Bankrott

Bankrott

Bankrott (Bankerott, Bankerutt, Bankbruch), im gewöhnlichen Leben das Unvermögen zur Zahlung seiner Schulden (s. Konkurs). Das Wort B. (aus ital. banca rotta, »zerbrochene Bank«, entstanden) deutet auf den einstigen Brauch, dem Wechsler, der nicht mehr zahlen konnte, auf offenem Markte seine Wechselbank zu zerbrechen. Im engern Sinn bezeichnet B. den strafbaren Konkurs. Früher war nur der B. der Kaufleute unter Strafe gestellt; die gegenwärtigen Strafbestimmungen der Reichskonkursordnung erstrecken sich jedoch auch auf Nichtkaufleute. Nach der deutschen Konkursordnung (§ 239, 240) liegt B. vor, wenn einem Schuldner, der seine Zahlungen eingestellt hat oder über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, außerdem gewisse Handlungen oder Unterlassungen zur Last fallen, die seine Handlungsweise als strafbar erscheinen lassen. Das Gesetz unterscheidet zwischen betrüglichem B., der mit Zuchthaus, und einfachem B., der mit Gefängnis bedroht ist. Der erstere liegt vor, wenn ein Schuldner der erwähnten Art in der Absicht, seine Gläubigerzubenachteiligen, entweder Vermögensstücke verheimlicht oder beiseite geschafft oder erdichtete Schulden oder Rechtsgeschäfte anerkannt oder aufgestellt oder die Führung von Handelsbüchern, zu der er gesetzlich verpflichtet war, unterlassen oder seine Handelsbücher vernichtet oder verheimlicht oder so unordentlich geführt hat, daß sie keine Übersicht des Vermögensstandes gewähren. Einfacher B. ist gegeben, wenn einer der erwähnten Schuldner übermäßige Summen durch Aufwand, Spiel oder Wette oder durch Differenzhändel mit Waren oder Börsenpapieren verbraucht hat oder schuldig geworden ist, oder wenn er in der Absicht, die Konkurseröffnung hinauszuschieben, Waren oder Wertpapiere auf Kredit entnommen oder verschleudert hat oder in Beziehung auf seine Handelsbücher in der oben angegebenen Weise verfahren ist, oder es unterlassen hat, die durch das Handelsgesetzbuch vorgeschriebene Bilanz in der vorgeschriebenen Zeit zu ziehen.

An die Paragraphen 239 ff. der Konkursordnung knüpft § 10 des Depotgesetzes von 1896 an, demzufolge die Verletzung der Pflicht des Verwahrers oder Pfandgläubigers zur gesonderten Verwahrung und Buchung der Depots (§ 1) und des Kommissionärs zur Übersendung des Stückeverzeichnisses an den Kommittenten (§ 3, 5) unter der Voraussetzung für strafbar (Gefängnis bis zu 2 Jahren) erklärt wird, daß dadurch bei Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung der Berechtigte bezüglich des Anspruchs auf Aussonderung der zu verwahrenden, eingekauften oder sonstwie bezogenen Wertpapiere benachteiligt wird. Ferner bestraft § 11 desselben Gesetzes den Bankrottierer mit Zuchthaus, der als Kaufmann im Bewußtsein seiner Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung fremde Wertpapiere, die er im Betriebe seines Handelsgewerbes als Verwahrer, Pfandgläubiger oder Kommissionär in Gewahrsam genommen, sich rechtswidrig zugeeignet hatte (bei mildernden Umständen Gefängnisstrafe nicht unter 3 Monaten). Zu erwähnen ist noch, daß nach § 315, Ziffer 2, des Handelsgesetzbuchs Mitglieder des Vorstandes und Liquidatoren einer Aktiengesellschaft mit Gefängnis bis zu 3 Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu 5000 Mk. bestraft werden, wenn sie es unterlassen, die Eröffnung des Konkurses rechtzeitig zu beantragen (Straflosigkeit bei Feststellung, daß der Antrag ohne Verschulden unterblieben ist). In einem ähnlichen Falle, wenn nämlich bei Überschuldung eines Vereins die Stellung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses verzögert wird, sind die Vereinsvorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden als Gesamtschuldner verantwortlich (§ 42, Abs. 2, des Bürgerlichen Gesetzbuches).

In Österreich wird nach dem allgemeinen Strafgesetz vom 27. Mai 1852 der in Konkurs geratene Schuldner, der nicht nachweisen kann, daß er durch Unglücksfälle und unverschuldet von der vollen Befriedigung seiner Gläubiger zurückgehalten wurde, oder wenn ihm übermäßiger Aufwand zur Last fällt, oder wenn er, nachdem seine Passiva die Aktiva bereits überstiegen, den Konkurs nicht sogleich selbst bei Gericht angemeldet, sondern neue Schulden gemacht, Zahlungen geleistet, Pfand oder Bedeckung angewiesen hat, mit strengem Arrest von 3 Monaten bis zu einem Jahr bestraft. Derselben Strafe unterliegen in Konkurs verfallene Handelsleute, die 1) ihr Handlungsgeschäft schon in verschuldetem Zustand oder, wenn gesetzlich zur Betreibung desselben ein bestimmter Handlungsfonds erforderlich ist, ohne den Besitz eines solchen und mit Hintergehung der Behörde über ihren Vermögensstand angetreten haben; 2) wenn sie schon einmal in Konkurs verfallen waren und die Erlaubnis zum Wiederantritt ihres Geschäftsbetriebs (insofern dies gesetzlich vorgeschrieben ist) durch falsche Angaben über ihren Vermögensstand etc. erlangt haben; 3) ihre Handlungsbücher gar nicht oder so mangelhaft geführt haben, daß der Gang ihres Geschäftsbetriebs und ihr Vermögensstand nicht danach beurteilt werden können; 4) bei der Buchführung absichtliche Unrichtigkeiten begangen, die Bücher ganz oder teilweise vernichtet, unterdrückt oder deren Inhalt entstellt haben; 5) über die Entstehung von Schulden oder die Verwendung von eingegangenen bedeutenden Geldsummen oder Warensendungen keine hinreichende Aufklärung zu geben vermögen; 6) sich in Lieferungsverträge über Kreditpapiere oder Waren, die ihrem Wesen nach bloß Wetten sind, und in andre gewagte, ihren Vermögensverhältnissen nicht entsprechende Geschäfte eingelassen haben; 7) die Eröffnung des Konkurses zu einer Zeit, da sie bereits wußten, daß ihre Passiva die Aktiva überstiegen, durch Verschleuderung ihrer Waren unter dem wahren Wert oder durch andre ihren Gläubigern verderbliche Mittel zu verzögern gesucht haben. Wenn aber jemand durch Verschwendung sich in das Unvermögen zu zahlen gestürzt oder durch Ränke den Kredit zu verlängern gesucht hat, oder durch Ausstellung erdichteter Gläubiger oder sonst durch betrügliches Einverständnis oder Verhehlung eines Teiles von seinem Vermögen den wahren Stand der Masse verdreht, so liegt (§ 199 ff.) das Verbrechen des Betruges vor, das mit Kerker von 6 Monaten bis 5 Jahren, eventuell mit schwerem Kerker bis zu 10 Jahren bestraft wird.

In Frankreich unterscheidet man zwischen einfachem und betrügerischem B.; strafbar ist dort nur der B. der Kaufleute. In England trifft den Bankrottierer nach dem Bankrottgesetz (Bankruptcy Act) von 1883 außer der Strafe des Betrugs bei betrügerischem B. Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Vgl. die Lehrbücher des Strafrechts und der Konkursordnung, insbes. Jäger, Konkursordnung (Berl. 1901); Neumeyer, Historische und dogmatische Darstellung des strafbaren Bankrotts (Münch. 1891), und G. Schmidt, Der strafbare Bankbruch in historisch-dogmatischer Entwickelung (das. 1893).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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