Bodmer

Bodmer

Bodmer, 1) Johann Jakob, schweizer. Dichter und Schriftsteller, geb. 19. Juli 1698 in Greifensee bei Zürich, gest. 2. Jan. 1783 auf seinem Gute bei Zürich, Sohn eines Predigers, begann Theologie zu studieren, widmete sich vorübergehend (zu Bergamo) der Kaufmannschaft, kehrte 1719 nach Zürich zurück, erhielt 1725 den Lehrstuhl der helvetischen Geschichte daselbst und ward 1735 Mitglied des Großen Rates. Mit Breitinger, Zellweger, Zollikofer und Heinrich Meister begründete B. 1721 die »Diskurse der Maler«, eine moralische Wochenschrift nach dem Vorbild (einer französischen Übersetzung) von Addisons »Spectator« (vgl. H. Bodmer, Die Gesellschaft der Maler in Zürich und ihre »Diskurse«, Zürich 1895). Durch seine ästhetisch-kritischen Studien über Milton sowie durch seine Übersetzung des »Verlornen Paradieses« (Zürich 1732, neue verbesserte Aufl. 1742 u. 1754) gab er der deutschen Literatur eine wichtige Anregung. Bei seinen kunsttheoretischen Studien fand er in Breitinger einen mitstrebenden Freund. In dieses Gebiet gehören seine Schriften: »Von dem Einfluß und Gebrauche der Einbildungskraft zur Ausbesserung des Geschmacks« (Frankf. u. Leipz. 1727), »Von dem Wunderbaren in der Poesie« (Zürich 1740) und die »Kritischen Betrachtungen über die poetischen Gemälde der Dichter« (das. 1741), deren Hauptverdienst darin besteht, daß B. das Wesen der dichterischen Phantasie zu erschließen versuchte. Durch diese Studien gerieten er und Breitinger in eine erbitterte literarische Fehde mit Gottsched, die sich seit 1741 durch mehrere Jahre hindurchzog. Als 1748 Klopstock mit den drei ersten Gesängen des »Messias« auftrat, begrüßte ihn B. als einen Nachfolger Miltons und ergriff für ihn entschieden und begeistert Partei, ja er suchte sich in dessen Sinne zum Dichter aufzuschwingen und ward durch das persönliche Mißverhältnis, das bei Klopstocks Anwesenheit in Zürich (Sommer 1750) eintrat, in seinem Enthusiasmus für die »heilige« Dichtung des »Messias« nicht irre gemacht. Seine epischen Dichtungen: »Noah« (Frankf. u. Leipz. 1750, später »Noachide« genannt), »Jakob und Joseph« (1751) u. die »Sündflut« (1755), waren freilich nur schwache Nachklänge des »Messias«, und seine dramatischen Produkte: »Marcus Brutus« (1768), »Wilhelm Tell« (1775) etc., erwiesen den Mangel aller dramatischen Begabung. Als Kritiker hatte er sich einen schroffen und polemischen Ton angewöhnt, der immer entschiedener hervortrat, je weniger er der neuen glänzenden Entwickelung der deutschen Literatur zu folgen vermochte. Noch in seinem 80. Jahr gab er eine Übersetzung der »Ilias« und der »Odyssee« heraus, der bald die der »Argonauten« des Apollonios nachfolgte. Unbestreitbares Verdienst erwarb er sich außer seinen kritischen Schriften, von denen noch die »Kritischen Briefe« (Zürich 1746) und »Neuen Kritischen Briefe« (das. 1749) zu erwähnen sind, durch die Herausgabe älterer vaterländischer Dichtungen, als: »Proben der alten schwäbischen Poesie des 13. Jahrhunderts« (das. 1748), »Fabeln aus den Zeiten der Minnesinger« (das. 1757), »Kriemhildens Rache« (2. Teil des Nibelungenliedes) und »Die Klage« (das. 1757), der sogen. Manesseschen »Sammlung von Minnesingern« (das. 1758, 2 Bde.) u. a. Vgl. Mörikofer, Die schweizerische Literatur des 18. Jahrhunderts (Leipz. 1861); Braitmaier, Die poetische Theorie Gottscheds und der Schweizer (Tübing. 1879); Bächtold, Geschichte der deutschen Literatur in der Schweiz (Frauenfeld 1892, mit zahlreichen Mitteilungen aus ungedruckten Briefen Bodmers) und die gehaltvolle Festschrift zu Bodmers 200. Geburtstag: »Johann Jakob B.« (Zürich 1898).

2) Georg, Mechaniker, geb. 6. Dez. 1786 in Zürich, gest. daselbst 29. Mai 1864, erfand in Hauptweil im Kanton Thurgau 1803 die Schrauben- oder Kreuzräder, vervollkommte 1805 die Baumwollspinnmaschinen und legte bald darauf zu Küßnacht im Kanton Zürich eine mechanische Werkstätte an, in der 1808 ein Hinterladungsgeschütz für einpfündige Granaten mit Perkussionszünder hergestellt wurde. 1806 siedelte er nach St. Blasien über, ward 1816 Kapitän der Artillerie und mit der technischen Leitung der großherzoglich badischen Eisenwerke beauftragt, während er zugleich der Gewehrfabrik zu St. Blasien sowie einer Spinnerei und mechanischen Werkstätte vorstand. 1824 gründete er in Manchester eine Werkstätte für Maschinenbau. Seit 1847 lebte er in Wien, um sich an den österreichischen Eisenbahnbauten zu beteiligen, und seit 1850 verwaltete er mehrere Jahre in Lanzendorf bei Wien eine Maschinenbauwerkstatt.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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