- Nordamerikanische Literatur
Nordamerikanische Literatur (in englischer Sprache). Die n. L. im engern Sinne fängt mit der Revolution an, ihre Anfänge aber reichen weit in die Kolonialzeit zurück. Als das erste Werk amerikanischen Schrifttums gilt der im J. 1608 veröffentlichte Bericht des Kapitäns John Smith über seine Reise nach Virginien, der aber ganz vom Standpunkt des mit amerikanischen Verhältnissen nur flüchtig bekannt gewordenen Engländers verfaßt ist. Mehr Anspruch darauf kann die puritanische Umdichtung der Psalmen erheben, die 1640 in Massachusetts entstand: »The Bay psalm book«. In dieselbe Periode gehören Gouverneur Bradfords Geschichte der Plymouth-Kolonie und Gouverneur Winthrops Geschichte Neuenglands. Beide wenig mehr als Chroniken. Die neuenglische Lyrik begann mit den Dichtungen der Anne Bradstreet (gest. 1672): »Contemplations«, die eine Verbindung von Naturpoesie und religiöser Dichtung darstellen. Charakteristisch für den starren Dogmatismus, der auf den Kanzeln Neuenglands gepredigt wurde, ist Michael Wigglesworths »Day of doom« (1662). Die theologische Literatur erreichte ihren Höhepunkt in der Predigerfamilie Mather, Männern von eiserner Willenskraft und fabelhaftem Fleiß, die auf mehrere Generationen einen tiefgehenden Einfluß übten. Increase Mather (gest 1723) war der Verfasser von über 160 Werken; Cotton Mather (gest. 1728) von 382, darunter mehreren in französischer, spanischer und der Algonkin-Sprache. Ein bedeutend tieferer Denker war Jonathan Edwards (gest. 1758), dessen Abhandlung über den freien Willen in Schottland und England Aufsehen erregte. In den mittlern Kolonien entwickelte sich das Schrifttum etwas später und in andrer Richtung. Geographischen Beschreibungen und historischen Aufzeichnungen folgte die interessante Schilderung seiner eignen Wanderungen von dem Quäker Jonathan Dickinson (1696). Philadelphia war früh der Wohnsitz hervorragender Gelehrter, unter ihnen des Philologen James Logan, des Mathematikers George Keith, des Botanikers John Bartram und der Astronomen David Ritten house und Thomas Godfrey. Thomas Godfrey jun. (gest. 1763) ist der Verfasser des ersten in Amerika entstandenen Dramas : »The prince of Parthia«.
In der Revolutionsperiode, vom Jahr der Stempelakte 1765 an bis zum Schluß des zweiten Krieges mit England 1815, war die Literatur vorwiegend polemischer Natur oder bildete einen Nachhall der Enzyklopädisten Frankreichs. Beide Richtungen vereinigt Thomas Paine (gest. 1809), der die Unabhängigkeit der Kolonien in seinem »Common sense« verfocht, Burkes Betrachtungen über die französische Revolution seine »Rights of man« entgegensetzte und in seinem »Age of reason« einen reinen Deismus lehrte. Der beliebteste Autor der Periode ist Benjamin Franklin (gest. 1790), der sich durch seine vielfache Tätigkeit als Buchdrucker, Erfinder, Staatsmann und Schriftsteller den Ruf erworben, der erste typische Amerikaner zu sein. Unter seinen zahlreichen Schriften wird die Autobiographie manchmal der Eckstein der nordamerikanischen Literatur genannt, denn in ihr gibt sich zum erstenmal der gesunde praktische Sinn für des Lebens Aktualitäten kund, der einen Grundzug des amerikanischen Volkscharakters bildet. Unmittelbar nach Schluß der Revolution erschienen unter dem Sammelnamen »The federalist« Essays von Alexander Hamilton, James Madison und John Jay, und in Thomas Jefferson erstand dem Land einer der scharfsinnigsten und weitsichtigsten Denker. Unter den Dichtern der Periode befinden sich patriotische Lyriker wie Philipp Freneau (gest. 1832), Timothy Dwight (gest. 1817), Joel Barlow (gest. 1812), John Trumbull (gest. 1831), Hugh Henry Breckenridge (gest. 1816), Francis Hopkinson (gest. 1842) und Francis Scott Key (gest. 1843), von denen einige sich auch in der ernsten und humoristischen Ballade und im Epos versuchten, während die beiden letztern sich durch die Nationalhymnen »Hail Columbia« und »The starspangled banner« unsterblich gemacht haben. Der erste Romanschriftsteller der Periode ist Charles Brockden Brown (gest. 1810), ein stark durch William Godwin und Mary Wollstonecraft beeinflußter Geist; ihm folgte Susanna Haswell Rowson (gest. 1824) mit dem seinerzeit überaus beliebten Roman »Charlotte Temple«. Eine Geschichte der Buchdruckerkunst in Amerika schrieb Isaiah Thomas (gest. 1831), eine Biographie Washingtons John Marshall (gest. 1835). Die hervorragendsten Redner der Zeit waren James Ot is, Samuel Adams, Patrick Henry, Richard Henry Lee und Fisher Ames.
Die dritte Periode umfaßt den Zeitraum vom Schluß des zweiten Krieges mit England (1815) bis zum Schluß des Bürgerkrieges (1865). Die provinziellen Unterschiede erscheinen bereits deutlicher und die literarische Tätigkeit konzentriert sich zunächst auf die mittlern Staaten, vor allem die Städte Philadelphia und New York; ihnen folgt Neuengland und zuletzt der Süden, ohne auf die innere Gestaltung des nationalen Schrifttums den Einfluß zu gewinnen, den die beiden andern Gruppen hatten. Mit der sogen. Knickerbocker-Schule beginnen die schöngeistigen Bestrebungen der Zeit. Deren Haupt, Washington Irving (gest. 1859), ist der erste in der Weltliteratur anerkannte Amerikaner. Die Geschichte findet in ihm ihren ersten wirklich literarischen Vertreter; er schrieb eine Geschichte von Granada u.a. auf diesem Gebiet. In der Biographie ragte er hervor durch sein »Leben und Reisen des Kolumbus« u.a. Zur amerikanischen Novellistik trug er bei durch sein »Sketchbook« u.a. und kann wohl als Begründer der kurzen Erzählung gelten, in der sich die Amerikaner auszeichnen. Der amerikanische Humor macht sich zuerst in gediegener Weise geltend in der unklassifizierbaren, mehr vom belletristischen als vom wissenschaftlichen Standpunkt geschriebenen Geschichte der holländischen Herrschaft New Yorks, die denn auch einer seinen Satire und liebenswürdigen Komik halber zu seinen Meisterwerken gezählt wird. Andre Novellisten der Zeit sind James Kirke Paulding (gest. 1860), Charles Fenno Hofmann (gest. 1884), Susan Warner (die unter dem Pseudonym Elizabeth Wetherell schrieb), und Miriam Coles Harris. Im Roman überragt alle an Popularität James Fennimore Cooper (gest. 1851), der in seinem »Spy«, in den »Pioneers«, im »Pilot« und den »Lederstrumpfgeschichten« die Revolution, das Grenzer-, Marine- und Ansiedlerleben verewigt hat. Die Lyrik fand begabte Vertreter in Fitz-Greene Halleck (gest. 1867), Joseph Rodman Drake (gest. 1820), Charles Fenno Hofmann und den Dichtern und Malern Thomas Buchanan Read und Washington Allston, dem durch pennsylvanische Dialektdichtungen populär gewordenen Charles Godfrey Leland (gest. 1903), dem Naturschilderer William Cullen Bryant (gest. 1878) und dem vielseitigen Bayard Taylor. Metrische Übersetzungen von Bedeutung sind Bryants »Homer« und Taylors »Faust«. Abseits von ihnen steht die nirgends einzureihende Gestalt Walt Whitmans (gest. 1892), der in ganz eignen freien Rhythmen eine individualistische Weltanschauung und die Demokratie besang. und obgleich im Ausland hochgepriesen, eine keineswegs unbestrittene Stellung einnimmt. Das Drama fand in George H. Boker (gest. 1890) einen vornehmen Vertreter. Auf dem Gebiete des Essays haben außer Irving Nathaniel Parker Willis, George William Curtis, George P. Morris u.a. Hervorragendes geleistet. Die Literaturgeschichte pflegten Evert A. Duyckink (gest. 1878), George L. Duyckink (gest. 1863) und der Shakespeareforscher Richard Grant White (gest. 1885).
Im dritten Jahrzehnt beginnt die literarische Hegemonie Neuenglands, und Boston wird das Zentrum geistigen Lebens. Die Lyrik findet in Ralph Waldo Emerson (gest. 1882) einen tiefsinnigen Denker, in Henry Wadsworth Longfellow (gest. 1882) und James Russell Lowell (gest. 1891) feinfühlige Künstler; in John Greenleaf Whittier (gest. 1892) einen prächtigen Idylliker und in Oliver Wendell Holmes (gest. 1894) einen liebenswürdigen Humoristen. Andre Lyriker Neuenglands sind James Gates Percival, John Godfrey Saxe, Richard Henry Dana, Lydia Maria Childs und Charles Sprague. Im idyllischen Epos zeichnete sich Longfellow durch »Evangelin e« und »The courtship of Miles Standish« aus; in der satirischen Dialektdichtung Lowell durch die »Bigelow papers«. Ein prächtiges Drama schuf Longfellow in seinem »Spanish student«. Im Roman hat Holmes durch »Elsie Venner«, »The guardian angel« und »A mortal antipathy« die psychologische Realistik einer spätern Periode vorweggenommen. Harriet Beecher-Stowe (gest. 1896) schrieb den weltberühmten Tendenzroman »Onkel Toms Hütte«. Andre Romanschriftsteller der Gruppe sind John Neal, Catherine Sedgwick, Richard Henry Dana, William Ware, Theodore Winthrop und Sylvester Judd. Der Meister unter Neuenglands Romanschriftstellern ist Nathaniel Hawthorne (gest. 1864), dessen »House of the seven gables«, »The scarlet letter«, »The Blithedale romance« und »The marble faun« ihn zum Klassiker des amerikanischen Romans gemacht haben. Auch die Novelle brachte er in »Mosses from an old manse« und »Twice-told tales« zu höherer Vollendung. Im Essay leistete Hervorragendes Oliver Wendell Holmes im »Autocrat of the breakfast table«, »Professor at the breakfast table« und »Poet at the breakfast table« sowie in der Serie »Over the tea-cups«. Ihm schließen sich an James Russell Lowell mit den literarischen Aufsätzen »Among my books«, »My study window« und »Essays and adresses«, Edwin Percy Whipple mit kritischen Schriften, Lydia Maria Childs mit Abolitionsschriften und die Mitglieder der Transzendentalistengruppe, Margaret Fuller, Bronson Allcott, William Ellery Channing und Ralph Waldo Emerson, der individuellste Denker Amerikas, dessen Essay-Sammlungen »Representative men«, »Society and solitude « etc. auf die Weltanschauung der heranwachsenden Generation einen tiefgehenden Einfluß ausgeübt haben. Verwandt mit Emerson und der Transzendentalistenschule von Concord ist Henry David Thoreau (gest. 1862), Verfasser des eigenartigen autobiographischen Fragments »Walden« und andrer Schriften, die seine individualistische Lebensanschauung und seine Naturliebe widerspiegeln. Die Geschichte findet klassische Vertreter in George Bancroft (gest. 1891), der die Geschichte der Vereinigten Staaten im ganzen behandelt hat; Francis Parkman (gest. 1893), der die französische Kolonisation im Norden und die Stellung des Indianers vortrefflich geschildert; William Hickling Prescott (gest. 1859), der sich mit der Geschichte Spaniens, Mexikos und Perus befaßt, und John Lothrop Motley (gest. 1877), der über die Geschichte der Niederlande geschrieben hat. Andre Historiker der Gruppe sind John Gorham Palfrey, Richard Hildreth, John Foster Kirk, Thomas Wentworth Higginson, Joseph Story. Die Literaturgeschichte ist vertreten durch Edward Everett, George Ticknor, Harry Theodore Tuckermann (gest. 1871) und Edwin Percy Whipple (gest. 1886). Von literarischem Wert sind aus dieser Periode die Reden von Daniel Webster (gest. 1852), Edward Everett (gest. 1865), Wendell Phillips (gest. 1884), Charles Sumner (gest. 1874), Theodore Parker (gest. 1860) u.a. Die Literatur der Südstaaten beginnt mit der Lyrik und gipfelt in dieser Periode in der Erscheinung von Edgar Allan Poe (gest. 1849), dessen eigenartige Dichtungen der Weltliteratur angehören. Andre Lyriker der Südstaaten sind Edward Coate Pinckney, Paul Hamilton Hayne, Henry Timrod, Frank O. Ticknor und Lydia Sigourney. In der Novelle ist Poe Meister der phantastischen Erzählung; im Roman zeichneten sich aus John Pendleton Kennedy, William Gilmore Simms, John Esten Cooke, Mary Virginia Terhune (namentlich Marion Harland) und A. B. Longstreet. Die Geschichte ist vertreten durch Charles E. Gayarré; die Biographie durch William Wirt. Der hervorragendste Redner des Südens ist in dieser Zeit Henry Clay.
Die vierte Periode erstreckt sich vom Schluß des Bürgerkrieges (1865) bis auf die Gegenwart. New York ist wieder das literarische Zentrum, und den mittlern, östlichen und südlichen Staaten gesellen sich die westlichen. Die in den erstern numerisch am stärksten vertretene Lyrik weist folgende Namen auf: Richard Henry Stoddard (gest. 1903), John T. Trowbridge, Edmund Clarence Stedman, Thomas Bailey Aldrich, Stephen Crane, Bliß Carman, Richard Hovey, Emma Lazarus, Edith M. Thomas u.a. Das Drama leidet unter ökonomischen Mißverhältnissen. Einen Zyklus metrischer Dramen, die den Sagenkreis König Artus' behandeln, hat Richard Hovey (gest. 1900) gedichtet; Thomas Bailey Aldrich eine prächtige Tragödie: »Mercedes«. Bronson Howard, James Herne, William Gillette, Clyde Fitch u.a. haben moderne Stoffe behandelt. Im Roman wurden William Dean Howells (geb. 1837) und Henry James (geb. 1843) Wortführer des amerikanischen Realismus; letzterer zeichnet sich durch eine psychologische Tiefe aus, die wenige Novellisten englischer Zunge erreicht haben. Andre Autoren, die in Roman und Novelle Bedeutendes geleistet haben, sind: S. Weir Mitchell, Paul Leicester Ford, Charles Dudley Warner, Thomas Bailey Aldrich, Frank R. Stockton, F. Marion Crawford, Marion Deland, F. Hopkinson-Smith, Richard Harding Davis etc. Im Essay zeichneten sich aus Edmund Clarence Stedman, George E. Woodberry, Brander Matthews, Hamilton W. Mabie, E. L. Godkin, H. C. Bunner, ein genialer Feuilletonist, John Burroughs, ein feinsinniger Naturschilderer, u.a. Den Humor haben zur Blüte gebracht Charles Farrar Browne (Artemus Ward), David Roß Locke (Petroleum V. Naseby) und Samuel T. Clemens (Mark Twain). In Neuengland blüht besonders üppig die Lyrik; vertreten ist sie durch Henry Howard Brownell, Edward Rowland Sill, Arlo Bates, James Boyle O'Reilly, Lloyd Mifflin, den Bildhauer William Wetmore Story, William Winter, Helen Hunt Jackson, Celia Thaxter, Julia Ward Howe, Louise Imogen Guiney, Charlotte Perkins Stetson und die geniale Emily Dickinson (1830–1886). Im Drama haben sich versucht Josephine Preston Peabody und Mary Wilkins. In Roman und Novelle ragen hervor Edward Everett Hale (geb. 1822), ein Meister der kurzen Erzählung, Louise M. Allcott (1832–88), eine Klassikerin auf dem Gebiete der Jugendschriften, Elizabeth Stuart Phelps, Harriet Prescott Spofford, Sarah Orne Jewett, Blanche Howard, Mary E. Wilkins und Edward Bellamy (1850–98), dessen Zukunftsroman »Looking backward« einen Weltruf erlangte. Der Essay fand in Thomas Wentworth Higginson, Alice Brown, Agnes Repplier, John Cabot Lodge und John Fiske (1842–1902) vortreffliche Vertreter. Den Humor Neuenglands repräsentiert Henry W. Shaw (Josh Billings). Die Südstaaten haben in der Person Sidney Laniers (1842–92) einen eigenartigen Meister der Lyrik hervorgebracht; ihm gesellen sich Maurice Thompson, Frank O. Ticknor, Irwin Russell und der Neger Paul Laurence Dunbar. Das Leben in den Südstaaten vor und nach dem Bürgerkriege schildern in Roman und Novelle George M. Cable (geb. 1844), dessen Kreolentypen von Louisiana klassisch genannt zu werden verdienen, Grace King, Thomas Nelson Page, Amelie Rives, Joel Chandler Harris, Mary N. Murfree (Pseudonym: Charles Egbert Craddock), James Lane Allen, George Fox, Paul Laurence Dunbar, Albion W. Tourgee, Frances Hodgson Burnett und Lafcadio Hearn. Das Drama fand Vertreter in Amelie Rives, Albion W. Tourgee, Frances Hodgson Burnett, Dion Boucicault. Im Essay leistet Lafcadio Hearn Vorzügliches. Die westlichen Staaten treten erst in den 1860er Jahren in der Literatur auf. Hervorragende Vertreter der Lyrik sind Francis Bret Harte (1839–1902), dessen »Heathen Chinee« sich das Land im Sturm erobert, Joaquin, eigentlich Cincinnatus Hiner Miller (geb. 1841), dessen »Songs of the sierras« von wunderbarer Wärme des Kolorits sind; die Söhne Indianas, John Hay, James Whitcomb Riley und Will Carleton, die eine eigne volkstümliche Heimatskunst repräsentieren, Eugene Field, Hamlin Garland, Edwin Markham, der Japaner Jone Noguchi u.a. Im Drama haben Bret Harte, Joaquin Miller, Augustus Thomas u.a. Erfolg gehabt. Roman und Novelle erhielten durch Bret Hartes »Luck of Roaring Camp« und andre Erzählungen aus dem Minen- und Abenteuerleben mächtige Anregung; es folgten ihm auf demselben und ähnlichen Stoffgebieten Mary Hallock Foote, Kapitän Charles King, Edward Eggleston, Joseph Kirkland, Edgar Watson Howe, Alice French (Pseudonym Octave Thanet), Hamlin Garland, Owen Wister und der hochbegabte Frank Norris (1870–1903) und als Schilderer westlichen Großstadtlebens Henry Blake Fuller und Robert Herrick. Im Humor ist Robert J. Burdette eine Landesberühmtheit geworden.
Wissenschaftliche Literatur.
Auf dem Gebiete der Geschichte hat die n. L. eine Reihe namhafter Autoren aufzuweisen: William H. Prescott (gest. 1859) mit der »History of Ferdinand and Isabella«, »Conquest of Mexico« etc. George Bancroft (gest. 1891) mit der »History of the United States«, John L. Motley (gest. 1877) mit »The history of the rise of the Dutch Republic« und Francis Parkman (gest. 1893) mit seiner Serie von Werken, betitelt »France and England in North America«, können wohl zu den Klassikern der Geschichtschreibung gezählt werden. An Gründlichkeit des Quellenstudiums, Lebendigkeit der Darstellung und psychologischem Scharfsinn werden sie von wenigen übertroffen. Verdienstvolle Leistungen sind auch W. Irvings Werke über die Entdeckung Amerikas und verwandte Gegenstände, Wheatons »History of the Northmen« (1831), Drapers »History of the intellectual development of Europe« (1863), Hildreths, »History of the United States« (1852), Ticknor Curtis' »History of the constitution of the United States« (1855), Wilsons »History of the rise and fall of slave power in the United States«, Drapers »American civil war«, Lossings »Fieldbook of the revolution« und die Schriften von Greeley, Swinton, Seward, Porter, Jefferson, Davis. Eine volkstümliche kulturhistorische Arbeit ist John Bach Mc Masters »History of the United States«, an die sich Justin Winsors »History of America« (1884–89) und Werke von Henry Adams, James Schouler, John Fiske und Henry Cabot Lodge anschließen. Von Werken über den Bürgerkrieg sind zu erwähnen die Schriften von Greeley, Draper, Wilson und Alex. H. Stephens sowie die Memoiren der Generale Sherman, Scott und Grant. Eine Marinegeschichte des Krieges von 1812 schrieb Theodore Roosevelt. Einen Weltruf hat Kapitän A. T. Mahan (geb. 1840) durch »The influence of sea power upon history« und ähnliche Werke erlangt. Die Geschichte einzelner Landesteile behandeln die Werke von John G. Palfrey, Timothy Flint, Horace Scudder, S. A. Drake, Theodore Roosevelt; in der Geschichte einzelner Städte ist Martha Lamb Autorität für New York. In populären Feuilletons von kulturgeschichtlichem Wert schildern Marion Harland und Alice Morse Earle die Kolonialzeit. Über die Urbewohner Nordamerikas haben geschrieben S. G. Drake, S. A. Powell, Henry Rowe Schoolcraft, W. L. Stone, George Catlin, Jeremiah Curtin und Charles Bird Grinnell. Auf dem Gebiete der Kirchengeschichte zeichneten sich aus Henry G. Lea, G. P. Fisher und Philipp Schaff. Die Biographie fand zahlreiche Vertreter. Jared Sparks, Verfasser von Lebensbeschreibungen Washingtons und Morris' gab eine »Library of American biography« in 25 Bänden heraus. Hervorragende Vertreter dieses Gebietes sind: Randall, Wells, Parton, Irving, Rives, Colton, Josiah Quincy, Geo. W. Greene, G. Ticknor, Curtis, Ticknor, Holland, Lodge, Cabot, Conway, Higginson, Woodberry. Mit G. Ticknors »History of Spanish literature« (1849) beginnt eine lange Reihe verdienstvoller Leistungen, von denen diejenigen von R. W. Griswold, J. S. Hart, E. und G. Duyckink, S. A. Allibone, Welsh, Richardson, Tuckerman, Underwood, Tyler, Stedman, Pancoast, Trent und Barrett Wendell die einheimische Literatur behandeln. Als Shakespeareforscher ragt hervor Howard Furneß, ein Anhänger der Bacontheorie ist Nath. Holmes, ein Chaucerforscher Lounsbury. Die in den Vereinigten Staaten sehr stark vertretene geographische und Reiseliteratur schließt sich an die Forschungsreisen an, die Wilkes nach den antarktischen Regionen (1838), Perry nach Japan (1853), Fremont in den Rocky Mountains (1842), Marcy im Red River-Gebiet (1853), Herndon im Quellengebiet des Amazonenstroms unternommen, über die auf Staatskosten veröffentlichte Berichte vorliegen, sowie an die Berichte von Kane, Hayes, Hall und Peary über ihre Nordpolfahrten, diejenigen über die Vermessung der Territorien, Werke wie »Cruise of the United States steam ship Corwin in Alaska and the Northwest Arctic Ocean« (1881) von J. Muir, E. Nelson und Irving Rosse; Robinsons »Palestine«, W. F. Lynchs Bericht über die Erforschung des Toten Meeres, Dall und Allens über Alaska, George Kennans über Sibirien und die zum Teil sehr umfangreichen, das wirtschaftliche und politische Leben nach geographischen Gesichtspunkten behandelnden Schriften von M. F. Maury, A. H. Guyot, Whitney, McCoun, Patton, Bryce, Bolles, Hare, Day, Shaler, Appleton etc. Belletristische Reisewerke schrieben Irving, Bryant, Longfellow, Cooper, Tuckerman, Sanderson, Hawthorne (»Note-Books«), Willis, Segdwick, Curtis (»Howadji«), Bayard Taylor, S. Williams, Harriett Beecher-Stowe, J. L. Stephens, E. G. Squier, E. Schuyler, Denton J. Snider, W. H. Bishop, H. Lansdell, W. D. Howells (»Venetian-Days«) etc. Die Philosophie hat sich seit Jonathan Edwards (1703–58, Gesamtausgabe seiner Werke von S. E. Dwight, New York, 1844, 10 Bde.), der einen strengen Determinismus vertrat, unter europäischen Einflüssen weiter entwickelt. Locke, Dugald Stewart und später Victor Cousin wirkten bestimmend, letzterer besonders auf Brownson und Marsh. Von großer Tragweite waren die Schriften von William Ellery Channing (1780–1842), der Freiheit der Vernunft und des Gewissens betonte und auf Vergeistigung des Lebens drang. Auf Channing und dem Studium deutscher Philosophen beruht die Transzendentalphilosophie Emersons (1803–82), in dem Amerika seinen tiefsten Denker verehrt. Speziell von Kant beeinflußt ist eine ganze Reihe amerikanischer Philosophen: John Fiske (»Outlines of cosmic philosophy« und »The destiny of man«), Noah Porter (»The elements of moral sciences«, 1885), John Bascom, Francis Bowen, James McCosh, Mark Hopkins, Charles C. Everett, Edward J. Hamilton, S. Harris, Wm. M. Salter, William James (»Principles of psychology«, 1900), J. H. Seelye, G. Stanley Hall u.a. Letztere sind Mitarbeiter des »Journal of Psychology« (Worcester), dessen Herausgeber William James ist. Die ethische Kultur, die Felix Adler zuerst gepredigt, wird durch die Vierteljahrsschrift »International Journal of Ethics« und den »Ethical Record« vertreten, zu deren Mitarbeitern Wm. M. Salter, Burns, Weston, Percival Chubb u.a. gehören. Die monistische Weltanschauung vertritt die seit 1890 in Chicago erscheinende Vierteljahrsschrift »The Monist«. Die Theologie ist infolge der außerordentlichen Entwickelung der Sekten numerisch stark vertreten, bleibt aber qualitativ zurück. Ein den calvinistischen Standpunkt vertretender, aber selbständiger Denker ist Timothy S. Dwight (»System of divinity«); andre Forscher sind Edw. Robinson, T. C. Murray, Noyes, Moses, Stuart, Barnes (»Notes on the gospels«), Ezra Abbot, J. W. Alexander, B. Warfield (Textkritik) u.a. Kirchengeschichtliche Werke schrieben Philipp Schaff, Shedd, Hurst, Henry Smith, ein Leben Jesu der Prediger Henry Ware. Eine modernere wissenschaftliche Richtung der Theologie vertreten Orello Cone, Lyman Abbott, H. Bushnell, G. D. Boardman, H. W. Bellows, James Freeman Clarke, O. B. Frothingham, Chas und A. A. Hodge, A. D. Hitchcock, Taylor, Lewis, Thomas, Starr King, James M. Thompson, E. H. Sears, Austin Phelps und Elisha Mulford. Hervorragende theologische Zeitschriften sind »Catholic Quarterly« (Philadelphia), »Catholic World« (New York), »Lutheran Quarterly«, »Methodist Review«, »American Journal of Theology« (Chicago), »Journal of Biblical Literature« (Boston) u.a. Die bedeutendsten Kanzelredner sind Andrew Gunton Fuller, Ebenezer Porter, Theodore Parker, Henry Ward Beecher, Philipp Brooks, Minot J. Savage u.a.
Die juristische Literatur zählt zu ihren hervorragendsten Vertretern als Autoritäten für amerikanisches Recht Joseph Story (»Commentaries on the constitution of the United States«) und James Kent (»Commentaries on American law«), für Völkerrecht Henry Wheaton, für Strafrecht Edward Livingston und Francis Wharton (unter andern Werken »Medical Jurisprudence«). Andre Schriftsteller auf diesem Gebiete sind H. W. Halleck, T. D. Woolsey, S. Greenleaf, J. Ph. Holcombe, Polson und J. A. Morgan. Auf dem Gebiete der Nationalökonomie haben sich ausgezeichnet Francis Lieber (1800–72) durch sein »Manual of political ethics«, »Laws of property« und »Civil liberty and selfgovernment«, Henry Charles Carey (gest. 1879) durch die »Principles of political economy« und »Principles of social science«, Amasa Walker durch »Science of wealth«, Francis A. Walker durch »Political economy«, Lester F. Ward durch »Dynamic sociology« und die Sozialpolitiker Henry George (gest. 1897) durch »Social problems« und Henry Demarest Lloyd (gest. 1903) durch »Wealth against commonwealth«. Über Staatsrecht schrieben Thomas M. Cooley, W. A. Duer, J. J. C. Hare und J. N. Pomeroy. Die bedeutendste juristische Fachzeitung ist »American Law Review« (St. Louis), die beachtenswertesten sozialökonomischen Fachzeitungen: »Journal of Social Science« (Boston), »Journal of Political Economy« (Chicago), »Political Science Quarterly« (New York) und »Quarterly Journal of Economics« (Boston). Als Redner verschiedener politischer und sozialökonomischer Richtung haben sich ausgezeichnet Patrick Henry, Fisher Ames, Morris, Otis, Rufus King, J. Q. Adams und W. Wirt in der Revolutionsperiode; später Henry Clay, Dan. Webster, John Calhoun, T. H. Benton, Edward Everett, W. H. Seward, R. C. Winthrop, Wendell Phillipps, William Lloyd Garrison, Charles Sumner, George William Curtis, Conklin u.a. und in neuester Zeit Theodore Roosevelt, W. J. Bryan, Henry Demarest Lloyd, Hugh O. Pentecost u.a.
Die Naturwissenschaften, die im Smithsonian Institut und in den großen Laboratorien, Museen und Sternwarten der Universitäten eifrig gepflegt werden, sind durch eine bändereiche Literatur vertreten. Als Pionier auf dem Gebiete kann Benjamin Franklin gelten, der sich als Erfinder des Blitzableiters und als Physiker bedeutenden Rufes erfreut. Auf demselben Gebiete haben sich seither ausgezeichnet: J. B. Stallo, M. F. Maury, J. Henry, Benj. Peirce, E. McClintock, S. P. Langley, A. G. Bell, der Erfinder des Telephons, Edison, der geniale Elektrotechniker, Maybridge, der Verbesserer der Augenblicksphotographie etc. Hervorragende Chemiker sind die beiden Silliman, E. N. Horsford, E. L. Youmans u.a. Als Geologen zeichneten sich aus Edw. Eaton, Hitchcock, D. D. Owen, J. D. Dana, F. v. Hayden, G. K. Gilbert, R. D. Irving, W. Gunning u.a.; als Paläontologen Hall, Dawson, Cope, Marsh, Scott, Osborne, Leidy; als Botaniker Asa Gray, Baldwin, Sargent, Farlow, de Salmon, Bessey, Vasey, Torrey, Harvey, Goodall, Ellis und Youmans; in der Ornithologie folgten auf den eingewanderten Schotten Wilson (gest. 1813), dessen »American ornithology« Karl Bonaparte fortsetzte, James G. Audubon, S. F. Baird, D. G. Elliot und H. Nehrling; über Säugetiere schrieben L. Agassiz, Gay, Elliot Coues, James Richardson und S. F. Baird; über Fische und Reptilien L. Agassiz, Baird, Gill und Girard; bedeutende Entomologen sind Dana, Scudder, Say, Conte und Morris; C. B. Adams, W. G. Binney, A. Hyatt, J. Tryon, H. J. Clark und A. Agassiz haben sich durch ihre Forschungen im Reiche der Mollusken, Radiaten und Stachelhäuter ausgezeichnet. Die allgemeine Naturgeschichte vertritt Godman durch seine vortreffliche »American natural history«. Als Anthropologen haben sich hervorgetan Morton, Squier, Pickering, Glidden, Mason, Brinton und Lewis H. Morgan. Bedeutende Astronomen sind Barnard, Hall, Burnham, Benj. W. Gould, Edw. S. Holden, Loomis, S. Newcomb, Watson, C. A. Young, W. Farrel, W. E. Winlock und Mary Proctor. Auf dem Gebiete der Biologie sind neuerdings von dem Amerikaner Whitman und dem deutschen Forscher Loeb im Laboratorium der Chicagoer Universität wichtige Experimente und Beobachtungen gemacht worden. Von naturwissenschaftlichen Zeitschriften sind zu nennen: »American Anthropologist« (Chicago), »American Journal of Archaeology« (Princeton), »American Journal of Science« (Newhaven), »Popular Science Monthly« (New York).
Die Philologie wird eifrig gepflegt. Bahnbrechend auf dem Gebiete der vergleichenden Sprachforschung wirkten W. D. Whitney, dem sich jüngere Forscher, wie E. W. Hopkins, C. R. Lanman, Jackson u.a., anschließen; der Erforschung der Indianersprachen haben sich gewidmet Pickering, Schoolcraft, Duponceau, Squier, A. Gallatin, W. W. Turner, Frau M. H. Eastman, J. H. Trumbull, J. D. Prince u.a. Autoritäten auf dem Gebiete der englischen Sprache sind Lindley Murray (gest. 1826), Verfasser einer berühmten Grammatik, Noah Webster (gest. 1843) und J. E. Worcester (gest. 1865), Verfasser beachtenswerter Wörterbücher, J. R. Bartlett (»Dictionary of Americanism«) etc. Als archäologische Forscher haben sich Verdienste erworben: Bradford, Squier, Schoolcraft und Davis, denen in neuerer Zeit J. W. Foster, H. Bancroft, Bandelier, Hoppin, Fiske und Charles Waldstein gefolgt sind.
Die hervorragendsten periodischen Erscheinungen sind »North American Review« (seit 1815 monatlich, New York), »Atlantic Monthly« (Boston) »Forum« (vierteljährlich, New York). Die bedeutendsten Enzyklopädien sind in der Reihenfolge ihres Erscheinens: Fr. Liebers »Encyclopaedia Americana«, Ripley und Danas »New American Cyclopaedia«, Appletons »Annual Cyclopaedia«, Johnsons »Cyclopaedia«, »International Encyclopaedia«, Appletons »Universal Cyclopaedia and Atlas« u.a.
Vgl. Brunnemann, Geschichte der nordamerikanischen Literatur (Leipz. 1868); Knortz, Geschichte der nordamerikanischen Literatur (Berl. 1891, 2 Bde.); Engel, Die n. L. (Anhang zur »Geschichte der englischen Literatur«, 6. Aufl., Leipz. 1906); E. P. Evans, Beiträge zur amerikanischen Literatur und Kulturgeschichte (Stuttg. 1898); Tuckerman, Sketch of American literature (Philad. 1852); Duyckink, Cyclopedia of American literature (neue Ausg., das. 1888, 2 Bde.); Rouse, Manual of American literature (New York 1872); Griswold, The poets and poetry of America (neue Ausg., das. 1873); Tyler, History of American literature 1607–1765 (2. Aufl., das. 1881); Nichol, The American literature 1620–1880 (Edinb. 1882); E. P. Whipple, American literature (Boston 1887); Richardson, American literature (2. Aufl., New York 1891, 2 Bde.); J. Jameson, History of historical writing in America (Boston 1891); Underwood, Builders of American literature (das. 1893); Whitcomb, Chronological outlines of American literature (New York 1894); Rutherford, American authors (Boston 1894); Wendell, Literary history of America (das. 1900); Wendell und Greenough, History of literature in America (das. 1904); Trent, History of American literature (das. 1903); Stedman, American anthology, als Begleitwerk zu »American poets« (das. 1900); ferner Brander Matthews, Introduction to the study of American literature (New York 1896); Katherine Lee Bates, American literature (das. 1898); L. Sears, American literature in the colonial and national periods (Boston 1902) und die bibliographischen Werke von Trübner, Allibone (s. d.), Leypoldt etc. (s. Bibliographie, S. 820).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.