- Bernoulli
Bernoulli (spr. -nulli), eine Gelehrtenfamilie, deren Stammvater Jakob (gest. 1583) vor den Bedrückungen des Herzogs Alba aus Antwerpen nach Frankfurt a. M. floh. Sein Enkel Jakob, geb. um 1598, gest. 1634, siedelte sich 1622 in Basel an, wo die Familie bald zu größtem Ansehen gelangte. 1) Jakob, Mathematiker, geb. 27. Dez. 1654 in Basel, gest. daselbst 16. Aug. 1705 als Professor der Mathematik, Enkel des eben Genannten, wandte die von Newton und Leibniz erfundene Infinitesimalrechnung auf die schwierigsten Fragen der Geometrie und Mechanik an, entdeckte die nach ihm benannten Bernoullischen Zahlen und ist einer der ersten Begründer der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Sein Hauptwerk: »Ars conjectandi«, erschien 1713, eine Sammlung seiner Werke mit Anmerkungen von Nikolaus B. in Genf 1744, 2 Bände.
2) Johann, Bruder des vorigen, Mathematiker, geb. 27. Juli 1667 in Basel, gest. 1. Jan. 1748, studierte seit 1683 Medizin und Mathematik, ward 1695 Professor der Mathematik in Groningen und 1705 seines Bruders Nachfolger. Er war Leibnizens eifrigster Verfechter in dessen Streit mit Newton über die Erfindung der Differentialrechnung und insbes. an der Ausbildung der Integralrechnung beteiligt. Seine »Korrespondenz mit Leibniz« erschien Genf 1745, 4 Bde., seine »Opera omnia« Lausanne 1742, 4 Bde.
3) Nikolaus, Neffe der vorigen, geb. 10. Okt. 1687 in Basel, gest. 29. Nov. 1759, studierte die Rechte, vorzugsweise aber Mathematik, namentlich auch in Groningen, von wo er 1705 mit dem vorigen nach Basel zurückkehrte. 1716 wurde er Professor der Mathematik in Padua, 1722 Professor der Logik in Basel und 1731 Professor des Lehnrechts daselbst.
4) Daniel, Sohn von B. 2), geb. 29. Jan. 1700 in Groningen, gest. 17. März 1782 in Basel, studierte in Basel Medizin und Mathematik, folgte 1725 einem Ruf an die Akademie zu Petersburg, ward 1733 Professor der Anatomie und Botanik in Basel, 1750 Professor der Physik daselbst. In seiner »Hydrodynamik« (Straßb. 1738) behandelte er zuerst die Bewegung der flüssigen Körper durch mathematische Analyse, auch löste er zuerst das Problem über die Schwingungen der Saiten. Vgl. »Die Baseler Mathematiker Daniel B. und Leonhard Euler« (Festschrift, Basel 1884).
5) Johann, Enkel von B. 2), geb. 4. Nov. 1744 in Basel, gest. 13. Juli 1807 in Berlin als Astronom u. Direktor der mathematischen Klasse der Akademie. – Sein Bruder Jakob B., geb. 17. Okt. 1759 in Basel, starb 14. Juli 1789 als Professor der Mathematik in Petersburg. Vgl. Merian, Die Mathematiker B. (Basel 1860).
6) Christoph, Neffe des vorigen, geb. 15. Mai 1782 in Basel, gest. 6. Febr. 1863, studierte 1801 Naturwissenschaften in Göttingen, war dann Lehrer in Halle, 1804 Berlin, Paris, Aarau und Basel 1806, wurde 1817 Professor der Naturgeschichte an der Universität in Basel und widmete sich nun vorzüglich der Technologie und Statistik. Seine Schriften vermitteln den Übergang von der ältern empirischen Behandlungsweise der Technologie zu der neuern rationellen. Er schrieb: »Über den nachteiligen Einfluß der Zunftverfassung auf die Industrie« (Basel 1822); »Rationelle Darstellung der gesamten mechanischen Baumwollspinnerei« (das. 1829); »Vademekum des Mechanikers« (Stuttg. 1829; 22. Aufl. als »Handbuch des Maschinentechnikers« von Berg, 1901); »Handbuch der Technologie« (Basel 1833–34, 2 Bde.; 2. Aufl. 1840); »Handbuch der Dampfmaschinenlehre« (Stuttg. 1833; 8. Aufl., bearbeitet von Freytag, 1900); »Handbuch der industriellen Physik, Mechanik und Hydraulik« (das. 1834–35, 2 Bde.); »Handbuch der Populationistik« (Ulm 1840–41, Nachtrag 1843). Auch gab B. das »Schweizerische Archiv für Statistik und Nationalökonomie« (Basel 1828–30, 5 Bde.) heraus.
7) Johann Jakob, Archäolog, geb. 18. Jan. 1831 in Basel, studierte auf der Universität seiner Vaterstadt, ward Gymnasiallehrer daselbst und erhielt später eine außerordentliche, 1895 eine ordentliche Professur der Archäologie an der dortigen Universität. Er schrieb: »Über den Charakter des Kaisers Tiberius« (Basel 1859); »Über die Laokoongruppe« (das. 1863); »Über die Minervenstatuen« (das. 1871); »Aphrodite; ein Baustein zur griechischen Kunstmythologie« (Leipz. 1873); »Die Bildnisse des ältern Scipio« (1875), »Die Bildnisse berühmter Griechen« (1877) und »Römische Ikonographie« (Stuttg. 1882–94, 4 Bde.); »Griechische Ikonographie« (Münch. 1901, 2 Bde.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.