- Wagram [1]
Wagram (Deutsch-W.), Dorf in Niederösterreich, Bezirksh. Floridsdorf, am Rußbach und an der Staatsbahnlinie Wien-Lundenburg, hat Fabriken für Schwefelsäure, Kunstdünger und Desinfektionspräparate und (1900) 1709 Einw., ist geschichtlich bekannt durch die Schlacht, die hier Napoleon I. 5. und 6. Juli 1809 gegen Erzherzog Karl gewann. Nach der Schlacht bei Aspern (s. d.) durch die italienische Armee unter dem Vizekönig Eugen verstärkt, überschritt Napoleon in der Nacht vom 4. zum 5. Juli bei einem furchtbaren Unwetter die Donau von der Insel Lobau aus. Der Erzherzog beschloß, den feindlichen Angriff in seiner Stellung auf dem Marchfeld zwischen W. und Markgraf-Neusiedl abzuwarten. Den gegen 180,000 Mann starken Franzosen mit etwa 600 Geschützen hatte Österreich kaum 130,000 Mann entgegenzustellen, auch wenn das Korps des Erzherzogs Johann, das von Preßburg schleunigst nach dem Schlachtfeld zu marschieren beordert war, zur rechten Zeit erschien, und verfügte nur über 450 Geschütze. Am Morgen des 5. Juli rückten die französischen Heermassen nordwärts gegen die Österreicher unter furchtbarem Kanonendonner von beiden Seiten, erreichten aber erst abends 6 Uhr nach Zurückdrängung der österreichischen Vortruppen, die sich tapfer wehrten, die feindliche Stellung am Rußbach. Noch am Abend 7 Uhr befahl Napoleon seinem Zentrum (Oudinot, Vizekönig Eugen und Bernadotte), die Mitte der feindlichen Stellung zu erstürmen. Der Angriff wurde aber von den Österreichern energisch zurückgewiesen. Am Morgen des 6. Juli beschloß der Erzherzog zur Offensive überzugehen und unternahm einen Angriff auf die Franzosen, um sie von der Donau abzudrängen. Der rechte Flügel der Österreicher drängte denn auch den Feind bis zu den Lobaubrücken zurück, besetzte Aspern und Eßling. Doch als Napoleon die Mitte und Davoust den linken Flügel unter Fürst Rosenberg angriffen, wich letzterer zurück, bevor noch Erzherzog Johann mit seinen Hilfstruppen eingetroffen war. Dadurch wurde die Schlacht entschieden. Zwar schlug das Zentrum den Angriff Massénas auf Aderklaa zurück, allein als Napoleon zum zweitenmal Macdonald gegen Aderklaa kommandierte, befahl der Erzherzog am Nachmittag den Rückzug nach Mähren, der in vortrefflicher Ordnung vom linken Flügel ab angetreten wurde. Erst als er das Schlachtfeld bereits verlassen, traf Erzherzog Johann um 5 Uhr nachmittags von Preßburg in Siebenbrunn ein. Der Verlust der Österreicher betrug 24,000 Tote und Verwundete, darunter 753 Offiziere; sie hatten 7000 Gefangene gemacht, 12 Adler und Fahnen, 11 Kanonen erobert. Der Verlust der Franzosen dürfte wenig geringer zu berechnen sein; sie hatten 7600 Gefangene, 9 Kanonen und eine Fahne erbeutet. Trotz der vorzüglichen Haltung der Österreicher nach der Schlacht war diese doch für sie verloren und der Sieg Napoleons ein so bedeutungsvoller, daß Kaiser Franz bereits 12. Juli den Waffenstillstand in Znaim schloß, dem die Friedensunterhandlungen in Wien bald folgten.
Vgl. Angeli in den »Mitteilungen des k. k. Kriegsarchivs« (Wien 1881); Strobl, Aspern und W. (das. 1897); Pfalz, Die Marchfeldschlachten von Aspern und Deutsch-W. (2. Aufl., Korneuburg 1900); Bleibtreu, Aspern und W. in neuer Beleuchtung (Wien 1902); Holtzheimer, Erzherzog Karl bei W. (Berl. 1904); Binder von Krieglstein, Der Krieg Napoleons gegen Österreich 1809, Bd. 2: Aspern und W. (das. 1906).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.