Temperatūr

Temperatūr

Temperatūr (lat.), der dem Gefühl und durch das Thermometer sich kundgebende Wärmezustand eines Körpers; kritische T., s. Gase, S. 363; mittlere T., s. Lufttemperatur, S. 826 ff. Da die Spannung der Gase unabhängig von ihrer T. und dem Druck, selbst von ihrer chemischen Beschaffenheit sich für jeden Grad Celsius um 1/273 ändert, so müßte, wenn dieses Gesetz unbegrenzt gültig bleibt, die Spannung eines Gases bei -273° Null sein. Nun denkt man sich die Spannung hervorgebracht durch die Stöße infolge der Bewegung der Moleküle, demnach müßte bei jener T. die Bewegungsgeschwindigkeit, somit auch die vorhandene Wärmemenge, = 0 sein. Diese T. von -273° heißt deshalb der absolute Nullpunkt, und absolute T. die von ihm aus gezählte T.; sie beträgt, wenn t die T. eines Körpers in Celsiusgraden ist, T = 273+t. Durch diese Zählung erzielt man manche Vereinfachungen, insbes. bezüglich der Fassung des Gay-Lussacschen Gesetzes, des zweiten Hauptsatzes der mechanischen Wärmetheorie und der Strahlungsgesetze. Dieser Umstand weist darauf hin, daß der Punkt -273° wirklich der absolute Nullpunkt ist, obschon die Annahme, aus der dies abgeleitet wurde, nämlich die unbegrenzte Gültigkeit des Gay-Lussacschen Gesetzes mindestens in der Nähe des absoluten Nullpunktes, wo keins der bekannten Gase mehr als solches existieren kann, sondern nur als Flüssigkeit, sicher nicht zutrifft. Praktisch erreichen läßt sich der absolute Nullpunkt ebenfalls nicht, selbst durch Verdampfung von flüssigem Wasserstoff gelangte man nur bis zu ca. 16° absoluter T. Mit Helium, das aber zu kostbar ist, würde es vielleicht möglich sein, dem Punkt 0° sich noch mehr zu nähern. T. des Weltenraums, s. Sternenstrahlung. – In der Musik heißt T. die von der absoluten akustischen Reinheit abweichende Stimmung, die zwölf Halbtöne innerhalb der Oktave für die unendliche Zahl möglicher Tonwerte einstellt: gleichschwebend, wenn sie keine Tonart bevorzugt, sondern nach Möglichkeit alle zwölf Halbtöne innerhalb der Oktave gleich bemißt, ungleichschwebend, wenn sie von C-dur ausgeht und die entferntern Tonarten minder rein stimmt.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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