Sind

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Sind (Scinde), Provinz der britisch-ind. Präsidentschaft Bombay (s. Karte »Ostindien«), begrenzt vom Ran von Katsch und dem Arabischen Meer, von Belutschistan, dem Pandschab und den Wüsten von Radschputana, 123,768 qkm mit (1901) 3,207,584 Einw. Dazu kommt noch der kleine Tributärstaat Khairpur, 15,822 qkm mit (1901) 199,565 Einw. Die flache Küste wird durch die Ablagerungen des Indusdeltas, der südöstliche Teil nördlich vom Großen Ran von Katsch durch die große Wüste Thar und Parkar eingenommen. Im Nordwesten tritt aus Belutschistan eine zweite Wüstenregion, das Pat, bis in die Nähe von Schikarpur in die Provinz über. Gebirgig ist nur die Westgrenze. Der Indus ist außer dem Hab, dem Grenzfluß gegen Belutschistan, der einzige Fluß des Landes, dessen zahlreiche Bewässerungskanäle eine Gesamtlänge von 9159 km haben und 6770 qkm bewässern, fast die Hälfte der gesamten bebauten Fläche, die nur 12,6 Proz. des Gesamtareals umfaßt; über die Hälfte des letztern ist überhaupt unkultivierbar. Die an den Ufern zum Schutze gegen Überschwemmungen aufgeführten Dämme sind 986 km lang. Der bedeutendste See ist der Salzsee Mokhai in der Wüste Thar, dessen ungeheurer Salzvorrat aus Mangel an Verkehrswegen nicht ausgebeutet wird, nächstdem der fischreiche Manchhar nahe dem Westufer des Indus. Das Klima ist außerordentlich trocken; die Temperaturextreme sind 49° im Sommer und -3° im Winter, die Durchschnittstemperatur des Winters ist 15,5, des Sommers 35°. Krankheiten (Fieber, Cholera) sind häufig. Die Flora, deren dritter Teil arabisch oder ägyptisch ist, schließt meist niedere Gewächsformen ein, von Wald (zum Teil angepflanzt) sind etwa 3000 qkm vorhanden. Von der Bevölkerung (ohne Khairpur) waren 1901: 2,446,489 Mohammedaner, 751,252 Hindu, 77,817 Christen (4829 Europäer), 2000 Parsi, der Rest Naturanbeter u. a. Zu den Mohammedanern (fast sämtlich fanatische Sunniten) gehören auch 542,736 Belutschen. Die Sprache ist das Sindhi, eine arische Sprache, mit persischen und arabischen Wörtern stark vermischt und anscheinend mit einem nichtarischen Grundstock ausgestattet, so daß es sich vom Sanskrit weiter entfernt als andre Tochtersprachen (Grammatik von Trumpp, Lond. 1872). Die Schrift ist die arabische. Die Schulbildung steht noch auf sehr niedriger Stufe. Ackerbau, von dem etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt, wird in der 20 km breiten Zone an beiden Ufern des Indus betrieben. Gebaut werden Weizen, Gerste, Erbsen, Wicken, Ölsaaten, Indigo, Hanf, Gemüse, Reis, Baumwolle, Melonen, ein wenig Tabak und Zuckerrohr, Kartoffeln, doch ist der Ertrag von Brotkorn ungenügend. Die Viehzucht ist bedeutend. Man zieht große Herden von Kamelen in den Salzsteppen und von Büffeln im sumpfigen Delta, Schafe und Ziegen in den Wüsten sowie kleine, ausdauernde Pferde und kleine Rinder, die letztern namentlich zur Arbeit bei den Bewässerungsanlagen. Die Fischerei in den Flüssen, Seen und an der Meeresküste (Heringe, Haifischflossen) ist nicht unbedeutend. Von gewerblichen Erzeugnissen sind lackierte Koffer, Töpferwaren, Lederarbeiten, Teppiche, Säcke, Emailarbeiten, grobe Baumwollwaren zu nennen. Der Handel mit dem Auslande nimmt seinen Weg über Karatschi (s. d.). Von dort zieht eine Eisenbahn nach Haidarabad, dann das rechte Industal aufwärts (mit Abzweigung nach Quetta). In die Provinz fallen 729 km Eisenbahnen. Submarine Kabel verbinden Karatschi mit Fao in Arabien und mit Buschir in Persien. Für Verwaltungszwecke wird die Provinz eingeteilt in die Distrikte Obersind, Schikarpur, Haidarabad, Karatschi, Thar-Pakar. Hauptort ist Karatschi (s. d.). – Zur Zeit, als Alexander d. Gr. den Indus hinabfuhr (325 v. Chr.), war S. unter vier Fürsten geteilt; im 3. Jahrh. ward es vorübergehend Provinz des griechischen Reiches in Baktrien (s. d.) und im ersten vorchristlichen Jahrhundert Tummelplatz der aus Innerasien nach Indien vordringenden türkisch-tatarischen Indoskythen. 695 eroberten es die Araber unter Kasim; seit 746 erfreute es sich wieder der Herrschaft der Radschputenkönige, ward 1025 von den Ghasnawiden (s. d.), 1220 von Mongolen verwüstet, 1228 durch Altanish von Hindostan unterjocht und verblieb nun unter mohammedanischen Regierungen. 1592 ward S. zum Großmogulreich in Dehli geschlagen, 1740 Nadir Schah von Persien und nach ihm den Duraniherrschern zu Kandahar unter eignen Fürsten untertan. 1758 erfolgte die Gründung der ersten englischen Faktoreien und 1775 die Beseitigung der Koluradynastie durch die Talpur (Belutschen). Reibereien mit den Engländern, die mit den Fürsten von S. 23. Aug. 1809 den Vertrag von Haidarabad schlossen, führten 1842 zum Bruch, und im Frühjahr 1843 wurde S. zur englischen Provinz gemacht. Vgl. Burton, S. revisited (Lond. 1877, 2 Bde.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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