Tours

Tours

Tours (spr. tūr), Hauptstadt des franz. Depart. Indre-et-Loire und ehemals der Provinz Touraine, 55 m ü. M., in fruchtbarer Ebene am linken Ufer der Loire, über die eine 434 m lange steinerne Brücke (1777) nebst zwei Hängebrücken nach dem jenseits gelegenen Vorort St.-Symphorien führt, nahe dem rechten Ufer des Cher, den hier ein 2,4 km langer Kanal mit der Loire verbindet, wichtiger Knotenpunkt der Orléansbahn und der Staatsbahnlinie T.-Les Sables d'Olonne, hat eine schöne Hauptstraße (Rue Nationale), Boulevards (an Stelle der alten Festungswerke) und Kais am Loireufer; die Hauptstraßen werden von Tramways befahren. Die hervorragendsten Gebäude sind: die gotische Kathedrale St.-Gatien (1170–1547), mit großem Portal, zwei 69 und 70 m hohen Türmen, schönen Glasmalereien und dem Grabmal der Kinder Karls VIII. (1506), die Kirche St.-Julien (1225–59), die Reste der Abtei St.-Martin (zwei Türme aus dem 12.–13. Jahrh.), der erzbischöfliche Palast (1658), das Justizgebäude (1840), das Rathaus (1895–97), das Theater und mehrere altertümliche Häuser. Am Platze vor der Brücke stehen die Denkmäler von Descartes und Rabelais, gegenüber dem Rathaus ein Bronzestandbild Balzacs. Die Stadt zählte 1906: 67,601 Einw. Die Industrie ist durch Fabrikation von Eisenguß- und Stahlwaren, Maschinen, Kesseln, Telephonen, Tonwaren, Posamentierwaren, Möbelstoffen, Reiseartikeln, Schokolade etc. sowie durch Anstalten für Glasmalerei und Buchdruckerei vertreten. Auch wird lebhafter Handel mit Wein, Pflaumen etc. betrieben. T. hat ein Lyzeum, eine Vorbereitungsschule für Medizin und Pharmazie, ein Seminar, eine Kunst- und eine Musikschule, eine Lehrerinnenbildungsanstalt, ein Mädchenlyzeum, ein geistliches Collège, eine Bibliothek (50,000 Bände), ein Museum für Gemälde, Skulpturen, Antiquitäten und Naturalien, einen Botanischen Garten, ein Spital, eine Irrenanstalt und mehrere gelehrte Gesellschaften. Es ist der Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs, eines Assisenhofs, eines Handelsgerichts, einer Handelskammer, einer Ackerbaukammer, einer Filiale der Bank von Frankreich sowie des 9. Armeekorpskommandos. – T. hieß zur Römerzeit Caesarodunum, später Turones und war die Hauptstadt der Turones, kam dann unter westgotische und nachher unter fränkische Herrschaft und stand bis in das 11. Jahrh. unter eignen Grafen. 732 siegte Karl Martell in der Nähe von T. über die Araber. 853 wurde die Stadt von den Normannen verbrannt. Karl VII. und Ludwig XI. residierten gern in der Umgegend, letzterer im Schloß Plessis-lez-T. König Heinrich III. verlegte 1583 das Parlament hierher, wodurch die Stadt außerordentlich wuchs. Auch wurden hier die französischen Generalstaaten mehrmals zusammenberufen sowie mehrere Konzile abgehalten. 1870 war T. vom 11. Sept. bis 10. Dez. Sitz der Delegation der Regierung der Nationalverteidigung. Am 19. Jan. 1871 ward es von dem Generalleutnant v. Hartmann besetzt. Vgl. Giraudet, Histoire de la ville de T. (Tours 1874, 2 Bde.); Grandmaison, T. archéologique (das. 1879); Chevalier, T. capitale 1870–1871 (das. 1896); Suzanne, T. pittoresque (das. 1899); Vitry, T. et les chateaux de Touraine (Par. 1905).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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