- Kühne
Kühne, 1) Ferdinand Gustav, Schriftsteller, geb. 27. Dez. 1806 in Magdeburg, gest. 22. April 1888 in Dresden, widmete sich in Berlin dem Studium der Philosophie, hauptsächlich angeregt von Hegel und Schleiermacher, war eine Zeitlang Mitarbeiter der »Preußischen Staatszeitung« und redigierte 1835–1842 in Leipzig die »Zeitung für die elegante Welt«. Der Richtung des Jungen Deutschland folgend, doch von ihren Extremen sich freihaltend, veröffentlichte er außer »Gedichten« (Leipz. 1831) eine Reihe novellistischer Arbeiten, wie: »Novellen« (Berl. 1831), »Die beiden Magdalenen« (Leipz. 1833), »Eine Quarantäne im Irrenhaus, aus den Papieren eines Mondsteiners« (das. 1835), »Klosternovellen« (das. 1838, 2 Bde.), »Die Rebellen von Irland« (das. 1840, 3 Bde.), und später seinen gehaltvollsten Roman: »Die Freimaurer« (Frankf. 1854). Höher als diese Dichtungen stehen seine kritischen Schriften, wie: »Weibliche und männliche Charaktere« (Leipz. 1838, 2 Bde.), »Sospiri, Blätter aus Venedig« (Braunschw. 1841), »Porträts und Silhouetten« (Hannov. 1843, 2 Bde.), »Mein Karneval in Berlin« (Braunschw. 1843) und besonders »Deutsche Männer und Frauen« (Leipz. 1851). Seine Dramen: »Isaura von Kastilien«, »Kaiser Friedrich III.« und »Die Verschwörung von Dublin« machten nur geringes Glück; mehr Beifall fand seine Fortsetzung des Schillerschen »Demetrius«. Seit 1846 gab K. in Leipzig die von A. Lewald erworbene Zeitschrift »Europa, Chronik der gebildeten Welt« heraus, siedelte aber 1856 nach Dresden über. Er veröffentlichte seitdem: »Mein Tagebuch in bewegter Zeit« (Leipz. 1863); »Christus auf der Wanderschaft« (das. 1870), eine poetische Satire gegen das Papsttum; die sehr beifällig aufgenommenen »Römischen Sonette« (das. 1869); »Wittenberg und Rom, Klosternovellen aus Luthers Zeit« (Berl. 1876, 3 Bde.) und »Romanzen, Legenden und Fabeln. Neue Gedichte« (Dresd. 1880). Seine »Gesammelten Schriften« erschienen Leipzig 1862–67 in 12 Bänden (Bd. 1 enthält die gesammelten Gedichte). Nach seinem Tod erschien: »Empfundenes und Gedachtes. Lose Blätter aus G. Kühnes Schriften« (hrsg. von Edg. Pierson, Dresd. 1890). K. verfügt über eine durchsichtige äußere Form, ermangelt aber bei überwiegender Reflexion der sichern Gestaltungsgabe. Sein Bildnis s. die Porträttafel bei Artikel »Junges Deutschland«. Vgl. Pierson, Gustav K., sein Lebensbild und Briefwechsel (Dresd. 1890).
2) Moritz, Militärschriftsteller, geb. 26. Jan. 1835, gest. 12. März 1900, wurde 1853 Offizier im 32. Infanterieregiment, war bis 1866 Lehrer an der Kriegsschule in Erfurt, fand 1866 und 1870/71 als Generalstabsoffizier in hohen Stäben Verwendung, wurde 1871 als Major Direktor der Kriegsschule in Engers, 1877 Abteilungschef im Kriegsministerium, Kommandeur des Infanterieregiments Nr. 56, später der 44. Infanteriebrigade, Departementsdirektor im Kriegsministerium, Kommandeur der 31. Division in Straßburg und wurde 1891 als General der Infanterie zur Disposition gestellt. Er schrieb: »Die Schlagfähigkeit unsrer neuen Armeekorps im April 1867« (Kassel 1867); »Dsr Krieg im Hochgebirge und die Divisionsübungen in Tirol im September 1875« (Berl. 1876); »Kritische und unkritische Wanderungen über die Gefechtsfelder der preußischen Armeen in Böhmen 1866« (3. Aufl., das. 1896, 5 Hefte). Letzteres Werk ist als Lehrbuch für den taktischen Unterricht am Stabsoffizierkurs der Infanterie in Österreich eingeführt worden.
3) Wilhelm, Physiolog, geb. 28. März 1837 in Hamburg, gest. 10. Juni 1900 in Heidelberg, studierte in Göttingen, Jena, Berlin, Paris und Wien, wurde 1861 Assistent im Pathologischen Institut in Berlin, 1868 Professor in Amsterdam, 1871 Professor und Direktor des Physiologischen Instituts in Heidelberg. Er lieferte zahlreiche und vielfältige Untersuchungen zur allgemeinen Physiologie der Muskeln und Nerven, über Ernährung und Stoffwechsel, über Eiweißverdauung, Albumosen und Peptone, zur Chemie der Geschwülste, über Amyloid etc., auch entdeckte er den Sehpurpur. Er schrieb: »Myologische Untersuchungen« (Leipz. 1860); »Über die peripherischen Endorgane der motorischen Nerven« (das. 1862); »Untersuchungen über das Protoplasma und die Kontraktilität« (das. 1864); »Lehrbuch der physiologischen Chemie« (das. 1866–68); mit Fick und Hering bearbeitete erfür Hermanns »Handbuch der Physiologie« die Physiologie des Gesichtssinnes (1879), auch gab er »Untersuchungen aus dem Physiologischen Institut zu Heidelberg« (Heidelb. 1877–82, 4 Bde.) und mit Von seit 1883 die neue Folge der »Zeitschrift für Biologie« heraus.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.