Pfalzgraf

Pfalzgraf

Pfalzgraf (Comes palatii oder palatinus), in fränkischer Zeit Hofbeamter, der den König in seiner richterlichen Tätigkeit unterstützte und vertrat; in karolingischer Zeit gelangte der P. in Vertretung des Königs zu selbständigem richterlichen Vorsitz; bestimmte geringere Sachen wurden ihm ein für allemal zugewiesen, so daß sich ein besonderes Gericht des Pfalzgrafen vom Königsgericht abzweigte. Der P., der zugleich die Stellung eines referierenden Ministers einnahm, wurde außerdem zu verschiedenen Geschäften, z. B. als Gesandter, Heerführer, verwendet. In der nachkarolingischen Zeit verschwindet die Pfalzgrafschaft im obigen Sinn. Otto I. setzte als Gegengewicht gegen die Herzoge Stammespfalzgrafen ein, so zuerst in Bayern, dann in Sachsen und Lothringen, die den Königsboten (missi) der karolingischen Zeit entsprechen und auch die Reichseinkünfte einzuheben hatten. Die Pfalzgrafschaft von Lothringen wurde später an den Rhein verlegt, heißt seit Heinrich IV. die rheinische (»bei Rhein«) und kam 1156 an Konrad, den Bruder Kaiser Friedrichs I. An die Pfalzgrafen bei Rhein und zu Sachsen gelangte bei Abwesenheit des Königs oder Thronerledigung das Reichsvikariat und zwar nach der Goldenen Bulle an erstern für die Länder des fränkischen, an letztern für die des sächsischen Rechts. Der P. bei Rhein gelangte zu besonderer Bedeutung, indem er Stellvertreter des Kaisers als obersten Richters und damit zugleich Richter über den Kaiser war. Das Pfalzgrafenamt wurde wie andre Ämter erblich und gewann mehr und mehr einen territorialen Charakter, so daß sich aus ihm landesherrliche Gewalten entwickelten. Die Pfalzgrafen von Bayern wandelten sich in Herzoge um, die von Schwaben hießen später Pfalzgrafen von Tübingen. Hofpfalzgraf (Hochgraf, Comes palatinus caesarius) hieß der vom Kaiser zur Ausübung seiner Reservatrechte bestellte Beamte. Mit der Auflösung des Deutschen Reiches erlosch die Pfalzgrafenwürde gänzlich. Vgl. Pfaff, Geschichte des Pfalzgrafenamts (Halle 1847); Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte (4. Aufl., Leipz. 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Pfalzgraf — Pfalzgraf …   Deutsch Wörterbuch

  • Pfalzgraf — (Comes palatinus), 1) ursprünglich der einer Pfalz vorgesetzte Beamte. Der P. war der oberste Beamte in den verschiedenen Pfalzen der fränkischen u. deutschen Könige u. zugleich Richter über einen gewissen Bezirk; der vornehmste war der P. in… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Pfalzgraf — (Comes palatīnus), im ehemal. Deutschen Reich die kaiserl. Beamten in den Pfalzen, von denen der P. am Rhein zu fürstlicher Bedeutung gelangte und seit dem 13. Jahrh. als erster weltlicher Kurfürst (s. Pfalz) bei Erledigung des Throns den König… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Pfalzgraf — Pfalzgraf, s. Pfalz …   Herders Conversations-Lexikon

  • Pfalzgraf — Die sieben Kurfürsten wählen Heinrich VII. zum König. Die Kurfürsten, durch die Wappen über ihren Köpfen kenntlich, sind, von links nach rechts, die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der… …   Deutsch Wikipedia

  • Pfalzgraf — Pfạlz|graf 〈m. 16〉 oberster Hofbeamter, ritterl. Vertreter des Kaisers bzw. Königs in dessen Pfalz * * * Pfạlz|graf, der: (im MA.) richterlicher Vertreter des Königs in seiner Pfalz. * * * Pfạlzgraf,   Palatin, lateinisch Comes palatinus, C …   Universal-Lexikon

  • Pfalzgraf — Übername zu mhd. phalenzgrave, phalzgrave »Pfalzgraf, Richter an einem kaiserlichen Hof«, meist nach einem Dienst oder Abhängigkeitsverhältnis …   Wörterbuch der deutschen familiennamen

  • Pfalzgraf (Begriffsklärung) — Pfalzgraf steht für: Pfalzgraf, eine ursprüngliche Bezeichnung der Amtsträger und Vertreter des Königs oder Kaisers Pfalzgraf ist der Familienname folgender Personen: Erich Pfalzgraf (1879–1937), deutscher evangelischer Theologe und Prediger… …   Deutsch Wikipedia

  • Pfalzgraf bei Rhein — Die Liste der Herrscher der Kurpfalz enthält alle in der späteren Kurpfalz regierenden Pfalzgrafen bei Rhein und alle Inhaber der damit verbundenen pfälzischen Kurwürde. Nicht aufgeführt sind Herzöge von Bayern, die zwar den Titel eines… …   Deutsch Wikipedia

  • Pfalzgraf Rudolf — Die drei Kurfürsten unter ihren Wappen: v.l. Peter von Mainz, Balduin von Trier und Rudolf II. der Blinde. (1341) Rudolf II. der Blinde (* 8. August 1306 in Wolfratshausen; † 4. Oktober 1353 in …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”