- Roger [1]
Roger (deutsch Ruotger, Rüdiger), 1) R. I., Graf von Sizilien, der jüngste der zwölf Söhne des Normannen Tancred von Hauteville, folgte um 1054 seinem Bruder Robert Guiscard nach Italien und erhielt von ihm die Herrschaft über einen Teil des eroberten Kalabrien. 1061 begann er mit Robert die Eroberung Siziliens, nahm Messina, 1071 Catania, 1072 Palermo und ward hierauf als Graf von Sizilien von seinem Bruder mit der Insel belehnt, deren Unterwerfung er vollendete, und der er eine auf dem Feudalsystem beruhende Verfassung gab. Nach Roberts Tod 1085 trat er an die Spitze der Normannen in Italien. Papst Urban II. trat mit ihm 1098 in die engste Verbindung und verlieh ihm durch eine Bulle vom 5. Juli d. J. weitgehende Rechte über die sizilische Kirche, welche die Nachfolger Urbans vergeblich zurückzunehmen versucht haben. R. starb 22. Juni 1101 zu Mileto in Kalabrien. Vgl. Caspar, Die Gründungsurkunden der sizilischen Bistümer und die Kirchenpolitik Graf Rogers I. (Innsbr. 1902) und Die Legatengewalt der normannisch-sizilischen Herrscher im 12. Jahrhundert (Rom 1904).
2) R. II., König von Sizilien, Sohn des vorigen, geb. 1098, gest. 26. Febr. 1154, folgte 1105 seinem Bruder Simon anfangs unter der Regentschaft seiner Mutter Adelheid, Nichte des Markgrafen Bonifaz von Montserrat. Nach dem Tode seines Vetters Wilhelm von Apulien, eines Enkels Robert Guiscards, der ihm bereits 1122 Kalabrien verpfändet hatte, bemächtigte sich R. Apuliens und wurde 1128 von Papst Honorius II. damit belehnt. 1130 ward er von dem Papst Anaclet II. als König von Sizilien anerkannt und Weihnachten d. J. in Palermo gekrönt. In den nächsten Jahren war R. mit Versuchen zur Unterwerfung der noch bestehenden selbständigen Herrschaften in Unteritalien beschäftigt, verlor dann zwar vorübergehend 1137 den größten Teil Unteritaliens infolge der Intervention des mit dem Gegner Anaclets, Papst Innozenz II., verbündeten Kaisers Lothar, gewann aber nach Lothars Abzug in kurzer Zeit das Meiste, was er verloren hatte, zurück. Als Innozenz 1139 selbst gegen R. zu Felde zog, ward er gefangen genommen und genötigt, im Frieden zu Mignano (25. Juli) den König mit Sizilien, Apulien und Capua zu belehnen. Darauf unterwarf sich auch Neapel, und R. beherrschte nun den ganzen Süden Italiens. Infolge einer Beleidigung, die seinen Gesandten von seiten des griechischen Kaisers Manuel widerfahren war, nahm R., der seine Oberhoheit schon über zahlreiche Plätze der nordafrikanischen Küste, darunter Tripolis, ausgebreitet hatte, auch den Kampf mit Byzanz auf, eroberte 1147 Korfu, das er bis 1149 behauptete, und plünderte das griechische Festland. R. ist der eigentliche Begründer des Königreichs beider Sizilien, das unter ihm auch durch Handel und Gewerbe, Wissenschaften und Künste mächtig aufblühte. Auf dem Thron folgte ihm sein Sohn Wilhelm I. Seine Tochter Konstanze vermählte sich 1186 mit Heinrich VI. und brachte so den sizilischen Thron an die Hohenstaufen. Vgl. Caspar, R. II. (1101–1154) und die Gründung der normannisch-sizilischen Monarchie (Innsbr. 1904).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.