- Ségur
Ségur (spr. ßegǖr), altfranz. Adelsfamilie aus der Landschaft Rouergue in Guienne, die, dem Protestantismus ergeben, in den Religionskriegen viel zu leiden hatte. Bemerkenswert sind für später:
1) Philippe Henri, Marquis von S.-Ponchat, Sohn des Grafen Henri François S. (1689–1751), geb. 20. Jan. 1724, gest. 8. Okt. 1801, stieg in den Kriegen Ludwigs XV. zum General empor und erhielt unter Ludwig XVI. 1780 das Ministerium des Krieges. In dieser Stellung schuf er die leichte Artillerie und reorganisierte den Generalstab, erließ aber eine Ordonnanz, die dem Adel allein die Offizierstellen vorbehielt. Nachdem er 1783 zum Marschall ernannt worden war, legte er 1787 seine Ministerstelle nieder. Während der Revolution wurde er eingekerkert und verlor sein Vermögen. Vgl. Graf Pierre de Ségur, Le maréchal de S. (Par. 1895).
2) Louis Philippe, Graf von S. d'Aguesseau, Sohn des vorigen, geb. 10. Dez. 1753 in Paris, gest. 27. Aug. 1830, machte als Oberst den amerikanischen Freiheitskrieg mit und ging 1783 als Gesandter nach St. Petersburg. Beim Beginn der Revolution wurde er Mitglied der Nationalversammlung und Maréchal de Camp und ging 1792 als französischer Botschafter an den preußischen Hof. Nach der Hinrichtung des Königs schied er aus dem Staatsdienst. Als Früchte seiner Muße erschienen das »Théâtre de l'hermitage« (Par. 1798, 2 Bde.), eine Sammlung trefflicher Lustspiele, und das »Tableau historique et politique de l'Europe de 1786–1796. contenant l'histoire de Frédéric-Guillaume II« (das. 1800, 3 Bde.; 5. Aufl. 1828). Während des Konsulats war S. Mitglied des Gesetzgebenden Körpers, dann des Staatsrats und seit 1803 des Instituts. Napoleon ernannte ihn später zum Grafen und zum Oberzeremonienmeister sowie 1813 zum Senator. Ludwig XVIII. verlieh ihm bei der ersten Restauration die Pairswürde. Eine Auswahl aus seinen poetischen und geschichtlichen »Œuvres« (darunter eine »Histoire ancienne«, »Histoire romaine«, »Histoire du Bas-Empire«, alle in 9. Aufl. 1853) erschien Paris 1824–30 in 33 Bänden. Interessantes enthalten auch seine »Mémoires« (Par. 1825–26, 3 Bde.; neue Ausg. 1859, 2 Bde.).
3) Joseph Alexandre, Graf von, Bruder des vorigen, geb. 1756 in Paris, wurde 1788 Maréchal de Camp, während der Revolution aber längere Zeit eingekerkert; starb 27. Juli 1805 in Bagnères. Er veröffentlichte zahlreiche Lustspiele, Opern und Lieder sowie »Correspondance secrète de Ninon del'Enclos« (Par. 1789; deutsch von Stampeel, Leipz. 1796), den Roman »La femme jalouse« (1790) und die Schrift, »Les femmes, leur condition et leur influence dans l'ordre social, etc.« (1803, 3 Bde.; 1835, 2 Bde.). Seine »Œuvres diverses« erschienen 1819.
4) Philippe Paul, Graf von, Sohn von S. 2), geb. 4. Nov. 1780, gest. 25. Febr. 1873, trat 1799 als gemeiner Husar in die Armee, ward 1802 in den Generalstab aufgenommen, trat 1805 mit Mack wegen der Übergabe von Ulm in Unterhandlung, geriet im polnischen Feldzug in russische Gefangenschaft und erwarb sich in Spanien durch die Erstürmung der Höhen bei Somosierra den Rang eines Obersten. Im russischen Feldzug 1812 war er als Brigadegeneral im Gefolge Napoleons I. Nach der zweiten Restauration zog er sich ins Privatleben zurück und schrieb seine »Histoire de Napoléon et de la grande armée pendant 1812« (Par. 1824, 2 Bde.; 16. Aufl. 1852; deutsch von Kottenkamp, Mannh. 1835 u. ö.), die dem General Gourgaud Veranlassung zu seinem »Examen critique« und infolgedessen zu einem Duell mit S. gab. Das Werk ist durch seine glänzende Darstellung berühmt, gibt indes vielfach ein falsches Bild der Ereignisse. 1830 ward S. in die Akademie aufgenommen. Nach der Julirevolution trat S. wieder in den aktiven Dienst und wurde 1831 zum Generalleutnant und Pair ernannt. Er veröffentlichte noch: »Histoire de Russie et de Pierre le Grand« (Par. 1829, 2 Bde.; deutsch, Zweibr. 1829) und »Histoire de Charles VIII« (Par. 1835, 3 Bde.; 2. Aufl. 1842), größtenteils aus dem literarischen Nachlaß seines Vaters. Aus seinem eignen Nachlaß erschien: »Histoire et mémoires, periode de 1789 à 1848« (1873, 8 Bde.), von denen sein Enkel, Graf Louis S., eine abgekürzte Ausgabe veranstaltete u. d. T.: »Un aide de camp de Napoléon. Mémoires du général comte de S.« (das. 1894, 3 Bde.). Vgl. Saint-René Taillandier, Le général Philippe de S. (Par. 1875).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.