- Elektrizitätslehre
Elektrizitätslehre, Lehre von der Elektrizität und vom Magnetismus. Der erste Schritt zur Entwickelung der E. geschah, als Gilbert in einem Werk über den Magnet 1600 die Beobachtung mitteilte, daß außer Bernstein auch gewisse andre Körper durch Reiben die Eigenschaft annehmen, leichte Körperteilchen anzuziehen. Otto v. Guerike zu Magdeburg, der Erfinder der Luftpumpe, machte auch den ersten Anfang zur Konstruktion der Elektrisiermaschine und wies die elektrische Abstoßung nach. Diese Untersuchungen wurden von andern, namentlich in England, fortgesetzt; aber erst 1727 machte Gray die Entdeckung, daß auch die Metalle und andre Körper, die man bis dahin nicht elektrisch machen konnte, diese Eigenschaft erlangten, wenn sie an seidenen Fäden hingen oder auf Glas ruhten; er erkannte hiermit die Fähigkeit der Elektrizität, längs eines Metalldrahtes fortzuströmen (elektrisches Fluidum). Um 1773 unterschied Du Fay zwei Elektrizitäten und zeigte, daß die gleichartig elektrischen Körper sich abstoßen, die ungleichartig elektrischen sich anziehen. Die Erfindung der Verstärkungsflasche ward 1745 vom Domherrn v. Kleist in Pommern (daher Kleistsche Flasche) und einige Zeit später von Cunäus in Leiden (daher Leidener Flasche) gemacht. Die Vermutung, daß Blitz und Donner die Wirkung einer elektrischen Entladung seien, sprach Benjamin Franklin zuerst entschiedener aus, zeigte auch den Weg (vermittelst des Drachen), sie zur Gewißheit zu erheben, und erfand den Blitzableiter. Ein ganz neues Gebiet der Elektrizität wurde durch Entdeckung der Berührungselektrizität von Galvani (1789) und Volta in dem nach ersterm benannten Galvanismus eröffnet. Während man bis dahin nur die Erscheinungen des Gleichgewichtszustandes der Elektrizität im ruhenden Zustand beobachtet und studiert hatte, fand man jetzt, daß die in fortwährender Bewegung in einem Leiter begriffene Elektrizität, der elektrische oder galvanische Strom, ganz neue, ungeahnte Beziehungen zu Wärme, Chemismus und Magnetismus darbot. Schon zu Anfang des 19. Jahrh. zersetzte Davy vermittelst des Stromes die Alkalien und schied die Alkalimetalle im regulinischen Zustand aus. 1820 entdeckte Örsted in Kopenhagen durch Zufall den Elektromagnetismus. Ampère wies 1826 die gegenseitige Einwirkung elektrisch er Ströme nach. 1827 entdeckte Ohm das nach ihm benannte Gesetz der Stromstärke. Faraday entdeckte die elektrolytischen Gesetze, 1831 die Induktion, die Magnetelektrizität und den Diamagnetismus; 1833 erfanden Gauß und Weber den elektromagnetischen Telegraphen und begründeten das absolute Maßsystem, das dann insbes. durch Sir William Thomson, auf dessen Anregung die British Association ein Komitee zur definitiven Feststellung der Maßeinheiten einsetzte, gefordert wurde. 1838 erfand Jacobi die Galvanoplastik. Das für die technische Anwendung der Elektrizität wichtige dynamoelektrische Prinzip wurde 1866 von W. Siemens aufgestellt, und 1877 erfand Graham Bell das Telephon. Die auf Faradays Anschauungen gegründete Theorie der Elektrizität und des Magnetismus von Maxwell (1873), wonach das Licht in elektromagnetischen Schwingungen besteht (elektromagnetische Lichttheorie), wurde durch die Versuche von Hertz (1889) bestätigt, der nachwies, daß die »Strahlen elektrischer Kraft« sich mit der Geschwindigkeit des Lichtes fortpflanzen und überhaupt denselben Gesetzen gehorchen wie die Lichtstrahlen. Vgl. Rieß, Reibungselektrizität (Berl. 1853, 2 Bde.); Derselbe, Abhandlungen zur Lehre von der Reibungselektrizität (das. 1867); Becquerel, Traité de l'électricité (Par. 1855–1856, 3 Bde.; mit der Fortsetzung: »Résumé de l'histoire de l'électricité«, 1858); C. Neumann, Die elektrischen Kräfte (2 Tle., Leipz. 1873 u. 1898); Helmholtz, Wissenschaftliche Abhandlungen (das. 1882–1895, 3 Bde.); Ferini, Technologie der Elektrizität und des Magnetismus (deutsch, Jena 1878); Maxwell, Treatise on electricity and magnetism (3. Aufl., Lond. 1892, 2 Bde.; deutsch, Berl. 1883, 2 Bde.); Wiedemann, Lehre von der Elektrizität (2. Aufl., Braunschw. 1893–98, 4 Bde.); Mascart und Joubert, Lehrbuch der Elektrizität und des Magnetismus (deutsch, Berl. 1886–88, 2 Bde.); Faraday, Experimentaluntersuchungen über Elektrizität (deutsch, das. 1889–91, 3 Bde.); Poincaré, Elektrizität und Optik (deutsch, das. 1892, 2 Bde.); Hoppe, Geschichte der Elektrizität (Leipz. 1884); Ohm, Gesammelte Adhandlungen (das. 1892); Boltzmann, Vorlesungen über die Maxwellsche Theorie der Elektrizität und des Lichtes (das. 1891–93, 2 Bde.); Föppl, Einführung in die Maxwellsche Tiscorle der Elektrizität (das. 1891); O. Lehmann, Elektrizität und Licht, Einführung etc. (Braunschw. 1895); Ebert, Magnetische Kraftfelder (Leipz. 1897); E. Cohn, Das elektromagnetische Feld (das. 1900); Jaumann, Leichtfaßliche Vorlesungen über Elektrizität und Licht (das. 1902); Grätz, Die Elektrizität und ihre Anwendungen (9. Aufl., Stuttg. 1902); Heinke u. Ebert, Die Elektrophysik und die Theorie des Elektromagnetismus (Leipz. 1902).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.