Kolin

Kolin

Kolin (Neukolin), Stadt in Böhmen, links an der Elbe, die hier zwei Inseln bildet, und über die zwei eiserne Brücken führen, an den Linien Wien-Prag-Bodenbach der Österreichisch-Ungarischen Staatseisenbahn, Wien-Tetschen der Nordwestbahn und K.-Čerčan-Pišely der Staatsbahnen gelegen, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine gotische St. Bartholomäuskirche aus dem 14. Jahrh., eine evang. Kirche, Synagoge, Schloß, Rathaus, ein Real- und Obergymnasium, eine Handels- und eine Handwerkerschule, eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, 2 Zuckerfabriken, 2 Maschinenfabriken, eine Wagenfabrik, eine Spiritus-, eine Traubenzucker-, eine Chemikalien- und Kunstdüngerfabrik, 3 Fabriken für andre chemische Produkte, eine Petroleumraffinerie, eine Dachpappen-, eine Kaffeesurrogat- und eine Kanditenfabrik, eine Dampfsäge, 2 Kunstmühlen, 2 Bierbrauereien, trefflichen Obst- und Gemüsebau, lebhaften Handel und (1900) 15,025 tschech. Einwohner. – Hier fand 18. Juni 1757 die berühmte Schlacht statt zwischen den Preußen unter Friedrich II. und den Österreichern unter Daun. Nach dem Sieg der Preußen bei Prag 6. Mai wurden 44,000 Österreicher unter dem Prinzen von Lothringen in der Hauptstadt Böhmens belagert, das Heer Dauns, am Tage der Schlacht 30,000 Mann stark, war bis Goltsch-Jenikau zurückgewichen, hatte sich aber bis auf 54,000 Mann verstärkt.

Kärtchen zur Schlacht bei Kolin (18. Juni 1757).
Kärtchen zur Schlacht bei Kolin (18. Juni 1757).

Auf direkten Befehl aus Wien, zum Entsatz Prags eine Schlacht zu wagen, ging Dann 12. Juni wieder vor, und Bevern mit nur 20,000 Mann zog sich vor ihm bis Planian zurück. Da verließ der König mit 13,000 Mann des Einschließungsheeres Prag und vereinigte sich mit dem Herzog von Bevern. Mit 18,000 Mann zu Fuß und 13,000 Reitern rückte der König den Österreichern entgegen und traf sie 18. Juni in einer durch Schluchten, Hohlwege und sumpfige Wiesen gedeckten Stellung bei Krichnow, mit dem rechten Flügel bei Kretschor, dem linken bei Bositz, südlich der großen Kaiserstraße. Friedrich befahl, den Marsch auf der Kaiserstraße nach K. so lange fortzusetzen, bis seine Spitzen den rechten österreichischen Flügel umfassen könnten. Dann sollte Zieten die Reiterei auf diesem Flügel werfen, Hülsen mit dem Fußvolk der Avantgarde Kretschor nehmen und, wenn dies geschehen, Prinz Moritz von Dessau mit dem linken Flügel angreifen, der rechte Flügel aber nördlich der Kaiserstraße für weitere Verwendung stehen bleiben. Um 2 Uhr begann die Schlacht: Zieten schlug die feindliche Reiterei unter Nádasdy, Hülsen nahm Kretschor, aber bei dem weiter links liegenden Eichbusch kam das Gefecht zum Stehen und die erschöpften Bataillone bedurften dringend der Hilfe des Prinzen Moritz. Dieser wandte sich zu weit rechts gegen Dauns Hauptfront, so daß, um die Lücke zwischen Moritz und Hülsen auszufüllen, die Reserve hervorgezogen werden mußte. Gleichzeitig begann General Manstein bei Chotzenitz wider den strengen Befehl des Königs ein Gefecht mit den Kroaten. Dann wollte schon die Schlacht abbrechen, beschloß aber doch in Anbetracht seiner Überlegenheit auszuharren. Die Preußen, die kein frisches Bataillon mehr hatten, konnten die errungenen Vorteile nicht behaupten, Zieten kam nicht rechtzeitig mit der Reiterei zu Hilfe, und um 4 Uhr nachmittags griff zuerst Oberstleutnant v. Benkendorf mit sächsischen Dragonern das erschütterte preußische Fußvolk mit Erfolg an. Seinem Beispiel folgten noch mehrere Reiterregimenter, welche die Bataillone Hülsens und des Prinzen Moritz von allen Seiten umfaßten. Der König sammelte 400 Mann und führte sie gegen eine Batterie, aber auch sie verliefen sich. Als er sich allein sah, befahl er den Rückzug, der unter Zietens Schutz unbelästigt vollführt wurde. Aber nur 6000 Mann waren noch beisammen, 14,000 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen, 29 Fahnen, 43 Geschütze waren verloren; der Verlust der Österreicher betrug 8000 Mann. Die Aufhebung der Belagerung von Prag und die Räumung Böhmens war die nächste, das Eingreifen der österreichischen Verbündeten in den Krieg die weitere Folge der Schlacht. Maria Theresia datierte die Stiftung des nach ihr benannten Ordens von diesem denkwürdigen 18. Juni. Vgl. M. Duncker, Die Schlacht bei K. (in den »Abhandlungen zur preußischen Geschichte«, Leipz. 1876); »Die Kriege Friedrichs des Großen«, herausgegeben vom Großen Generalstab, 3. Teil, Bd. 3: Kolin (Berl. 1902). Zum Andenken der Schlacht wurde 1842 auf dem 278 m hohen Friedrichsberge, dem Standpunkt Friedrichs d. Gr. während der Schlacht, eine Pyramide errichtet.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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