- Kleopătra
Kleopătra, 1) Tochter des Boreas und der Oreithyia, Gemahlin des Phineus (s. d.).
2) Die älteste Tochter des ägyptischen Königs Ptolemäos XIII. Auletes, wurde 51 v. Chr., 17 Jahre alt, durch das Testament desselben zur Mitregentin und Gemahlin ihres erst 13jährigen Bruders Ptolemäos XII. Dionysos bestimmt. An der Stelle des letztern übernahmen Pothinos, Achillas und Theodotos die Reichsverwaltung und vertrieben K. unter der Beschuldigung, daß sie ihren Bruder um die Krone zu bringen suche (48). Sie sammelte hierauf ein Heer in Syrien, und Ptolemäos lagerte in der Nähe von Pelusion, um den Einfall der K. abzuwehren, als Cäsar nach Ägypten kam. Dieser forderte von K. und Ptolemäos Entlassung ihrer Heere und Unterwerfung unter seine Entscheidung. K. verkehrte zuerst durch Unterhändler mit ihm, erschien dann aber persönlich, indem sie sich vermummt und zur Nachtzeit in die königliche Burg von Alexandria bringen ließ. Mitleid und noch mehr die Macht ihrer Reize gewannen ihr alsbald Cäsars Gunst. Er erklärte sich für Aufrechthaltung des Testaments ihres Vaters, und nachdem Ptolemäos 47 im Kriege mit ihm umgekommen, übergab er ihr und ihrem noch unmündigen Bruder Ptolemäos XV., mit dem sie sich vermählen sollte, die Regierung, die sie in Wirklichkeit allein führte. Sie hielt Cäsar nach Beendigung des Krieges noch mehrere Monate in Ägypten fest, bereitete ihm in Alexandria schwelgerische Feste und fuhr mit ihm auf einem Prachtschiff den Nil hinauf, um ihm die Wunder des Landes zu zeigen. Ein Sohn, den sie 47 gebar, wurde nach Cäsars Namen Ptolemäos Cäsar benannt, und 46 kam sie selbst nach Rom, wo sie in Cäsars Garten wohnte und unter die Freunde und Bundesgenossen des römischen Volkes aufgenommen wurde. In den Kriegen, die nach Cäsars Tod ausbrachen, unterstützte sie namentlich Dolabella und rüstete nach dessen Tode für die Triumvirn. Gleichwohl ward sie von Antonius (41) zur Verantwortung nach Kilikien beschieden, weil ihr Feldherr Allienus das Heer des Brutus und Cassius bei Philippi unterstützt hatte. Sie erschien, aber nicht in dem Auszug einer Schuldigen, sondern als Göttin Aphrodite, um Dionysos zu besuchen. Sie wußte nun auch über Antonius eine völlige Herrschaft zu gewinnen und wurde die Hauptursache seines Unterganges, indem sie ihn in Schwelgerei und Untätigkeit verstrickte. Antonius hielt sich mit wenigen Unterbrechungen im Orient, meist in Alexandria, auf und verfügte von hier aus nach Belieben über die Länder des Ostens, von denen er mehrere den Kindern der K. zum Geschenk machte. Nach der Schlacht bei Aktion, in der sie mit ihrer Flotte zuerst floh, suchte sie auch Oktavian zu fesseln. Als ihr dies nicht gelang, endete sie, um nicht dem Triumph des Siegers zur Verherrlichung dienen zu müssen, ihr Leben im August 30 durch Gift, das sie sich durch Anlegung einer Natter beibrachte (oder in einer Schmucknadel bewahrte). Vgl. Stahr, Kleopatra (2. Aufl., Berl. 1879). Shakespeare behandelte den Stoff in seinem Drama »Antonius und K.«, Georg Ebers in einem Roman.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.