Philipp [1]

Philipp [1]

Philipp (griech. Philippos, »der die Pferde Liebende, der Ritterliche, Mutige«), männlicher Name, unter dessen Trägern die bemerkenswertesten sind:

[Könige von Mazedonien.] 1) P. I., Sohn des Argäos, der dritte König aus dem Hause der Temeniden, regierte 621–588 v. Chr. und fiel im Kampf gegen die Illyrier.

2) P. II., der Gründer der Größe Mazedoniens, Sohn Amyntas' II. und der Eurydike, geb. 383 v. Chr., gest. 336, ward, als sein Bruder Alexander mit Hilfe des Feldherrn der Thebaner, Pelopidas, den Thron bestiegen, 368 von diesem als Geisel mit nach Theben genommen, wo er sich griechische Bildung erwarb. 366 nach Mazedonien zurückgekehrt, beherrschte er seit seines Bruders Perdikkas III. Thronbesteigung (365) ein kleines Teilfürstentum und nach dessen Tod (360) als Vormund seines jungen Neffen Amyntas (IV.), seit 359 als König ganz Mazedonien. Er übernahm die Regierung in schwierigster Lage. Die Illyrier rüsteten sich zu einem Einfall, die Päonier verheerten die Grenzen; im Innern machten ihm Pausanias, von den Thrakern, und Argäos, von den Athenern unterstützt, die Herrschaft streitig. Teils durch List, teils durch Waffengewalt beseitigte er indes alle Gegner und suchte nun zunächst den Adel des Landes für sich zu gewinnen, indem er die Häupter desselben an den Hof zog und durch Erziehung und Bildung für höhere Leistungen befähigte. Als er daher das Heer neu organisierte und die Phalanx schuf, fand er in ihm seine Offiziere und bildete aus ihm seine Leibwache. Sein Charakter war voller Widersprüche: großmütig und freigebig gegen Freunde, liebenswürdig im persönlichen Umgang, voll Begeisterung und Ehrfurcht für die Größe und Schönheit hellenischer Bildung. tapfer und ausdauernd im Kampf, war er zugleich verschlagen und hinterlistig, rachsüchtig und gefühllos im Zorn, zügellos und roh bei Gelagen. Sein Ziel: die Unterwerfung Griechenlands und die Eroberung der Weltherrschaft, suchte er, wenn möglich, durch die Künste der Diplomatie zu erreichen, bewies sich aber, wenn er zu den Waffen greifen mußte, auch als ausgezeichneter Feldherr. Während er die Athener durch Freundschaftsversicherungen täuschte, besetzte er Amphipolis (357), dann Potidäa und Pydna, bemächtigte sich der Goldbergwerke des Pangäos, an dem er die Stadt Philippi gründete, sowie der athenischen Inseln Imbros und Lemnos und erhielt durch den sogen. Heiligen Krieg auch Gelegenheit, sich in die Verhältnisse Griechenlands selbst einzumischen. Von den thessalischen Aleuaden zu Hilfe gerufen, schlug er deren Gegner, die Phoker unter Onomarchos (352), und wurde nur durch die athenische Besetzung der Thermopylen verhindert, in Mittelgriechenland einzudringen. Er zog sich daher wieder nach Mazedonien zurück, eroberte (345) das mächtige Olynth und wußte das mit ihm verbündet gewesene und nun endlich ihm mit den Waffen entgegentretende Athen durch Friedensverhandlungen hinzuhalten, bis er sich der Thermopylen bemächtigt hatte. Jetzt waren die Phoker rettungslos ihm verfallen, er stieß sie aus dem delphischen Amphiktyonenrat, ließ sich an ihrer Stelle in ihn aufnehmen und gewann so einen entscheidenden Einfluf; auf die hellenischen Angelegenheiten. Damit zunächst zufrieden, beschäftigte er sich die nächsten Jahre mit der Ausdehnung und Befestigung seiner Herrschaft im Norden, bis die Amphiktyonen, die mit der lokrischen Stadt Amphissa in Streit geraten waren, ihm den Oberbefehl übertrugen (339). P. drang in Phokis ein und zerstörte Amphissa, wandte sich dann aber gegen Elateia und bemächtigte sich dieses Platzes. Jetzt erst gelang es Demosthenes, den Athenern die Augen über Philipps wahre Absichten zu öffnen, und es kam unter Athens Leitung ein hellenischer Bund zustande. Die Schlacht bei Chäroneia (2. Aug. 338) entschied jedoch zu Griechenlands Ungunsten. Die einzelnen Staaten gingen auseinander und machten jeder für sich ihren Frieden mit P., der sie außer Theben mit großer Mäßigung behandelte und ganz Griechenland zum Abschluß eines Bündnisses nach Korinth berief; nur Sparta hielt sich zurück. Die übrigen Hellenen ernannten ihn zu ihrem Bundesfeldherrn und stimmten freudig dem immer noch volkstümlichen Gedanken bei, unter seiner Führung den Krieg gegen die Perser wieder aufzunehmen. Um die Rüstungen zu dem neuen Feldzug zu beschleunigen, kehrte P. nach Mazedonien zurück; doch mußte er die Krönung seines Lebenswerkes seinem Sohn Alexander überlassen; denn in Ägä wurde er 336 von dem jungen Leibwächter Pausanias, der vergeblich von P. Genugtuung für eine ihm widerfahrene Schmach verlangt hatte, erstochen, als er eben die Vermählung seiner Tochter Kleopatra mit dem epirotischen König Alexander feierte. Für die Anstifterin des Mordes hielt man Oltimpias (s. d.), Philipps erste, von ihm verstoßene Gemahlin. Von dieser hatte er zwei Kinder, den berühmten Alexander und Kleopatra, von seiner zweiten Gemahlin, Kleopatra, der Nichte seines Feldherrn Attalos, einen Säugling, der nebst seiner Mutter dem Haß der Olympias zum Opfer fiel. Natürliche Kinder Philipps waren Arrhidäos, der nach Alexanders d. Gr. Tod 323 als Philipp III. zum König ausgerufen, aber 317 auf Befehl der Olympias ermordet wurde, Ptolemäos und Thessalonike, die Gemahlin des Kassandros. Vgl. Brückner, König P. (Götting. 1837); R. Schubert, Untersuchungen über die Quellen zur Geschichte Philipps II. von Mazedonien (Königsb. 1904).

3) P. V. (III), Sohn Demetrios' II., war bei dem Tode seines Vaters (233 v. Chr.) erst 4 Jahre alt, weshalb sein Vetter Antigonos Doson die Reichsverweserschaft übernahm, dem er 220 als König folgte. Er regierte anfangs, durch Aratos beraten, weise und hob, indem er für den Achäischen gegen den Ätolischen Bund eintrat, Mazedonien wieder zu einer Seemacht empor. Seine Unfähigkeit bewies er aber, als er 215 mit Hannibal ein Bündnis gegen die Römer schloß, ohne denselben kräftig zu unterstützen. Die Römer erweckten ihm in den Ätoliern wieder Feinde und wußten ihre Übermacht zur See so geschickt zu benutzen, daß der Angriff auf Italien zur Unterstützung Hannibals so lange verzögert wurde, bis er unmöglich war. 205 schloß P. daher mit den Römern Frieden und versuchte nun seine Macht im Osten zu erweitern; er begann 203 im Bund mit Antiochos d. Gr. von Syrien einen Krieg gegen Ägypten und Attalos von Pergamon, wurde aber 202 von der vereinigten Flotte der Pergamener und Rhodier bei Chios gänzlich geschlagen. Argwöhnisch verfolgte der römische Senat seine Politik, ohne jedoch einen Grund zu der Kriegserklärung zu finden, bis die Athener, als Bundesgenossen Roms, wegen Verwüstung ihres Landes durch P. ihn um Hilfe baten (200). Seine Lage war ernst, da er ohne Bundesgenossen war; die Römer führten aber den Krieg zuerst lässig, und erst mit dem Oberbefehl des T. Quinctius Flamininus wendete er sich zu ungunsten des P. Er wurde bei Kynoskephalä in Thessalien völlig geschlagen (197) und mußte sich zu den härtesten Friedensbedingungen verstehen, namentlich auf die Hegemonie über Griechenland verzichten (s. Mazedonien, S. 490). Während des Krieges mit Antiochos stand P. als Bundesgenosse auf der Seite der Römer, erfuhr aber nach dem Friedensschluß die bittersten Demütigungen, die der stolze und harte Mann nicht verwinden konnte. Er sann auf Erneuerung des Krieges, indes, ehe es dazu kam, starb er, schwer getroffen durch die von ihm befohlene Hinrichtung seines Sohnes und Erben Demetrios, den sein natürlicher Sohn Perseus fälschlich des Verrats an seinem Vater beschuldigt hatte (179).

[Rom.] 4) Marcus Julius Philippus, mit dem Beinamen Arabs, römischer Kaiser, 244–249 n. Chr., von Geburt ein Araber, stürzte als prätorischer Präfekt den in Asien gegen die Perser im Felde stehenden Kaiser Gordianus III. und wurde selbst vom Heer auf den Thron erhoben (244). Er feierte 248 das 1000jährige Gründungsfest Roms mit außerordentlicher Pracht und war auch sonst glücklich in der Sicherung der Grenzen an der Donau und in der Bekämpfung von Empörungen. Aber schon 249 fiel er gegen Decius, den die pannonischen Legionen zum Kaiser ausgerufen hatten, bei Verona. Christliche Schriftsteller haben ihn im Gegensatz zu seinem Nachfolger Decius zu einem Christen gemacht, mit Unrecht; höchstens kann man sagen, daß er der neuen Religion nicht unfreundlich gesinnt gewesen sei.

Fürsten des Mittelalters (5–14) und der neuern Zeit.

5) P. von Schwaben, deutscher König, jüngster Sohn Kaiser Friedrichs I. Barbarossa und der Beatrix von Burgund, geb. vor dem 26. Juli 1178, gest. 21. Juni 1208, erhielt, zum Geistlichen bestimmt, eine gelehrte Erziehung und ward 1191 Bischof von Würzburg, trat aber 1192 nach seines zweiten Bruders, Friedrich, Tod (1191) aus dem geistlichen Stand aus, erhielt 1195 von seinem ältesten Bruder, dem Kaiser Heinrich VI., Tuscien und die Mathildischen Güter in Italien, nach seines dritten Bruders, Konrad, Tod 1196 auch das Herzogtum Schwaben und vermählte sich 1197 mit Irene, der Tochter des griechischen Kaisers Isaak Angelos, der P. zum Erben seines Reiches ernannte. Als Heinrich VI. den Plan faßte, Ostrom zu erobern, bestimmte er ihn zum Statthalter dieses Reiches. Auf dem Wege nach Sizilien, von wo er seinen zweijährigen Neffen Friedrich zur Königskrönung nach Deutschland abholen wollte, erfuhr P. in Montefiascone den Tod des Kaisers und kehrte nach Deutschland zurück, bemühte sich vergeblich, seinem Neffen die Anerkennung der Reichsfürsten zu verschaffen, und ward selbst 6. März 1198 in Ichtershausen zum König gewählt und 8. Sept. in Mainz gekrönt. Die welfische Partei stellte Otto von Braunschweig als Gegenkönig auf, der durch die Unterstützung des Papstes Innozenz 111. (Vertrag von Neuß 8. Juni 1201) wesentliche Förderung erfuhr. Ottos Anhang mehrte sich durch den Abfall der bedeutendsten Fürsten; P. ward 1203 von dem vereinten Heer der Böhmen, Sachsen und Thüringer in Erfurt eingeschlossen, entkam jedoch mit dem Markgrafen von Meißen, vertrieb die Böhmen aus Thüringen und gewann den Landgrafen Hermann von Thüringen sowie die meisten übrigen Fürsten durch Zugeständnisse wieder für sich. Überall siegreich, ließ er sich 6. Jan. 1205 vom Erzbischof von Köln in Aachen von neuem krönen, eroberte 1206 Köln, versöhnte sich mit dem Papst und knüpfte Unterhandlungen mit Otto von Braunschweig an, die sich aber zerschlugen. Im Begriff, zu einem neuen Feldzug zu rüsten, ward er 21. Juni 1208 in Bamberg vom Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach meuchlerisch erschlagen, angeblich weil P. diesem seine ihm früher verlobte Tochter nicht hatte zur Ehe geben wollen und auch, als Otto sich um die Tochter des Herzogs von Schlesien bewarb, statt eines Empfehlungsbriefs an den Herzog ihm ein Abmahnungsschreiben mitgegeben hatte. Philipps Witwe Irene starb 27. Aug. 1208. Seine Tochter Beatrix vermählte sich 1212 mit Otto IV. Vgl. O. Abel, König P., der Hohenstaufe (Berl. 1853); Winkelmann, P. von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig (Leipz. 1873–1878, 2 Bde.).

6) P., belgischer Prinz, gest. 17. Nov. 1905 in Brüssel, s. Flandern, Graf von.

[Burgund.] 7) P. II., der Kühne, Herzog von Burgund, Stifter des jüngern Hauses von Burgund, vierter Sohn des Königs Johann des Guten von Frankreich, geb. 15. Jan. 1342, gest. 27. April 1404 in Hall, erwarb sich als 14jähriger Knabe in der Schlacht bei Poitiers den Beinamen des Kühnen, ward aber daselbst zugleich mit seinem Vater gefangen und mußte bis 1360 dessen Gefangenschaft in London teilen. Johann gab ihm darauf 1363 das Herzogtum Burgund, während ihm Kaiser Karl IV. das deutsche Lehen Hochburgund verlieh. Dazu erwarb P. durch Heirat mit Margarete von Flandern 1384 die großen Besitzungen der Grafen von Flandern. Nach Karls V. von Frankreich Tod (1380) führte er mit seinen Brüdern, den Herzogen von Anjou und von Berri, die Regentschaft für den unmündigen Karl VI. und erfocht 27. Nov. 1382 den Sieg bei Roosebeke über die Flamen. 1392 erlangte er die Regierung Frankreichs, als Karl VI. in Wahnsinn verfiel; doch machte ihm Ludwig von Orléans die Herrschaft streitig. Sein ältester Sohn, Johann der Unerschrockene, folgte ihm auf dem Thron.

8) P. III., der Gütige, Herzog von Burgund, Sohn Johanns des Unerschrockenen (s. Johann 9) und der Margarete von Bayern, geb. 1396 in Di ion, gest. 15. Juli 1467 in Brügge, ward 1419 durch die Ermordung seines Vaters Herzog von Burgund. Aus Haß gegen den Dauphin schloß er sich im Vertrag von Troyes (21. Mai 1420) an Heinrich V. von England an und kämpfte gegen Karl VII., bis er letztern 21. Sept. 1435 im Vertrag von Arras anerkannte, der ihm völlige Unabhängigkeit, die Picardie nördlich von der Somme und die Grafschaften Auxerre und Mâcon verschaffte. 1433 entriß er Jakobäa von Bayern Brabant und Holland. Er begünstigte Künste und Wissenschaften, beförderte die Gewerbe, namentlich die Teppichweberei in Flandern, und stiftete 10. Jan. 1429 den Orden des Goldenen Blieses. P. war vermählt seit 1409 mit Michaela, Tochter König Karls VII. von Frankreich, seit 1424 mit Bona von Artois, Tochter des Grafen Philipp von Nevers, und seit 1429 mit Isabella von Portugal, aus welcher Ehe sein Nachfolger Karl der Kühne entsprang. Vgl. Barante, Histoire des ducs de Bourgogne (8. Aufl., Par. 1858, 12 Bde.); Petit, Histoire des ducs de Bourgogne (das. 1886–95, 6 Bde.).

[Frankreich.] 9) P. I., König von Frankreich, Sohn Heinrichs I., geb. 1052, gest. 29. Juli 1108, bestieg 1060 unter Vormundschaft des vortrefflichen Balduin V. von Flandern den Thron. Nach Balduins Tod 1067 übernahm der 15jährige König selbst die Regierung, mischte sich in den Krieg, den Balduins V. von Flandern Söhne Balduin und Robert um die Herrschaft führten, ward aber von letzterm im Februar 1071 bei Cassel geschlagen. P. hatte durch Trägheit und Schlaffheit die Liebe seiner Untertanen längst verscherzt; völlig verächtlich aber wurde er ihnen, als er 1092 seine Ehe mit Berta von Flandern trennte und sich mit der entführten Gemahlin des Grafen Fulko von Anjou, Bertrade, vermählte. Er wurde deshalb wiederholt mit dem Bann belegt, 1105 nach Bertas Tod zwar losgesprochen, mußte jedoch seinen Sohn Ludwig (VI.) zum Mitregenten annehmen.

10) P. II., König von Frankreich, als Mehrer des Reiches August zubenannt, Sohn Ludwigs VII. und der Adela von Champagne, geb. 21. Aug. 1165, gest. 14. Juli 1223 in Nantes, bestieg 1180 den Thron und regierte von Anfang an mit kräftiger Hand. Er war ein kühler und tatkräftiger Politiker und geschickter Feldherr. Die aufrührerischen Vasallen wurden gedemütigt und mußten im Frieden von Senlis 1182 die Grafschaften Amiens und Clermont, die Herrschaft Coucy und das südliche Flandern der Krone überlassen. Ebenso benutzte P. die Streitigkeiten zwischen Heinrich II. von England und dessen Söhnen, um den erstern 1187 zur Abtretung mehrerer englischer, in Frankreich gelegener Gebiete zu nötigen. Mit Richard Löwenherz von England unternahm P. 1190 einen Kreuzzug; Hader mit Richard und Krankheit bewogen P., 1191 nach Frankreich zurückzukehren. Auf die Nachricht von Richards Gefangenschaft griff er die Normandie an und erwarb im Frieden von 1196 das Ländchen Vexin. Nach dem Tode seiner ersten Gattin, Isabella von Hennegau, hatte sich P. in zweiter Ehe mit einer dänischen Prinzessin, Ingeborg, vermählt, aus Liebe zu Agnes von Meran sie aber wieder verstoßen; doch zwang ihn der päpstliche Bann, sie 1201 wieder anzunehmen. Nach der Ermordung Arthurs von Bretagne durch den englischen König Johann erklärte P. den Mörder als seinen Vasallen 1202 aller Lehen für verlustig und eroberte bis 1204 die ganze Normandie, Anjou, Maine, Touraine und Poitou. Als 1214 Kaiser Otto IV. und der Graf von Fl andern als Verbündete Johanns mit einem Heer in das französische Gebiet eindrangen, schlug sie P. 27. Juli bei Bouvines in einer blutigen Schlacht. 1216 schickte er seinen Sohn Ludwig, dem die englischen Großen die englische Krone an getragen, mit einem starken Heer nach England, das dieser jedoch 1217 wieder verlassen mußte. Das Krongebiet wurde von P. durch Einziehung und Eroberung fast um das Doppelte vergrößert und unter absetzbaren Beamten (Prévôts, Seneschalls und Baillis) organisiert. Er erließ ausgezeichnete Gesetze, begünstigte den Aufschwung der städtischen Freiheit, ordnete das Gerichtswesen, schaffte die Würde des Großseneschalls ab und schied aus dem Pairshof ein königliches Obergericht aus. Er hatte seinen Sohn Ludwig VIII. zum Nachfolger auf dem Thron. Vgl. Capefigue, Histoire de Philippe-Auguste (3. Aufl., Par. 1842, 2 Bde.); Delisle, Catalogue des actes de Philippe-Auguste (das. 1856); Mazabran, Philippe-Auguste, roi de France (Lille 1878); Davidsohn, P. II. August von Frankreich und Ingeborg (Stuttg. 1888); Holder-Hutten, P. Augustus (Lond. 1896); Cartellieri, P. II. August von Frankreich (Leipz. 1898 bis 1906, Bd. 1 u. 2); Borelli de Serres, La reunion des Provinces septentrionales à la couronne par P. II Auguste (Par. 1899).

11) P. III., der Kühne, König von Frankreich, Sohn Ludwigs IX., des Heiligen, geb. 3. April 1245, gest. 5. Okt. 1285, befand sich mit seinem Vater zu Tunis, als dieser dort 1270 starb, schloß mit dem Dei einen unrühmlichen Frieden und kehrte sodann nach Paris zurück. 1271 erbte er die Grafschaft Toulouse. Um den Söhnen seiner Schwester Blanka die Erbfolge in Kastilien zu sichern, führte er seit 1276 einen unglücklichen Krieg mit diesem Reich, und nicht erfolgreicher war sein Feldzug 1285 gegen Aragon. Seine Flotte wurde geschlagen, und sein Heer mußte sich nach Perpignan zurückziehen, wo P. aus Gram starb. Vermählt war er mit Isabella von Aragonien, dann mit Maria von Brabant, die wegen der falschen Anklage, daß sie Isabellas Sohn Ludwig getötet habe, auf Philipps Befehl hingerichtet wurde. Vgl. Langlois, Le règne de Philippe III le Hardi (Par. 1887).

12) P. IV., der Schöne, König von Frankreich, Sohn des vorigen, geb. 1268, gest. 29. Nov. 1314 in Fontainebleau, bestieg 1285 den Thron, nachdem er sich 1284 mit der jungen Königin Johanna von Navarra vermählt hatte, weshalb er auch den Titel eines Königs von Navarra führte. P. war ein äußerst begabter Fürst, der, frei von mittelalterlichen Anschauungen, im Sinne des modernen Absolutismus regierte. Den Krieg von Aragonien endete 1291 ein Vergleich. Ein Krieg mit England (1297–99) wurde durch einen Vertrag beigelegt, wonach Eduards I. Sohn Philipps Tochter heiratete. Nachdem P. den Grafen Guido gefangen genommen, vereinigte er Flandern mit der Krone. Die Härte seines Statthalters Châtillon gegen die Flamen brachte diese jedoch 1302 zum allgemeinen Aufstand, und Philipps Heer erlitt 11. Juli 1302 bei Courtrai eine furchtbare Niederlage, so daß er im Frieden von 1305 das ganze jenseit der Lys gelegene Flandern zurückgeben mußte. Seinen Geldverlegenheiten suchte er durch Konfiskationen und Erpressungen aller Art, durch Aneignung des Münzrechts als Regal, durch Prägung schlecht er Münzen, durch die Beraubung und Vertreibung der Juden und Lombarden und durch Einführung einer regelmäßigen Steuer abzuhelfen. Da diese Bedrückungen auch den Klerus betrafen, so erließ Papst Bonifatius VIII. schon 1296 die Bulle »Clericis laïcos«, in welcher der Geistlichkeit die Entrichtung von Abgaben ohne päpstliche Erlaubnis bei Strafe des Bannes untersagt wurde. P. räch le sich dafür durch ein strenges Verbot der Abgaben an die Kurie. Als der Papst 1302 in einem Schreiben (Ausculta fili) den König nicht nur in geistlichen, sondern auch in weltlichen Dingen dem päpstlichen Stuhl untergeordnet nannte, ließ P. diese Anmaßungen durch eine Reichsversammlung zurückweisen, und als Bonifatius durch die berüchtigte Bulle »ll nam sanctam« antwortete, appellierte P. an eine allgemeine Kirchenversammlung und ließ schließlich den Papst in seinem Palast zu Anagni aufheben und gefangen setzen. Schon 1303 aber stellte Bonifatius' Nachfolger Benedikt IX. die Einigkeit zwischen Frankreich und Rom wieder her. Nach dem Tode Benedikts erhob P. 1305 den Erzbischof von Bordeaux, Bertrand de Got, als Clemens V. auf den päpstlichen Stuhl, verlegte aber gleichzeitig den Sitz des Papstes nach Avignon und verpflichtete diesen, seine Hand zur Aufhebung des Tempelherrenordens zu bieten, dessen Reichtum längst die Habsucht des Königs gereizt hatte. Am 12. Okt. 1307 wurden in Frankreich alle Templer gefangen genommen, durch Marter zu Geständnissen gezwungen und 113 Ritter zu Paris verbrannt, ihre Schätze aber zum Besten der Krone eingezogen. P. bemächtigte sich auch der vom Deutschen Reich abhängigen Städte Lyon und Valenciennes. Er begründete in Frankreich das büreaukratische Regiment, das in dem 1303 regelmäßig organisierten Staatsrat und den drei Staatssekretären (Clercs du secret, Ministern) gipfelte, und bekämpfte erfolgreich den Einfluß der Vasallen und der Kirche. P. hinterließ drei Söhne, Ludwig X., Philipp V. und Karl IV., mit dem 1328 der direkte männliche Stamm der Kapetinger erlosch. Vgl. Boutaric, La France sous Philippe le Bel (Par. 1861); Jolly, Philippe le Bel (vas. 1869); B. Zeller, Philippe le Bel et ses trois fils (das. 1885); Funck-Brentano, La mort de Philippe le Bel (das. 1884) und Les origines de la guerre de Cent aus, Philippe le Belen Flandre (das. 1897); E. Renan, Étude sur la politique de Philippe le Bel (das. 1900); Rabanis, Clément V et Philippe le Bel (das. 1858); Wenck, P. der Schöne von Frankreich, seine Persönlichkeit und das Urteil der Zeitgenossen (Marb. 1905).

13) P. V., der Lange, König von Frankreich, zweiter Sohn des vorigen, geb. 1293, gest. 3. Jan. 1322, folgte 1316 seinem Bruder Ludwig X. in der Regierung. Er beschränkte die Tyrannei der Großen gegen ihre Untertanen und schloß mit Flandern 1320 Frieden. Vermählt war er mit Johanna von Burgund; von seinen Kindern überlebten ihn nur vier Töchter, daher ihm sein Bruder Karl IV. in der Regierung folgte. Vgl. Lehuguer, Histoire de Philippe le Long (Par. 1897, Bd. 1).

14) P. VI. von Valois, König von Frankreich, Sohn Karls von Valois, des Bruders Philipps IV., geb. 1293, gest. 22. Aug. 1350, machte als der nächste männliche Seitenverwandte nach Karls IV Tod 1328 seine Thronansprüche geltend, begründete so die neue Dynastie der Valois und ward 23. März 1328 zu Reims gekrönt. Er vereinigte die Champagne und Brie mit der Krone. Die Flamen, die ihren Grafen vertrieben hatten, unterwarf er durch den Sieg bei Cassel 23. Aug. 1328. Mit seinem Einfall in Guienne im Juli 1337 eröffnete er den Krieg, der sodann über ein Jahrhundert zwischen England und Frankreich fortwütete. Er gestaltete sich für das letztere sehr unglücklich, das am 24. Juni 1340 zur See bei Sluys und 26. Aug. 1346 bei Crécy zu Lande gänzlich besiegt ward. 1350 kaufte er von dem unglücklichen König Jakob von Mallorca, der sich an seinem Hofe befand, Montpellier, während er früher schon das Erbe seiner Mutter, Anjou und Maine, mit der Krone vereinigt hatte. Er war wegen Steuerdrucks und Münzfälschungen bei dem Volke sehr verhaßt. Nach dem Tode seiner ersten Gemahlin, Johanna von Burgund, hatte er sich 1349 mit Blanka von Navarra vermählt. Von jener hinterließ er zwei Söhne, von denen ihm Johann der Gute auf dem Throne folgte. Vgl. Viard, Documents parisiens du règne de Philippe VI (Par. 1899–1901, 2 Bde.).

P., Herzoge von Orléans, s. Orléans (Geschlecht).

[Hessen.] 15) P. der Großmütige, Landgraf von Hessen, geb. 13. Nov. 1504 in Marburg, gest. 31. März 1567 in Kassel, folgte 1509 seinem Vater, dem Landgrafen Wilhelm II., unter Vormundschaft der Wettiner und Regentschaft der hessischen Stände, seit 1514 Annas von Mecklenburg, seiner Mutter (vgl. Glagau, Anna von Hessen, Marb. 1899), trat 1518 die Regierung selbständig an und vermählte sich 1523 mit Christine, Tochter Georgs des Bärtigen von Sachsen. In demselben Jahre bereitete er im Bunde mit Kurtrier und Kurpfalz dem Führer der ritterschaftlichen Erhebung, Franz von Sickingen, der ihm 1518 den Darmstädter Vertrag aufgezwungen hatte, durch Einnahme der Feste Landstuhl den Untergang. Seit 1525 überzeugter Anhänger der evangelischen Lehre, erwies sich P. unter den Fürsten seiner Zeit als ihr tatkräftigster und politisch einsichtigster Vorkämpfer. Die Niederwerfung der rebellischen Bauern in den Stiftern Fulda und Hersfeld führte er mit Festigkeit und Milde aus, an dem Siege von Frankenhausen hatte er persönlichen Anteil. Die Stiftung eines Bundes evangelischer Fürsten und Städte ist vor allem sein Verdienst: 1526 brachte er zunächst das Torgau-Gothaer Bündnis mit Kursachsen zustande. Nach dem Speyerer Reichstag führte er die Reformation in seinen Landen durch und gründete 1527 die erste evangelische Universität in Marburg, Die Fälscherkünste des Otto v. Pack (s. d.) verleiteten ihn 1528 beinahe zum Kriege gegen die Altgläubigen. Unterschätzung der trennenden Unterschiede und politische Berechnung bewogen ihn zur Veranstaltung des Marburger Religionsgesprächs im Oktober 1529 (s. Marburg, S. 265). Auf dem Speyerer Reichstag von 1529 hatte P. mit Johann von Sachsen die protestierenden Stände geführt, auf dem Augsburger 1530 vertrat er anfangs persönlich, dann durch Gesandte die evangelische Sache. Um diese erwarb er sich weitere Verdienste durch die Mitbegründung des Schmalkaldischen Bundes (s. d.) im Dezember 1530 und 1534 durch die ruhmvolle Rückführung Herzog Ulrichs von Württemberg in sein Land. Auf Grund des Kasseler Religionsgesprächs vom Dezember 1534 kam es im Mai 1536 zur Wittenberger Konkordie. 1539–40 verleiteten ihn seine Sinnlichkeit und die Aufnahme alttestamentlicher Anschauungen über die Mehrehe dazu, sich von den hessischen und Wittenberger Reformatoren die Eingehung einer Nebenehe erlauben zu lassen. Die im »Beichtrat« bestimmte Geheimhaltung mißglückte nicht ohne Philipps Schuld, und nun sah er sich, um der gesetzlichen Strafe wegen Bigamie zu entgehen, zur Annäherung an den Kaiser und zum Regensburger Vertrag von 1541 genötigt und in den folgenden Jahren politisch lahmgelegt; die von ihm im Verein mit Sachsen vollzogene Eroberung des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel war nur ein äußerer Erfolg. Der Donaufeldzug des Schmalkaldischen Krieges im Sommer und Herbst 1546 brachte keine Lorbeeren; nach einem faulen Winter stellte er sich im Vertrauen auf (schlecht begründete) Zusicherungen des Herzogs Moritz von Sachsen, seines Schwiegersohns, und Joachims II. von Brandenburg im Juni 1547 dem Kaiser zu Halle, verfiel aber dadurch einer fünfjährigen Gefangenschaft, die Karl V. zeitweilig infolge von Fluchtversuchen Philipps sehr verschärfte. Auch durch weitgehende Nachgiebigkeit in Sachen des Interims (s. d.) vermochte er seine Freiheit nicht wiederzuerlangen; er erhielt sie erst 1552 infolge der Fürstenrevolution und des Passauer Vertrags. Die letzten 15 Jahre seiner Regierung widmete P. in erster Linie der Verwaltung seines Landes und der Organisation der hessischen Kirche, nach außen hin dem politischen Zusammenschluß der verschiedenen evangelischen Richtungen Deutschlands und des Auslandes; so unter stützte er 1562 mit hessischen Truppen die Hugenotten, ohne anderseits die Hoffnung auf einen Ausgleich mit den Allgläubigen aufzugeben. Für die Machtstellung Hessens war es nachteilig und später verhängnisvoll, daß P. seine Lande unter die vier Söhne erster Ehe teilte (s. Hessen, S. 263). Seine Nebenfrau Margarete von der Saal (gest. 6. Juli 1566), ihm am 4. März 1540 angetraut, gebar ihm sieben Söhne, »Grafen von Dietz«, und eine Tochter; ihre Nachkommenschaft erlosch 1608. Der Beiname »Magnanimus«, den P. seit dem Württembergischen Feldzuge von 1534 trug, wäre richtiger »der Hochsinnige« zu übersetzen. Vgl. v. Rommel, P. der Großmütige (Gießen 1830, 3 Bde.); »Briefwechsel Landgraf Philipps mit Bucer« (hrsg. von Lenz, Leipz. 1880–91, 3 Bde.); »Politisches Archiv des Landgrafen P.« (hrsg. von Küch, das. 1904, Bd. 1); Falckenhemer, P. der Großmütige im Bauernkrieg (Marb. 1887); Schwarz, Landgraf P. von Hessen und die Packschen Händel (Leipz. 1883); Wille, P. der Großmütige und die Restitution Ulrichs von Württemberg (Tübing. 1882); Rockwell, Die Doppelehe des Landgrafen P. von Hessen (Marb. 1904); Turba, Verhaftung und Gefangenschaft des Landgrafen P. von Hessen (Wien 1896); Herrmann, Das Interim in Hessen (Marb. 1901); Heidenhain, Die Unionspolitik Philipps von Hessen (Halle 1890); Paetel, Die Organisation des hessischen Heeres unter P. dem Großmütigen (Berl. 1897); M. G. Schmidt, Untersuchungen über das hessische Schulwesen zur Zeit Philipps des Großmütigen (das. 1904); »Festschrift zum Gedächtnis Philipps«, herausgegeben vom Verein für hessische Geschichte und Landeskunde (Kassel 1904); »P. der Großmütige, Beiträge zur Geschichte seines Lebens und seiner Zeit«, herausgegeben von dem Historischen Verein für das Großherzogtum Hessen (Marb. 1904); Varrentrapp, Landgraf P. von Hessen und die Universität Marburg (das. 1904); v. Drach und Könnecke, Die Bildnisse Philipps des Großmütigen (das. 1905). Über den nach ihm benannten Verdienstorden s. Philippsorden.

16) P. August Friedrich, Landgraf von Hessen-Homburg, Sohn Friedrichs V., geb. 11. März 1779 in Homburg vor der Höhe, gest. 15. Dez. 1846, nahm 1794 als Hauptmann holländische Dienste, ward von den Franzosen gefangen, trat nach seiner Freilassung (1795) in die österreichische Armee, zeichnete sich 1813 als Feldmarschalleutnant aus und führte 1814 das 6. Korps der Verbündeten bis Lyon. An der Spitze eines österreichischen Korps ging er 1821 nach Neapel und war Gouverneur daselbst, bis er 1825 kommandierender General in Graz (1827–1829 in Lemberg) wurde. Seit 1832 Generalfeldzeugmeister, ward er 19. Jan. 1839 durch den Tod seines Bruders Ludwig Landgraf und gründete als solcher die Homburger Spielbank. Doch blieb er in österreichischen Diensten und war fünf Jahre lang Gouverneur der Bundesfestung Mainz. P. war seit 1838 in morganatischer Ehe vermählt mit der verwitweten Freifrau v. Schimmelpfennig, die vom Landgrafen Ludwig zur Gräfin von Naumburg ernannt wurde und 21. Febr 1845 starb.

[Spanien.] 17) P. I., der Schöne, König von Kastilien, Sohn des Kaisers Maximilian I. und der Maria von Burgund, geb. 22. Juli 14) 8, gest. 23. Sept. 1506, erbte 1482 von seiner Mutter die burgundischen Länder, vermählte sich 1496 mit Johanna, der Tochter Ferdinands des Katholischen und der Isabella, und nahm nach deren Tod 1504 den Titel eines Königs von Kastilien an, geriet aber darüber mit Ferdinand in Streit, der die Regierung im Namen seiner geistesschwachen Tochter Johanna übernehmen wollte. P. ging 1506 mit seiner Gemahlin zu Schiff nach Kastilien ab und ward von dem Ferdinand feindlichen Adel als König anerkannt. Allein er starb nach wenigen Monaten in Burgos, tief betrauert von seiner Gemahl in, die noch seine Leiche mit krankhafter Eifersucht überwachte. Seine Söhne waren die Kaiser Karl V. und Ferdinand I.

18) P. II., König von Spanien, Sohn Kaiser Karls V. und der Isabella von Portugal, geb. 21. Mai 1527 in Valladolid, gest. 13. Sept. 1598, ward von verschiedenen Lehrmeistern vortrefflich erzogen. Er war von zartem, aber regelmäßigem Körperbau und nicht häßlich, doch fehlte ihm, trotz körperlicher Gewandtheit, die jugendliche Lebhaftigkeit, und seine ausgeprägte Vorliebe für die Kastilier machte ihn bei seinen andern Untertanen und bei Ausländern wenig beliebt. Kaum 16 Jahre alt, wurde er mit Maria von Portugal vermählt und, als sein Vater 1543 nach Deutschland ging, unter dem Bei rat des Herzogs von Alba an die Spitze der Regierung Spaniens gestellt. Nachdem der Plan Karls V., ihn zum römischen König erwählen zu lassen, vereitelt worden, vermählte er P., der inzwischen Witwer geworden, 1554 mit der Königin Maria von England, obwohl diese elf Jahre älter war als er. Hierauf trat ihm Karl V. 25. Okt. 1555 die Niederlande und die italienischen Besitzungen und 16. Jan. 1556 auch Spanien nebst den Kolonien ab. P. war einfach in seiner Lebensweise und tätig, zwar langsam und unentschlossen, aber von eiserner Beharrlichkeit in der Verfolgung der einmal gefaßten Entschlüsse. Seine einflußreichsten Räte waren erst Gomez, dann Alba, Perez und der Kardinal Granvella. Sein hauptsächliches Ziel war, der katholischen Kirche und mit dieser Spanien die Herrschaft über die Welt zu verschaffen. Seine Krone betrachtete er weit mehr denn das Papsttum als Mittelpunkt des Katholizismus und verteidigte deshalb mit Eifer nicht nur seine Rechte über die spanische Kirche gegen die Kurie, sondern auch seinen Einfluß auf die letztere. Gleich bei Beginn seiner Herrschaft geriet er in Krieg mit Papst Paul IV., dem er indes nach der Einnahme Roms durch Alba 1557 gegen das Versprechen der Neutralität Frieden gewährte. Hierauf nahm er den französischen Krieg wieder auf und erlangte durch die Siege bei St.-Quentin 10. Aug. 1557 und bei Gravelines 13. Juli 1558 den günstigen Frieden von Cateau-Cambrésis (April 1559). Inzwischen war 1558 Maria von England kinderlos gestorben, worauf er sich mit Elisabeth von Frankreich vermählte. Die Ausbreitung des Protestantismus in den Niederlanden, den P. um jeden Preis zu unterdrücken bemüht war, hatte nach langen Kriegen (1568–1609) den endgültigen Abfall des nördlichen Teils derselben zur Folge. Seinen Sohn und Erben, Don Carlos, mußte P., da er durch Krankheit und Ausschweifungen einem gemeingefährlichen Wahnsinn verfiel, 1568 in Gewahrsam nehmen lassen, wo er bald darauf starb. Immer mehr schloß sich P. von der Welt ab und führte alle Geschäfte schriftlich, was zur Verschleppung derselben beitrug. Die Vertreibung der Morisken aus Granada verwickelte ihn 1570 in einen Krieg mit den Türken. Mit Venedig und dem Papst verbündet, errang er durch seinen Halbbruder Don Juan d'Austria den entscheidenden Seesieg bei Lepanto (7. Okt. 1571). Als Sebastian von Portugal bei Alkazar (1578) fiel und dessen Oheim, Kardinal Heinrich, 31. Jan. 1580 starb, machte P. als Sohn Isabellas, Emanuels ältester Tochter, seine Erbansprüche geltend und eroberte in einem kurzen Feldzuge ganz Portugal, das er mit Spanien vereinigte. Da Elisabeth von England fortgesetzt die Niederlande unterstützte und 1587 Maria Stuart hinrichten ließ, rächte sich P. durch Anstiftung von Aufständen in Irland und rüstete 1588 mit einem Kostenaufwand von 20 Mill. Dukaten gegen England die Armada (s. d.) aus, von der aber nur 50 Schiffe mit etwa 10,000 Menschen nach Spanien zurückkehrten. 1596 zerstörten zur Vergeltung die Engländer eine spanische Flotte im Hafen von Cadiz, plünderten diese Stadt und machten 20 Mill. Dukaten Beute. Hatte hierdurch der Seehandel Spaniens einen empfindlichen Verlust erlitten, so verhinderte der erfolglose Krieg mit Frankreich (1595–98), wo P. im Bunde mit den Guisen die Thronbesteigung Heinrichs IV. hindern wollte, die Wiederunterwerfung der Niederlande. Philipps Kriege und seine echt spanische, aber kurzsichtige wirtschaftliche Politik hatten die Kraft des spanischen Volkes schwer erschüttert. Dafür hat sich P. um die Gegenreformation die größten Verdienste erworben. Zuletzt ward er von schweren Leiden heimgesucht. Trotz wiederholten Bankrotts hinterließ er eine Schuldenlast von 100 Mill. Dukaten. Aus seiner vierten Ehe, mit der Erzherzogin Anna, entsprang sein Nachfolger auf dem Thron, Philipp III. Außerdem hinterließ er aus dritter Ehe zwei Töchter, Isabella und Margareta, an denen er mit warmer Zärtlichkeit hing (vgl. Gachard, Lettres de P. II à ses filles, Par. 1884). Aus der unendlichen Literatur über P. verdienen Erwähnung die Biographien von Cabrera de Cordoba (Madr. 1876–78, 4 Bde.), Prescott (deutsch von Scherr, Leipz. 1856–59, 5 Bde.), Forneron (3. Aufl., Par. 1887, 4 Bde.), Hume (Lond. 1897). Eine Verherrlichung Philipps von klerikalem Standpunkt gibt Montaña, Nueva luz y juicio verdadero sobre Felipe II (Madr. 1882).

19) P. III., König von Spanien, Sohn des vorigen, geb. 14. April 1578, gest. 31. März 1621, übernahm 1598 die Regierung des stark erschöpften Staates, überließ sie aber fast ganz seinem Minister, dem Herzog von Lerma, und später, als Lerma wegen der allgemeinen Abneigung der Bevölkerung 1618 in Ungnade gefallen war, dessen Sohn, dem Herzog von Uzeda. Er schloß zwar mit den Niederlanden 1609 einen Waffenstillstand und beendete den kostspieligen Krieg daselbst, beförderte aber durch die völlige Vertreibung der Morisken, die das Edikt vom 22. Sept. 1609 befahl, die Entvölkerung Spaniens und hinterließ bei seinem Ableben die Staatsfinanzen in grenzenloser Verwirrung. Vgl. Novóa, Historia de Felipe III, rey de EspañaDocumentos inéditos para la historia de España«, Bd. 60 u. 61); Philippson, Heinrich IV. und P. III. (Berl. 1870–76, 3 Bde.).

20) P. IV., König von Spanien, Sohn des vorigen, geb. 8. April 1605, gest. 17. Sept. 1665, gelangte 1621 zur Regierung, überließ aber dieselbe seit 1623 dem Herzog von Olivarez, der nicht ohne Erfolg bemüht war, das Land zu reorganisieren. Er säuberte das Beamtentum, suchte Ackerbau, Industrie und Handel zu beleben und beförderte die Wissenschaften und Künste, die damals in Spanien zu höchster Blüte gelangten. Aber die auswärtigen Kriege, der Abfall von Portugal und der Aufstand von Katalonien nötigten P., die Kräfte der Nation in einer Weise anzuspannen, die das Gedeihen der angebahnten Reformen unmöglich machte. Vgl. Novóa, Historia de Felipe IV, rey de EspañaDocumentos inéditos para la historia de España«, Bd. 69, 77,80 u. 86); Canovas del Castillo, Estudios del reinado de Felipe IV (Madr. 1888–90, 3 Bde.).

21) P. V., König von Spanien, Herzog von Anjou, Enkel König Ludwigs XIV., geb. 19. Dez. 1683, gest. 9. Juli 1746, wurde von König Karl II. von Spanien 1700 zum Erben ernannt, bestieg 1. Nov. d. J. den spanischen Thron, den er im Spanischen Erbfolgekrieg gegen Österreich behauptete. Er selber war sehr unbedeutend; aber für ihn regierten mit Geschick und Erfolg die Fürstin Orsini und deren Helfer, der Marquis von Orry. Im Utrechter Frieden (1713) mußte er auf die niederländischen und italienischen Besitzungen Spaniens verzichten. Nach dem Tode seiner ersten Gemahlin, Marie Luise von Savoyen (vgl. L. Perey, Une reine de douze aus. Marie-Louise-Gabrielle de Savoie, reine d'Espagne, Par. 1895), vermählte er sich 1714 mit Elisabeth von Parma (geb. 1692, gest. 1766), die ihn in Gemeinschaft mit Alberoni völlig beherrschte und, um ihren Kindern Herrschaften in Italien zu verschaffen, bereits 1717 in einen Eroberungskrieg gegen Österreich verwickelte, der 1720 infolge der Quadrupelallianz der europäischen Mächte erfolglos endete. Auch das Projekt einer Vermählung des Infanten Karl mit Maria Theresia scheiterte. Nunmehr überließ sich P. ganz seiner natürlichen Trägheit, resignierte 16. Jan. 1724 zugunsten seines Sohnes Ludwig, übernahm aber nach dessen baldigem Tode die Krone von neuem, worauf der Abenteurer Ripperda einen entscheidenden Einfluß erlangte und gegen Abtretung von Parma und Piacenza 1731 die Pragmatische Sanktion anerkannte. Im Polnischen Erbfolgekrieg (1733) sandte P. wieder 30,000 Mann nach Italien, wodurch endlich dem Infanten Karl die Krone von Neapel und Sizilien 1735 zuteil ward. Von seinen Söhnen erster Ehe folgte ihm Ferdinand VI. auf dem Thron. Der jüngste Sohn, Philipp, erhielt 1748 das Herzogtum Parma. Vgl. A. Baudrillart, Philippe V et la cour de France, 1700–1715 (Par. 1890–1901, 5 Bde.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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