Alexander [1]

Alexander [1]

Alexander (griech. Alexandros, »der Männerbeschützende«), Name zahlreicher Fürsten. Hier sind behandelt: 1–3 Herrscher des Altertums, 4–11 Päpste, 12–24 Fürsten der neuern Zeit.

Herrscher des Altertums.

1) A. der Große, König von Makedonien (hierzu die Karte »Reich Alexanders d. Gr.«), der größte Eroberer aller Zeiten, Sohn des Königs Philipp und der Olympias, einer Tochter des Äakiden Neoptolemos von Epeiros, war um die Zeit der Herbstnachtgleiche 356 v. Chr. geboren; er starb 323. Sein erster Erzieher war Leonidas, ein Verwandter der Königin und ein Mann von strengen Sitten, dann von seinem 13. Jahr ab der berühmte Philosoph Aristoteles. Diesem gebührt der Ruhm, in dem leidenschaftlichen Knaben den Gedanken der Größe, jene Hoheit und Strenge des Denkens geweckt zu haben, die seine Leidenschaften adelte und seiner Kraft Maß und Bewußtsein gab. Sein Vorbild war Achilleus. Wie dieser den Patroklos, so liebte er seinen Jugendfreund Hephästion. Voll Tatendurst klagte er bei den Siegen seines Vaters, daß diese ihm nichts zu tun übriglassen würden. In ritterlichen Übungen übertraf er alle. Die erste Waffenprobe legte A. durch die Unterwerfung der abgefallenen Mäder (einer thrakischen Völkerschaft) ab; die Schlacht bei Chäroneia (338) wurde durch seine persönliche Tapferkeit gewonnen. Philipp war stolz auf seinen Sohn und erkannte in ihm den Vollender seiner kühnsten Pläne und stolzesten Hoffnungen. Später jedoch störten die Verstoßung von Alexanders Mutter Olympias, Philipps Heirat mit einer zweiten Gemahlin, Kleopatra, und die Zurücksetzungen und Kränkungen, die A. selbst erfuhr, das gute Einvernehmen zwischen Vater und Sohn.

Nach der Ermordung Philipps bestieg A. im Herbst 336 den Thron von Makedonien unter schwierigen Verhältnissen, Attalos, der Oheim der Königin Kleopatra, suchte die Krone dem neugebornen Sohne der Kleopatra zu übertragen, um selbst die Herrschaft in seine Hand zu bekommen. Die Griechen bereiteten eine Erhebung vor. Mit Energie und Umsicht überwältigte A. alle Gefahren. Attalos, Kleopatra und ihr Kind wurden getötet. A. selbst eilte nach Thessalien, durchzog die Thermopylen und rückte in Theben ein. Die Athener schickten Gesandte entgegen. A. verzieh ihnen und allen Hellenen; doch mußten sie Gesandte nach Korinth schicken, wo in einer allgemeinen Versammlung der Krieg gegen Persien beschlossen und A. als Oberbefehlshaber der Hellenen anerkannt wurde. Nur die Spartaner verweigerten den Beitritt. Darauf wandte sich A. gegen die barbarischen Nachbarn im Norden, um dort während seiner Abwesenheit die Grenze zu sichern; er überschritt im Frühling 335 den Hämos (Balkan), drang in das Land der Triballer bis an die Donau und über diese in das der Geten ein und zwang sowohl die Triballer zum Frieden als auch die unruhigen Illyrier und die mit ihnen verbündeten Taulantiner. Das Gerücht, A. sei im Kampfe gegen die Illyrier gefallen, veranlaßte einen neuen Aufstand in Griechenland, namentlich in Theben und Athen. Aber plötzlich stand A. mit 20,000 Mann Fußvolk und 3000 Reitern vor Theben, das nach der Ablehnung des friedlichen Anerbietens Alexanders im Sturm erobert und dem Erdboden gleichgemacht wurde; nur Pindars Haus und Nachkommen wurden verschont. Den übrigen griechischen Staaten ward Amnestie zu teil.

Nachdem Antipatros mit einem Heer von 13,500 Mann zum Reichsverweser in Makedonien bestellt worden war, brach A., als Oberhaupt des hellenischen Bundes, mit dem Beginn des Frühlings 334 zum Zuge gegen Persien auf, um für die Zerstörung der griechischen Heiligtümer Rache zu nehmen. Ein Heer von 30,000 Mann Fußvolk und 5000 Reitern (darunter nur 7000 Mann zu Fuß und 2100 Reiter von den hellenischen Bundesgenossen) schien ihm zu genügen, nachdem der Zug der 10,000 die Schwäche des großen Reiches offenbart hatte. Bei Sestos setzte das Heer nach Asien über, er selbst bei Eläos, um die Stätte von Troja zu besuchen und dort zu opfern. Am Granikos traf A. auf ein von persischen Satrapen zusammengebrachtes persisches Heer von 40,000 Mann, zur Hälfte Reiterei, und besiegte es nach einem erbitterten Kampf, in dem er nur durch seinen Freund Kleitos gerettet wurde. Dieser Erfolg entschied nicht nur über das Schicksal des feindlichen Fußvolkes, griechischer Söldner, die niedergehauen wurden, sondern auch ganz Kleinasiens. Die Oligarchien und Tyrannenherrschaften, auf die sich in den griechischen Städten die persische Herrschaft stützte, wurden ohne Schwierigkeit gestürzt und in Demokratien verwandelt, die 400 Schiffe starke persische Flotte durch Verschließung aller asiatischen Landungsplätze genötigt, sich nach Samos zurückzuziehen. Die Seele des Widerstandes war der von dem Perserkönig in Sold genommene Grieche Memnon, der sich aber bei der Verteidigung von Halikarnassos von der Vergeblichkeit seiner Unternehmungen auf dem Festland überzeugen mußte, weshalb er selbst die Stadt anzündete und mit der persischen Flotte nach den griechischen Inseln ging; seinen Plan, von da aus einen Zug nach Makedonien zu unternehmen, verhinderte sein Tod. A. marschierte, nachdem er sich in den Besitz der Küste gesetzt hatte, landeinwärts nach Phrygien und hielt in dessen Hauptstadt Gordion Winterrast. Dann unterwarf er Paphlagonien, rückte über den Halys nach Kappadokien gegen die Kilikischen Tore vor und erreichte, da das hier aufgestellte persische Heer abzog, ohne Kampf Tarsos, wo er infolge eines kalten Bades im Kydnos erkrankte, jedoch von seinem Arzt Philippos gerettet wurde.

Inzwischen hatte der Perserkönig 5–600,000 Mann, darunter 100,000 wohlbewaffnete asiatische Fußsoldaten und 30,000 griechische Söldner, aufgeboten und stieß bei Issos auf A. Dieser griff das in dem engen, unebenen Tale des Flusses Pinaros zusammengepreßte persische Heer sofort an (im November 333): er selbst warf sich auf das Zentrum der persischen Schlachtordnung, wo der Großkönig stand, und nach einem hitzigen Handgemenge, in dem die Umgebung des Dareios meist niedergemacht wurde, ergriff dieser die Flucht, in die auch das übrige Heer mit fortgerissen wurde. Das ganze persische Lager mit ungeheuern Schätzen ward Alexanders Beute; selbst Dareios' Mutter Sisygambis, seine Gemahlin Stateira und zwei Töchter wurden gefangen. Unbekümmert um Dareios, dessen Anerbieten, ihm Persien bis zum Euphrat abzutreten, er ablehnte, nunmehr zur Eroberung des ganzen Reiches entschlossen, wandte sich A. gen Süden, um die Küsten zu besetzen und die ihm immer unbequeme persische Flotte vom Festland abzuschneiden. Tyros fiel erst nach siebenmonatigem hartnäckigen Widerstand (im August 332), auf dem Wege nach Ägypten wehrte sich Gaza zwei Monate lang, das Land selbst übergab der Satrap Mazakes ohne Schwertstreich. Die Bevölkerung, der persischen Herrschaft längst überdrüssig, leistete nirgends Widerstand, zumal da A. den heimischen Religionskultus durch Opfer und Gebete ehrte. Von Memphis fuhr er den Nil hinab und legte in der Nähe des westlichen Nilarms bei der Insel Pharos den Grundstein zu seinem größten und dauerndsten Denkmal, zu der Stadt Alexandreia. Als er dann einen Zug nach dem Heiligtum des Ammon in der Libyschen Wüste unternahm, begrüßten ihn die Priester als den Sohn des Gottes, verkündeten ihm, daß er die Welt beherrschen werde, und verliehen damit seinem Plane der Weltherrschaft die göttliche Weihe.

Erst jetzt, im Frühjahr 331, suchte A. wieder den Perserkönig, der ein neues Heer gesammelt und in Assyrien aufgestellt hatte, auf, überschritt ungehindert den Euphrat bei Thapsakos und den Tigris bei Bedzabde und traf im Herbst 331 bei Gaugamela, unweit von Arbela, auf den Feind. Dort kam es 1. Okt. zur Entscheidungsschlacht. Wieder errang A., mit der Phalanx das feindliche Zentrum durchbrechend, den Sieg. Dareios selbst entkam mit 8000 Mann nach Ekbatana. Dem Perserreich war der Todesstoß gegeben. Babylon ergab sich, Susa wurde mit leichter Mühe genommen, nach mühseligen Märschen auch Persepolis und Pasargadä, wo dem siegreichen Heer unermeßliche Beute zufiel. Die alte Königsburg ließ er in Flammen ausgehen zum Zeichen der Sühne der Verheerungen der Perser in Griechenland und des Endes ihres Reiches. Ende April 330 nahm er die Verfolgung des Dareios auf, der auf diese Kunde von Ekbatana nach den kaspischen Toren floh, aber, ehe er sie noch erreichte, von dem baktrischen Satrapen Bessos, der selbst nach der Krone strebte, ermordet wurde (im Juli 330). A. fand nur noch seine Leiche.

Nach dem Tode des Dareios sahen die Völker Persiens in A. ihren legitimen Herrn, und die meisten persischen Großen schlossen sich ihm an. Um so mehr glaubte sich A. verpflichtet, des Dareios Tod an seinen Mördern zu rächen, die den Widerstand in den nordöstlichen Provinzen fortsetzten. Er durchzog und unterwarf die Landschaften Hyrkania, Areia, Drangiana, Gedrosien, Arachosien, erreichte Baktrien und bemächtigte sich jenseit des Oxus auch des Bessos, den er hinrichten ließ. Dann schreckte er durch Überschreitung des Jaxartes die dortigen nomadischen Völkerstämme, warf den Aufstand des Spitamenes in Sogdiana nieder und beschäftigte sich bis in den Anfang des Jahres 327 hinein mit der Ordnung der eroberten Länder und seiner durch die Besiegung des persischen Königs neu gewordenen Stellung. Seine Aufgabe gegen Hellas für gelöst haltend, schickte er die griechischen Bundestruppen von Ekbatana nach Hause; namentlich aber glaubte er, nunmehr den Orient und Okzident gleich behandeln zu müssen, umgab sich mit persischem Prunk und vermählte sich selbst mit der Tochter des Baktriers Oxyartes Roxane. Diese Politik erregte aber bittere Unzufriedenheit unter seinen Makedoniern, die bei dem Prozeß des Philotas, des Sohnes des Parmenion, seines erprobten Feldherrn, schon im J. 330, dann bei dem des Kallisthenes (327) zum Ausbruch kam; beide ließ er hinrichten, den Parmenion durch Meuchelmord beseitigen.

Der Wunsch, das mit den Neuerungen unzufriedene Heer durch neue Erfolge an sich zu fesseln, durch das Wunderland Indien bis an das östliche Meer vorzudringen und den in ihm durch seine Großtaten wachgerufenen Gedanken der Gründung einer Weltmonarchie der Verwirklichung näher zu führen, trieb A. zu der Unterwerfung Indiens fort. Gegen Ende 327 brach er mit 120,000 Mann von Baktrien über Alexandreia am Paropamisos nach dem nordwestlichen Indien (Pandschab) auf und erreichte nach vielen heftigen Kämpfen den Indus im Frühjahr 326. Streitigkeiten zwischen den beiden Königen jenseit des Stromes erleichterten ihm den Weitermarsch; Taxilas übergab sich ihm sofort, Poros, der Beherrscher des Gebietes zwischen dem Hydaspes und Akesines, wurde durch eine große Schlacht im Mai 326 besiegt und durch die Milde Alexanders für ihn gewonnen. So kam A. bis zum Hyphasis. Dort aber weigerten sich die erschöpften Truppen, nach dem Gangesgebiet zu folgen. Alle Bemühungen Alexanders blieben erfolglos; er mußte umkehren (im Herbst 326), suchte sich aber wenigstens noch die Länder bis zum Indusdelta zu unterwerfen, indem er auf einer Flotte den Hydaspes, Akesines und Indus bis zur Mündung hinunterfuhr, rechts und links von dem Landheer begleitet, überall siegreich, wo sich ihm die Völker nicht freiwillig ergaben. Darauf zog er mit dem größten Teil des Heeres in der Nähe der Küste nach Gedrosien und auf einem 60tägigen mühseligen Marsch durch dessen Wüste nach Karmanien, wo Krateros, der mit dem andern Teil eine mehr nördliche Richtung genommen hatte, und Nearchos mit seiner Flotte zu ihm stießen (Ende 325), und kehrte von da nach Susa zurück. Hier war die Anwesenheit des Herrschers, der alles auf seine Person gestellt hatte, dringend notwendig. Den Ausschreitungen seiner Statthalter machte er rasch ein Ende. Schwieriger war es, die angefangene Verschmelzung des Abend- und Morgenlandes zu vollziehen. Er selbst nahm eine zweite (Stateira, Tochter des Dareios) und dritte Asiatin zur Frau und vermählte gegen 80 seiner Großen und über 1000 andre Makedonier mit Perserinnen; als er aber auch dem Heer durch Einreihung von Persern seinen makedonischen Charakter nahm, meuterten die Veteranen; bei Opis kam es zum offenen Aufstand, den A. nur mit Mühe dämpfte (324), und er hielt es für zweckmäßig, 10,000 alte Soldaten in die Heimat zu entlassen und sie durch neue Mannschaft, die ihm Antipatros zuführen sollte, zu ersetzen. Große Erbitterung, namentlich in Griechenland, erregte endlich die Forderung der Vergötterung seiner Person, eine Folgerung seiner Auffassung von der Hoheit der neuen Stellung. Aber er setzte seinen Willen durch und fand noch Zeit, räuberische Völker niederzuwerfen und für Hebung des Handels und Verkehrs durch Straßen, Forschungsreisen, Hafenbauten und Städtegründungen zu sorgen. Insbesondere trug er sich mit dem Plan einer großartigen Kolonisation an der Ostküste des Persischen Golfs und einer Umschiffung Arabiens, um Ägypten zur See mit dem Euphratland zu verbinden. Schon war der Tag der Abreise der Flotte unter Nearchos bestimmt, als der König nach einem dem Nearchos gegebenen Abschiedsmahl an einem Fieber erkrankte, dessen Stärke, da er sich nicht schonte, von Tag zu Tag zunahm. Im Juni 323 ereilte ihn der Tod, im 32. Jahre seines Lebens. Seine einbalsamierte Leiche wurde erst nach zwei Jahren mit unermeßlicher Pracht von Ptolemäos nach Ägypten übergeführt und in Memphis bestattet, später in Alexandreia in einem ihm eigens erbauten Tempel beigesetzt. Da A. keinen regierungsfähigen Nachfolger hinterließ, so entbrannte sofort nach seinem Tod unter seinen ehrgeizigen Feldherren der heftigste Zwist, in dem Alexanders Haus zu Grunde ging und sein Reich zerfiel. Gleichwohl hatten seine großartigen Eroberungen die Folge, daß Vorderasien der griechischen Kultur erschlossen wurde und sich, nach Beseitigung der Schranken, die bis dahin die einzelnen Staaten getrennt hatten, mit der griechischen Welt verschmolz, und daß aus dieser Verschmelzung die Kulturperiode des Hellenismus hervorging.

A. wurde schon bei Lebzeiten durch die bildende Kunst verherrlicht wie kein Held vor ihm. Er selbst soll ein Edikt erlassen haben, daß ihn kein andrer als Apelles malen, kein andrer als Pyrgoteles in Stein schneiden und kein andrer als Lysippos in Erz gießen sollte. Doch spricht die große Verbreitung seiner Bilder in der alten Welt dafür, daß dieses Edikt keine Beachtung fand. Auf uns gekommen sind jedoch nur wenige. Als die seine Züge (auch die Ungleichheit der Halsmuskeln) am treuesten wiedergebenden Büsten gelten die im Louvre (1779 bei Tivoli gefunden), die durch die Inschrift gesichert ist, eine in der Sammlung des Grafen Erbach und eine im Britischen Museum; idealisiert sind eine kapitolinische Büste, zwei Marmorstatuen, eine in Paris, die andre in München, und eine herkulanensische Reiterstatue aus Bronze. An seinen Namen knüpfen sich endlich eine berühmte Marmorbüste in Florenz, der »sterbende A.« (nach einigen ein Gigant), und das größte uns aus dem Altertum erhaltene Mosaik (s. Alexanderschlacht). Fälschlich ist der in Konstantinopel befindliche Sarkophag (s. Tafel »Grabmäler«, Fig. 6) nach A. benannt. Vgl. Müller, Numismatique d'Alexandre le Grand (Kopenh. 1855); v. Lützow, Münchener Antiken (Münch. 1861); Stark, Zwei Alexanderköpfe der Sammlung Erbach u. des Britischen Museums (Leipz. 1879); Koepp, Über das Bildnis Alexanders d. Gr. (Berl. 1892); Ujfalvy, Le type physique d'Alexandre le Grand (Par. 1902). Die berühmtesten Darstellungen aus der neuern Kunst sind ein Fresko des Soddoma (die Hochzeit Alexanders mit Roxane) in der Farnesina zu Rom; die Alexanderschlachten von Lebrun (im Louvre zu Paris), der Alexanderzug, ein Relief Thorwaldsens (s. d. und Tafel »Bildhauerkunst XIV«, Fig. 1) und der Tod Alexanders von K. v. Piloty in der Berliner Nationalgalerie.

Alexanders Leben und Taten sind von mehreren seiner Begleiter, wie Onesikritos, Kallisthenes, Kleitarchos u.a., beschrieben worden. Aus solchen rhetorisch gefärbten und nicht immer zuverlässigen Geschichtswerken haben Diodor, Curtius und Trogus Pompejus (im Auszug bei Justinus) geschöpft, während Arrian und meistens auch Plutarch den von ihnen allein für glaubwürdig erklärten Erzählungen des Lagiden Ptolemäos und des Aristobulos aus Kassandreia sowie des Nearchos gefolgt sind und also unter den Quellen für Alexanders Geschichte die erste Stelle einnehmen. Doch läßt sich aus diesen Werken über A. mit einiger Sicherheit nur das Militärische feststellen, die Organisation des Heeres und die auch durch neuere geographische Forschungen aufgeklärten Feldzüge. Dagegen fehlt es fast ganz an Material über Alexanders Ideen und Ziele, seine politischen Organisationen und Pläne; die Entwickelung seines Charakters und Geistes während seiner Heldenlaufbahn bleibt in völligem Dunkel. Die Fragmente seiner gleichzeitigen Biographen wurden von GeierAlexandri M. historiarum scriptores aetate suppares«, Leipz. 1844) und Dübner (in der Ausgabe Arrians, Par. 1846) gesammelt. Übrigens wurde A. auch frühzeitig der Mittelpunkt einer reichgestalteten Sage, die bereits im spätern Altertum, namentlich aber von den mittelalterlichen Dichtern des Abend- wie des Morgenlandes mit Vorliebe bearbeitet wurde (s. Alexandersage). Vgl. Fränkel, Die Quellen der Alexanderhistoriker (Bresl. 1883); Droysen, Geschichte Alexanders d. Gr. (5. Aufl., Gotha 1898); Joubert, Alexandre le Grand (Par. 1889); Hertzberg, Die asiatischen Feldzüge Alexanders d. Gr. (2. Aufl., Halle 1875); Kaerst, Forschungen zur Geschichte Alexanders d. Gr. (Stuttg. 1887); Jurien de la Gravière, Les campagnes d'Alexandre (Par. 1883–1884, 5 Bde.); Zolling, Alexanders d. Gr. Feldzug in Zentralasien (2. Aufl., Leipz. 1875); Lauth, A. in Ägypten (Münch. 1876); Geiger, Alexanders Feldzüge in Sogdiana (Neust. a. H. 1884); H. Droysen, Untersuchungen über Alexanders d. Gr. Heerwesen und Kriegführung (Freib. i. Br. 1885); Schwarz, Alexanders d. Gr. Feldzüge in Turkistan (Münch. 1893); Yorck v. Wartenburg, Kurze Übersicht der Feldzüge Alexanders d. Gr. (Berl. 1897); Koepp, A. d. Gr. (Bielef. 1899); Wheeler, A. the Great (Lond. 1900).

2) A. Sevērus (»der Strenge«), römischer Kaiser von 222–235 n. Chr., vollständig Marcus Aurelius A. Severus, vor seiner Thronbesteigung Alexianus, 208 in Phönikien geboren, von seiner klugen Mutter Julia Mamäa sorgfältig erzogen, wurde von seinem Vetter, Kaiser Elagabal, um die allgemeine Mißstimmung zu beseitigen, 221 zum Cäsar ernannt und 222, nach Ermordung Elagabals, zum Kaiser ausgerufen. Die Regierung führten anfangs seine Mutter, der berühmte Jurist Ulpianus als prätorischer Präfekt und ein Kronrat von Senatoren. Er selbst hatte den besten Willen und einen edlen, schwärmerischen Charakter, aber es fehlte ihm Energie und Festigkeit, und so hat er weder im Innern noch nach außen hin viel erreicht. Nur die Versuche des neuen Perserkönigs, Artaxerxes, sein Reich nach Westen zu auszudehnen, hat er zurückgewiesen (232–233); als er dann aber am Rhein die Grenze sichern wollte, wurde er 235 in der Nähe von Mainz von den Soldaten, die mit seiner strengen Zucht und der Sparsamkeit der Mutter unzufrieden waren, ermordet. Vgl Porrath, Der Kaiser A. Severus (Halle 1876).

3) Oströmischer Kaiser, folgte seinem ältern Bruder, Leo VI., 912 als Vormund für dessen unmündigen Sohn Konstantin VII., starb aber schon 913.

Päpste.

4) A. I., nach späterer Überlieferung röm. Bischof 105–115, starb als Märtyrer.

5) A. II., Papst 1061–73, vorher Anselm, aus Baggio im Mailändischen, ein eifriger Anhänger der cluniacensischen Reform, lebte eine Zeitlang am Hofe Heinrichs III., wurde 1056 oder 1057 Bischof von Lucca und 1. Okt. 1061 im Gegensatze zu dem deutschen Hofe durch die auf Hildebrands Betreiben erfolgte Wahl der Kardinäle auf den päpstlichen Stuhl erhoben. Die kaiserliche Partei stellte ihm den Bischof Cadalus von Parma als Honorius II. gegenüber. Mit diesem kämpfte A. 1062 um Rom, zog sich dann nach Lucca zurück, wurde aber 1063 durch den von dem deutschen Hofe nach Italien geschickten Bischof Burchard von Halberstadt als rechtmäßiger Papst anerkannt und behauptete, auf dem Konzil zu Mantua 1064 unter Mitwirkung Annos von Köln bestätigt, Rom gegen seinen Widersacher. Seine durchaus unter Hildebrands Einfluß stehende Regierung hat die auf die Reform der Kirche und auf ihre Emanzipation von weltlicher Gewalt abzielenden Bestrebungen mächtig gefördert. Heinrichs IV. Verlangen nach Scheidung von seiner Gemahlin Berta lehnte A. 1069 ab und lud Anfang 1073 den König zur Verantwortung wegen Simonie und andrer Vergehen nach Rom, starb aber 21. April. Vgl. Delarc in der »Revue des questions historiques«, Bd. 43.

6) A. III., Papst 1159–81, vorher als Kardinal Roland von Siena Kanzler Hadrians IV., ein eifriger Vertreter der hierarchischen Ansprüche, trat schon 1157 auf dem Reichstag zu Besançon dem Kaiser Friedrich I. entgegen und wurde daher, als er nach Hadrians Tode 7. Sept. 1159 von der Mehrheit der Kardinäle zum Papst gewählt ward, von Friedrich nicht anerkannt, der sich für den Gegenpapst Viktor IV. erklärte. A., in Pavia 1160 abgesetzt und gebannt, verband sich mit den aufrührerischen Lombarden, floh aber nach dem Fall Mailands 1162 nach Frankreich. Von Frankreich, Sizilien und Spanien anerkannt, kehrte er, da nach Ausstellung eines neuen kaiserlichen Gegenpapstes, Paschalis III., sein Anhang wuchs, 1165 nach Rom zurück. Nach seiner Verbindung mit dem lombardischen Städtebunde, der ihm zu Ehren die neuerbaute Stadt am Tanaro Alessandria benannte, wurde er 1167 in Rom durch den Kaiser angegriffen und mußte nach Benevent fliehen. Doch stellte der Untergang des kaiserlichen Heeres durch die Pest sein Ansehen her, und nach der Schlacht bei Legnano (s. d.) kam in Venedig 1177 der Friede mit A. und ein Waffenstillstand mit den Lombarden zu stande. Friedrich opferte den dritten Gegenpapst Calixtus III., erkannte A. an und wurde vom Bann gelöst. Im März 1178 nach Rom zurückgekehrt, erließ A. im März 1179 auf einem Laterankonzil für alle Zukunft gültige Bestimmungen über das Verfahren bei der Papstwahl. Er starb 30. Aug. 1181. A. gehört zu den hervorragendsten Päpsten des Mittelalters und hat die Idee der Oberherrlichkeit des Papsttums über jede weltliche Macht ihrer Verwirklichung bedeutend näher geführt, auch den König Heinrich II. von England zwang er zur Kirchenbuße für die Ermordung Thomas Beckets. Vgl. Reuter, Geschichte Alexanders III. (Leipz. 1860–64, 3 Bde.); M. Meyer, Die Wahl Alexanders III. (Göttingen 1872); »Rolands, nachmals Papstes Alexanders III., Sentenzen« (hrsg. von Gietl, Freiburg 1891).

7) A. IV., Papst 1254–61, vorher Reginald, Bischof von Ostia und Velletri, ein Neffe Gregors IX., voll hierarchischer Ansprüche, aber seiner Stellung nicht gewachsen. Im Streit mit Manfred von Sizilien gedemütigt, mußte er, selbst von den Bischöfen verlassen, aus Rom fliehen und starb 1261 in Viterbo.

8)A. [V.], Papst 1409–10, vorher Pietro Filargis, geboren in Kandia, war Professor in Paris, wurde Bischof von Vicenza, 1402 Erzbischof von Mailand, 1404 Kardinal und 1409 nach Absetzung Gregors XII. und Benedikts XIII. vom Konzil zu Pisa zum Papst gewählt, fand aber nur bei einem Teil der Christenheit Anerkennung. A. starb, 70 Jahre alt, 3. Mai 1410, nach dem Glauben der Zeitgenossen von seinem Kanzler, nachmaligem Papst Johann XXIII., vergiftet. Vgl. Renieris, Der hellenische Papst A. V. (griech., Athen 1881); Kötzschke, Ruprecht von der Pfalz und das Konzil zu Pisa (Diss., Jena 1889).

9) A. VI., Papst 1492–1503, vorher Kardinal Rodrigo Borgia, geb. 1430 oder 1431 in Jativa bei Valencia, gest. 18. Aug. 1503, studierte anfänglich die Rechte, wurde dann durch seinen Oheim Papst Calixtus 111. 1456 zum Kardinal und 1458 zum Erzbischof von Valencia erhoben. Er führte auch als solcher ein wüstes Leben. Die schöne Vanozza de Cataneis war seine anerkannte Konkubine und gebar ihm drei Söhne und eine Tochter; auch aus andern Verbindungen hat er Kinder gehabt, und noch als Papst ward ihm ein Sohn geboren, den er durch eine Bulle vom Jahre 1501 legitimirte. Nach Innocenz' VIII. Tod erkaufte er die Tiara und ward unter großen Festlichkeiten 26. Aug. 1492 gekrönt. Klug, kräftig, umsichtig und berechnend, war er zugleich maßlos ehrgeizig und habsüchtig, treulos und schamlos, grausam und wollüstig. Sein Ziel war die Erhebung seines Hauses, der Borgia (s. d.), zu einer mächtigen Dynastie; daher war er tief verflochten in die verwickelten politischen Kämpfe, deren Schauplatz damals Italien war. Trotz Alexanders Sittenlosigkeit und Entartung dauerte der politische Einfluß der Kirche unter ihm fort. A. entschied den Streit zwischen Spanien und Portugal über die Teilung der Neuen Welt (vgl. Demarkationslinie). Unter seiner Regierung wurde die Bücherzensur verschärft und Savonarola 1498 als Ketzer verbrannt. Sein Tod wurde nicht durch Gift, wie man geglaubt hat, sondern durch das römische Fieber herbeigeführt. Vgl. Gregorovius, Lucrezia Borgia (3. Aufl., Stuttg. 1875); Leonetti, Papa Alexandro VI (Bologna 1880, 3 Bde.); Clément, Les Borgia (Par. 1882); Höfler, Don Rodrigo de Borja und seine Söhne (Wien 1888); Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 3 (Freib. 1895). Die Rettungsversuche von Ollivier (Par. 1870), Kayser (Regensb. 1878) und Nemec (Klagenf. 1879) sind ohne jeden wissenschaftlichen Wert.

10) A. VII., Papst 1655–67, vorher Kardinal Fabio Chigi und während der Friedensunterhandlungen zu Münster und Osnabrück Nunzius in Deutschland, wurde durch Frankreichs Einfluß 7. April 1655 gewählt. 1661 bestätigte er die von seinem Vorgänger Innocenz X. ausgesprochene Verdammung von fünf jansenistischen Lehrsätzen. Später geriet A. mit Ludwig XIV. in Streit: weil er sich weigerte, für eine durch seine korsische Leibwache dem französischen Gesandten in Rom, Herzog von Créqui, 20. Aug. 1662 zugefügte Beleidigung Genugtuung zu geben, besetzte Ludwig Avignon und Venaissin und drohte, in Italien selbst einzufallen. A. versprach in dem schimpflichen Vertrag zu Pisa (1664), die Leibwache aufzulösen und ein Denkmal mit einer Inschrift über den Vorfall zu errichten, und sandte seinen Neffen Sigismondo Chigi im Juli 1664 nach Fontainebleau. Er starb 22. Mai 1667. Unter ihm wurde Rom vielfach, so namentlich durch die Kolonnade vor der Peterskirche, verschönert; A. war selbst Dichter und Freund der Künste und Wissenschaften. Eine Sammlung seiner Gedichte erschien Paris 1656. Vgl. Sforza Pallavicino, Vita di Alessandro VII (Prato 1839).

11) A. VIII., Papst 1689–91, vorher Pietro Ottoboni, Bischof von Torcello und Brescia, geb. 1610 in Venedig, gest. 1. Febr. 1691, erhielt von Ludwig XIV. Avignon und Venaissin zurück. Gegen die vier Artikel von 1682, welche die gallikanischen Kirchenfreiheiten feststellten, setzte er den Kampf seines Vorgängers Innocenz XI. fort. Durch Ankauf der Bücherei der Königin Christine von Schweden bereicherte er die Bibliothek des Vatikans mit kostbaren Handschriften.

Fürsten der neuern Zeit.

[Anhalt.] 12) A. Karl, letzter Herzog von Anhalt-Bernburg, Sohn des Herzogs Alexius Friedrich Christian aus dessen Ehe mit Friederike von Hessen-Kassel, geb. 2. März 1805, gest. 19. Aug. 1863. Seit 1834 Nachfolger seines Vaters, vermählte er sich 30. Okt. d. J. mit der Prinzessin Friederike von Holstein-Glücksburg (geb. 1811, gest. 10. Juli 1902), der er 1855 unter dem Titel einer Mitregentin die Regierung des Landes übertrug, das 1863 an den Herzog von Anhalt-Dessau fiel.

[Bulgarien.] 13) A. I., Fürst von Bulgarien, s. Hartenau, Graf von.

[Hessen.] 14) A. Ludwig Georg Friedrich Emil, Prinz von Hessen und bei Rhein, dritter Sohn des Großherzogs Ludwig II. von Hessen-Darmstadt, geb. 15. Juli 1823 in Darmstadt, gest. 15. Dez. 1888, stand 1840–51 in russischen Diensten und zeichnete sich in den kaukasischen Kämpfen aus, zuletzt als Kommandeur der gesamten Artillerie. Seit 1852 als Brigadegeneral im österreichischen Heere, tat er sich 1859 bei Montebello und Solferino hervor. Seit 1863 lebte er meist in Darmstadt oder Heiligenberg (Jugenheim), seiner Besitzung im Odenwald, wo er sich vornehmlich mit der Ordnung seines großen Münzkabinetts beschäftigte, das er selbst beschrieb (Darmst. 1854–56, 3 Bde.). Im J. 1866 führte er das aus den württembergischen, bayrischen, hessen-darmstädtischen und nassauischen Truppen und aus 12,000 Österreichern zusammengesetzte 8. Bundesarmeekorps, konnte sich aber erst nach den unglücklichen Gefechten von Laufach und Aschaffenburg und dem Verlust der Mainlinie mit den Bayern vereinigen. Nach den Niederlagen bei Tauberbischofsheim, Werbach und Gerchsheim (23.–25. Juli) löste sich das Korps auf. Vgl. die von ihm veröffentlichte Rechtfertigungsschrift: »Feldzugsjournal des Oberbefehlshabers des 8. deutschen Bundesarmeekorps« (2. Aufl., Darmst. 1867). Seit 28. Okt. 1851 war A. morganatisch mit Julie (geb. 12. Nov. 1825, gest. 19. Sept. 1895), der Tochter des ehemaligen polnischen Kriegsministers Grafen Moritz von Hauke, vermählt, welche der Großherzog zur Prinzessin von Battenberg erhob. Die Kinder aus dieser Ehe führen den Namen Prinzen und Prinzessinnen von Battenberg (s. d.).

[Rumänien.] 15) A. Johann I., Fürst von Rumänien, geb. 20. März 1820 in Husch aus der Bojarenfamilie Cusa (Kuza), gest. 15. Mai 1873 in Heidelberg, wurde in Paris erzogen, studierte in Pavia und Bologna, wurde Statthalter von Galatz und Abteilungsdirektor im Ministerium des Innern und verschwägerte sich mit den einflußreichen Sturdzas durch die Ehe mit einer Tochter des Bojaren Rosetti. 1848 ward er als Glied der patriotischen Partei nach dem Einmarsch der Russen verhaftet, entkam aber nach Wien. Nach dem Abmarsch der Russen nahm er im heimischen Heer Dienste: anfangs Adjutant des Fürsten Vogorides, stieg er später zum Obersten auf. Bei den Verfassungskämpfen war er Wortführer der Unionspartei. 1857 Mitglied des Diwans, wurde er im Oktober 1858 dem General Georg Ghika als zweiter Hetman beigegeben und versah nach Vogorides' Abgang die Stelle eines Kriegsministers. Am 29. Jan. 1859 wurde er in Jassy und 17. Febr. in Bukarest zum Hospodar gewählt und als A. Johann I. zum regierenden Fürsten der beiden vereinigten Fürstentümer ausgerufen, aber erst Ende 1861 von der Pforte anerkannt. Die Einheit zu begründen, berief er im Januar 1862 beide Kammern nach Bukarest und setzte ein gemeinschaftliches Ministerium ein. Sein Streben nach absolutistischer Zentralisation erregte bald Unzufriedenheit, obwohl sich A. durch Aufhebung der Leibeigenschaft und Verteilung von Ländereien an die Bauern Verdienste erwarb. Drückende finanzielle Not ließ das Mißvergnügen im Lande wachsen; auch Kammerauflösungen wirkten nichts. A. versuchte 14. Mai 1864 einen Staatsstreich, indem er einen Senat und Staatsrat einsetzte, sonst aber absolut regierte; doch vermochte er nicht die materielle Not zu lindern. Am 22. Febr. 1866 zur Abdankung gezwungen, lebte A. meist in Wien und Wiesbaden. Im Mai 1866 folgte ihm Karl von Hohenzollern.

[Rußland.] 16) A. Jaroslawitsch Newskij, Großfürst von Rußland, geb. 1218 in Wladimir, gest. 14. Nov. 1263 auf der Rückreise vom Hofe des Tataren-Großchans, erhielt, als sein Vater, Großfürst Jaroslaw II. von Nowgorod, 1236 den Thron von Susdal bestieg, das Fürstentum Nowgorod, siegte 1240 an der Newa (daher sein Beiname Newskij) über die Schweden und kämpfte auf dem Peipussee glücklich gegen die livländischen Deutschritter. Nachdem er 1247 seinem Vater gefolgt war, wurde er 1252 durch den Tod seines Bruders Andreas auch Großfürst von Wladimir, wo er nach seinem Tod auch beigesetzt wurde. Der Plan Innocenz' IV., 1251 die Russen in den Schoß der katholischen Kirche überzuführen, scheiterte an Alexanders Standhaftigkeit. Man zählt A. unter die größten Heiligen der russischen Kirche; Peter d. Gr. erbaute ihm 1712 das A. Newskij-Kloster (s. d.) und stiftete 1722 den Alexander Newskij-Orden (s. d.).

17) A. I. Pawlowitsch, Kaiser und Selbstherrscher aller Reußen, geb. 23. (12.) Dez. 1777 in Petersburg als ältester Sohn des Großfürsten Paul und seiner zweiten Gemahlin, Maria Feodorowna von Württemberg, gest. 1. Dez. 1825 in Taganrog, ward durch den freisinnigen Schweizer Laharpe nach Rousseauschen Grundsätzen erzogen. Weich und sentimental, zeigte sich A. wohlwollend und für Ideale begeistert, aber auch schwach und unbeständig; 1793 wurde er mit der Prinzessin Elisabeth von Baden vermählt. Als er durch die Ermordung seines Vaters Paul I. 23. März 1801 auf den Thron gelangte, war er, obwohl er weder von dem Morde gewußt noch ihn gebilligt hatte, doch anfangs von Rücksichten auf die Mörder Subow, Pahlen und Bennigsen abhängig; später erlangte das »Triumvirat« Stroganow, Nowossilzow und Adam Czartoryiski bedeutenden Einfluß. Während der ersten Jahre seiner Regierung war er bestrebt, das Finanzwesen zu ordnen, die geistige Bildung zu fördern und das Los der Leibeignen zu mildern. In Esthland, Livland und Kurland wurde unter ihm die Leibeigenschaft aufgehoben und eine Bauernordnung nach liberalen Grundsätzen eingeführt. In der auswärtigen Politik zeigte sich A. friedfertig, erneuerte den Seevertrag mit England und schloß Frieden mit Frankreich, mit dem gemeinsam er auf die deutschen Angelegenheiten großen Einfluß ausübte. Napoleons Eroberungssucht führte jedoch bald einen Bruch herbei. A. trat 1805 der Koalition gegen Frankreich bei; nach der Schlacht bei Austerlitz zog er sich nach Rußland zurück, erneuerte aber 1806 den Kampf zugunsten Preußens. Bis über die Memel zurückgedrängt, vermittelte A. nach der Zusammenkunft vom 25. Juni 1807 (auf dem Niemen) den Frieden von Tilsit. A. ließ sich von Napoleon für den Gedanken einer gemeinsamen Leitung der europäischen Angelegenheiten gewinnen; dafür gab er seinen preußischen Bundesgenossen preis. In Erfurt (Oktober 1808) wurde der Bund erneuert und A. der Besitz Finnlands und der Türkei versprochen. Nachdem 1809 Finnland besetzt worden, begann A. einen Krieg gegen die Pforte. Indes die Verletzung russischer Interessen durch Napoleon veranlaßte 1812 einen neuen Bruch. Anfangs schien Rußland unterliegen zu müssen, und nach der Einnahme von Moskau wurde A. nur durch Freiherrn vom Stein umgestimmt. Die Friedensanerbietungen Napoleons wurden zurückgewiesen, der religiöse und nationale Fanatismus der Russen wachgerufen und das französische Heer auf seinem Rückzug fast vernichtet. Im Befreiungskrieg übte A. als der mächtigste unter den verbündeten Herrschern großen Einfluß aus: auf die militärischen Operationen, die schonende Behandlung Frankreichs und, nach Aufgabe seines ursprünglichen Plans, Bernadotte als Herrscher einzusetzen, auf die Rückführung der Bourbonen. Beim Wiener Kongreß war er für Eintracht und Ordnung unermüdlich tätig. Er setzte die Anerkennung der Neutralität der Schweiz und die republikanische Selbständigkeit der Ionischen Inseln durch; Polen, das ihm zugefallen war, gab er eine freisinnige Verfassung. Unter dem Einfluß der großen Begebenheiten dieser Zeit und auf Anregung der ihn damals in ihre Mystik ziehenden Juliane v. Krüdener (s. d.) entstand bei dem christlich-frommen Kaiser der Gedanke einer Heiligen Allianz (s. d.), die den Frieden der Welt auf einer von den zeitherigen politischen Bündnissen abweichenden Grundlage feststellen sollte, aber nur die Handhabe für die politische Reaktion wurde. Durch die Unzufriedenheit der Völker erschreckt und mit Mißtrauen erfüllt, bot A. die Hand, mit den Aufständen auch den politischen Fortschritt zu unterdrücken. In Rußland wurden die Zensur und die strengste Überwachung der Büchereinfuhr wieder eingeführt, die Wissenschaft, Literatur und der Unterricht gefesselt, Untersuchungen wegen demagogischer Umtriebe eingeleitet, die Freimaurerlogen und Missionsgesellschaften unterdrückt. Daß sich der Geist des Widerstandes dennoch nicht bannen ließ, verbitterte das krankhaft erregte Gemüt des Kaisers, der teils in den Zerstreuungen eines glänzenden, üppig-frömmelnden Hofes, teils in religiöser Mystik Befriedigung suchte. Als der griechische Auf stand ausbrach, war das russische Volk den Glaubensverwandten zugetan; A. aber mißbilligte ihn, weil er nur eine Auflehnung gegen den rechtmäßigen Oberherrn sei. Der Tod seiner einzigen natürlichen Tochter, die furchtbare Überschwemmung, die 1824 Petersburg heimsuchte, endlich die Furcht vor einer russisch-polnischen Verschwörung gegen das Haus Romanow erschütterten das Herz des Kaisers. Leidend und verdüstert reiste er Mitte September 1825 mit seiner kranken Gemahlin nach der Krim, wo er von einem endemischen Fieber ergriffen wurde. Die Macht Rußlands stieg unter A. sehr hoch, und es erlangte maßgebenden Einfluß auf die Angelegenheiten Europas. Unter den vielen Denkmälern, die sein Andenken in Rußland verewigen, ist die 1832 auf dem Schloßplatz in Petersburg aufgestellte Alexandersäule zu nennen. Vgl. Gräfin Choiseul-Gouffier, Mémoires historiques für l'empereur Alexandre et la cour de Russie (Par. 1829); Dieselbe, Réminiscences für l'empereur Alexandre I (Besançon 1862); Bogdanowitsch, Geschichte der Regierung des Kaisers A. (russ., Petersb. 1866, 4 Bde.); Golowin, Histoire d'Alexandre I (Leipz. 1859); Joyneville, Life and times of A. I (Lond. 1875, 3 Bde.); Vandal, Napoléon et Alexandre I (Par. 1891–93, 2 Bde.); Tatischtschew, Alexandre I et Napoléon d'après leur correspondance (das. 1891); Nadler, Kaiser A. I. und die heilige Allianz (Riga 1886, 2 Bde.); Schilder, Beiträge zur Geschichte Kaiser Alexanders I. (russ., Petersb. 1897–98, 3 Bde.); Ulmann, Russisch preußische Politik unter A. I. u. Friedrich Wilhelm III. bis 1806 (Leipz. 1899); »Briefwechsel König Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise mit Kaiser A. I.« (hrsg. von Bailleu, das. 1900); Pypin, Die politische und literarische Bewegung unter A. I. (russ., 2. Aufl., Petersb. 1885; deutsch, Berl. 1894).

18) A. II. Nikolajewitsch, Kaiser von Rußland, Sohn des Kaisers Nikolaus I. und der Kaiserin Alexandra, geb. 29. (17.) April 1818, gest. 13. (1.) März 1881, durch den Dichter Shukowskij trefflich erzogen, bestieg den Thron 2. März (18. Febr.) 1855 und wurde 7. Sept. 1856 in Moskau gekrönt. Den Krieg gegen die Pforte setzte er zunächst fort und besuchte im November selbst Odessa und die Krim. Der Pariser Friede (1856) schwächte dann zwar Rußlands Machtstellung im Orient sehr; doch erholte es sich durch die vorsichtige, aber tatkräftige Politik des Kaisers bald. Die Unterwerfung der kaukasischen Bergvölker wurde fortgesetzt und vollendet, während zugleich die Gebiete zwischen dem Kaspischen Meer und dem Aralsee besetzt oder doch unter russischen Einfluß gebracht wurden. Wichtiger war die von A. in Angriff genommene innere Reform, deren wesentlichste Bestandteile die seit 1861 durchgeführte Aufhebung der Leibeigenschaft, die Justizreform und die neue Militärorganisation sind. Der polnische Aufstand 1863 wurde schonungslos niedergeworfen. Die Reformen und die Umgestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse riefen in vielen davon betroffenen Kreisen tiefe Mißstimmung hervor und halfen in der großenteils ungebildeten Bevölkerung sozialistische und kommunistische Ideen verbreiten (s. Nihilismus), während der Sieg über die Polen die nationale Leidenschaft der Russen erweckte und den Panslawismus ins Leben rief. Dabei duldete A. gewissenlose, habsüchtige hohe Beamte in seiner nächsten Umgebung, infolgedessen denn auch die Unzufriedenheit in gewissen Schichten des Volkes gegen Alexanders wohlwollende Regierung stieg. Ein im April 1866 von dem Edelmann Karakosow versuchtes Attentat auf den Kaiser, das durch den Bauer Kommissarow verhindert wurde, veranlaßte Untersuchungen, die das Vorhandensein zahlreicher Geheimbünde aufdeckten. Dies und ein zweites Attentat, das während der Pariser Ausstellung (1867) von einem wahnsinnigen Polen, Berezowski, versucht wurde, machten auf den Kaiser tiefen Eindruck. Die Zensur wurde in alter Strenge wiederhergestellt und eine umfassende polizeiliche Überwachung eingerichtet. Während des Krieges zwischen Österreich und Preußen 1866 bewahrte A. eine neutrale, aber preußenfreundliche Haltung. Auch während des Krieges zwischen Frankreich und Deutschland 1870/71 gab A. seine Vorliebe durch Ordensverleihungen an die deutschen Heerführer und durch Ernennung des Kronprinzen und des Prinzen Friedrich Karl zu russischen Generalfeldmarschällen kund. Das neue Deutsche Reich und sein Kaiser waren A. durch Dankbarkeit und verwandtschaftliche Bande verpflichtet, und das eine Revanche ersehnende Frankreich bewarb sich eifrig um seine Freundschaft. Das im September 1872 auf einer persönlichen Zusammenkunft mit den Kaisern Wilhelm und Franz Joseph zu Berlin geschlossene Dreikaiserbündnis machte der langen Spannung zwischen Rußland und Österreich ein Ende. Der Feldzug nach Chiwa 1873 erweiterte Rußlands Macht in Innerasien. Währenddessen betrieb A. die Reorganisation des Heeres nach deutschem Muster; noch ehe sie vollendet war, wurde er durch die panslawistische Agitation, die namentlich die altrussischen Adels- und Beamtenkreise ergriffen hatte, zur neuen Einmischung in die orientalische Frage gedrängt. Er duldete die Unterstützung Serbiens und Montenegros durch Freiwillige und Gelder und sprach sein Mitgefühl für die Christen in der Türkei und seinen Willen aus, ihr Los zu bessern. Bei der Begrüßung durch den Adel in Moskau ließ er sich 10. Nov. 1876 durch die drohende Haltung Disraelis (9. Nov.) zu einer kriegerischen Rede hinreißen, die ihn im Falle des Scheiterns der Konferenz in Konstantinopel zum Kriege verpflichtete. 1877 folgte A. dem Donauheer nach Bulgarien und schlug sein Hauptquartier in Gorny Studen auf, wo er während der Unglücksmonate Juli bis September standhaft ausharrte. Als der Fall von Plewna den Eindruck der Niederlagen verwischt hatte, kehrte er 15. Dez. 1877 heim und wurde am 22. in Petersburg mit Jubel empfangen. Auch nach dem Kriege blieb seine Lage inmitten der sich bekämpfenden Richtungen in Rußland schwierig, besonders nach den neuen Ausschreitungen der Nihilisten 1879. Mehrere Attentate wurden auf das Leben des Kaisers von den Nihilisten unternommen: 14. April 1879 schoß Solowiew beim Palais fünf Schüsse auf A. ab; 1. Dez. d. J. versuchten die Nihilisten bei Moskau den Eisenbahnzug, in dem A. fuhr, und 17. Febr. 1880 das Winterpalais in die Luft zu sprengen. Die strengsten Gegenmaßregeln waren die Folgen davon. Am 3. Juni 1880 starb seine Gemahlin Maria Alexandrowna, Tochter des Großherzogs Ludwig II. von Hessen (geb. 8. Aug. 1824, vermählt 1841). Am 31. Juli vermählte er sich mit der Prinzessin Katharina Dolgorukow (spätern Fürstin Jurjewskaja, s. d.), von der er schon drei Kinder (Fürsten Jurjewski) hatte. Seiner Absicht, eine Reichsvertretung zur Beratung großartiger Veränderungen im Staatsleben Rußlands zu berufen, machte 13. (1.) März 1881 ein Attentat der Nihilistenpartei ein Ende. Auf der Fahrt von der Michaelmanege zum Winterpalais, am Katharinenkanal, wurde er durch Dynamitbomben so verwundet, daß er anderthalb Stunden später im Winterpalais starb. Sein ältester Sohn, Nikolaus (geb. 1843). war schon 1865 gestorben. Außer dem Thronfolger, A. III., hatte A. II. noch vier Söhne: 1) Wladimir, geb. 22. April 1847; 2) Alexei, geb. 14. Jan. 1850; 3) Sergius, geb. 11. Mai 1857; 4) Paul. geb. 3. Okt. 1860, und eine Tochter, Maria. geb. 17. Okt. 1853,23. Jan. 1874 mit dem Herzog Alfred von Edinburg, späterm Herzog von Sachsen-Koburg-Gotha (gest. 30. Juli 1900), vermählt. Denkmäler wurden ihm 1884 in Helsingfors und 1898 im Kreml zu Moskau errichtet. Vgl. Jomini, La Russie sous l'empereur A. II (Par. 1862); Golowin, Rußland unter A. II. (Leipz. 1870); Laferté (Pseudonym der Fürstin Dolgorukow), Alexandre II, études inédits für sa vie intime et sa mort (Basel 1882); Cardonne, L'empereur A. II; vingt-six aus de règne (Par. 1883); Safonow, Der Zar-Befreier A. II. (russ., Moskau 1898).

19) A. III. Alexandrowitsch, Kaiser von Rußland, Sohn des vorigen und der Prinzessin Marie von Hessen-Darmstadt, geb. 10. März (26. Febr.) 1845, gest. 1. Nov. (20. Okt.) 1894 in Livadia, ward durch den Tod seines ältern Bruders, Nikolaus, 24. April 1865 Thronfolger und vermählte sich 9. Nov. (28. Okt.) 1866 mit dessen Braut (s. unten). Im Türkenkrieg 1877 kommandierte A. den linken Flügel der Donauarmee (11., 12. und 13. Korps); nach dem Übergang über den Balkan begab sich A. nach Petersburg. Durch das jähe Ende seines Vaters 13. (1.) März 1881 auf den Thron berufen, ließ er sich 27. Mai 1883 in Moskau krönen. Die Reformpläne des Vaters gab er auf, entließ Loris-Melikow und betonte in seinem ersten Manifest seine autokratische Gewalt. Vor nihilistischen Nachstellungen zog er sich in das streng bewachte Schloß Gatschina zurück. Er bekämpfte die Bestechungen und Betrügereien in der Bureaukratie, entließ mehrere hohe Beamte und gab selbst das Beispiel der Einfachheit und Sparsamkeit. Dagegen sah sich A. trotz seiner wiederholt betonten Friedensliebe bald zu großen Rüstungen veranlaßt. Nachdem er 15. Sept. 1884 mit den Kaisern Wilhelm und Franz Joseph im polnischen Schlosse Skierniewice eine Zusammenkunft gehabt und letzterm 25. Aug. 1885 in Kremsier einen Besuch abgestattet hatte, wurde er durch das, wie er meinte, undankbare Verhalten des Fürsten Alexander von Bulgarien 1885 gekränkt. Gegen Österreich, besonders aber gegen Deutschland zeigte er sich mißtrauisch. Seinem Einverständnis mit Frankreich gab er 1891 in Kronstadt offen Ausdruck und zog einen großen Teil des russischen Heeres an der Westgrenze zusammen. In der innern Politik hielt A. unter dem Einfluß seines frühern Lehrers Pobjedonoszew am Absolutismus und am Altrussentum in Religion und Sitte fest, während er die Unterdrückung westeuropäischer Nationalitäten und Religionen zuließ; die baltischen Provinzen und Finnland wurden ihrer Rechte beraubt und die Juden verfolgt. Den Nihilismus vermochte auch er nicht zu unterdrücken; die Ausführung eines ähnlichen Attentats, wie es gegen seinen Vater verübt worden, wurde 13. März 1887 nur zufällig verhindert, und bei Borki entging der Zar mit seiner Familie 29. Okt. 1888 auf wunderbare Weise dem Tode. 1893 erkrankte A. an einem Nierenleiden, das seinen Tod zur Folge hatte. Aus seiner Ehe mit Maria Feodorowna (Prinzessin Dagmar von Dänemark), geb. 26. Nov. 1847, Tochter König Christians IX., stammen: 1) Nikolaus (der jetzige Kaiser), geb. 18. (6.) Mai 1868; 2) Georg, geb. 9. Mai 1871, gest. 10. Juli (28. Juni) 1899; 3) Xenia, geb. 6. April 1875; 4) Michail (Großfürst-Thronfolger), geb. 5. Dez. 1878; 5) Olga, geb. 13. Juni 1882. Ihm folgte sein ältester Sohn, Nikolaus II. Vgl. v. Samson-Himmelstjerna, Rußland unter A. III. (Leipz. 1891); Notowitsch, A. III. und seine Umgebung (deutsch, das. 1894); C. Low, A. III. of Russia (Lond. 1894); Neubürger, Rußland unter Kaiser A. III. (Berl. 1895).

[Schottland.] Könige: 20) A. I., Sohn Malcolms III., regierte 1107–24 über den nördlichen Teil Schottlands, begünstigte die Kirche und gründete 1115 das Kloster Scone. – 21) A. II., Sohn Wilhelms des Löwen, regierte 1214–49, unterwarf 1222 die bis dahin fast unabhängige Landschaft Argyll. – 22) A. III., Sohn des vorigen, folgte seinem Vater 1249, kämpfte seit 1263 mit Norwegen um die Hebriden und erwarb sie durch einen Vertrag 1266. Mit ihm starb 1286 der Mannesstamm der schottischen Könige aus, und heftige Thronstreitigkeiten folgten.

[Serbien.] 23) A. Karageorgević, Fürst von Serbien, Sohn Georg Czernys (Karageorgs), des Befreiers von Serbien, geb. 11. Okt. 1806 in Topola, gest. 3. Mai 1885 in Temesvar, trat nach Ermordung seines Vaters (1817) ins russische Heer, wo er es bis zum Stabskapitän brachte. Michael Obrenović rief ihn nach Serbien zurück und machte ihn zu seinem Adjutanten. Nach Michaels Sturz 1842 von den Serben zum Fürsten gewählt, stützte er sich in seiner auswärtigen Politik auf Österreich und blieb unter dessen Einfluß auch während des Krimkrieges neutral. Dadurch aber zog er sich den Haß der russenfreundlichen Nationalpartei zu. Als die eröffnete Skupschtina 21. Dez. 1858 von A. die Thronentsagung forderte, floh er nach Belgrad zu den Türken, worauf man 23. Dez. den alten Milosch zum Fürsten wählte. A., von der Pforte und Österreich im Stiche gelassen, dankte 3. Jan. 1859 förmlich ab und lebte seitdem abwechselnd in Pest und auf seinen Gütern in der Walachei. Der Miturheberschaft bei der Ermordung des Michael Obrenović (10. Juni 1868) angeklagt, ward er von den serbischen Gerichten in contumaciam zu unjähriger Gefängnisstrafe, von den ungarischen zu 8 Jahren Kerker verurteilt. Seine Ansprüche auf den serbischen Thron übertrug er auf seinen Sohn Peter Karageorgević, geb. 1846 in Belgrad, 11. Aug. 1883 mit der Prinzessin Zorka von Montenegro (gest. 17. März 1890) vermählt.

24) A. I., König von Serbien, einziger Sohn des Königs Milan Obrenović und der Königin Natalie, gebornen Keschko, geb. 14. Aug. 1876 in Belgrad. Als zwischen seinen Eltern Zwiespalt ausbrach, nahm ihn seine Mutter mit sich nach Rußland und Deutschland und verweigerte 1888 in Wiesbaden seine von Milan verlangte Herausgabe; doch wurde er 13. Juli durch die Polizei nach Belgrad gesandt. Durch die Thronentsagung seines Vaters ward A. 6. März 1889 König von Serbien, zunächst unter einer Regentschaft, erklärte sich 13. April 1893 durch einen Staatsstreich für großjährig und entsetzte die Regentschaft. Da er indes der hieraus entstandenen Wirren nicht Herr werden konnte, rief er 1894 seinen Vater zu Hilfe und hob auf dessen Rat 21. Mai 1894 die Verfassung von 1889 auf, an deren Stelle die von 1869 treten solle, bis eine neue Verfassung ausgearbeitet sei. Die innere Ruhe vermochte er hierdurch nicht herzustellen. Die äußere Stellung Serbiens suchte er durch Besuche an den benachbarten Höfen, auch in Berlin und Moskau, zu heben. Am 21. Juli 1900 verlobte er sich mit einer ehemaligen Hofdame seiner Mutter, Draga Maschin, geborne Lunjewitza. Die Verlobung bewog das Ministerium Georgiević zum Rücktritt sowie den Exkönig Milan zur Niederlegung des Oberbefehls über das serbische Heer und zum Verlassen des Landes. Die Vermählung fand 14. Ang. in Belgrad statt; die Anfang 1901 schon in der Thronrede verkündete Hoffnung auf Nachkommenschaft erwies sich im Mai als Täuschung.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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