Lange

Lange

Lange, 1) Joachim, pietistischer Theolog und Philolog, geb. 26. Okt. 1670 in Gardelegen, gest. 7. Mai 1744 in Halle, studierte unter Francke in Leipzig, Erfurt und Halle und wurde 1696 Rektor in Köslin, 1698 Direktor des Friedrichswerderschen Gymnasiums in Berlin, 1709 Professor der Theologie in Halle. L. war einer der Hauptvertreter des Franckeschen Pietismus (s. Francke 1) und ein rühriger Gegner der Philosophie Chr. Wolffs (s. Wolff 1), dessen Absetzung und Landesverweisung 1723 er veranlaßte. Seine Hauptschriften sind: »Antibarbarus orthodoxiae dogmatico-hermeneuticus« (Berl. 1709, 4 Tle.); »Causa Dei et religionis naturalis adv. Atheismum, Naturalismum, Judaeos, Socinianos et Ponteficios« (Halle 1727, 3 Bde.); »Die evangelische Lehre von der allgemeinen Gnade« (das. 1740, 3 Tle.). Bekannt sind auch die von ihm verfaßten sogen. Halleschen Grammatiken: »Griechische Grammatik« (zuerst Halle 1705) und »Lateinische Grammatik« (zuerst das. 1707).

2) Johann Peter, protest. Theolog, geb. 10. April 1802 in Sonnborn bei Elberfeld, gest. 9. Juli 1884 in Bonn, wurde 1826 Pfarrer in Wald, 1828 in Langenberg, 1832 in Duisburg, 1841 Professor der Theologie in Zürich und 1854 in Bonn, wo er 1860 Konsistorialrat wurde. Unter seinen zahlreichen, auch geistliche Dichtungen didaktischer und lyrischer Art und verschiedene Predigtsammlungen umfassenden Werken erwähnen wir: »Vermischte Schriften« (Mörs 1840–41, 4 Bde.; neue Folge, Bielef. 1860 bis 1864, 3 Bde.); »Das Leben Jesu« (Heidelb. 1844–47, 3 Bde.); »Christliche Dogmatik« (das. 1849–52, 3 Bde.); »Das apostolische Zeitalter« (Braunschw. 1853–54, 2 Bde.); »Zur Psychologie in der Theologie« (Heidelb. 1873); »Grundriß der theologischen Enzyklopädie« (das. 1877); »Grundriß der biblischen Hermeneutik« (das. 1878); »Grundriß der christlichen Ethik« (das. 1878); »Die Menschen- und Selbstverachtung als Grundschaden unsrer Zeit« (das. 1879); »Grundriß der Bibelkunde« (das. 1881). Seit 1857 gab er mit andern das umfangreiche »Theologisch-homiletische Bibelwerk« heraus.

3) Henry, Kartograph, geb. 13. April 1821 in Stettin, gest. 30. Aug. 1893 in Berlin, Schüler von Heinr. Berghaus, leitete 1855–59 die geographisch-artistische Anstalt von F. A. Brockhaus in Leipzig und war 1868–91 Plankammerinspektor am Statistischen Bureau in Berlin. Hauptwerke: »Schulatlas« (mit Liechtenstern, Braunschw. 1852 u. ö.; mit mehreren Ergänzungsheften), dem sich der »Volksschulatlas« (das. 1871, oft aufgelegt) anschloß; »Land- und Seekarte des Mittelländischen Meeres« (Triest 1857, 10 Blätter); »Reiseatlas von Deutschland« (Leipz. 1855 bis 1859, 58 Karten); »Bibelatlas« (zu Bunsens Bibelwerk, das. 1860, 10 Blätter); »Atlas von Sachsen« (das. 1860–62, 10 Blätter); »Handatlas« (das. 1867); »Atlas des Deutschen Reichs« (30 Karten, zuletzt das. 1901). Auch schrieb er: »Südbrasilien, mit Rücksicht auf die deutsche Kolonisation« (2. Aufl., Leipz. 1885).

4) Ludwig, Philolog, geb. 4. März 1825 in Hannover, gest. 18. Aug. 1885 in Leipzig, studierte seit 1843 in Göttingen, habilitierte sich daselbst 1849 und wurde 1853 außerordentlicher, 1855 ordentlicher Professor in Prag, 1859 in Gießen, 1871 in Leipzig. Sein Hauptwerk ist das »Handbuch der römischen Altertümer« (Berl. 1856–71, 3 Bde., unvollendet; Bd. 1 u. 2, 3. Aufl. 1876–79; Bd. 3, Abt. 1, 2. Aufl. 1876; Register von Mendelssohn, 1873). Sonst nennen wir: die Ausgabe von Hyginus' »De munitionibus castrorum« (Berl. 1848); »Der Homerische Gebrauch der Partikel εἰ« (Leipz. 1872–73, 2 Tle.). Mit G. Curtius, Lipsius und Ribbeck gab er seit 1878 die »Leipziger Studien« heraus. Gesammelt erschienen seine »Kleinen Schriften aus dem Gebiete der klassischen Altertumswissenschaft« (Götting. 1887, 2 Bde.; mit Lebensbeschreibung von K. Lange). Vgl. Neumann, Ludwig L. (Berl. 1886).

5) Wichard, Schulmann und pädagog. Schriftsteller, geb. 20. Mai 1826 in Krompfer (Brandenburg), gest. 10. Jan. 1884, wurde in Berlin unter Diesterweg gebildet und war zuerst dort Seminarhilfslehrer. Später wirkte er als Lehrer und Schwiegersohn W. Middendorfs an der Fröbelschen Anstalt in Keilha u. Seit 1851 Leiter einer Privatrealschule in Hamburg, gehörte L. zu den Führern der allgemeinen deutschen Lehrerversammlungen. Er leitete nach Diesterwegs Tode 1866 die »Rheinischen Blätter«, gab nach Karl Schmidts Tode dessen »Geschichte der Pädagogik« (3. Aufl., Köthen 1875–76, 4 Bde.) und »Geschichte der Erziehung und des Unterrichts« (4. Aufl., das. 1883) und Friedrich Fröbels »Gesammelte pädagogische Schriften« (2. Aufl., Berl. 1874) heraus.

6) Friedrich Albert, Philosoph und Nationalökonom, Sohn von L. 2), geb. 28. Sept. 1828 in Wald bei Solingen, gest. 23. Nov. 1875 in Marburg, studierte in Zürich und Bonn, war 1852–55 Gymnasiallehrer in Köln, dann Privatdozent in Bonn, hierauf 1858–61 wieder Lehrer am Gymnasium in Duisburg und wurde darauf Sekretär der Handelskammer daselbst. 1866 ließ er sich in Winterthur nieder, wo er sich an der Redaktion des »Landboten« beteiligte; später habilitierte er sich an der Universität Zürich, wurde daselbst 1870 ordentlicher Professor der induktiven Philosophie und folgte 1873 einem Ruf an die Universität Marburg. Um dse Philosophie hat sich L. verdient gemacht durch seine »Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart« (Iserl. 1866; 3. Aufl. 1877, 2 Bde.; Ausgabe ohne die umfangreichen Anmerkungen, mit Biographie von Cohen, 1887; 7. Aufl. mit Vorwort und Einleitung von Cohen, 1902), ergänzt durch »Neue Beiträge zur Geschichte des Materialismus« (Winterth. 1867). In diesem allgemein hochgeschätzten Werke vertritt er die Ansicht, daß unsre Erkenntnis aus der Erfahrung hervorgehe und auf Grund dieser auch der ursachliche Zusammenhang der Erscheinungen klargelegt werden könne, verkennt jedoch nicht die praktische Berechtigung von idealen Auffassungen, die sich nicht unmittelbar auf die Erfahrung zurückführen lassen, indem er sich hierin besonders an Schiller anschließt. Zur Entwickelung des Neukantianismus hat er einen Hauptanstoß gegeben. In seiner Schrift »Die Grundlegung der mathematischen Psychologie« (Duisb. 1865) wendet sich L. gegen die Herbartschen Anschauungen. Im Gebiete der Volkswirtschaftslehre machte sich L. bekannt durch einige gehaltvolle Schriften: »Die Arbeiterfrage in ihrer Bedeutung für Gegenwart und Zukunft« (Duisburg 1865; 5. Aufl., Winterth. 1894), worin er sozialpolitische Gedanken entwickelte, die sich erst später Anerkennung errungen haben, und »J. St. Mills Ansichten über die soziale Frage« (Duisb. 1866). Auch seine Schrift »Die Leibesübungen« (Gotha 1863) ist zu erwähnen. Nach Langes Tod gab Cohen seine »Logischen Studien« (Iserl. 1877) heraus. Vgl. Vaihinger, Hartmann, Dühring und L. (Iserl. 1876); Bösch, Friedr. Albert L. und sein. Standpunkt des Ideals' (Frauens. 1890); Ellissen, Friedr. Albert L., eine Lebensbeschreibung (Leipz. 1891).

7) Max, Schachschriftsteller, geb. 7. Aug. 1832 in Magdeburg, gest. 8. Dez. 1899 in Leipzig, studierte seit 1852 insbes. Rechtswissenschaft. Selbst ein namhafter Meister im Schachspiel, hat er über dieses eine Reihe wertvoller Schriften veröffentlicht: »Kritik der Eröffnungen« (Berl. 1855); das in mehrere Sprachen übersetzte »Lehrbuch des Schachspiels« (das. 1856; 2. Aufl., Halle 1865); »Sammlung neuer Schachpartien« (Leipz. 1857); »Handbuch der Schachaufgaben« (das. 1862); »Feinheiten des Schachspiels auf dem Gebiete der Komposition« (das. 1865); »Paul Morphy. Skizze aus der Schachwelt« (das. 1859, 3. Aufl. 1893) und »Der Meister im Schachspiel« (Weim. 1881).

8) Helene, Vorkämpferin des modernen weiblichen Bildungsstrebens, geb. 9. April 1848 in Oldenburg (Großherzogtum), bildete sich nach Besuch der Cäcilienschule ihrer Vaterstadt im damals noch französischen Elsaß für den Lehrerinnenberuf vor und leitete, 1872 nach Berlin übergesiedelt, das Lehrerinnenseminar von Fräulein Crain. Seit dem Jahre 1888 stand sie an der Spitze der Realkurse für Frauen in Berlin, die 1893 zu Gymnasial- (Realgymnasial-) Kursen umgewandelt wurden. Mit Auguste Schmidt und Marie Loeper-Housselle begründete sie 1889 den Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverein. Sie ist Vorsitzerin dieses Vereins wie des Berliner und des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins; auch gehört sie dem Vorstande des International Council of Women an. Sie schrieb: »Leitfaden für den Unterricht in der Geschichte der französischen Literatur« (auch französisch als »Précis de l'histoire de la littérature française«, Berl. 1885, 13. Aufl. 1904); »Schillers philosophische Gedichte« (das. 1887, 2. Aufl. 1904); »Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung« (das. 1887); »Frauenbildung« (das. 1889; auf Grund einer Studienreise nach England); »Entwickelung und Stand des höhern Mädchenschulwesens in Deutschland« (im Auftrag des preußischen Kultusministers zur Weltausstellung in Chicago, das. 1893) und eine Anzahl von Flugschriften und Vorträgen im Dienste der Frauen- und Lehrerinnensache. Seit 1893 gibt sie die Monatsschrift »Die Frau« (Berl.) heraus, mit Gertrud Bäumer das »Handbuch der Frauenbewegung« (Bd. 1–4, das. 1901–02).

9) Friedrich, deutschnationaler Publizist, geb. 10. Jan. 1852 in Goslar, studierte von 1870–73 in Göttingen Philosophie und klassische Philologie, war dann im Lehrfach tätig und trat später in die Redaktion des »Braunschweiger Tageblatts« ein. Als Chefredakteur Ende 1881 dort ausgeschieden, gehörte er von 1882 ab der Redaktion der »Täglichen Rundschau« an, stieg zum Herausgeber dieses Blattes und der seit 1894 bestehenden »Volksrundschau« empor, gab aber Ende 1895 auch diese Tätigkeit auf, um 1. April 1896 die »Deutsche Zeitung« zu begründen, die er heute noch herausgibt. Angeregt durch das Bedürfnis, die anfänglich als »Zeitung für Nichtpolitiker« erscheinende »Tägliche Rundschau« in eine unabhängige Zeitung für nationale Politik umzuwandeln, betrieb L. innerhalb der Gesellschaft für deutsche Kolonisation 1884 mit Karl Peters die Propaganda der kolonialen Tat und forderte namentlich die Erwerbung von Deutsch-Ostafrika. Seit 1887 trat er dann für eine Reform des höhern Schulwesens ein, schuf im Frühjahr 1889 den Verein für Schulreform (Ziel: gemeinsamer lateinloser Unterbau für alle höhern Anstalten) und leitete ihn bis 1903 zusammen mit Theod. Peters, dem Direktor des Vereins deutscher Ingenieure; das Ergebnis bestand außer einer »Zeitschrift für die Reform der höhern Schulen« in der Erlangung der Gleichberechtigung aller höhern Anstalten und in dem Aufblühen von 80 »Reformschulen«. 1894 schloß L. eine Anzahl von Lesern der »Täglichen Rundschau« und sonstigen Anhängern zu einem »Deutschbunde« zusammen. Dagegen scheiterte der 1896 unternommene Versuch, durch das sogen. Deutschkartell unser Parteiwesen zu erneuern, bald. Günstiger schlug die Begründung des Nationalen Reichswahlverbands (März 1902) ein, der sich im Frühjahr 1905 mit dem (ein Jahr vorher durch General v. Liebert u.a. geschaffenen) »Reichsverband gegen die Sozialdemokratie« verschmolz. L. schrieb: »Über den Sensualismus des Protagoras« (Götting. 1873), den humoristischen Roman »Harte Kopfe« (Leipz. 1885), das Epos »Lothar« (Hamb. 1887) und das Drama »Der Nächste« (das. 1889). Die Grundzüge seiner nationalen Weltanschauung legte er in dem Werke »Reines Deutschtum« (Berl. 1893; 5. Aufl., das. 1904) nieder, wovon einige Abschnitte als Broschüren besonders erschienen.

Dichter und Schriftsteller.

10) Samuel Gotthold, Dichter, Sohn von L. 1), geb. 1711 in Halle a. S., gest. 25. Juni 1781 in Laublingen, studierte in Halle Theologie, erhielt, nachdem er sich längere Zeit in Erfurt und Berlin aufgehalten hatte, die Pfarrei in Laublingen bei Halle und wurde 1755 zugleich zum Inspektor der Kirchen und Schulen im Saalkreis ernannt. Anfangs ein Anhänger Gottscheds, stiftete er mit seinem Freund Pyra in Halle (1733) eine »Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache etc.«, in der sie selbständigere Anschauungen pflegten. Später wirkten beide der Gottschedschen Schule entgegen; beide waren namentlich Feinde des Reims, den sie durch Einführung der antiken Versmaße zu verdrängen suchten. Ihre Gedichte erschienen zusammen, ohne Langes Wissen von Bodmer herausgegeben, u. d. T.: »Thyrsis' und Damons freundschaftliche Lieder« (Zürich 1745; Neudruck von Sauer, Heilbr. 1885). In seiner Sammlung »Horazische Oden« (Halle 1747) pries er die Siege Friedrichs d. Gr. Am bekanntesten wurde L. indessen durch seine metrische Übersetzung der Oden des Horaz (Halle 1752, Friedrich d. Gr. gewidmet), die gänzlich verunglückt war und an Lessing. den L. gereizt hatte, einen vernichtenden Kritiker fand (»Vademekum für Herrn Samuel Gotthold L., Pastor in Laublingen«, Berl. 1754). Noch gab L. eine »Sammlung gelehrter und freundschaftlicher Briefe« (Halle 1769–70, 2 Bde.) heraus, die für die Geschichte der literarischen Bewegung jener Zeit von Interesse ist. Vgl. E. Schmidt, Lessing, Bd. 1 (2. Aufl., Berl. 1899); Fisch, Generalmajor v. Stille (der Friedrich d. Gr. für L. zu interessieren suchte, das. 1885); Lehnerdt, Die deutsche Dichtung des 17. und 18. Jahrhunderts in ihren Beziehungen zu Horaz (Programm, Königsberg 1882). – Auch Langes erste Gattin, Anna Dorothea (gest. 1764), von den Freunden ihres Gemahls als Doris gefeiert, hat Gedichte veröffentlicht.

11) Philipp, unter dem Pseudonym Philipp Galen bekannter Romanschriftsteller, geb. 21. Dez. 1813 in Potsdam, gest. daselbst 20. Febr. 1899, studierte Medizin und trat dann als Kompaniechirurgus in die preußische Armee. 1849 machte er als Dirigent eines Feldlazaretts den Krieg in Holstein mit; seit 1857 lebte er als Stabsarzt in Potsdam, wo er 1878 in den Ruhestand trat. Seine bedeutendsten Romane sind: »Der Inselkönig« (Leipz. 1852); »Der Irre von St. James«, sein bestes, schon 1844 geschriebenes Werk (1853, 7. Aufl. 1883); »Fritz Stilling, Erinnerungen aus dem Leben eines Arztes« (1854) und »Walther Lund. Aus dem Leben eines Schriftstellers« (1855), beide mit Verwertung treuer Züge aus dem Leben des Dichters; »Andreas Burns und seine Familie« (1856), wozu L. den Stoff aus seinen Erlebnissen in Holstein nahm; »Der Sohn des Gärtners« (1861); »Die Insulaner. Rugianisches Charakterbild« (1861); »Der Leuchtturm auf Kap Wrath« (1862); »Nach zwanzig Jahren« (1864); »Die Tochter des Diplomaten« (1865); »Der Löwe von Luzern« (1869); »Die Rastelbinder« (1874); »Der Einsiedler vom Abendberg« (1876); »Die Moselnixe« (1877); »Frei vom Joch« (1878); »Die Perle von der Oie« (1880); »Fürstendiener« (1880); »Humoristische Erzählungen« (1883); »Der Meier von Monjardin« (1891) u.a. L. benutzt in seinen meisten Romanen das moderne Leben, um spannende Erzählungen ohne besonders tiefgehende Tendenzen daran zu knüpfen. Als Dramatiker versuchte er sich mit dem Drama »Friedrich in Rheinsberg« (2. Aufl., Berl. 1873). Seine »Gesammelten Schriften« erschienen in 36 Bänden (Leipz. 1857–66).

12) Sven, dän. Schriftsteller, geb. 22. Juni 1868 in Kopenhagen, studierte daselbst seit 1887, weilte 1893–95 in Paris, war 1895–97 an der Redaktion des »Simplizissimus« beteiligt und lebt jetzt hauptsächlich in Kopenhagen, journalistisch und literarisch tätig. Nach einem novellistischen Versuch: »Engelche und andere Erzählungen« (1893; deutsch, Münch. 1894), erregte L. großes Aufsehen durch den genialliederlichen Roman »Taten des Herzens« (»Hjaertets Gaeruinger«, 1900; deutsch: »Hertha Juncker«, das. 1901), der trotz zerfahrener Handlung als kostbares kulturhistorisches Dokument einzuschätzen ist. Außer der graziösen Novelle »Sommerspiel« (1902; deutsch, Münch. 1902) hat L. hauptsächlich unterhaltende und geistvolle Schauspiele geschrieben. Wir nennen davon: »Ein Märtyrer« (1896), »Iris oder die unverwundbare Frau« (1897), »Narren der Liebe« (1897), »Sturm« (1899), »Ein Verbrecher« (deutsch, 1902), »Die stillen Stuben« (deutsch, Münch. 1902) und »Frauenglück« (1903).

Künstler, Kunstschriftsteller, Musiker.

13) Ludwig, Architekt, geb. 22. März 1808 in Darmstadt, gest. 31. März 1868 in München, widmete sich in Darmstadt bei Lerch und Möller, hierauf in München der Baukunst, war 1834–38 Zeichenlehrer am Gymnasium in Athen und kehrte dann nach München zurück, wo er seit 1847 als Professor an der Bauschule der Akademie der Künste wirkte. L. machte sich zuerst bekannt durch seine lithographierten »Malerischen Ansichten der merkwürdigsten und schönsten Kathedralen, Kirchen und Monumente der gotischen Baukunst am Rhein, Main und an der Lahn« (Frankf. 1833–34). 1832 verband er sich mit dem Kupferstecher E. Rauch zur Herausgabe eines Werkes, das nach seinen Zeichnungen Ansichten der vornehmsten Städte in Deutschland, ihrer wichtigsten Kirchen und sonstigen Baudenkmäler im Stahlstich enthält. Einen Teil seiner zahlreichen Entwürfe veröffentlichte er in: »Werke der höhern Baukunst« (Darmst. 1846–55, 3 Bde.). Die königliche Villa bei Berchtesgaden und der ältere Teil des Museums in Leipzig (1856–57, s. Tafel »Leipziger Bauten II«, Fig. 3) sind nach seinen Plänen erbaut. In seinen Bauwerken schloß er sich an die klassischen Muster der italienischen Renaissance an. Er hat sich auch als Architektur- und Landschaftsmaler bewährt.

14) Julius, Maler, Bruder des vorigen, geb. 17. Aug. 1817 in Darmstadt, gest. 25. Juni 1878 in München, war bereits mit 15 Jahren an einer Sammlung von Ansichten der schönsten Gegenden Deutschlands beteiligt, die sein Bruder, der Kunsthändler Gustav L., in Stahl- und Kupferstichen herausgab. Dann ward er J. W. Schirmers Schüler in Düsseldorf und siedelte in den 1840er Jahren nach München über. Die Akademie in Venedig beauftragte ihn mit der Ausführung einer Reihe von Skizzen zum Studium der Landschaftsmalerei, und die in Mailand ließ zwei größere Bilder von ihm malen. Infolgedessen nahm er für einige Zeit seinen Aufenthalt in Oberitalien. Nach München zurückgekehrt, erfreute er sich der besondern Gunst des Königs Maximilian. König Ludwig 1. erwarb zwei seiner Landschaften für die Neue Pinakothek. Andre Landschaften von ihm, deren Motive meist dem bayrischen Gebirge und der Schweiz entnommen sind, befinden sich in der Brera zu Mailand, in den Museen zu Stuttgart und Darmstadt und in zahlreichen Privatsammlungen Deutschlands, Italiens, Englands und Nordamerikas. L. suchte hauptsächlich durch Licht und Farbe zu wirken.

15) Julius Henrik, dän. Kunsthistoriker und Ästhetiker, geb. 19. Juni 1838 zu Vordingborg in Südseeland, gest. 19. Aug. 1896 in Kopenhagen, bezog 1858 die Kopenhagener Universität, begleitete einige Jahre später einen reichen Herrn auf einer Reise nach Italien und wandte sich dann ausschließlich der Kunstgeschichte zu. Er wurde 1870 an die Akademie und 1871 an die Universität in Kopenhagen als Dozent der Kunstgeschichte berufen. 1877 wurde er Mitglied der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften. Von seinen der Kunst des Altertums und der neuern Zeit gewidmeten Schriften sind die hervorragendsten: »Michelangelo og Marmoret« (1871); »Om Kunstværdi« (»Über den Kunstwert«, 1876) und »Vor Kunst og Udlandets« (»Unsre Kunst und die des Auslandes«, 1879), worin er die Ziele der dänischen Kunst feststellte; »Det ioniske Kapitäls Oprindel e og Forhistorie« (1877); »Guder og Mennesker hos Homer« (»Götter und Menschen bei Homer«, 1881); »Sergel og Thorvaldsen« (1885); »Thorwaldsens Darstellung des Menschen« (deutsch von M. Mann, Berl. 1894). Nach seinem Tod erschienen: »Die Darstellung des Menschen in der ältern griechischen Kunst« (deutsch von M. Mann, Straßb. 1899); »Die menschliche Gestalt in der Geschichte der Kunst von der zweiten Blütezeit der griechischen Kunst bis zum 19. Jahrhundert« (deutsch, das. 1903); »Briefe« (hrsg. von Köbke; deutsch von J. Anders, das. 1903); »Udvalgte skrifter« (Kopenh. 1904). Vgl. Brandes, Julius L., Breve fra hans ungdom (1898; deutsch von A. Forster, Leipz. 1899).

16) Konrad (von), Kunstschriftsteller, geb. 15. März 1855 in Göttingen, studierte in Leipzig, Berlin und München Archäologie und Kunstgeschichte, habilitierte sich 1884 in Jena, wurde 1885 außerordentlicher Professor in Göttingen, 1892 ordentlicher Professor in Königsberg und 1894 als Professor der Kunstgeschichte und der Ästhetik nach Tübingen berufen. Er veröffentlichte: »Die Komposition der Ägineten« (Münch. 1878); »Das Motiv des aufgestützten Fußes in der antiken Kunst« (Leipz. 1879); »Haus und Halle« (das. 1885); »Der Papstesel« (Götting. 1890); »Die künstlerische Erziehung der deutschen Jugend« (Darmst. 1893); »Peter Flötner« (Berl. 1897); »Der Amor des Michelangelo« (Leipz. 1898); »Das Wesen der Kunst« (Berl. 1901, 2 Bde.); »Das Wesen der künstlerischen Erziehung« (Ravensburg 1902). Mit Schwenke gab er »Die Silberbibliothek Herzog Albrechts von Preußen« (Leipz. 1894), mit Fuhse »Albrecht Dürers schriftlichen Nachlaß« (Halle 1893) heraus. Auch verfaßte er den Katalog der Stuttgarter Gemäldegalerie (Stuttg. 1903), deren Inspektor er seit 1901 ist. 1903 wurde ihm vom König von Württemberg der persönliche Adel verliehen.

17) Samuel de, Komponist und Orgelvirtuos, geb. 22. Febr. 1840 in Rotterdam, studierte zuerst bei seinem Vater, dann bei Verhulst in Rotterdam, A. Winterberger in Wien, Damcke in Paris und Mikuli in Lemberg, unternahm größere Konzertreisen, wurde 1863 Lehrer an der Rotterdamer Musikschule, 1874–1876 an der zu Basel, 1877 am Kölner Konservatorium, wo er zugleich die Leitung des Kölner Männergesangvereins übernahm, und leitete seit 1885 im Haag den Oratorienverein. 1893 wurde er Lehrer am Konservatorium in Stuttgart, 1897 dessen Direktor. Er komponierte Orchester-, Kammer-, Klavier- und Orgelmusik, das Oratorium »Moses«, Männerchöre etc.

18) Daniel de, Bruder des vorigen, geb. 11. Juli 1841 in Rotterdam, studierte unter Ganz und Servais Violoncello, unter Verhulst und Damcke Komposition, bildete sich später auch im Klavier- und Orgelspiel aus, war 1860–63 Lehrer an der Musikschule in Lemberg und leitete 1870 in Amsterdam und Leiden verschiedene Chorvereine, besonders den a cappella-Chor, mit dem er auch in London und Deutschland konzertierte. Seit 1895 ist er Leiter des Konservatoriums in Amsterdam. Er komponierte eine OperDe vaal van Kuilenburg«), Kirchenmusiken, 2 Symphonien, Lieder.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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