkm ein. Die ältern Stadtteile sind: auf dem linken Elbufer die Altstadt mit der Pirnaischen, See-, Wilsdruffer und Südvorstadt und der Johannstadt, ferner die von der erstern durch die (jetzt hier trocken gelegte und in ein andres Bett geleitete) Weißeritz getrennte Friedrichstadt, auf dem rechten Elbufer die Neustadt und die Antonstadt mit der Leipziger Vorstadt.

Brücken, Plätze, Denkmäler, Straßen, Anlagen.

Beide Stadthälften werden durch fünf Brücken verbunden, die sämtlich schöne Aussichten gewähren: in der Mitte liegt die Alte Elb- oder Augustusbrücke, die schon 1343 aus Stein erbaut war und 1727–31 ihre jetzige Gestalt erhielt. Sie enthält 17 Pfeiler mit 16 Bogen, hat eine Fahrbahnlänge von 402 m und eine Kronbreite von 11,04 m. Ein Umbau ist geplant. Stromabwärts führen über den Strom die Marienbrücke (1846–51 erbaut, mit 12 je 28 m weiten Bogen in Korblinienform, 468 m lang und 17 m breit) und die neue eiserne Eisenbahnbrücke (1901 erbaut, 461 m lang); stromaufwärts die Königin Carola-Brücke (1892–95 erbaut, 326 m lang, mit nur zwei Strompfeilern und zwei bildnerischen Gruppen, Darstellungen der Stadt D. und des Flußgottes der Elbe), weiter aufwärts die Albertbrücke (1875–77 erbaut, auf 15 Pfeilern ruhend, 316 m lang). Von den Plätzen verdienen Erwähnung: in der Altstadt der Theaterplatz mit dem Reiterstandbild des Königs Johann von J. Schilling, 1889 errichtet; der Altmarkt mit dem Siegesdenkmal (14 m hoch, 1880 enthüllt); westlich der Postplatz mit dem Gutschmidbrunnen, einer von Semper errichteten, 18 m hohen gotischen Brunnensäule, nordöstlich der Neumarkt mit dem Bronzedenkmal des Königs Friedrich August II. (von Hähnel), der Frauenkirche und dem Lutherdenkmal (1885 enthüllt); der Amalienplatz, der Holbeinplatz mit dem Gerechtigkeitsbrunnen und der Sachsenplatz, im S. der Stübelplatz mit monumentalem Brunnen, der Moltkeplatz und im W. jenseit des Hauptbahnhofs der Bismarckplatz. In der Neustadt liegen der Neustädter Markt mit dem kolossalen Reiterstandbild Augusts des Starken (seit 1736), der Kaiser Wilhelm-Platz, der Albertplatz (mit zwei Brunnen), auf den die Straßen von sämtlichen Elbbrücken münden, und der Königin Carola-Platz. Außer den genannten Denkmälern sind noch hervorzuheben: der 15 m hohe Wettinobelisk, zwischen Schloß, Prinzenpalais und Zwinger 1895 errichtet, die Bronzestatue der Mutter Anna (Gemahlin Augusts I.) bei der Annenkirche, die Denkmäler von Rietschel, Semper und Ludwig Richter auf der Brühlschen Terrasse, ferner beim Belvedere das Denkmal des Kurfürsten Moritz von Sachsen (1895 hierher übergeführt). Vor der Kreuzschule steht das Bronzedenkmal Theodor Körners (1871, von Hähnel), ferner Denkmäler von Julius Otto und Gutzkow, vor dem Museum am Zwinger das Erzstandbild von Karl Maria v. Weber (1860, von Rietschel), in den Anlagen der Friedrichstadt ein Denkmal Antons des Gütigen, in denen an der Theresienstraße eins von Gustav Nieritz und außerhalb, in der sogen. Albertstadt, das Mausoleum des Kriegsministers v. Fabrice mit seinem Standbild (1893, von Schilling), endlich bei Räcknitz das Moreaudenkmal (Syenitwürfel).

Die wichtigsten Straßen in der Altstadt sind die Augustus-, Schloß-, See- (und in der Seevorstadt die Prager-), Wilsdruffer, König Johann- und Annenstraße, ferner der breite Straßenzug, der sich im S. und O. der Altstadt von der Johannesallee bis zur Königin Carola-Brücke hinzieht; in der Neustadt die Neustädter Hauptstraße und die König Albert-Straße. – Unter den öffentlichen Anlagen nimmt den ersten Rang die durch die Aussicht auf den Strom und das obere Elbtal berühmte Brühlsche Terrasse, östlich von der alten Elbbrücke, ein. Sie war einst Garten des 1900 abgetragenen Brühlschen Palais, wurde 1814 vom russischen Gouverneur Fürsten Repnin angelegt und zieht sich 400 m weit hoch am Ufer der Elbe hin. Zu ihr führt eine mit vier Gruppen von Schilling geschmückte (s. Tafel »Bildhauerkunst XVI«, Fig. 8 u. 9) Freitreppe. Hinter dem Zwinger befindet sich in schönen Anlagen der Zwingerteich mit Springbrunnen, westlich davon ist der Herzogingarten mit Orangeriehaus, ferner im O. der Seevorstadt die Bürgerwiesenanlage und endlich der königliche Große Garten, 1870 angelegt, ein Park von 155 Hektar Umfang, mit künstlerischen Gruppen und einem im italienischen Renaissancestil 1680 erbauten königlichen Palais. Angrenzende Teile des Parkes bilden der Zoologische und der Botanische Garten sowie das städtische Ausstellungsgrundstück (mit der 1894 bis 1895 von Bräter erbauten Ausstellungshalle). Auch auf mehreren Plätzen (Albert-, Kaiser Wilhelm-, Bismarckplatz u.a.) befinden sich Gartenanlagen.

Bauwerke.

(Hierzu Tafel »Dresdener Bauten I und II«.)

Unter den gottesdienstlichen Gebäuden ragt besonders hervor die katholische Hofkirche, 1739 bis 1751 von Chiaveri im Barockstil aus Pirnaer Sandstein erbaut. Sie besteht aus einem ovalen Hauptschiff und zwei Nebenschiffen. Imposant wirken der 91 m hohe Turm mit vier Säulengeschossen und die auf der Balustrade des Mittelschiffs und den Seitendächern stehenden 59 Heiligenfiguren (von Matielli). Südöstlich vom Zwinger steht die evangelische Hof- oder Sophienkirche, 1351–57 als Klosterkirche der Grauen Brüder erbaut, 1599 von der Kurfürstin Sophie zum lutherischen Hofgottesdienst bestimmt und 1864–68 nach dem Plan des Professors Arnold im gotischen Stil umgebaut und mit zwei je 66 m hohen Türmen versehen. Unweit des Altmarktes befindet sich die Kreuzkirche, die erste Pfarr- und Hauptkirche der Stadt, mit 96 m hohem Turm. 1760 durch die Beschießung und dreimal durch Feuer (zuletzt 1897) zerstört, ward sie bis 1900 wiederhergestellt. Auf dem Neumarkt steht die Frauenkirche mit 95 m hoher Kuppel; sie wurde 1726–45 vom Ratszimmermeister Bähr aus Sandsteinquadern erbaut und ist bei der Beschießung durch die Preußen 1760 unbeschädigt geblieben. In der Neustadt liegen die lutherische Dreikönigskirche, nach Plänen Pöppelmanns im 18. Jahrh. erbaut, mit 91 m hohem Turm, und die katholische Neustädter Kapelle, 1853 errichtet. Von neuern Kirchen sind zu nennen: in der Altstadt die Johanneskirche, 1874–78 von Möckel in frühgotischem Stil erbaut; in der Johannstadt die Trinitatiskirche, im Renaissancestil, 1894 vollendet; in der Südvorstadt die von G. Weidenbach 1898–1903 im Renaissancestil erbaute St. Lukaskirche mit 81 m hohem Turm (s. Tafel I, Fig. 1), deren Inneres als dreischiffiges Langhaus mit quadratischer Vierung, rechteckigem Chor und Querschiff gebildet ist und interessante Gewölbe zeigt; in der Neustadt die Martin Luther-Kirche, im romanischen Stil 1885–87 erbaut. Am Ostende der Brühlschen Terrasse steht die 1838–1840 im byzantinischen Stil von Semper errichtete Synagoge. Außer den Kapellen im königlichen Schloß und im königlichen Palais zählt D. überhaupt 21 Kirchen, nämlich 13 evangelische, 3 römisch-katholische, je eine russische, reformierte, englische, schottische (presbyterianische) u. amerikanische (Methodisten-) Kirche.

Die wichtigsten öffentlichen Gebäude sind in der Altstadt in der Nähe der Augustusbrücke vereinigt. Das königliche Schloß, 1530–35 von Herzog Georg erbaut (daher Georgenschloß genannt) und von August II. u.a. erweitert, ist 1890–1902 zu einem einheitlichen Bau im deutschen Renaissancestil von den Baumeistern Frölich und Dunger umgestaltet (Tafel II, Fig. 2). Es hat drei Tore, unter denen das Georgentor mit dem Reiterbild Herzog Georgs, zwei Torwächtern (von Behrens in Breslau) und hübschen Kinderfriesen (von P. Pöppelmann) geschmückt ist. Das Schloß besteht aus der nach der Brücke gekehrten Hauptfront, zwei Flügeln und mehreren Zwischen- und Seitengebäuden und ist durch bedeckte Gänge mit der Hofkirche und dem Prinzenpalais (1715 für die Gräfin Cosel erbaut, später mehrfach erweitert) verbunden. Die fensterlose Rückwand des Schloßflügels in der Augustusstraße ist durch eine große Sgraffittomalerei von Walther, Darstellung eines Triumphzugs der sächsischen Fürsten vom Mittelalter bis auf die Gegenwart, verziert. Sehenswert sind der große Schloßhof mit vier Treppentürmen in den Ecken und einer Loggia mit großem figürlichen dries, im Innern der Thronsaal mit Fresken von Bendemann und der Ball- und Konzertsaal. Im Erdgeschoß des großen Schloßhofes befindet sich das Grüne Gewölbe (s. unten, S. 198). Nordwestlich vom Schloß am Theaterplatz steht das königliche Opernhaus, 1871–78 nach Plänen von Georg Semper im italienischen Renaissancestil errichtet (Tafel II, Fig. 5; das alte, mehr östlich gelegene brannte 1869 nieder). Südlich davon liegt der sogen. Zwinger, 1709–18 von Pöppelmann nach den Angaben Augusts II. als Schauplatz für allerhand Festlichkeiten im Freien errichtet. Der Zwinger ist ein Rechteck mit halbkreisförmigen Ansätzen, vier länglichen Eckbauten und schmalen Galerien im Renaissancestil nebst drei Pavillons in üppigem Barockstil. Inmitten des Zwingerhofs steht das Erzdenkmal König Friedrich Augusts I. (von Rietschel und Semper 1843 errichtet). Im Zwinger sind mehrere wissenschaftliche Sammlungen (s. unten) untergebracht. Die vierte, unvollendete Seite des Zwingers wurde nach Sempers Plänen 1847–54 durch das Neue Museum geschlossen. Das Hauptportal dieses Gebäudes ist nach der Hofseite in der Art eines römischen Triumphbogens gehalten. Links und rechts stehen in Nischen die kolossalen Statuen Raffaels (s. Tafel »Bildhauerkunst XV«, Fig. 3) und Michelangelos (von Hähnel), weiter auf den Postamenten der vier untern korinthischen Säulen links der heil. Georg und Judith, rechts Siegfried und Simson. Die Attika ist mit freistehenden Standbildern (Giotto und Holbein, Dürer und Cornelius, von Hähnel und Rietschel) und mit zahlreichen Reliefs geschmückt. Das Gebäude enthält die berühmte Gemäldegalerie (s. unten, S. 198, u. Tafel II, Fig. 3) und die Sammlung der Kupferstiche und Handzeichnungen. Zwischen dem Schloß und dem Neumarkt liegt das Museum Johanneum, 1586 von Christian I. als Stallgebäude erbaut, worin 1722–1855 die Gemäldesammlung untergebracht war. Jetzt befinden sich hier nach einem 1872 vollzogenen Umbau das Historische Museum und die Porzellan- und Gefäßsammlung. Die Rückseite der Brühlschen Terrasse wird gebildet durch das zurzeit im Bau begriffene Ständehaus, die 1890–94 von Lipsius in neufranzösischer Renaissance erbaute Kunstakademie mit reichem plastischen Schmuck, das daran anstoßende akademische Kunstausstellungsgebäude mit gläserner Kuppel und endlich durch das aus dem alten Zeughause von Canzler umgebaute und zur Aufnahme des Staatsarchivs und der Skulpturensammlung bestimmte Albertinum (Tafel II, Fig. 1). Am äußersten Ende der Terrasse befindet sich in prächtiger Umgebung das vornehme Restaurations- und Konzertlokal Belvedere. Weiter östlich liegt das Justizgebäude, von Canzler 1876–79 in Sandstein ausgeführt, in dem das Oberlandes-, das Landgericht und ein Teil des Amtsgerichts untergebracht sind, während in der Nähe des Pirnaischen Platzes das 1774–75 erbaute Landhaus (Sitz der Ständeversammlung) und das königliche Polizeigebäude, 1897–1900 nach Plänen von Schmiedel erbaut, sich befinden. Am Altmarkt steht das Rathaus, 1741–45 erbaut. Am Postplatz liegt das kaiserliche Telegraphenamt und westlich davon die Oberpostdirektion, 1881 von Zopf errichtet; gegenüber das stattliche Stadthaus an der Annenstraße, am Antonsplatz das Kunstgewerbemuseum. Unter den öffentlichen Gebäuden der Neustadt ragen hervor das Japanische Palais, 1715 vom Grafen Flemming erbaut, dann Sommerresidenz Augusts II., seit 1786 Sitz der königlichen Bibliothek; ferner das königliche Schauspielhaus oder Alberttheater am Albertplatz, 1873 eröffnet, das Finanzministerium am Königin Carola-Platz, 1890–94 erbaut, und das im Bau befindliche Gebäude für die Ministerien des Innern, der Justiz und des Kultus. Nordöstlich von der Neustadt liegt der selbständige Gutsbezirk Albertstadt mit einer Fläche von 383 Hektar, in dem sich die großartigen, 1880 vollendeten Militärneubauten (zahlreiche Kasernen, die Garnisonkirche und das Arsenal) befinden. Eine Anzahl hervorragender neuerer Bauten zeigt beifolgende Tafel.

Bevölkerung, Industrie, Handel etc.

Die Zahl der Bewohner betrug 1. Dez. 1900 ohne die später einverleibten Vororte, aber einschließlich Albertstadt 396,146 (darunter 11,962 Mann Militär); nach der spätern Erweiterung des Weichbildes ist sie 1903 auf 494,000 Einw. gestiegen. Dem religiösen Bekenntnis nach waren (1900) unter den Bewohnern 349,145 Lutheraner, 3340 Reformierte, 36,910 Römisch-Katholische und 3029 Juden. Die Zahl der Ausländer (zu Dreiviertel aus Österreich-Ungarn) beträgt 22,710. Man zählte 11,808 bebaute Grundstücke. Nach der Berufszählung vom 14. Juni 1895 waren von 100 Erwerbstätigen 45,2 in der Industrie, 18,7 in Handel und Verkehr, 3,2 in Lohnarbeit wechselnder Art und 1,1 in der Landwirtschaft und Gärtnerei beschäftigt; 15 gehörten der Beamtenschaft und den freien Berufen, 4,9 dem Militär an, 12,1 waren berufslos.

D. verdankt sein Emporkommen seiner politischen und künstlerischen Bedeutung und seiner schönen Lage. Deshalb waren Industrie und Handel früher unbedeutend und haben sich erst seit den 1860er Jahren kräftig entwickelt. Zu hervorragender Bedeutung sind die Steingut-, Nähmaschinen-, Fahrrad- und Schokoladenfabrikation, ferner die stetig emporstrebende Zigarettenindustrie, die Strohhutfabrikation und Kunstdruckerei gelangt. Nach der Gewerbezählung von 1895 waren etwa 16 Proz. aller im Deutschen Reich hergestellten Schokolade, 14 Proz. der Fahrräder, 13 Proz des Steinguts und 12,5 Proz. der Nähmaschinen, wenn man die Arbeiterzahl als Produktionsmaßstab gelten läßt, Dresdener Fabrikat.

An kommerziellen Anstalten und Vereinen hat D. eine Fonds- und eine Produktenbörse, neun auf Aktien gegründete Banken, darunter die Sächsische Bank, 1865 neu gegründet, mit einem Aktienkapital von 30 Mill. Mk. und die 1872 begründete Dresdener Bank mit 130 Mill. Mk. Aktienkapital, eine Reichsbankhauptstelle (Gesamtumsatz einschließlich vier Nebenstellen 1901:4176 Mill. Mk.), mehrere Filialen auswärtiger Bankinstitute, darunter die Filiale der Deutschen Bank (s. Tafel »Dresdener Bauten I«, Fig. 2), sowie gegen 50 Bank- und Wechselgeschäfte. 1899/1900 hatten 100 Aktiengesellschaften in D. ihren Sitz mit einem eingezahlten Aktienkapital von 379 Mill. Mk., davon entfielen 210 Mill. auf die Aktienbanken. Der Verkehr ist durch die hier zusammentreffenden sechs verschiedenen Linien der Sächsischen Staatsbahnen (Leipzig-Riesa-D., Leipzig-Döbeln-D., D.-Görlitz, D.-Bodenbach, D.-Chemnitz und D.-Elsterwerda), die Elbschiffahrt, sowie durch den ungemein starken Zusammenfluß von Fremden (jährlich 300,000) außerordentlich belebt. Den Verkehr innerhalb der Stadt und ihrer Umgebungen vermitteln außer den Droschken, Fiakern und Omnibussen vor allem zwei Straßenbahngesellschaften mit elektrischem Betrieb, die 1901 auf ihren insgesamt 149 km langen Linien 78,5 Mill. Personen beförderten. An diese Straßenbahnen schließen sich in weiterm Umkreise verschiedene Kleinbahnen an. Von den Eisenbahnhöfen dienen der Hauptbahnhof (seit 1898, s. Tafel »Bahnhöfe II«, Fig. 3), der Neustädter Bahnhof (seit 1901) und der Friedrichstädter Bahnhof dem Fern- und Vorortverkehr, die übrigen vier Bahnhöfe im wesentlichen nur letzterm. 1901 wurden in D. 4,5 Mill. Fahrkarten gelöst und 2,981,730 Ton. Frachtgüter mit der Eisenbahn befördert. Für den Verkehr ist die Elbschifffahrt von der größten Bedeutung; in D. haben vier Gesellschaften ihren Sitz. 1901 kamen hier 8858 Personendampfer, 609 Fracht- und Schleppdampfer, 6389 Segelschiffe und 301 Flöße an; die Gesamtmenge der zu Schiff angekommenen Waren belief sich auf 734,331 Ton.

Von den zahlreichen Wohltätigkeitsanstalten der Stadt sind zwei Stadtkrankenhäuser, ein städtisches Irren- und Siechenhaus (mit Filiale in Löbtau) zu nennen; für lungenkranke Männer besteht die städtische Stiftung Fiedlerhaus, für weibliche Rekonvaleszenten das städtische Augustenhaus, beide in Oberlößnitz, ferner von königlichen Anstalten das Krankenstift, die Frauenklinik (in einem großartigen Neubau) und das Garnisonlazarett; Vereins- und Stiftungsanstalten sind das Krankenhaus des Albertvereins, das Carolahaus, das Krankenhaus der evangelisch-lutherischen Diakonissenanstalt, das katholische St. Josephstift, das Hospital der Kinderheilanstalt, das Maria-Anna-Kinderhospital und das Säuglingsheim. Außerdem sind noch die städtische Arbeitsanstalt, das Versorghaus, drei Waisenhäuser, das sächsische Krüppelheim sowie mehrere Armenanstalten zu erwähnen.

Bildungsanstalten, Sammlungen, Behörden.

Für die Pflege des wissenschaftlichen Lebens sowie für Erziehung und Unterricht sorgen die königliche Technische Hochschule (seit 1828; 1082 Studierende), eine Tierärztliche Hochschule (210 Studierende), die staatswissenschaftliche Lehranstalt der Gehe-Stiftung mit Bibliothek, ein königliches und 4 städtische Gymnasien (darunter die Kreuzschule, seit dem 13. Jahrh. als Schule bestehend, seit 1539 protestantisch, und das Vitzthumsche Geschlechtsgymnasium, seit 1861, ursprünglich schon 1638 gestiftet); 2 städtische Realgymnasien, 4 Realschulen und 3 Privatschulen (mit Berechtigung zur Ausstellung von Zeugnissen zum einjährigen Militärdienst), 2 städtische und 13 private höhere Mädchenschulen, 47 städtische evangelische und 5 katholische Volksschulen, die Handelslehranstalt der Kaufmannschaft, die Gewerbeschule, die Ehrlichsche Gestiftsschule, die israelitische Religionsschule, 2 königliche und ein Stiftungslehrerseminar, das königliche Lehrerinnenseminar, ein königliches Konservatorium für Musik und Theater und die Gartenbauschule der Gesellschaft »Flora«. Endlich befinden sich in D. das königliche Taubstummeninstitut, die königliche Landesblindenanstalt, die königliche Kunstgewerbeschule, die königliche Baugewerkenschule, die königliche Turnlehrerbildungsanstalt, ein Kadettenkorps und ein botanischer Garten. Die Akademie der bildenden Künste (182 Studierende; s. Tafel »Dresdener Bauten II«, Fig. 4) beschränkt ihren Unterricht auf die zeichnenden Künste und das Modellieren und ist mit einer Bauschule vereinigt.

Weltberühmt sind die großen Kunstsammlungen. Die königliche Gemäldegalerie wurde 1722 von August II. gegründet und besonders 1746–47 und 1753–54 (Sixtinische Madonna) bereichert, ferner 1871 und seit 1880 aus der Pröll-Heuer-Stiftung durch Ankäufe vermehrt. Sie enthält ca. 3000 Bilder. Ausgezeichnet vertreten ist die Blütezeit der italienischen, holländischen und flämischen Malerei im 16. und 17. Jahrh., vortrefflich auch die Sammlung neuer Gemälde. Zu den Meisterwerken gehören die Sixtinische Madonna von Raffael, der Morette von Holbein (die berühmte Madonna ist eine Kopie), die heilige Familie von Giulio Romano, die heil. Cäcilia von Carlo Dolce, die büßende Magdalena von Battoni, die Anbetung der Hirten (heilige Nacht) und drei Madonnenanbetungen von Correggio, die Findung Mosis, die Anbetung der Könige und die Verehrung der Madonna von Paolo Veronese, der Zinsgroschen von Tizian, Abrahams Opfer von Andrea del Sarto, die Kartenspieler von Caravaggio, Christus mit der Dornenkrone von Guido Reni, die Schweinsjagd, Neptun auf den Wogen, Merkur und Argos von Rubens, die drei Kinder Karls I. von van Dyck, Raub des Ganymed und das Doppelbildnis des Künstlers und seiner Frau von Rembrandt, eine Flucht der heiligen Familie (Landschaftsstück) und Acis und Galatea (sizilische Küstengegend) von Claude Lorrain, Schlachten von Wouwerman, die Jagd, das Kloster und der Judenkirchhof von Ruisdael, kleine niederländische Genrebilder von Teniers, Terborch, A. van Ostade, Mieris, Lichteffekte von Schalcken, Abraham und Hagar von van der Werff. Von den Stilisten des 19. Jahrh. sind unter andern J. Schnorr v. Carolsfeld, A. L. Richter, Th. Grosse, von den Koloristen und Realisten der mittlern Zeit Knaus, Vautier, Defregger, Makart, Munkacsy, A. und Oswald Achenbach, A. Böcklin, Karl Hoff, F. Pauwels, von den Realisten und Naturalisten der neuesten Zeit F. v. Uhde, Max Klinger, Rob. Haug gut vertreten. Einen wissenschaftlichen Katalog der Gemäldegalerie verfaßte deren Direktor Karl Woermann (2. Aufl., Dresd. 1892). Das königliche Kupferstichkabinett enthält 400,000 Kupferstiche, Holzschnitte, Handzeichnungen etc. (hervorragend vertreten ist das 15. Jahrh.). Die königliche Skulpturensammlung (Museum Albertinum) vereinigt gegenwärtig vier früher getrennte Sammlungen plastischer Bildwerke: a) die Sammlung der Originalskulpturen besteht zum größten Teil aus den antiken Marmorwerken, die unter August II. 1723–28 teils aus der kurfürstlich brandenburgischen Kunstkammer, teils aus Privatsammlungen erworben wurden; b) Gipsabgüsse von Werken älterer Meister, wozu den Grundstock die Sammlung von Raphael Mengs bildet; c) Abgüsse von Rietschels Werken und d) derer von E. Hähnel u.a. Das Grüne Gewölbe oder die königliche Schatzkammer (1560 begründet) enthält eine unschätzbare Sammlung von Juwelen, Kleinodien und Kunstwerken in Edelmetall, Elfenbein, Email, Mosaik (darunter die größte bekannte Onyxplatte, 17,4 cm hoch, 5,6 cm breit; der Hof des Großmoguls Aurangzeb in 132 goldenen Figuren [von Dinglinger], eine Hutagraffe von Brillanten mit einem grünen Diamanten von 160 Gran). Das Historische Museum und die Gewehrgalerie (im Museum Johanneum) ist eine der bedeutendsten Waffensammlungen Europas; die Porzellan- und Gefäßsammlung ebendaselbst, 1715 von August II. begründet, ist namentlich reich an altchinesischem, altjapanischem und altmeißener Porzellan (seit 1890 durch die Erwerbung der Spitzmerschen Sammlung vermehrt). Von sonstigen Sammlungen verdienen Erwähnung das königliche Zoologische und Anthropologisch-ethnographische Museum, seit 1850 geschaffen, das königliche Mineralogisch-geologische und Prähistorische Museum, der königliche Mathematisch-physikalische Salon (Instrumente des 16.–18. Jahrh. enthaltend), das Kunstgewerbemuseum (mit reicher Textilsammlung), das königliche Münzkabinett, die königliche Armee- und die Arsenalsammlung (sämtlich im Zwinger untergebracht), ferner das Stadtmuseum, das Körnermuseum (in Körners Geburtshaus, 1863 angelegt), das Museum des Altertumsvereins (im Großen Garten) etc. Die königliche Bibliothek (im Japanischen Palais) zahlt 4–500,000 Bände gedruckter Bücher und 3000 Handschriften (Prachtstücke: die älteste bekannte slawische Bibel in böhmischer Sprache aus dem 14. Jahrh., die vier Evangelien in griechischer Sprache aus dem 13. Jahrh. mit Miniaturen byzantinischen Ursprungs, der Börnersche Kodex, die Briefe des Apostels Paulus enthaltend, aus dem 9. Jahrh., der mexikanische Hieroglyphenkodex, noch unenträtselt etc.), 2000 Inkun abeln und 20,000 Landkarten.

Außer den beiden Hoftheatern hat D. an Theatern noch das Residenz- und das Zentraltheater. Eine der trefflichsten Kunstanstalten ist die bereits von August II. gegründete, seitdem durch große Meister (Hasse, Naumann, Paër, Weber, Reissiger, Wagner) berühmt gewordene, mit dem Hoftheater verbundene Kapelle. Symphonie- und populäre Konzerte finden im Winter im Gewerbehaus, im Sommer im Belvedere, ferner im städtischen Ausstellungspalast statt. Berühmte Kirchenmusiken werden Sonntags in der katholischen Hofkirche ausgeführt. Östlich von Strehlen liegt ein Rennplatz und in der Johannstadt eine Radfahrrennbahn; für Rasenspiele besteht ein Sportplatz an der Lennéstraße. Unter den wissenschaftlichen und gemeinnützigen Vereinen sind zu erwähnen: die 1764 gestiftete Ökonomische Gesellschaft, die Mineralogische Gesellschaft (seit 1816), der Landwirtschaftliche Hauptverein für Sachsen, die Bibelgesellschaft (seit 1814) und der Missionsverein (seit 1819), der Altertumsverein (seit 1824), der Pädagogische Verein (seit 1833), der Gewerbeverein (seit 1834), die »Isis«, Gesellschaft für Naturkunde (1834 gegründet), die Gesellschaft »Flora« für Botanik und Gartenbau, mehrere Turn- und Gartenbauvereine, der Verein für Erdkunde, der Verein für Geschichte und Topographie Dresdens, ein Handelswissenschaftlicher Verein, der Verein Volkswohl zur Pflege edlerer Volksunterhaltung, ein Ingenieur- und Architekten-, ein Kunstverein, mehrere literarische und zwei Künstlervereine, ein Tonkünstlerverein und zahlreiche Gesangvereine, ferner zwei Vereine zum Schutz der Tiere (der ältere 1839 gegründet) u.a. D. ist Sitz der Ökonomischen Gesellschaft des Königreichs Sachsen (seit 1815), des königlichen Stenographischen Instituts, der Tiedge-Stiftung 1841 gegründet zum Zweck der Unterstützung bedürftiger Dichter, Musiker und bildender Künstler und deren Witwen und Waisen, der Serreschen Zweig-Schillerstiftung, einer Sektion des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (seit 1873), des Albert-Vereins (s. d.) etc. Es erscheinen täglich 12 Zeitungen. Die Stadt hat 3 Gaswerke, 2 Elektrizitätskraftwerke, ein Elektrizitätslichtwerk und 2 Wasserwerke (in Loschwitz und Tolkewitz), ein drittes soll bei Hosterwitz angelegt werden.

Behörden. D., als Residenz- und Hauptstadt des Landes, ist Sitz der fremden Gesandtschaften von Preußen, Bayern, Württemberg, Großbritannien, Österreich-Ungarn und Rußland sowie des Landtags, Staatsgerichtshofs und Staatsrats, der Ministerien und obersten Landesbehörden, dann der Generaldirektion der königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, des Oberlandesgerichts, eines Landgerichts (für die 14 Amtsgerichte zu Altenberg, Döhlen, D., Großenhain, Königstein, Lauenstein, Lommatzsch, Meißen, Pirna, Radeberg, Radeburg, Riesa, Schandau und Wilsdruff), eines Schwur- und Amtsgerichts; ferner eines Handels- und eines Gewerbegerichts, einer Kreishauptmannschaft, zweier Amtshauptmannschaften, der königlichen Brandversicherungs-Kommission, der Versicherungsanstalt für das Königreich Sachsen (Invaliditäts- und Altersversicherung), der Zoll- und Steuerdirektion, eines Hauptzoll- und Hauptsteueramtes, der Generaldirektion der sächsischen Staatseisenbahnen, einer kaiserlichen Oberpostdirektion, des Landesmedizinalkollegiums und andrer Behörden. In militärischer Hinsicht ist D. der Sitz des Generalkommandos des 12. deutschen Armeekorps sowie der Stäbe der 23. und der 32. Division, der 45., 46., 63. und 64. Infanterie-, der 23. und 32. Kavallerie- und der 23. Artilleriebrigade. Die Garnison besteht aus den Grenadierregimentern Nr. 100 und 101, dem Schützenregiment Nr. 108 und Jägerbataillon Nr. 13, dem Infanterieregiment Nr. 177, dem Gardereiterregiment, 12. und 48. Feldartillerieregiment, einem Pion ier- und einem Trainbataillon. Die Verwaltung der Stadt, an deren Spitze ein Oberbürgermeister und 2 Bürgermeister stehen, geschieht durch den Stadtrat (38 Mitglieder), dem ein Stadtverordnetenkollegium von 78 Mitgliedern zur Seite steht, die der Sicherheitspflege durch die königliche Polizeidirektion. Die städtischen Steuern betrugen 1900: 10,7 Mill., das Vermögen 1901: 113,8 Mill., die Anleiheschuld 65,7 Mill. Mk. Als vornehmstes Wahrzeichen der Stadt gilt das an einem Brückenbogen der alten Elbbrücke sichtbare »Brückenmännchen«, das den Erbauer der Brücke, Matthias Fotius oder Photius, darstellen soll.

Umgebung.

(Hierzu »Karte der Umgebung von Dresden«.)

Was die nächste Umgebung der Stadt betrifft, so breitet sich vor der Pirnaischen Vorstadt der königliche Große Garten (s. oben, S. 196) aus. Vor der Neu- und Antonstadt liegen stromaufwärts die vielbesuchten Restaurationen und Konzertlokale: das Linckesche Bad und weiterhin das Waldschlößchen, letzteres die älteste große Aktienbierbrauerei Dresdens; ferner die prachtvollen Albrechtsschlösser, die der verstorbene Prinz Albrecht von Preußen 1847 erbaute. Stromabwärts, nördlich vom Neustädter Bahnhof, liegt der innere Neustädter Kirchhof, auf dem sich die Gräber des Sprachforschers Adelung, des Dichters Tiedge, Elisas v. d. Recke u.a. und der berühmte »Totentanz« Georgs des Bärtigen befinden. 2 km vor der Stadt die Villenvororte des Distrikts Lößnitz; auf dessen mit Weinbergen besetzten Anhöhen mehrere Vergnügungsorte mit reizender Aussicht sowie das seiner Aussicht wegen berühmte Spitzhaus. In der weitern Umgebung Dresdens sind anzuführen auf dem rechten Elbufer, aufwärts von der Albrechtsburg: das Dorf Loschwitz, wo Schiller im Sommer 1786 wohnte und den größten Teil seines »Don Carlos« dichtete (Bergschwebebahn zur Höhe), und der Kurort Weißer Hirsch (elektrische Bahn von D.-Neustadt und Drahtseilbahn von Loschwitz); etwas weiter Wachwitz und der königliche Weinberg mit hübschem Schloß, Hosterwitz, wo in einem isoliert stehenden Haus Weber seinen »Freischütz« und »Oberon« komponierte, und das königliche Lustschloß Pillnitz; auf dem linken Ufer, Loschwitz gegenüber, liegt Blasewitz, durch die »Gustel von Blasewitz« bekannt, mit einer Schillerlinde und seit 1859 einem Denkstein des Dichters. Südlich von D. liegt zwischen den jetzt einverleibten Vororten Räcknitz und Zschärtnitz die Franzenshöhe (187 m), ein Steinbau mit schöner Aussicht auf die Sächsische Schweiz; weiter landeinwärts liegt die Goldene Höhe (330 m) und in südwestlicher Richtung in der Vorstadt Plauen der Westendpark mit dem 25 m hohen Bismarckturm, die Restauration Hoher Stein (mit Aussichtsturm) und die Felsenkellerbastei, ein Felsenvorsprung über dem Plauenschen Grunde.

Geschichte.

Der Name D. ist von altslawisch dręzga, »Wald«, dręzgajan, »Waldleute«, abzuleiten. D. war ursprünglich eine slawische Dorfniederlassung rechts an der Elbe (weshalb später dieser Stadtteil Alten-Dreßden hieß). Daß sich diese auch auf das linke Ufer ausdehnte, ist vielleicht durch die Erbauung der Frauenkirche veranlaßt worden; die neue Ansiedelung (die heutige Altstadt) wurde im Gegensatz zu jenem Dorf Neu-Dreßden genannt. Urkundlich wird D. zuerst 1206, als Stadt 1216 erwähnt; vermutlich also ist es von Markgraf Dietrich von Meißen erbaut als Knotenpunkt für den sich anbahnenden Handelsverkehr zwischen Westen und Osten, der hier seinen Übergang über die Elbe nehmen sollte. Gefördert wurde die Entwickelung der Stadt durch die von Konstantia, der ersten Gemahlin Heinrichs des Erlauchten, mitgebrachte kostbare Reliquie, ein angebliches Stück vom Kreuze Christi, die, in der Kreuzkirche ausgestellt, zahlreiche Wallfahrer herbeizog. Bei der Teilung der wettinischen Länder unter Heinrichs Erben (1288) kam Stadt und Pflege D. an seinen jüngsten Sohn, Friedrich den Kleinen, der 1289 vorübergehend sein Gebiet an den böhmischen König Wenzel, dann an seinen Neffen Friedrich Tutta (gest. 1291) verkaufte Nach Friedrichs des Kleinen Tode (1316) fiel D. und das dazu gehörige Gebiet infolge des Krieges, in den Friedrichs Neffe und Erbe, Friedrich der Freidige, mit Brandenburg verwickelt gewesen war, vorübergehend, bis 1319, an den Markgrafen Waldemar von Brandenburg. Unter den folgenden Markgrafen erfreute sich die Stadt fortschreitender Entwickelung, trotz vielfacher innerer und äußerer Anfechtungen und Unfälle, wie Pest und Krieg und 1429 der Einäscherung eines großen Teiles durch die Hussiten. Bei der Teilung Sachsens von 1485 fiel D. an die albertinische Linie und blieb seitdem ununterbrochen deren Residenz. Am 15. und 16. Juni 1491 wurde der größte Teil der Stadt ein Raub der Flammen. Durch Alberts Sohn, Herzog Georg den Bärtigen, wurden 1520–1528 die Befestigungen verstärkt und 1534–37 das Georgenschloß erbaut. Sein Nachfolger, Heinrich der Fromme, führte 1539 hier die Reformation ein. Herzog, dann Kurfürst Moritz, Sohn und Nachfolger Heinrichs, gab den Festungswerken der Altstadt eine andre Gestalt, legte die Moritzstraße an und sorgte für eine zweckmäßige Verwaltung der Stadt. Sein Bruder und Nachfolger August ließ die Annenkirche, das Zeughaus, den Jägerhof und andre öffentliche Gebäude erbauen und wurde der Gründer der Bibliothek und der meisten wissenschaftlichen und Kunstsammlungen. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde auch die Stadt am rechten Ufer befestigt.

Die glänzendste Periode der Stadt begann mit der Regierung Friedrich Augusts I. (Augusts II. des Starken, 1694–1733). Das 1685 abgebrannte Altdresden wurde nach einem großartigen Plan wieder aufgebaut und von da an Neustadt-D. genannt. Es entstanden die Ritterakademie, die Kaserne, das Japanische Palais, die Zwingergebäude, die Neustädter Kirche, die jetzige Frauenkirche und andre hervorragende Bauwerke; auch die Kunstsammlungen sowie die Bibliothek erhielten die wertvollsten Bereicherungen. Friedrich August II. (III., 1733–63) vollendete mehrere vom Vater angefangene Gebäude und ließ 1739–54 die prächtige katholische Hofkirche erbauen. Nachdem die Preußen im zweiten Schlesischen Kriege nach der Schlacht von Kesselsdorf D. eingenommen hatten, kam hier 25. – Dez. 1745 der Friede von D. zwischen Preußen, Österreich und Sachsen zu stande. Der Siebenjährige Krieg brach Dresdens Blüte auf längere Zeit; Friedrich II. rückte 9. Sept. 1756 in D. ein. Nach der Schlacht bei Kunersdorf übergab der preußische Gouverneur, General Graf von Schmettau, 4. Sept. 1759 die Stadt voreilig durch Kapitulation an die Reichstruppen. Die härtesten Leiden trafen die Stadt bei der erfolglosen Belagerung und dem Bombardement durch Friedrich d. Gr. (im Juli 1760). Unter der vormundschaftlichen Regierung des Prinzen Xaver (1763–68) wurde die Stadt nicht nur wiederhergestellt, sondern auch bedeutend erweitert und 1764 die Akademie der Künste gegründet, und Friedrich August III. (1768–1827, als König von Sachsen Friedrich August I. der Gerechte) vollendete, was der Vormund begonnen. Nach der Schlacht bei Jena (1806) wurde D. von den Franzosen, während des Krieges mit Österreich (1809) von den Österreichern besetzt. Vor Eröffnung des russischen Feldzugs von 1812 veranstaltete Napoleon 16.–28. Mai in D. eine glänzende Fürstenzusammenkunft, zu der auch der Kaiser von Österreich und der König von Preußen erschienen.

Im J. 1813 war die Stadt ein Hauptstützpunkt der Elbestellung Napoleons, der die ganze Gegend bis Pirna, den Lilienstein, den Königstein und Stolpen in ein großes verschanztes Lager verwandelt hatte. Am 13. März rückte Marschall Davout mit 12,000 Mann von Meißen nach D. vor und ließ bei Annäherung der Verbündeten 19. März einen Pfeiler und zwei Bogen der Elbbrücke sprengen, worauf er abzog und die Russen 22. März D. besetzten. Nach der Schlacht bei Großgörschen wurde die Stadt von den Russen geräumt, und 12. Mai kehrte der König nach D. zurück. Die Franzosen befestigten nun die Neustadt, und als im August nach der Kriegserklärung Österreichs an Frankreich der Krieg von neuem ausbrach, blieb D. der Mittelpunkt der Bewegungen der französischen Armee und war 26. und 27. Aug. das Ziel einer großen, freilich planlosen Demonstration der böhmischen Armee (Schlacht bei D.). Diese rückte, 70,000 Mann stark, von Böhmen gegen D. vor. Da aber der Hauptangriff auf die nur mit 30,000 Mann besetzte Stadt nicht am 25., sondern am 26. erfolgte, so hatte Napoleon Zeit, von seinem Zug nach Schlesien gegen Blücher noch rechtzeitig am 26. vormittags zurückzukehren, wodurch das bei D. versammelte Heer auf 70,000, am folgenden Tage sogar auf 120,000 Mann stieg, während sich auch die Macht der Verbündeten auf 150,000 Mann erhöhte. Nach langer Unschlüssigkeit schritten diese 26. Aug. nachmittags 4 Uhr endlich zum Angriff; auf dem rechten Flügel griffen die Russen unter Wittgenstein den Windmühlenberg an, wurden aber bis nach Striesen zurückgetrieben. Die Preußen eroberten den »Großen Garten«, doch ihre Angriffe auf die Schanzen am Pirnaer und Dohnaer Schlage scheiterten, und sie mußten bis nach Strehlen zurückgehen. Nicht besser erging es im Zentrum den Österreichern, welche die Schanzen am Falkenschlag und vor dem Hospitalgarten erstürmten, aber trotz heftiger Gegenwehr am Abende den Franzosen überlassen mußten. Auch auf dem linken Flügel jenseit der Weißeritz wurden die Angriffe der Österreicher auf die Friedrichstadt abgeschlagen. Als Napoleon am Morgen des 27. den Feind wider Erwarten noch vor sich sah, erneuerte er ohne Verzug den Angriff. Die Hauptmacht der Verbündeten im Zentrum hielt er durch eine heftige Kanonade, bei der Moreau tödlich verwundet wurde, auf den Höhen von Zschärtuitz und Räcknitz untätig fest, während er ihre beiden Flügel mit Übermacht umklammerte. Als auf dem linken die österreichische Division Mezko jenseit des Plauenschen Grundes von Murat umgangen und bei Pennrich gefangen, auf dem rechten Wittgenstein durch Mortier auf die Höhe zurückgeworfen worden und dadurch die Teplitzer Straße verloren gegangen war, traten die Verbündeten in der Nacht zum 28. den Rückzug über das Gebirge an. Sie hatten 15,000 Mann an Toten und Verwundeten und 23,000 Gefangene verloren; aber auch die Franzosen zählten an Verwundeten allein mehr als 10,000 Mann.

Die Stadt wurde nach der Schlacht bei Leipzig durch den österreichischen General Klenau blockiert und die Besatzung zur Kapitulation gegen freien Abzug genötigt. Doch Fürst Schwarzenberg willigte darein nicht, und Saint-Cyr mußte sich unterwegs mit 35,000 Mann kriegsgefangen geben. Nom 17 Nov. an war D. Sitz der russischen Landesverwaltung unter dem Fürsten Repnin, bis es 8. Nov. 1814 dem preußischen Gouverneur v. d. Reck übergeben wurde. Nach dem Frieden und unter der Pflege des am 7. Juni 1815 in sein Land zurückgekehrten Königs Friedrich August gewann D. allmählich ein immer freundlicheres Aussehen, besonders infolge der Abtragung der Festungswerke, die 1810 begannen, 1811 energisch betrieben und 1817 wieder in Angriff genommen ward. Unter der Regierung König Antons des Gütigen (1827–36) wurde die Gasbeleuchtung eingeführt, die Stadtpost errichtet, die Kavalleriekasernen in der Neustadt, die Hauptwache, das neue Posthaus in der Altstadt und die Weißeritzbrücke in der Friedrichstadt erbaut, ferner 1828 die technische Bildungsanstalt (Technische Hochschule, s. oben, S. 197) errichtet. Die Erweiterung der Stadt auf der Neustädter Seite ward 1835 zu einem vierten Stadtteil unter dem Namen Antonstadt vereinigt. Der am 9. Sept. 1830 ausgebrochene Aufstand hatte für die Stadt insbes. die Umgestaltung der Polizei und die Einführung der Städteordnung zur Folge. Auch unter der Regierung des Königs Friedrich August II. (1836–54) ward D. erweitert und verschönert, namentlich durch das neue Theater, das am 21. Sept. 1869 ein Raub der Flammen wurde, durch das königliche Orangeriegebäude und das Belvedere auf der Brühlschen Terrasse. Auch wurde 1835–39 die Leipzig-Dresdener Eisenbahn von einer Aktiengesellschaft gebaut. Über den am 3. Mai 1849 hier ausgebrochenen Aufstand und Barrikadenkampf, der endlich am 9. von sächsischen und preußischen Truppen unterdrückt wurde, s. Sachsen (Geschichte). Vom 23. Dez. 1850 bis 15. Mai 1851 fanden hier Ministerkonferenzen der deutschen Staaten statt. Unter der Regierung des Königs Johann (1854–73), mehr noch unter seinem Nachfolger Albert (1873–1902) hat D. hinsichtlich seiner innern und äußern Entwickelung und Verschönerung einen bedeutenden Aufschwung genommen. Die Eingriffe des Jahres 1866, wo D. durch Preußen als strategischer Punkt vorübergehend mit einem starken Schanzengürtel umgeben wurde, haben dieses Aufblühen nicht zu hemmen vermocht. Das Innere der Stadt ist durch zahlreiche Neubauten und Durchbrüche verschönert, neue Stadtteile (die Johannstadt im SO. und die Albertstadt im NO.) sind angelegt und seit 1892 viele Vororte einverleibt worden (s. oben, S. 195).

Vgl. Klemm, Chronik der Stadt D. (Dresd. 1833 bis 1837, 2 Bde.); Lindau, Geschichte der Haupt- und Residenzstadt D. (2. Aufl., das. 1884–85, 2 Bde.); O. Richter, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt D. (das. 1885–91, 3 Bde.); Derselbe, Geschichte der Stadt D. (das. 1901, Bd. 1) und »Dresdener Geschichtsblätter«, herausgegeben vom Verein für Geschichte Dresdens (1892 ff.); After, Schilderung der Kriegsereignisse in und vor D. (das. 1844); v. Waldersee, Der Kampf in D. im Mai 1849 (Berl. 1849); v. Montbé, Der Maiaufstand in D. (Dresd. 1850); Thüme und Gebauer, Heimatskunde von D. (das. 1876, mit Atlas); Fürstenau, Geschichte der Musik und des Theaters am Hof zu D. (das. 1861–62, 2 Bde.); Prölß, Geschichte des Hoftheaters in D. (das. 1877); »Die Bauten, technischen und industriellen Anlagen von D.«, herausgegeben vom Ingenieur- und Architektenverein (das. 1878); »Die Kunstdenkmäler Dresdens«, bearbeitet von C. Gurlitt (das. 1900–1903,3 Teile); Schumann, Führer durch die Architektur Dresdens (das. 1900); »Führer durch die königlichen Sammlungen zu D.« (amtlich, 7. Aufl., das. 1903); »Statistisches Jahrbuch für die Stadt D.«; »Führer durch das Verwaltungsgebiet der Stadt D.« und O. Richter, Geschichte der Stadt D. 1871–1902 (beide Werke hrsg. vom Rat zu D. zur Städteausstellung 1903); Lokalführer durch D. und Umgebung von Gottschalck, Meinhold, Gampe u.a.

Die Kreishauptmannschaft Dresden, die den Kern des Sandsteingebirges der Sächsischen Schweiz nebst dem erzreichsten Teil des Erzgebirges umfaßt (s. Karte »Sachsen«), zählt auf 4336,86 qkm (78,77 QM.) 1900: 1,216,489 Einw. (280 auf 1 qkm), davon 1,132,876 Evangelisch-Lutherische, 74,744 Katholiken und 3507 Juden, und zerfällt außer der Stadt D. in die sieben Amtshauptmannschaften:

Tabelle

http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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