- Argyll
Argyll (spr. argail), schott. Adelstitel, den das jeweilige Haupt des anglonormannischen, in Schottland eingewanderten Geschlechts der Campbell, seit 1457 als Graf, seit 1641 als Marquis und seit 1701 als Herzog von A., führt. Über die Geschichte der Familie vgl. »The house of A. and the collateral branches of the clan Campbell« (Glasg. 1871). Unter den Inhabern des Titels ragen hervor:
1) Archibald, Marquis von, geb. 1598, gest. 27. Mai 1661, schloß sich 1637 der Opposition gegen Karl I. an und war einer der einflußreichsten Führer der presbyterianischen Covenanters, so daß er in den schottischen Wirren bis 1641 eine Hauptrolle spielte. Obwohl Karl ihn 1641 zum Marquis ernannte, trat er 1643 mit dem englischen Parlament in Verbindung, kämpfte 1645 gegen die Royalisten unter Montrose, ward aber bei Inverlochy geschlagen. Der Ausrufung Karls II. zum König von Schottland 1649 stimmte er erst bei, als er die religiöse Freiheit durch die dem König gestellten Bedingungen gesichert sah, und schloß sich 1652 nach der Unterwerfung Schottlands durch Cromwell der Republik wieder an. Nach der Restauration ward er 1661 des Hochverrats schuldig gesprochen und enthauptet.
2) Archibald, Graf von, Sohn des vorigen, entschiedener Royal ist, erhielt wegen der Dienste, die er Karl II. in Schottland geleistet, von diesem den größten Teil der väterlichen Güter und den Grafentitel zurück. In den 20 Jahren, die der Restauration der Stuarts folgten, blieb er ihnen treu, bewahrte aber die von seinem Vater ererbte streng presbyterianische Gesinnung. Als 1681 der Herzog von York die Statthalterschaft Schottlands übernommen hatte, leistete A. den von dem schottischen Parlament vorgeschriebenen Eid gegen die Covenanters nur mit einer einschränkenden Klausel und wurde deshalb als Hochverräter wider Recht zum Tode verurteilt. Er floh nach Friesland, wo er bis zu Jakobs II. Thronbesteigung 1685 lebte. Da faßte er mit dem Herzog von Monmouth und andern Emigranten den Plan einer Landung in Schottland, um die Regierung zu stürzen. Im Mai 1685 landete A. mit einem kleinen Geschwader im Distrikt von Lorne und suchte die Anhänger seines Hauses um sich zu sammeln. Aber sein Unternehmen mißlang; A. wurde, als er über den Clyde zu entkommen suchte, gefangen genommen und auf Grund der frühern Verurteilung 30. Juni 1685 enthauptet. Nach der Umwälzung von 1689 ward der Urteilsspruch zu gunsten seines ältesten Sohnes, Archibald, kassiert und dieser 1701 zum Herzog von A. erhoben.
3) John, Enkel von A. 2), geb. 10. Okt. 1678, gest. 1743, folgte 1703 seinem Vater als Herzog von A. Er focht 1706–1709 unter Marlborough in den Niederlanden, ward 1711 an Lord Stanhopes Stelle Kommandeur der britischen Truppen in Spanien und 1712 Oberbefehlshaber in Schottland, aber wegen seiner Opposition gegen die Maßregeln des Hofes abgesetzt. Nach Georgs I. Thronbesteigung wieder in königlichem Dienst, schlug er 1715 bei Dumblane die Jakobiten unter dem Grafen Mar. 1717 beförderte er den Sturz des Ministers Walpole, ward hierauf Generalfeldzeugmeister und Mitglied des Kabinetts Stanhope-Sunderland.
4) George John Douglas Campbell, achter Herzog von, geb. 30. April 1823, gest. 24. April 1900, folgte seinem Vater 1847, machte sich früh als publizistischer Schriftsteller über die schottische Kirchenverfassung bekannt, indem er namentlich die Abschaffung des Laienpatronats befürwortete (»Presbytery examined«, Edinb. 1848). 1851 wurde er Kanzler der Universität St. Andrews und 1854 Rektor der Glasgower Hochschule. Im Oberhaus ver trat er liberale Grundsätze. A. gehörte 1853 dem Ministerium Aberdeen als Geheimsiegelbewahrer an. war 1855–58 unter Palmerston Generalpostmeister, 1859–66 unter Palmerston und Russell abermals Geheimsiegelbewahrer und 1868–74 Staatssekretär für Indien im Kabinett Gladstones. Im April 1880 übernahm er wiederum das Amt des Geheimsiegelbewahrers, legte es aber im April 1881 nieder, weil er mit Gladstones irischer Landbill nicht einverstanden war. 1892 wurde er zum ersten Herzog von A. in der Pairie des vereinigten Königreichs ernannt, während er bis dahin nur einen schottischen Herzogstitel geführt hatte. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Essay on the ecclesiastical history of Scotland« (2. Aufl., Boston 1849); »India under Dalhousie and Canning« (Lond. 1865); »The reign of law« (1866,19. Aufl. 1890); »History and antiquity of Iona« (1870); »Primeval man« (1869); »The eastern question« (1879, 2 Bde.); »Scotland as it was and is« (1887, 2 Bde.); »The unity of nature« (2. Aufl. 1888); »The burdens of belief« (1892); »The philosophy of belief« (1894); »What is science« u. »Organic evolution cross-examined« (beide 1898).
5) John Douglas Sutherland Campbell, zweiter (neunter) Herzog von, Sohn des vorigen, geb. 6. Aug. 1845, vermählte sich als Marquis von Lorne 21. März 1871 mit der Prinzessin Luise (geb. 18. März 1848), vierten Tochter der Königin Viktoria von England, und war 1878–83 Generalgouverneur von Kanada. Seit 1892 ist er Gouverneur des Schlosses zu Windsor; 1895–1900 war er Mitglied des Unterhauses. 1900 erbte er den Herzogstitel. Er schrieb unter anderm: »A trip to the tropics and home through America« (1867); »Guido and Lita, a tale of the Riviera« (1875); »The United States after the war« (1885); »Canadian life and scenery« (1886); »Viscount Palmerston« (1892); »Queen Victoria, her life and empire« (1901) und hat 1878 die Psalmen in englische Verse übersetzt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.