Physīk

Physīk

Physīk (griech.), ursprünglich die Wissenschaft oder Lehre von der Natur (griech. physis), gegenwärtig nur die Erscheinungen der unbelebten Natur behandelnd, speziell die dabei auftretenden Formen der Energie, während die Untersuchung der auftretenden Stoffe Sache der Chemie ist. Insofern häufig Energie- und Stoffumwandlungen innig miteinander verbunden sind, ist eine scharfe Trennung von P. und Chemie nicht möglich. Das Zwischengebiet wird als physikalische Chemie bezeichnet. Den verschiedenen Formen der Energie entsprechen die einzelnen Kapitel der P. Die Mechanik beschäftigt sich mit potentieller und kinetischer Energie, d.h. mit dem Gleichgewicht und der Bewegung der Körper; indem sich diese Lehren der Reihe nach auf die festen, flüssigen und gasförmigen Körper beziehen, bilden sie die drei Abschnitte der Statik und Dynamik im engern Sinn (auch Geostatik und Geodynamik), der Hydrostatik und Hydrodynamik (Hydraulik) und der Aerostatik und Aerodynamik. Die Wärmelehre (Thermik, Kalorik) befaßt sich mit der Wärmeenergie und speziell die Thermodynamik mit deren Umwandlung in die mechanischen Energieformen. Vom Standpunkte der Molekulartheorie lassen sich alle diese Erscheinungen, insoweit sie von der besondern Natur des Stoffes abhängen, als Spezialfälle der Mechanik betrachten; in diesem Sinne bezeichnet man die betreffenden Kapitel als Molekularphysik, doch erscheint im Hinblick auf die hypothetische Natur der Moleküle die Bezeichnung P. der Materie zweckmäßiger. Im Gegensatz dazu werden unter P. des Äthers diejenigen Kapitel verstanden, die nicht verständlich sind ohne die Annahme eines auch den leeren, d.h. von wägbarer Materie befreiten Raum erfüllenden Mediums, speziell die Lehre von Elektrizität und Magnetismus (Elektrik und Magnetik) sowie von der Strahlung. Letztere gehört im Prinzip zu der Lehre von der elektrischen und magnetischen Energie, insofern Licht, Wärmestrahlen und chemische Strahlen spezielle Formen der elektromagnetischen Strahlung sind, vielleicht auch die Röntgenstrahlen (X-Strahlen) und Blondlotstrahlen (N-Strahlen), während Kathodenstrahlen, Kanalstrahlen, Lenardstrahlen und Becquerelstrahlen auf rasche Bewegung von Elektrizitätsatomen (Elektronen) zurückgeführt werden. Die mechanischen Strahlen oder Wellen, die Schallempfindung hervorrufen, und die Physiologie dieser Empfindungen bilden den Gegenstand der Akustik, ebenso die elektrischen Strahlen, die Lichtempfindungen hervorrufen, und die Physiologie dieser Empfindungen den Gegenstand der Optik. Je nach der Art der Darstellung unterscheidet man die Experimentalphysik, welche die vorgetragenen Lehren unmittelbar aus der Erfahrung entnimmt und durch Experimente erläutert, von der theoretischen P., die aus wenigen an die Spitze gestellten Erfahrungssätzen und Hypothesen ihr Lehrgebäude durch bloße Denkprozesse entwickelt und erst hinterher die Übereinstimmung ihrer Resultate mit der Erfahrung nachweist. Da die letztere sich zu ihren Deduktionen der Mathematik als unentbehrlichen Hilfsmittels bedient, wird sie auch als mathematische P. bezeichnet. Die praktische P. befaßt sich speziell mit der Ausführung physikalischer Messungen (Meßkunde, Instrumentenkunde).

Ferner unterscheidet man reine und angewandte P.; während jene die Naturgesetze an und für sich zu ermitteln sucht, wendet diese die erkannten Gesetze zur Erklärung der von der Natur dargebotenen oder für die Zwecke der Technik verwerteten Erscheinungen an. Zur Gruppe der angewandten physikalischen Wissenschaften gehören daher: die kosmische P., physische Astronomie oder Astrophysik, die physikalische Geographie und die Meteorologie. Insofern die gesamte Technik auf den Grundgesetzen der P. (sowie denjenigen der Chemie) beruht, fällt die technische P. im Prinzip zusammen mit den technischen Wissenschaften. Früher bildete ihren Hauptteil die technische Verwertung der Elektrizität, die heute als Elektrotechnik eine besondere Wissenschaft geworden ist.

Der wesentliche Unterschied zwischen P. und Technik beruht darin, daß erstere nur die Erkenntnis der Wahrheit erstrebt, ohne jede Nebenrücksicht, während das Interesse der Technik lediglich auf den praktischen Nutzen gerichtet ist. Gerade durch die ohne Rücksicht auf Nutzen unternommene eingehende Untersuchung auch der unscheinbarsten Tatsachen von seiten der Physiker sind aber die bedeutendsten Fortschritte der Technik erzielt worden, wie besonders die Elektrotechnik zeigt. Insofern ist die P. trotz ihres scheinbar unfruchtbaren philosophischen Zieles diejenige Wissenschaft, die den Fortschritt der Kultur am meisten gefördert hat und fortwährend durch Anregung neuer technischer Erfindungen sehr viel zur Verbesserung der Daseinsbedingungen beiträgt, teils direkt, teils durch die Rückwirkung technischer Fortschritte auf die Gestaltung politischer Verhältnisse.

Geschichte der Physik.

(Hierzu die Porträttafeln »Physiker I u. II«.)

Der Autor des Wortes P. ist Aristoteles. Er hat auch das erste Lehrbuch der P. verfaßt (360), das beinahe 2000 Jahre lang in Gebrauch blieb, z. B. im Karlsruher physikalischen Institut (früher in Durlach) bis 1674. Die hervorragendsten Physiker an der ersten Hochschule, dem Museum in Alexandria, waren Ktesibios und sein Schüler Heron (284–221). Sie waren zugleich Techniker, ersterer der Erfinder der Feuerspritze, letzterer der Dampfturbine. Im wesentlichen bildete aber bei den Griechen die P., in der Bedeutung der Naturwissenschaft überhaupt, neben Ethik und Dialektik einen Bestandteil der Philosophie und ward, wie diese, spekulativ behandelt, was ihre Entwickelung, da sich die Spekulationen auf unbestimmte und von vornherein verfehlte Vorstellungen gründeten, eher aufgehalten als gefördert hat. Erfolge werden auf dem Gebiete der P. nur erzielt durch die induktive Forschungsmethode. Die P. geht von einzelnen Erfahrungen aus, die sie durch Beobachtungen und Versuche (Experimente) gewinnt und unter allgemeine Gesichtspunkte zusammenfaßt. So gelangt die P. zur Erkenntnis von Naturgesetzen, deren jedes, zunächst in rein äußerlicher Weise, eine gewisse Gruppe von Erscheinungen in Zusammenhang bringt. Durch die Naturgesetze lernen wir jedoch nur das Wie, nicht aber das Warum der Erscheinungen kennen. Die Frage nach dem innern Zusammenhang der Erscheinungen kann nicht durch die Erfahrung allein beantwortet werden. Um zu den Ursachen der Phänomene vorzudringen, bleibt vielmehr nichts andres übrig, als wissenschaftliche Vermutungen oder Hypothesen aufzustellen und nun zu versuchen, ob sich aus der gemachten Annahme die Erscheinungen, die sie erklären soll, mit logischer Notwendigkeit entwickeln lassen. Sind sämtliche Folgerungen einer Hypothese mit den Tatsachen im Einklang, so darf die angenommene Ursache als möglich betrachtet werden, und sie wird um so wahrscheinlicher, je mehr Tatsachen sich aus ihr erklären lassen. Dagegen ist eine Hypothese unbedingt zu verwerfen, sobald sie auch nur mit einer einzigen konstatierten Tatsache in Widerspruch tritt. Die induktive Forschungsmethode war den Griechen keineswegs ganz unbekannt. Aristoteles selbst hat auf dem Gebiete der Naturgeschichte durch empirische Forschung bedeutende Erfolge erzielt. Archimedes (287–212) entdeckte den Auftrieb der Flüssigkeiten, die darauf sich gründende Bestimmung des spezifischen Gewichts und das Hebelgesetz, auch erfand er das Aräometer, den Flaschenzug und die Wasserschraube. Ptolemäos (um 120 n. Chr.) untersuchte experimentell die Lichtbrechung und stellte die Resultate seiner Messungen in Tabellen zusammen, ohne daß es ihm gelang, das Brechungsgesetz aufzufinden. Pappus (290 n. Chr.) lehrte bereits die Gesetze der einfachen Maschinen und die Bedeutung des Schwerpunkts. Die Römer, auf allen wissenschaftlichen Gebieten Nachbeter der Griechen, haben auch in der P. keine selbständige Leistung aufzuweisen.

Nach der Völkerwanderung vermittelten die Araber den mathematischen und naturwissenschaftlichen Nachlaß des Altertums den christlichen Völkern Europas. Ibn Yunis (gest. 1008) soll sich zuerst des Pendels als Zeitmessers bedient haben, und Alhazen (gest. 1038) verfaßte ein Werk über Optik. Die christlichen Gelehrten des Mittelalters kommentierten die Lehren des Aristoteles, und die Unduldsamkeit der scholastischen Philosophie erhob sie zu unantastbaren Dogmen. Hierbei ging nicht nur die Fähigkeit zu eigner Forschung, sondern sogar das Verständnis der von den Alten entdeckten Wahrheiten verloren. Selbst die Gelehrsamkeit eines Albertus Magnus (gest. 1280) und der Scharfsinn eines Roger Bacon (gest. 1294) vermochten unter diesen Umständen die wissenschaftliche Naturerkenntnis nicht zu fördern. Dagegen gebar der Mystizismus die Magie, die Astrologie und die Alchimie als Zerrbilder der P., Astronomie und Chemie. Von physikalischen Entdeckungen sind aus dem Mittelalter nur zu erwähnen das Bekanntwerden des Kompasses (1181) und die Erfindung der Beillen, die von den einen dem Pisaner Mönch Alessandro della Spina (gest. 1313), von andern dem Florentiner Salvino degli Armati (gest. 1317) zugeschrieben wird. Am Schluß des Mittelalters begegnen wir, als Vorläufern des Wiedererwachens der exakten Wissenschaft, den drei Mathematikern und Astronomen: Georg v. Purbach (gest. 1461), dessen Schüler Joh. Müller (Regiomontanus, gest. 1476) und Domenico Maria Novara von Bologna (gest. 1504), dem Lehrer des Kopernikus. Die Schriften des Regiomontanus enthalten über Wasserleitungen, Brennspiegel, Gewicht und ähnliche Gegenstände scharfsinnige Abhandlungen. Der bedeutendste Physiker des 15. Jahrh. war Leonardo da Vinci, dem die Meteorologie ebensoviel wie die Hydraulik und Optik zu verdanken hat. Er kannte auch bereits die Kapillarität.

Im 16. Jahrh., dem Zeitalter des Kopernikus, entdeckte der Nürnberger Georg Hartmann (1544) die Inklination der Magnetnadel; der Niederländer Stevin stellte 1586 in seiner Statik die Lehre vom Gleichgewichte der Körper zuerst wieder auf vernunftgemäße Grundlagen, benutzte das Prinzip der virtuellen Verschiebungen und entwickelte die Lehre vom Bodendruck der Flüssigkeiten. Doch erst im 17. Jahrh. bildete sich die P. zum Rang einer selbständigen Naturwissenschaft aus. Gilbert (gest. 1603) entwickelte in seiner »Physiologia nova de magnete« nach induktiver Methode die Gesetze des Magnetismus und legte zur Lehre vom Erdmagnetismus den Grund. Als eigentlicher Begründer der modernen P. ist Galilei (1564 bis 1642) anzusehen, der 1602 die Gesetze der Fall- und Pendelbewegung entdeckte. Nachdem schon 1590 die Niederländer Zacharias Jansen das Mikroskop und Hans Lippershey 1608 das (holländische) Fernrohr erfunden hatten, konstruierte auch Galilei ein Fernrohr, das er mit glänzenden Erfolgen zur Durchforschung des Himmels benutzte. Bald nachher gab Kepler, der Entdecker der Gesetze der Planetenbewegung, in seiner Dioptrik (1611) die Konstruktion des nach ihm benannten astronomischen Fernrohrs an. Auch die Erfindung des ersten Thermometers (Galilei 1597) fällt in jene Zeit; 1645 wurde Ferdinand II. von Toskana bereits auf das Prinzip des Kondensationshygrometers aufmerksam. Galileis richtige Ansichten vom Luftdruck hatten Torricelli 1644 zur Konstruktion des Barometers geführt, worauf Pascal, indem er 1647 ein solches Instrument auf den Gipfel des Puy de Dôme bringen ließ, die Abnahme des Luftdrucks mit der Erhebung über die Meeresfläche nachwies. Die Benutzung des Barometers zu Höhenmessungen wurde jedoch erst praktisch ausführbar, als Halley 1705 die Barometerformel abgeleitet hatte. Otto v. Guericke erfand 1650 die Luftpumpe, konstruierte 1663 die erste Elektrisiermaschine, noch ohne Konduktor, den erst Bose 1741 hinzufügte, und das erste Manometer. Nach dem Huygens 1655 die Pendeluhr erfunden, beobachtete Richer 1672 in Cayenne, daß das Sekundenpendel in den Äquatorgegenden kürzer ist als in den höhern Breiten, was zu dem Schluß berechtigte, daß die Schwerkraft vom Pol zum Äquator hin abnehme. Boyle entdeckte 1662 das gewöhnlich dem ebenfalls um verschiedene Teile der P. hochverdienten Mariotte (gest. 1684) zugeschriebene Gesetz über die Spannkraft der Luft. Das Lichtbrechungsgesetz wurde 1620 von Snell entdeckt, aber lange Zeit Descartes zugeschrieben, der es 1649 publizierte und es zur Erklärung des Regenbogens anwandte. 1665 beobachtete Hooke die Farben dünner Blättchen, und im gleichen Jahre wurden die heutigen Fixpunkte des Thermometers von Huygens vorgeschlagen. 1667 machte Boyle Versuche mit Kältemischungen, 1668–69 erfolgte die Entdeckung der Gesetze des Stoßes durch Wallis und Huygens. 1669 entdeckte Erasmus Bartholinus die Doppelbrechung des Kalkspats; Huygens gab 1678 die Erklärung dieser Erscheinung und beobachtete zuerst die Polarisation der beiden gebrochenen Strahlen. Auch betrachtete bereits Huygens, ebenso wie R. HookeMicrographia«, 1665), das Licht als eine Wellenbewegung; doch ist jener vermöge der Ausstellung des nach ihm benannten Prinzips als der eigentliche Begründer der Undulationstheorie anzusehen. Die erste Beugungserscheinung wurde 1650 von Grimaldi beobachtet, und Olaf Römer bestimmte 1675 aus den Verfinsterungen der Jupitermonde die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lich les. Die Methoden und Instrumente der Messung wurden vervollkommt durch Vernier, der 1631 den mit Unrecht nach Pedro Nuñez (gest. 1577) benannten Nonius einführte, und durch Morin, der 1634 das astronomische Fernrohr mit dem Fadenkreuz versah.

Newton entdeckte 1666 die allgemeine Gravitation; in seinem Werke »Philosophiae naturalis principia mathematica« (1687) legte er die Fundamente der mechanischen P. und der physischen Astronomie. Er entdeckte ferner die prismatische Zerlegung des weißen Lichtes in seine farbigen Bestandteile, erfand das Spiegelteleskop und den (jedoch erst 1731 von Hadley ausgeführten) Spiegelsextanten. Die in seinem durch zahlreiche Experimentaluntersuchungen wertvollen Werke »Optics« (1704) entwickelte Emissionstheorie des Lichtes wurde erst in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrh. als unhaltbar erkannt. Das 18. Jahrh. schritt auf dem nun vorgezeichneten Wege rüstig weiter. Die Mechanik wurde von Johann und Daniel Bernoulli, Euler, d'Alembert, Lagrange und Laplace zu groster Vollkommenheit ausgebildet. Denis Papin erkannte 1674 die Abhängigkeit der Siedetemperatur vom Druck und erbaute 1707 das erste Dampfboot, mit dem er auf der Fulda von Kassel nach Minden fuhr. 1680 machte Huygens den Vorschlag zur Konstruktion einer Schießpulvermaschine, der bereits das Prinzip des Gasmotors enthält, 1681 erfand Hooke die Zahnradsirene, 1690 stellte Huygens das nach ihm benannte Prinzip der Lichtbrechung auf. Bradley entdeckte 1728 die Aberration des Lichtes, Bouguer (1729) und Lambert (1760) bearbeiteten die Photometrie. Fahrenheit verfertigte 1714 die ersten genau übereinstimmenden Thermometer; Réaumur führte 1730 die 80teilige, Celsius 1742 die 100teilige Skala ein. Gray erkannte 1727 den Unterschied zwischen elektrischen Leitern und Nichtleitern, Dufay 1733 den Gegensatz zwischen positiver und negativer Elektrizität; 1738 publizierte Daniel Bernoulli seine Ansichten über kinetische Gastheorie und seine Hydrodynamik, 1742 erfand S'Gravesande den Heliostaten, 1748 beobachtete Nollet die Osmose, 1750 wurde von Musschenbroek das erste Pyrometer konstruiert, von Richmann die Regel für Mischtemperaturen gefunden. Kleist in Köslin und Cunäus in Leiden erfanden fast gleichzeitig 1745 die Leidener Flasche; 1751 beobachtete Watson die Erscheinungen im elektrischen Ei; Franklin wies 1752 die Identität des Blitzes mit dem elektrischen Funken nach und gab den Blitzableiter an, den vor ihm schon Prokop Divisch erfunden hatte; 1753 entdeckte Canton die elektrische Influenz, 1755 stellte Kant seine Hypothese der Entstehung des Sonnensystems auf, 1758 konstruierte Dollond auf Eulers Anregung das erste achromatische Fernrohr. 1762 erfand Wille den Elektrophor, 1764 entdeckte Black die latente Wärme des Wassers und des Dampfes, 1778 machte Graf Rumford die ersten Messungen über Entstehung von Wärme durch Reibung, 1782 fand Senebier die chemische Wirkung des Lichtes auf Chlorophyll und Harze. Volta erfand 1783 den Kondensator, und Coulomb erforschte 1784 mit seiner Drehwage die Gesetze der elektrischen und magnetischen Anziehung und Abstoßung. Saussure (Hygrometer, 1783) machte sich um die Meteorologie verdient, Montgolfier und Charles erfanden 1783 den Luftballon, und Chladni (Klangfiguren, 1787) begründete die moderne Akustik.

Die Wiederbelebung des chemischen Studiums, namentlich aber die Umwälzung der Anschauungen, die Lavoisier (guillotiniert 1794) in dieser Wissenschaft hervorbrachte, mußten notwendig auch auf die Entwickelung der P. einen tiefgreifenden Einfluß üben. Nachdem Galvani 1791 den Galvanismus entdeckt und Volta bald darauf die elektrische Natur dieser Erscheinungen erkannt hatte, konstruierte der letztere 1799 die nach ihm benannte Säule. Mittels derselben zerlegten Nicholson und Carlisle 1800 das Wasser, Davy 1807 die Alkalien und Erden und entdeckte letzterer die leichten Metalle. Ritter konstruierte 1802 die erste Ladungssäule (Akkumulator). Dalton (1801), Gay-Lussac (1802), Leslie (1804), de la Roche und Bérard (1813), Dulong und Petit (1819) bereicherten die Wärmelehre durch wertvolle Untersuchungen; W. Herschel entdeckte 1800 die schwach brechbaren dunkeln Wärmestrahlen des Sonnenspektrums. Auf dem Gebiete der Optik entbrannte der Kampf der Undulationstheorie gegen die Emissionstheorie, der, durch Young 1802 entfacht, von Fresnel (Diffraktion, 1815) siegreich entschieden wurde. Mittlerweile hatte Malus 1808 die Polarisation durch Reflexion entdeckt, während Wollaston, Brewster und Biot, obgleich Anhänger der Emissionshypothese, durch zahlreiche experimentelle Untersuchungen die Kenntnis der Tatsachen förderten. 1811 entdeckte Arago die Zirkularpolarisation, 1817 Brewster Polarisationswinkel und Dichroismus. Von deutschen Forschern ist aus dieser Zeit nur Fraunhofer zu nennen, der zuerst die nach ihm benannten dunkeln Linien im Sonnenspektrum näher untersuchte, auch 1817 das erste Beugungsgitter herstellte und damit Lichtwellenlängen bestimmte. Fresnel stellte 1821 die Hypothese transversaler Lichtwellen auf und erklärte alle Erscheinungen durch dieselbe.

Eine neue Epoche begann 1820 mit Örsteds Entdeckung der Ablenkung der Magnetnadel durch den galvanischen Strom. Noch in demselben Jahre stellte Arago Elektromagnete her und konstruierte Schweigger den Multiplikator, mit dessen Hilfe Seebeck 1821 die Thermoelektrizität entdeckte. Ampère wies 1826 die gegenseitige Einwirkung elektrischer Ströme nach (Elektrodynamik), Biot und Savart fanden das Gesetz der Einwirkung eines Stromes auf einen Magnetpol, und Ohm machte 1827 das Gesetz der Stromstärke bekannt. Green legte 1828 den Grund zur Potentialtheorie. 1826 führte Poncelet den Begriff der mechanischen Arbeit ein. Graham fand 1830 die Osmose bei Gasen sowie die Dialyse. Faraday entdeckte 1831 die Induktion, die Magnetelektrizität, durch die sich der schon 1825 von Arago entdeckte sogen. Rotationsmagnetismus erklärte, ferner die magnetische Drehung der Polarisationsebene und den Diamagnetismus. 1833 legten Gauß und Weber den ersten elektromagnetischen Nadeltelegraph zwischen der Sternwarte und dem physikalischen Kabinett in Göttingen an und begründeten das absolute Maßsystem. Zu gleicher Zeit fand Faraday die elektrolytischen Grundgesetze. Die Galvanoplastik wurde 1838 fast gleichzeitig von Jacobi in Petersburg und von Spencer erfunden. Im gleichen Jahr entdeckte Faraday die diëlektrische Polarisation. Becquerel und Daniell (1836), Grove (1839) und Bunsen (1842) konstruierten konstante Batterien. Als hervorragende Forscher auf diesem Felde sind noch Ritter, Fechner, Poggendorff, Lenz, Plücker, Kohlrausch, de la Rive, Tyndall und Wiedemann zu nennen. Um die Theorie machten sich besonders F. Neumann und W. Weber verdient, der letztere durch die Ausstellung seines umfassenden Grundgesetzes (1846). Das Gebiet der Reibungselektrizität erfuhr durch Rieß in seinem 1853 erschienenen Werk eine wesentliche theoretische Umgestaltung. Die Lehre vom Erdmagnetismus wurde durch Hansteen (1819), Gauß (1833) und Humboldt, die Meteorologie durch Kämtz (1831), Dove (1852) und Buys-Ballot gefördert und letztere durch wertvolle Instrumente, Daniells Hygrometer (1820) und Augusts Psychrometer (1828), bereichert. Vidi konstruierte 1847 das Aneroidbarometer, das durch Bourdon (1853), Naudet (1864), Becker und Goldschmid (1866) verbessert wurde, so daß es sogar zu barometrischen Höhenmessungen dienen kann. Die bereits von Gelehrten der Florentiner Akademie del Cimento im 17. Jahrh. angewendete Quecksilberluftpumpe wurde von Gairaud (1859), dann von Geißler in Bonn und Jolly in München zu einem sicher arbeitenden Apparat ausgebildet. Auf die 1822 von Dutrochet entdeckte Diosmose gründete 1861 Graham sein »Dialyse« genanntes Verfahren zur Trennung gelöster kristallisierbarer Körper von beigemengten schleimigen Substanzen. Um die Akustik machten sich Cagniard de la Tour (1819), Savart, Scheibler (1833) verdient.

Auch die mechanische P. blieb hinter den Fortschritten der übrigen Zweige nicht zurück. Poinsot (1804), Poisson (1811), Gauß, Hamilton vervollkommten die Theorie; Kater erfand 1818 das Reversionspendel, und Foucault lieferte 1851 durch seinen Pendelversuch den direkten Beweis für die Achsendrehung der Erde. In der Wärmelehre lieferten Fourier (1822) und Poisson (1835) noch auf dem Begriff des Wärmestoffs fußende mathematische Bearbeitungen, während Melloni (1831) Untersuchungen über strahlende Wärme anstellte. Außerdem sind noch zu erwähnen die Arbeiten von Péclet, Forbes, Regnault, Magnus, Favre und Silbermann, Thomson u.a. Die Undulationstheorie des Lichtes wurde weiter ausgebildet durch I. Herschel (1828), Schwerd (1835) und Cauchy (1863). Fizeau maß 1849 die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes terrestrischer Lichtquellen, und Foucault krönte 1853 den Sieg der Wellenlehre durch den Nachweis, daß sich das Licht im Wasser langsamer fortpflanzt als in der Luft. Stokes bearbeitete erfolgreich die Fluoreszenz, Becquerel die Phosphoreszenz. Die Polarisationsapparate erlangten durch das Nicolsche Prisma (1828) größere Vollkommenheit. Die physiologische Optik wurde bereichert durch das Stereoskop (Wheatstone 1838, Brewster 1843) und durch das Stroboskop, das Stampfer und Plateau 1832 fast gleichzeitig erfanden. Durchgreifende Umarbeitung erfuhr dieser Teil der Optik durch Helmholtz, den Erfinder des Augenspiegels (1851).

Eine neue Epoche in der Entwickelung der P. wurde durch die Entdeckung des Satzes von der »Erhaltung der Energie« (»Erhaltung der Kraft«) herausgeführt. Dieses Prinzip, von Julius Robert Mayer 1842 zuerst verkündet und von Helmholtz 1847 wissenschaftlich ausgestaltet, bildet die Grundlage einer neuen physikalischen Weltanschauung, die nicht nur die bis dahin unvermittelt nebeneinander stehenden Einzelgebiete der P. unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zusammenfaßt, sondern auch auf das Gesamtgebiet der übrigen Naturwissenschaften ihre erhellenden Strahlen wirft.

Die durchgreifendste Umgestaltung erfuhr die Wärmelehre durch die neue Anschauung. Mayer berechnete das »mechanische Äquivalent der Wärme« aus der Arbeit, welche die erwärmte Luft bei der Ausdehnung leistet, aber erst Joule gelangte 1843–49 zu dem richtigen Werte. Der Satz von der Äquivalenz zwischen Wärme und Arbeit gewährte den sichern Boden, auf dem nun Clausius, Thomson, Rankine die mechanische Theorie der Wärme ausbauten. Clausius formulierte den zweiten Hauptsatz von der Äquivalenz der Verwandlungen (1850) und stützte ihn auf den Grundsatz, daß die Wärme nicht von selbst (ohne Kompensation) aus einem kältern in einen wärmern Körper übergehen könne. Die neue Theorie brachte viele bisher wenig begriffene Vorgänge und Tatsachen zum Verständnis, ja, sie vermochte bisher nicht bekannte Erscheinungen und Beziehungen vorauszusagen, wie die Änderung des Schmelzpunktes mit wachsendem Druck und das Verhalten der gesättigten Dämpfe, das wegen der darauf sich gründenden Beurteilung der Arbeitsleistung der Dampfmaschinen auch technisch von Wichtigkeit ist. Sie zeigte, daß es für jedes Gas eine »kritische Temperatur« (Andrews 1874) geben müsse, oberhalb der es auch durch den stärksten Druck nicht verflüssigt werden könne, unterhalb der aber bei genügender Drucksteigerung und Wärmeentziehung die Verflüssigung möglich sei. In der Tat gelang es Cailletet und Pictet fast gleichzeitig (1877), Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff zu Flüssigkeiten zu verdichten. Eine bereits von Daniel Bernoulli (1738) aufgestellte Hypothese über das Wesen des gasförmigen Zustandes wurde von Krönig (1856) und Clausius (1857) von neuem ausgesprochen und aus ihr durch Clausius und Maxwell die kinetische Theorie der Gase entwickelt. Die Gesetze von Boyle-Mariotte und Gay-Lussac ergaben sich als notwendige Folgerungen aus der neuen Theorie, die auch die übrigen physikalischen Eigenschaften der Gase in ungezwungener Weise erklärte und für mehrere fundamentale Gesetze der theoretischen Chemie die Begründung lieferte. Sie hat ferner die Energie der bewegten Moleküle und ihre Weglänge zwischen zwei aufeinander folgenden Zusammenstößen in absolutem Maße bestimmt und sogar auf diese Daten kühne Schlüsse hinsichtlich der absoluten Größe und des Gewichts der Moleküle und Atome gebaut (Loschmidt 1865, Thomson 1870, Maxwell 1873).

Vom Gesichtspunkte des Prinzips der Erhaltung der Energie aus sind alle Energien der Natur nur verschiedene Erscheinungsformen ein und derselben Wesenheit. Diese Lehre von der Einheit und Metamorphose der Naturkräfte gewährte aber nicht nur Einblicke in den Zusammenhang und die Wechselwirkung der verschiedenen Agenzien, sondern bot auch eine sichere gemeinsame Basis für die theoretische Bearbeitung verschiedener bisher auseinander liegender Kapitel der P. Auf dem Gebiete der Elektrizitätslehre wurden in dieser Richtung so bedeutende Erfolge erzielt, daß man jetzt schon in gewissem Sinne von einer mechanischen Theorie der Elektrizität sprechen kann (Clausius, Maxwell u.a.).

Durch seinen 1851 konstruierten Funkeninduktor steigerte Ruhmkorff die durch galvanische Ströme induzierte Elektrizität zu solcher Spannung, daß ihre Funkenentladungen diejenigen der stärksten Reibeelektrisiermaschinen an Kraft übertrafen. 1853 begann Hittorf seine lange Zeit verkannten Untersuchungen über Ionenwanderung bei der Elektrolyse, 1854 führte Plücker Untersuchungen über Gasspektra und Entladungsformen in den auf seine Veranlassung konstruierten Geißlerschen Röhren aus, 1855 erfand W. Thomson das Quadrantenelektrometer und das Wageelektrometer, 1858 das verbesserte Spiegelgalvanometer, aus dem später das Sprechgalvanometer für den Kabelbetrieb hervorging. Auf dem Gebiete der Elektrizität tritt uns die fast gleichzeitig 1865 von Holtz und von Töpler durch Anwendung des sogen. dynamoelektrischen Prinzips erfundene selbständige Influenzelektrisiermaschine entgegen, die weit größere Mengen von Elektrizität liefert als die gewöhnlichen Elektrisiermaschinen. Das Prinzip der von Siemens 1866 erfundenen dynamoelektrischen Maschinen bildet ein Gegenstück zu demjenigen der Influenzmaschine. Durch sie wurde der großartige Aufschwung der Elektrotechnik ermöglicht. 1877 erfand Graham Bell das Telephon, das auch für den Nachweis sehr schwacher elektrischer Ströme ein willkommenes Werkzeug geworden ist. Es ist eine Verbesserung des von Reis 1861 erfundenen Telephons, das in andrer Richtung verbessert zur Erfindung des Mikrophons durch Lüdtge (1878) und etwas später durch Hughes und Edison führte.

In der Akustik vollzog sich infolge der Untersuchungen von Helmholtz (»Die Lehre von den Tonempfindungen«, 1862) eine völlige Umwälzung. Helmholtz zeigte, daß die musikalischen Klänge aus einem Grundton und den dazugehörigen Obertönen zusammengesetzt sind, und diese Analyse der Klänge wurde noch vervollkommt durch die optischen Untersuchungsmethoden von König (manometrische Flammen, Flammenzeiger, 1864) und Lissajous (Schwingungsfiguren, 1855) und durch die graphische Methode (Phonautograph von Scott und König, 1859). Die allgemeinste Aufmerksamkeit wurde aber erregt durch den Phonographen Edisons (1878).

In der Lehre vom Licht bildet die Einführung der Spektralanalyse einen epochemachenden Abschnitt. J. Herschel und Talbot hatten zwar schon in den 1820er Jahren die Spektren farbiger Flammen, Wheatstone (1845), Angström, Plücker u.a. das Spektrum des elektrischen Funkens untersucht; aber erst Kirchhoff und Bunsen wiesen 1860 nach, daß die hellen Linien des Spektrums eines glühenden Gases von der chemischen Beschaffenheit desselben bedingt sind, und begründeten damit die Spektralanalyse, die sofort zur Entdeckung einiger bis dahin unbekannter Metalle (Cäsium, Rubidium, Thallium, Indium, Gallium) führte. In seinen »Untersuchungen über das Sonnenspektrum und die Spektren chemischer Elemente« (1861) lehrte Kirchhoff die Spektralanalyse der Sonne und andrer Himmelskörper, eine Methode, die in ihrer weitern Ausbildung durch Secchi, Huggins, Lockyer, Janssen und Zöllner zu bewundernswerten Resulaten geführt hat (Begründung der Astrophysik). In dem Spektroskop besaß man nun auch das geeignete Werkzeug, die Lichtabsorption als Ursache der natürlichen Farben der Körper zu studieren. An stark gefärbten Substanzen (Fuchsin, Cyanin) entdeckten Kundt und Christiansen (1870) die anomale Dispersion. Die Phosphoreszenzerscheinungen wurden von Becquerel (1857) bearbeitet, die Fluoreszenzerscheinungen von Stokes (1853), der mit ihrer Hilfe die ultravioletten Teile des Spektrums direkt sichtbar machte. Wesentliche Fortschritte auf dem Gebiete der Molekularphysik wurden erzielt durch die Einführung des Kristallisationsmikroskops von O. Lehmann (1876). Seine Arbeiten führten zu der Annahme, daß die bisherige Auffassung der Polymorphie, Amorphie, Schmelzung und Verdampfung als einer einfachen Änderung der Aggregation der Moleküle nicht zutreffen kann, daß vielmehr die Moleküle selbst verschieden sein müssen.

Bereits Faraday war zu der Überzeugung gelangt, daß die elektrische Kraft nicht unvermittelt durch den Raum wirkt, sondern durch gewisse Veränderungen in dem physikalischen Zustande des Mediums von Teilchen zu Teilchen fortgepflanzt wird. Diese Ideen fanden jedoch in weitern Kreisen erst Anerkennung, nachdem Maxwell sie in seinem »Treatise on Electricity and Magnetism« (1873) in mathematische Form gebracht hatte. Der Sieg der Faraday-Maxwellschen Anschauungsweise wurde endgültig entschieden durch Hertz (1887), der nachwies, daß elektrische und magnetische Wellen (periodische Änderungen des elektrischen und magnetischen Polarisationszustandes) als »Strahlen elektrischer (magnetischer) Kraft« sich von Teilchen zu Teilchen durch den Raum fortpflanzen mit derselben Geschwindigkeit (300,000 km) wie das Licht, daß diese Strahlen, von Spiegeln zurückgeworfen, durch Prismen gebrochen werden und Polarisationserscheinungen zeigen wie die Lichtstrahlen. Diese elektromagnetischen Strahlen haben zwar eine viel größere Wellenlänge als die Lichtstrahlen, in qualitativer Hinsicht aber besteht zwischen beiden die vollste Übereinstimmung, so daß man sagen kann, Lichtstrahlen sind elektrische Strahlen von sehr kurzer Wellenlänge, oder elektrische Strahlen sind Lichtstrahlen von sehr großer Wellenlänge, beide aber sind wellenartige Zustandsänderungen desselben Äthers. Durch die Versuche von Hertz wurde die Faraday-Maxwellsche Anschauung in glänzendster Weise bestätigt und die bisher herrschende mechanisch-elastische durch die Maxwellsche elektromagnetische Lichttheorie verdrängt. Eine merkwürdige Folgerung dieser Theorie, daß das Licht einen Druck auf die bestrahlten Körper ausübt, fand 1900 experimentelle und quantitative Bestätigung durch Lebedew und gab Anlaß zur Ausstellung einer neuen Theorie der Bildung von Kometenschweifen. Von besonderm Interesse war ferner der experimentelle Nachweis stehender Lichtwellen durch O. Wiener (1888), der zur Erfindung der Photographie in den natürlichen Farben führte (Lippmann 1891). Nachdem es Branly gelungen war, in dem Kohärer ein äußerst empfindliches Reagens auf elektrische Wellen zu finden, war es Marconi möglich, dieselben zur drahtlosen Telegraphie praktisch zu verwerten.

Eine Schwierigkeit, die sich anfänglich der elektromagnetischen Lichttheorie entgegenstellte, die Unmöglichkeit der Erklärung der Dispersion, wurde beseitigt durch Ausstellung der Elektronentheorie (H. A. Lorentz, 1883), die bald auch in andrer Hinsicht Bedeutung gewann, insbes. nachdem (seit 1884) die Deutung der elektrolytischen Erscheinungen sowie der Erzeugung galvanischer Ströme durch die Ionentheorie (Arrhenius, van t'Hoff, Ostwald, Nernst) sehr wesentliche Fortschritte gemacht hatte. Die Entdeckung flüssiger Kristalle (O. Lehmann, 1890) kann als weitere Bestätigung der elektromagnetischen Lichttheorie sowie der Elektronentheorie gelten, doch haben die ungemein zahlreichen Untersuchungen über elektrische Entladungen (O. Lehmann, E. Wiedemann, J. J. Thomson, J. Stark u.a.) noch nicht zu einer völligen Aufklärung dieser Erscheinungen geführt. Bedeutend an Wert gewann die Elektronentheorie, nachdem es Lenard (1892) gelungen war, die Kathodenstrahlen durch ein »Aluminiumfenster« aus der Vakuumröhre austreten zu lassen, was die Entdeckung der Röntgenstrahlen (1895) und der Becquerelstrahlen (1895) sowie der radioaktiven Substanzen zur Folge hatte, deren eigentümliche Wirkungen durch ihre Fähigkeit, negative Elektronen fortzuschleudern, bis zu gewissem Grad erklärt werden kann. Eine weitere wichtige Stütze der Elektronentheorie fand Zeemann 1900 durch die Beobachtung, daß eine Flamme, die magnetischen Kräften unterworfen wird, eine eigentümliche Änderung ihres Spektrums zeigt, wie es die Theorie vorhersehen läßt. Die letzten Jahre brachten insbes. neue Entdeckungen an radioaktiven Stoffen, insbes. deren Fähigkeit, sich kontinuierlich selbst zu erwärmen, das Auftreten induzierter Radioaktivität im Erdboden, Quellwasser etc., die Umwandlung der Radiumemanation in Helium und zahlreiche weitere Erscheinungen, die noch der Aufklärung harren. – Die Bildnisse einiger hervorragender Physiker enthalten beifolgende Tafeln.

Vgl. Müller-Pouillet, Lehrbuch der P. und Meteorologie (10. Aufl., bearbeitet von Pfaundler, Braunschw. 1905 ff., 4 Bde.); Wüllner, Lehrbuch der Experimentalphysik (5. Aufl., Leipz. 1895–99,4Bde.) und Kompendium (das. 1879, 2 Bde.); Mousson, Die P. auf Grundlage der Erfahrung (3. Aufl., Zürich 1879–84, 3 Bde.; Sachregister 1890); Chwolson, Lehrbuch der P. (deutsch, Braunschw. 1904–1905, 3 Bde.); Gray, Lehrbuch der P. (deutsch, das. 1904, Bd. 1); Winkelmann u.a., Handbuch der P. (Bresl. 1891–96, 3 Bde.); Riecke, Lehrbuch der P. (3. Aufl., Leipz. 1905, 2 Bde.); Lommel, Lehrbuch der Experimentalphysik (13. Aufl. von König, das. 1906); Warburg, Lehrbuch der Experimentalphysik (8. Aufl., Tübing. 1905); Müller, Grundriß der P. (14. Aufl. von O. Lehmann, Braunschw. 1896); Auerbach, Kanon der P. (Leipz. 1899); Urbanitzky, Physik (Wien 1892); Grunmach, Die physikalischen Erscheinungen und Kräfte (Leipz. 1899); Pfaundler, Die P. des täglichen Lebens (Stuttg. 1903); F. Neumann, Einleitung in die theoretische P. (Leipz. 1883); die »Vorlesungen über mathematische P.« von R. Kirchhoff (s. d. 1); Christiansen, Elemente der theoretischen P. (deutsch, Leipz. 1894); W. Voigt, Kompendium der theoretischen P. (das. 1895 bis 1896, 2 Bde.); Helmholtz, Vorlesungen über theoretische P. (das. 1898 ff.); Weinstein, Einleitung in die höhere mathematische P. (Berl. 1901); Lorenz, Lehrbuch der technischen P. (Münch. 1902–04, 2 Bde.); Kohlrausch, Lehrbuch der praktischen P. (10. Aufl., Leipz. 1905); Wiedemann u. Ebert, Physikalisches Praktikum (5. Aufl., Braunschw. 1904); Weinstein, Handbuch der physikalischen Maßbestimmungen (Berl. 1886–88, 2 Bde.); Frick, Physikalische Technik (7. Aufl. von O. Lehmann, Braunschw. 1905 ff., 2 Bde.); Weinhold, Vorschule der Experimentalphysik (4. Aufl., Leipz. 1897) und Physikalische Demonstrationen (4. Aufl., das. 1905); Kundt, Vorlesungen über Experimentalphysik (Braunschw. 1903); Berliner, Lehrbuch der Experimentalphysik in elementarer Darstellung (Jena 1903); Grunbaum u. Lindt, Das physikalische Praktikum des Nichtphysikers (Leipz. 1905). – Enzyklopädien: Gehler, Physikalisches Wörterbuch (neu bearbeitet von Brandes, Gmelin u.a., Leipz. 1825–45, 14 Bde.); Fischer, Physikalisches Wörterbuch (Götting. 1798–1805, 6 Bde.); Karsten, Allgemeine Enzyklopädie der P. (mit Helmholtz, Lamont u.a., Leipz. 1856–69, 10 Bde.). – Die Geschichte der P. bearbeiteten Whewell (»Geschichte der induktiven Wissenschaften«, deutsch von Littrow, Stuttg. 1840–41, 3 Bde.), Poggendorff (Leipz. 1879), Heller (Stuttg. 1882 bis 1884, 2 Bde.), Rosenberger (Braunschw. 1882 bis 1890, 3 Tle.), Gerland (Leipz. 1892), Poggendorff, Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exakten Wissenschaften (das. 1858–63, 2 Bde.; Bd. 3 von Feddersen u. Oettingen, das. 1898; Bd. 4, bis zur Gegenwart, von Oettingen 1904); Dannemann, Grundriß einer Geschichte der Naturwissenschaften (das. 1898, 2 Bde.); Günther, Geschichte der anorganischen Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert (Berl. 1901); Gerland u. Traumüller, Geschichte der physikalischen Experimentierkunst (Leipz. 1899); O. Lehmann, P. und Politik (Karlsr. 1901). Zeitschriften: »Die Fortschritte der P.« (Berl., seit 1845); Wiedemanns »Annalen der P. und Chemie«, früher redigiert von Gran, Gilbert, Poggendorff (das., seit 1799, später Leipzig), dazu Beiblätter (das., seit 1877); »Archiv für Mathematik und P.« von Grunert (Leipz., seit 1841); »Zeitschrift für Mathematik und P.« (hrsg. von Schlömilch und Cantor, das., seit 1856); »Repertorium der Experimentalphysik« (Bd. 1–18, hrsg. von Carl, Münch. 1865–82; Bd. 19–27 als »Repertorium der P.«, hrsg. von Exner, das. 1883–91); »Verhandlungen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft« (Leipz., seit 1882); »Physikalische Zeitschrift« (das., seit 1899); »Annales de chimie et de physique« von Gay-Lussac und Arago (Par., seit 1816); »Journal de physique« (das., seit 1872); »Philosophical Magazine« (Lond., seit 1832).


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