Elektronen

Elektronen

Elektronen. Zur elektrolytischen Ausscheidung von 0,01 mg Wasserstoff ist der Durchgang der Menge 1 Coulomb positiver (sowie negativer) Elektrizität erforderlich. Nun besteht nach den Annahmen der kinetischen Gastheorie jene Wasserstoffmenge aus 6,42×1018 Atomen; somit transportiert jedes Atom die Elektrizitätsmenge 1,56×10-19 Coulomb positiver Elektrizität von der Anode zur Kathode. Genau ebensoviel Elektrizität transportiert nach Faradays zweitem elektrolytischen Gesetz jedes andre einwertige Atom, ein zwei-, drei-, vierwertiges zwei-, drei-, viermal soviel. Man nennt deshalb diese Elektrizitätsmenge das Elementarquantum oder die Valenzladung. Nach Helmholtz (1881) u. Nernst (1901) kann man sich von dieser Tatsache am einfachsten die Vorstellung machen, daß die Elektrizität wie die Materie aus gesonderten, unteilbaren Partikelchen, den E., besteht, die sich ähnlich wie einwertige Atome mit materiellen Atomen verbinden, deren Wertigkeiten sättigen können. Die Verbindung von einem Wasserstoffatom mit einem negativen Elektron ist ein negatives Wasserstoffion, die Verbindung mit einem positiven Elektron ein positives Ion. Die E., namentlich die negativen, sind als sehr leicht beweglich zu denken, so daß sie, falls ein Lichtstrahl, d.h. ein elektrischer Wellenzug, den Körper durchdringt, in Mitschwingung versetzt werden und dadurch dessen Fortpflanzungsgeschwindigkeit beeinflussen. Diese sollte nämlich in einfacher Beziehung zu der Dielektrizitätskonstante und magnetischen Permeabilität stehen (es sollte der Brechungsexponent der Substanz gleich der Quadratwurzel aus ihrer Diëlektrizitätskonstante sein), was aber tatsächlich nicht genau zutrifft, namentlich nicht bei den Strahlen, die stark absorbiert werden, d.h. die E. in besonders starkem Maß in Mitschwingung versetzen und dazu ihre Energie verbrauchen. (H. A. Lorentz, 1880.) Werden, wie z. B. bei Verbrennungsprozessen, die E. in sehr heftige Schwingungen versetzt, so senden sie selbst elektrische Wellen aus, die als Licht wahrgenommen werden. Da nun ein elektrischer Strom, also auch ein bewegtes Elektron, durch ein magnetisches Feld beeinflußt wird, muß sich ein Einfluß des Magnetismus auf das von einer Flamme ausgesandte Licht konstatieren lassen, was in der Tat zutrifft (Zeemans Phänomen, s. Magneto-optische Erscheinungen). Ein sehr heftig bewegtes Elektron wird ferner, obschon es keine Materie, also an sich masselos ist, infolge der Bildung eines magnetischen Feldes (das Energie beansprucht) der Bewegung einen gewissen Widerstand entgegensetzen, ähnlich dem Trägheitswiderstand der Materie, doch davon unterschieden insofern, als er von der Geschwindigkeit abhängt, d.h. das Elektron verhält sich so, wie wenn es eine Masse hätte, die mit seiner Geschwindigkeit zu- und abnimmt. Zur Erklärung des Wesens der Kathodenstrahlen (und Becquerelstrahlen) nimmt man nach Wiechert und J. J. Thomson an, daß sie aus senkrecht von der Kathodenoberfläche fortgeschleuderten negativen E. bestehen, die sich geradlinig weiterbewegen mit einer Geschwindigkeit, welche mehr oder weniger der Lichtgeschwindigkeit gleichkommen kann (entsprechend der tatsächlich gemessenen Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Kathodenstrahlen, meist = 0,7×108 m). Setzt man die Kathodenstrahlen der Wirkung eines magnetischen Feldes aus, so muß jedes Teilchen wie ein Komet bei Annäherung an die Sonne eine Ablenkung erfahren, um so mehr, je größer die elektrische Masse im Verhältnis zum Trägheitswiderstand ist (konstante Geschwindigkeit vorausgesetzt). Ebenso verhält es sich in einem elektrischen Feld. In der Tat werden die Kathodenstrahlen (und Becquerelstrahlen) in beiden Fällen abgelenkt, so daß man aus dem Betrage der Ablenkung das Verhältnis der Ladung zur Masse bestimmen kann. Für ein Wasserstoffion wäre es im CGS-System, d.h. wenn 1 g die Masseneinheit und 10 Coulomb die Einheit der Ladung: 0,1:0,00001 = 104. Für ein Elektron findet sich dagegen aus den genannten und andern Versuchen (namentlich von W. Kaufmann und W. Seitz) das Verhältnis 1,865×107, d.h. die scheinbare Masse eines Elektrons ist höchstens ein Tausendstel von der des Wasserstoffatoms, die wahre, wenn es wirklich eine solche besitzt, noch außerordentlich viel kleiner. Als positive E. betrachtet W. Wien die Partikelchen, die im bewegten Zustand als Kanalstrahlen (s. Elektrische Entladung, S. 614) erscheinen, und schließt aus der sehr geringen Ablenkungsfähigkeit dieser Strahlen auf eine relativ große Masse derselben, die der Größenordnung nach der der gewöhnlichen Atome gleichkommt, so daß man ein unelektrisches Atom als Verbindung eines positiven und negativen Elektrons auffassen könnte. Die E. wären hiern ach die Uratome. Vgl. O. Lehmann, Die elektrischen Lichterscheinungen (Halle 1898); J. J. Thomson, Die Entladung der Elektrizität durch Gase (deutsch von Ebert, Leipz. 1900); Stark, Die Elektrizität in Gasen (das. 1902); Mie, Die neuern Forschungen über Ionen und Elektronen (Stuttg. 1903).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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