Frankfurt am Main

Frankfurt am Main

Frankfurt am Main (hierzu der Stadtplan mit Register und »Karte der Umgebung von Frankfurt«), ehemals (bis 1866) Freie Stadt, gegenwärtig Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regbez. Wiesbaden, liegt 91 m ü. M. (Pegel an der Alten Brücke), unter 50°7' nördl. Br. und 8°41' östl. L. (demnach Reduktion von Ortszeit auf M. E. Z.: +25m 15s), zu beiden Seiten des Mains, und zwar auf dem rechten Ufer die eigentliche Stadt, auf dem linken der Stadtteil Sachsenhausen.

Wappen von Frankfurt am Main.
Wappen von Frankfurt am Main.

Den Fluß überspannen 7 Brücken, nämlich 4 Fahrbrücken (darunter die Alte Brücke, im 14. Jahrh. erbaut, mit dem Standbild Karls d. Gr. von Wendelstädt), ein Fußgängersteg (eiserner Steg) und 2 Eisenbahnbrücken. Die Altstadt liegt innerhalb der Grenzen einer Stadtbefestigung des 12. Jahrh., die sich durch Straßennamen, die mit dem Worte Graben endigen (vom Wollgraben bis Hirschgraben), kennzeichnen. Die Neustadt von 1333 reicht bis an die Anlagen. Diese sind auf den im 17. Jahrh. vor die alte Stadtmauer gelegten Festungswällen 1806–12 errichtet. Von den Befestigungen des Mittelalters haben sich nur der Eschenheimer Tor-Turm (1400–28 erbaut, 49 m hoch), der Rententurm am Fahrtor (vollendet 1456) und in Sachsenhausen der sogen. Kuhhirtenturm (um 1490) erhalten. 1877 wurde das ehemalige frankfurtische Dorf Bornheim mit etwa 11,000 Einw., 1895 Bockenheim (ehemals kurhessisch) mit 21,000 und 1900 die Vororte Niederrad, Oberrad und Seckbach mit 20,000 Seelen der Stadt einverleibt. Die Entwässerung erfolgt durch Schwemmsystem (1867 von Lindley eingeführt) mit Klärbeckenanlage. Trink- und Nutzwasser liefern die 1869–73 von P. Schmick erbaute Quellwasserleitung aus Vogelsberg und Spessart (seit 1876 städtisch), die Waldwasserleitung (seit 1885 von Lindley) und die Bockenheimer Leitung, während eine Mainwasserleitung die Hydranten für Feuerlöschzwecke und Straßenbesprengung speist. Der Wasserverbrauch ist auf jährlich 16,4 Mill. cbm gestiegen.

[Straßen, Plätze, Denkmäler.] Die Zahl der bebauten Straßen und Plätze beträgt annähernd 900. Die Altstadt, durch neue, breite Straßen mehrfach durchbrochen, besitzt noch zahlreiche enge Gassen und vorherrschend Fachwerkbauten und ist vornehmlich Sitz des Handwerks und des Kleinverkehrs. Die Neustadt ist der Hauptsitz des Geldmarktes, der Luxusgeschäfte und des Fremdenverkehrs. Ihre Hauptverkehrsadern sind die Linien Zeit-Roßmarkt-Kaiserstraße und Steinweg-Goethestraße; die Kaiserstraße, mit ihren imposanten Bauten die Hauptstraße des neuen, seit 1872 entstandenen Stadtteils, führt zum neuen Hauptbahnhof. Die bedeutendsten Plätze der Altstadt sind: der Römerberg, dessen Springbrunnen (mit einer Justitia) 1887 wiederhergestellt ist, der Paulsplatz (hinter dem Römer) mit Einheitsdenkmal (1903) und der Liebfrauenberg mit Brunnen. Die Neustadt weist außer dem Roßmarkt (mit dem Gutenbergdenkmal von E. v. d. Launitz, 1858 vollendet) und dem anliegenden Goetheplatz (mit Schwanthalers Goethestatue von 1844) noch den Schillerplatz (mit Statue von Joh. Dielmann, modelliert 1863), den Kaiserplatz (mit Granitschale, Geschenk des Barons von Erlanger), Theaterplatz, Börsenplatz und Opernplatz (mit Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. von Buscher 1896) auf. Von den mit Vorgärten besetzten Straßen der Außenstadt sind die Bockenheimer Landstraße und ihre Seitenstraßen die bemerkenswertesten. Im westlichen Sachsenhausen ist ein vornehmes Villenviertel entstanden, ebenso an der Holzhausenstraße im Nordend. Die Anlagen sind mit einer Anzahl Weiher und Springbrunnen und einigen Denkmälern berühmter Frankfurter (Guiollett 1837, Senckenberg 1864, Bethmann 1868, Börne 1877, Kirchner 1879, Rinz 1893, Schopenhauer 1895, Sömmerring 1897) geziert. Am Friedberger Tor befindet sich das sogen. Hessendenkmal, vom König Friedrich Wilhelm II. von Preußen den beim Sturm auf das von Franzosen besetzte F. 1792 gefallenen hessischen Truppen errichtet. In dem benachbarten v. Bethmannschen Museum befinden sich die berühmte Danneckersche Ariadne auf Naxos in Marmor und sehenswerte Gipsabgüsse. Den Platz vor dem zoologischen Garten schmückt ein monumentaler Schützenbrunnen, 1894 zur Erinnerung an das 1. und 9. deutsche Bundesschießen von Eckhardt errichtet. 1895 wurde ein Stoltzedenkmal auf dem Hühnermarkt enthüllt. Denkmäler für die 1870/71 gefallenen Frankfurter Krieger stehen auf dem parkartigen ehemaligen Peterskirchhof (in der Stadt), außerdem auf dem Friedhof in Sachsenhausen und in Bornheim. Hervorragende Denkmäler birgt der neue Frankfurter christliche Friedhof (im Nordend), so in den Familiengrüften in den östlichen Arkaden (v. Bethmann; Reliefs von Pradier und Thorwaldsen) und in dem kurfürstlich hessischen Mausoleum. An den christlichen Friedhof grenzt östlich der jüdische an mit einem von v. d. Launitz in Marmor ausgeführten Sarkophag des Barons Karl Mayer v. Rothschild. Vor dem Untermainkai liegt, vor Nordwinden geschützt, die reizende, wegen ihrer südlichen Flora Nizza benannte Promenade. Die alten interessanten Häuser der Judengasse (jetzt Börnestraße) sind bis auf das restaurierte und in die neue Straßenflucht eingerückte Stammhaus der Familie Rothschild verschwunden.

[Gebäude.] F. zählt 9 katholische, 16 lutherische, 2 reformierte Kirchen und 5 Synagogen. Außerdem sind Bethäuser der deutschkatholischen (freireligiösen) Gemeinde, der Altlutheraner, der Methodisten, der Baptisten und der Bekenner der englischen Kirche vorhanden. Unter den katholischen Kirchen sind bemerkenswert: der Dom, die ehemalige Wahl- und seit 1562 Krönungskirche der deutschen Kaiser, ursprünglich (852) eine Stiftung Kaiser Ludwigs des Deutschen, hieß später Salvatorkirche, wurde 1235–1239 neu aufgebaut und dem heil. Bartholomäus geweiht. Es ist ein gotischer Bau mit weit vorspringendem Querschiff (1346–54), einem Langhause, Chor (1315–38), Kreuzgang (1348–1477), Wahlkapelle (1355) und Scheidskapelle (1487). Der Pfarrturm wurde 1415 begonnen, aber erst nach dem Dombrand vom 15. Aug. 1867 durch Denzinger nach dem Plane des Turmmeisters Hans v. Ingelheim (Ende des 15. Jahrh.) vollendet. Die innere Ausschmückung ist nach Entwürfen von E. v. Steinle und A. Linnemann ausgeführt. Neben der Wahlkapelle liegt das Grabmal König Günthers von Schwarzburg (1349). Bemerkenswert ist ein Tabernakel aus dem 14. Jahrh. und eine Grablegung Christi nach van Dyck; auf dem Domfriedhof Kreuzigungsgruppe, 1509 von Jak. Heller gestiftet. In den letzten Jahren wurde der Dom freigelegt. Die Leonhardskirche, ursprünglich eine dreischiffige Basilika, jetzt eine fünfschiffige Hallenkirche mit zwei romanischen Türmen, zwei innern Portalen und schönem Gurtwerk an der Decke, ist von 1219 ab erbaut, seit 1317 mit einem Kollegiatstift verbunden; der spätgotische Chor ist 1317 erbaut. Lange als Vorratsmagazin benutzt, wurde sie 1808 bis 1811 und 1882 wiederhergestellt. Die Liebfrauenkirche, eine dreischiffige Hallenkirche, wird zuerst 1314 erwähnt (Kollegiatstift). Das Langhaus wurde 1340 geweiht, der spätgotische Chor 1506–09, der Turm 1770 errichtet; sie hat ein bemerkenswertes Südportal und schöne Chorstühle. Die hochgotische Deutschordenskirche, in ihrer ursprünglichen Gestalt aus dem 14. Jahrh., steht neben dem 1709 neu erbauten Deutschordenshaus in Sachsenhausen, mit schmuckloser Fassade (von 1750), aber schönen, neu restaurierten Wandgemälden. Die Antoniuskirche, 1897–1900 von Menken erbaut, ist eine dreischiffige Basilika in edler Frühgotik. Das ehemalige Dominikanerkloster und-Kirche sowie das Karmeliterkloster und-Kirche werden zu profanen Zwecken benutzt, erstere als Stadthalle für öffentliche Versammlungen. Von den protestantischen Kirchen ist die Nikolaikirche die älteste. 1264 zuerst erwähnt, diente sie im 15. Jahrh. als Ratskirche, wurde dann 11/2 Jahrh. als Warenspeicher, 1721 als Garnisonkirche benutzt. Der bei dem Umbau von 1842–47 aufgesetzte gußeiserne Helm mußte 1901 wieder abgenommen werden. Die Weißfrauenkirche, aus dem 15. Jahrh., ist spätgotisch (mit zahlreichen Wappen). Die Katharinenkirche, 1678–81 von Melchior Heßler erbaut, ist eine Saalkirche mit schöner Empore, Bildern und Glasmalereien (nach Steinle und Linnemann) und Marmorkanzel. Die Paulskirche, 1789–1833 als Rundkirche erbaut, war 1848–49 Sitz des deutschen Parlaments, worauf die beiden Bronzegedenktafeln (1898 von Krüger) am Haupteingang hinweisen. Die Dreikönigskirche in Sachsenhausen wurde 1875 bis 1880 von Denzinger als dreischiffige gotische Hallenkirche erbaut, die Christuskirche, 1883 von v. Kauffmann, die Lutherkirche, 1889–93 von Neher und v. Kauffmann, und die Neue Peterskirche, 1892–95 von Grisebach und Dinklage in norddeutscher Renaissance des Reformationszeitalters erbaut (farbenprächtige Fenster von Linnemann).

Unter den mittelalterlichen Profanbauten verdient der Römer den ersten Platz. 1322 zuerst erwähnt, wurde er 1405 mit dem Goldenen Schwan am Paulsplatz angekauft und als Rathaus eingerichtet, seitdem mehrfach umgebaut und allmählich zu einem großen unregelmäßigen Gebäudekomplex erweitert. 1896–98 wurde die Römerfassade nach Meckels Entwurf in prächtiger Spätgotik erneuert. Den Kaisersaal schmückten die lebensgroßen Ölbilder sämtlicher deutschen Kaiser, 1838–51 von Veit, Lessing, Rethel, v. Steinle u. a. gemalt; Marmorstandbild Kaiser Wilhelms I. von Kaupert (1892). Daneben liegt das Magistratszimmer, ehemals Wahlzimmer der Kurfürsten. Im Anschluß an den Römer sind 1900–03 die neuen Verwaltungsgebäude von v. Hoven und Neher errichtet; Südbau mit hohem Turm, Festsaal und Ratskeller in deutscher Renaissance, der mit ihm durch eine Überbrückung verbundene kleinere Nordbau in Barock. Vom Saalhof, der an der Stelle des von Kaiser Ludwig dem Frommen 822 erbauten Palastes errichtet ist, stammt aus der Karolingerzeit noch der Unterbau der vom Main aus sichtbaren Kapelle (ältestes Gebäude der Stadt), ihr Hauptbau aus dem Ende des 12. Jahrh. Der vordere Teil an der Saalgasse ist 1604, der südliche Hauptflügel mit den beiden Giebeln 1715–17 erbaut, daran angelehnt der oben erwähnte Rententurm. An weitern Bauten des 15. Jahrh. sind erhalten: das Leinwandhaus, früher Haus der Leinwandhändler, jetzt als städtisches historisches Museum ausgebaut, das Haus Fürsteneck in seiner Nähe (das prachtvolle Zimmergetäfel im ersten Stockwerke [1615] befindet sich jetzt im Kunstgewerbemuseum) und das Steinerne Haus von 1464 am Markt, in gotischem Stile (s. Tafel »Wohnhaus I«, Fig. 2), jetzt im Besitze der Stadt und im Umbau. Die bürgerliche Architektur des 16. und 17. Jahrh. wird repräsentiert durch das Salzhaus (im Römerviertel) und das gegenüberliegende Haus zum Engel (von 1562), beide mit schönen Holzschnitzereien, das Haus Frauenstein mit Wandmalereien, die Goldene Wage, von der Stadt gekauft, 1899 umgebaut (beachtenswerte Fassade); als Beispiel einer Hofeinrichtung dient der Rebstock in der Kruggasse. Als interessante Bauten aus dem 18. Jahrh. stellen sich dar: das Thurn und Taxissche Palais in der Eschenheimer Gasse, nach Entwürfen de Cottes 1732–41 von Hauberat erbaut, von 1816 bis 1866 Sitz des deutschen Bundestags, und die beiden reformierten Kirchen. Vor allem ist hier das Geburtshaus Goethes (Großer Hirschgraben) zu nennen, Eigentum des Freien deutschen Hochstifts, im Innern möglichst getreu wiederhergestellt, seit 1897 mit einem Goethemuseum verbunden.

Von den modernen öffentlichen Bauten sind die hauptsächlichsten: die Stadtbibliothek (1820–25 erbaut, 1891–93 erweitert und umgebaut, mit Säulenportal und Vorhalle; Goethestatue in Marmor von Marchesi, Deckengemälde von Kirchbach, Standbilder und Büsten berühmter Frankfurter; 300,000 Bände, und städtische Münzsammlung von 20,000 Stück); der Saalbau mit Fest- und Konzertsälen von H. Burnitz, 1861 eröffnet; die Restaurationsgebäude des zoologischen und Palmengartens, ersteres nach Plänen von Kayser und Durm, letzteres nach dem Brande von 1878 von Schmidt wiederhergestellt; das Aktienhotel zum Frankfurter Hof (von Mylius und Bluntschli, 1876 eröffnet); das Stadtarchiv (hinter dem Dom), in gotischem Stil von Denzinger erbaut, 1878 bezogen; das Städelsche Kunstinstitut in Sachsenhausen, 1878 von O. Sommer erbaut; die neue Börse von H. Burnitz, mit großem Börsensaal und reichem Fassadenschmuck, 1879 eröffnet; das Opernhaus, Prachtbau in italienischer Renaissance, 1873 bis 1880 nach Plänen von Lucae (gest. 1877) erbaut; das Schauspielhaus 1899–1902 nach Seelings Plänen in moderner Renaissance. Von den zahlreichen Schulgebäuden der neuesten Zeit sind hervorzuheben das Goethegymnasium (1897 von Frobenius), das Lessinggymnasium (1902 von Schmidt), die Sachsenhäuser Realschule (1900) und die Musterschule (1901). Andre Neubauten sind: die Markthalle, 1877 und 1878 in Glas und Eisen erbaut; der Schlacht- und Viehhof, 1882–85 errichtet, 1896–1902 bedeutend erweitert (Flächenraum 111/2 Hektar), das städtische Krankenhaus am Sandhof, das Polizeipräsidium und Polizeigefängnis, der Justizpalast und der 1887 eröffnete Hauptbahnhof, einer der größten und schönsten der Welt (vgl. Tafel »Bahnhöfe I«, Fig. 2; Tafel II, Fig. 1, und Tafel »Eisenbau II«, Fig. 1); die kaiserliche Oberpostdirektion, 1891–95 erbaut, im Posthof Denkmal Kaiser Wilhelms I. von Krüger (1895), das städtische Elektrizitätswerk (1893 bis 1894), das städtische Schwimmbad, 1894–96 von Wolff; der Hippodrom (1897–98), größte Reitbahn in Deutschland, auch zu Konzertzwecken verwendet; außerdem mehrere Monumentalbauten für Banken, Versicherungsgesellschaften, den Großhandel und Hotels, meist im Renaissance- und Barockstil.

[Bevölkerung, Erwerbszweige etc.] Die Bevölkerung von F., das 1800 etwa 40,000 Seelen zählte, war 1867 auf 78,000,1885 auf 154,441,1890 auf 180,020,1895 auf 229,279 angewachsen. Die Volkszählung 1900 ergab eine ortsanwesende Bevölkerung von 288,989 Personen; von derselben waren 60,9 Proz. Protestanten, 30,6 Katholiken, 7,6 Israeliten, 0,9 Proz. andern Bekenntnisses. Am 1. Jan. 1904 wurde die Bevölkerung auf 312,000 Seelen berechnet.

Die Gewerbtätigkeit in F. ist sehr lebhaft und vielseitig. Mit Glück und Energie hat es F. verstanden, den Rückgang des Börsengeschäftes durch Entwickelung der Großindustrie auszugleichen. Bedeutenden Einfluß auf diese Entwickelung hatte die elektrische Ausstellung von 1891. In erster Linie stehen die Werke der elektrischen Industrie, Maschinen- und Metallwarenfabriken und chemische Fabriken. Die Schuhindustrie ist durch zahlreiche Fabrikbetriebe vertreten. Neben ihnen nehmen Fabriken für Schmirgel, Asbest und Toiletteseifen, Baugeschäfte, Metallgießereien, Strohhutfabriken und Haarschneidereien, die photographischen Gewerbe, Stein- und Kupferdruckereien, Schriftgießereien und eine kartographische Anstalt eine hervorragende Stellung in der deutschen Industrie ein. Die Jahresproduktion der 13 Bierbrauereien belief sich 1902 auf 973,302 hl.

Handel und Verkehr. F. ist Knotenpunkt der Linien F.-Hanau-Aschaffenburg, F.-Bebra, F.-Gießen, F.-Homburg, F.-Limburg, F.-Niederlahnstein, F.-Goldstein (nach Mainz, resp. Mannheim), F.-Sachsenhausen-. Offenbach der Preußischen Staatsbahn, F.-Heidelberg der Main-Neckarbahn und mehrerer Lokalbahnen. Eine Verbindungsbahn vermittelt den Verkehr zwischen den einzelnen Bahnhöfen untereinander und mit dem Mainhafen. Dampfstraßenbahnen führen nach einigen benachbarten Orten und in den besonders im Sommer stark besuchten Stadtwald; eine elektrische Straßenbahn (in städtischem Besitz, von 39 km Länge; 1902 Beförderung von 51 Mill. Personen) durchkreuzt die Stadt nach allen Richtungen. Ein Telephonnetz mit über 9000 Stadtanschlüssen durchzieht die Stadt. Der Verkehr auf dem Main hat sich seit der Kanalisierung desselben, der Anlage des neuen Hafens und der Errichtung neuer Lagerhäuser (1900–01 Getreide-Silospeicher, 19,700 Ton. fassend) und Lagerplätze bedeutend gehoben, da alle Rheinschiffe direkt bis F. gelangen können. Die Verkehrsleistung des Mains stieg von 1887–1902 von 15,3 auf 59,2 Mill. Tonnenkilometer (1900: 64,07). Namentlich hat sich der Handel in Metallen, Eisen und Stahlwaren, in Leder, Häuten und Fellen, Kolonialwaren, Steinkohlen und Wein in F. ausgebildet. Manufaktur- und Mode-, zumal Seidenwaren und sogen. Konfektionsartikel (fertige Garderobegegenstände, Ausstattungen) setzen ebenfalls große Summen um. Das Bücherantiquariat wie auch der Antiquitätenhandel stehen in hoher Blüte.

Die beiden Messen (Frühjahr und Herbst), auf denen im 16. und 17. Jahrh. Frankfurts Größe und Reichtum beruhten, sind bedeutungslos geworden. Nur die Ledermessen und die Pferdemärkte haben sich auf der alten Höhe erhalten. Der wichtigste aller Handelszweige Frankfurts ist das Geld-, Wechsel- und Bankgeschäft. Auf ihm beruht die internationale Bedeutung Frankfurts, das immer noch einer der ersten Wechsel- und Börsenplätze Europas ist. Eine Reichsbankhauptstelle, mehrere Aktienbanken (Frankfurter Bank, Mitteldeutsche Kreditbank, Deutsche Effekten- und Wechselbank, Deutsche Vereinsbank, Deutsche Genossenschaftsbank) und Filialen der Deutschen Bank, der Diskontogesellschaft u. a. und eine Reihe von Privatbanken ersten Ranges vermitteln den Geldverkehr. Außer der Fondsbörse (vormittags) mit dem Hauptbörsenverkehr besteht in der Effektensozietät eine regelmäßige Abendbörse. Speziellen Zwecken dienen die Hypothekenbank, Hypothekenkreditverein, Landwirtschaftliche Kreditbank, Frankfurter Baubank, Gewerbekasse, Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften (Providentia, Phönix, Germania u. a.), Sparbank, Sparkasse, Ersparungsanstalt, Pfennigsparkasse etc. Einrichtungen zur Regelung der Arbeiterverhältnisse sind die städtische Arbeitervermittelungsstelle, Volksküchen, Auskunftsstelle für Arbeiterangelegenheiten und von Arbeitern gegründet: Gewerkschaftshaus, Arbeitersekretariat, Arbeiterbibliothek und Herberge. In dem Institut für Gemeinwohl und dem Sozialen Museum, das eine Zentralstelle für städtische und ländliche Wohlfahrtspflege für die Provinz Hessen-Nassau darstellt, finden die praktischen sozialen Bestrebungen einen Mittelpunkt.

Zahlreich sind die Wohltätigkeitsanstalten und die Vereine für milde Zwecke. Neben dem städtischen Krankenhaus bestehen das Heiliggeist-Spital (seit 1278 vorkommend, seit 1839 in einem Neubau), das Senckenbergsche Stift, ein Hospital für Bürger und Pfründneranstalt, von dem Arzt Joh. Chr. Senckenberg (gest. 1772) gestiftet; zahlreiche Kliniken, Armen- und Krankenanstalten und -Kassen jeglicher Art dienen der Unterstützung in Krankheitsfällen; Waisenanstalten, Kindergärten und ähnliche Institute sind der Erziehung elternloser oder unbemittelter Kinder gewidmet. Der allgemeine Almosenkasten (1428 gegründet, 1532 reformiert), die konfessionellen Almosenkasten, ein Armenverein, eine Anzahl Stiftungen (z. B. die Freiherrl. Karl v. Rothschildsche Stiftung) und der Frauenverein ergänzen die seit 1883 nach dem Elberfelder System umgestaltete städtische Armenpflege. Außer dem städtischen Versorgungshaus für Altersschwache gibt es mehrere konfessionelle Versorgungsstiftungen und Siechenhäuser, ein Asyl für Obdachlose, eine Irrenanstalt, eine Taubstummen-Erziehungsanstalt, eine Blindenanstalt etc.

[Bildungsanstalten, Behörden etc.] Der Jugendbildung dienen 2 städtische Gymnasien (darunter eins mit Frankfurter Lehrplan) und ein königliches Gymnasium, ein Mädchengymnasium (1901), 2 Realgymnasien (eins mit Handelsschule), eine Oberrealschule und 3 Realschulen, ein kath. Progymnasium, 3 höhere Töchterschulen, davon eine mit Lehrerinnenseminar, zahlreiche Mittel- und Volksschulen, Handels- und gewerbliche Fortbildungsschulen. Eine Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften wurde 1901 errichtet. Das Institut für experimentelle Therapie (1899 nach F. verlegt) bezweckt Kontrolle über die Heilsera, vorübergehend auch Krebsforschung. Das Städelsche Kunstinstitut (1816 von dem Bankier I. Fr. Städel gegründet) besitzt eine reiche Gemälde- und Kupferstichsammlung sowie Gipsabgüsse nach Antiken, daneben auch eine Kunstbibliothek und eine Kunstschule. Die Kunstgewerbeschule des Mitteldeutschen Kunstgewerbevereins besitzt eine Vorschule und verschiedene Fachklassen. Der Verein unterhält daneben eine Fachbibliothek und eine permanente Kunstgewerbeausstellung, der Kunstverein eine permanente Gemäldeausstellung (zum Verkauf). Das städtische historische Museum enthält eine hervorragende Sammlung von Gemälden und Altertümern. Das Freie deutsche Hochstift (s.d., in Goethes Vaterhaus) sammelt eine literarhistorische Bibliothek und veranstaltet Vortragszyklen und Einzelvorträge aus allen Wissensgebieten, das Senckenbergsche Stift, die damit verbundene Senckenbergsche naturforschende Gesellschaft (1817 gegründet und im Besitz eines naturhistorischen Museums und botanischen Gartens nebst ansehnlicher Bibliothek), der Physikalische (verbunden mit Laboratorien und Röntgeninstitut) und Geographische Verein Spezialkurse und Einzelvorträge ihrer Wissenschaften. Die Polytechnische Gesellschaft (gegründet 1816), der auch der genannte Mitteldeutsche Kunstgewerbeverein sich angeschlossen hat, ist Gründerin verschiedener nützlicher Institute (so Sparkasse, Blindenanstalt) und einer Bibliothek meist gewerblichen Inhalts. Daneben bestehen die Stadtbibliothek (s. oben), die Rothschildsche öffentliche Bibliothek, Volks- und Freibibliotheken und zahlreiche kleinere Spezialbibliotheken von Vereinen und Instituten. Zwei Musikkonservatorien, eine Gesangschule, eine Musikschule und viele Musikvereine (der Philharmonische Verein, der Cäcilienverein, Rühlsche Gesangverein u. a.), vor allen aber die Museumsgesellschaft (im »Saalbau«) pflegen die Musik. Der Frauenbildungsverein besitzt eine Kochschule und eine gewerbliche Fortbildungsschule. In F. erscheinen sieben größere tägliche Zeitungen, deren bedeutendste die demokratische »Frankfurter Zeitung« (s. diesen Art., S. 841) ist, daneben eine bedeutende Anzahl periodischer Fachzeitschriften. F. ist der Sitz zahlreicher Behörden: Polizeipräsidium, zugleich Landratsamt für den Stadt- und Landkreis, Oberlandesgericht (für die Landgerichte F., Hechingen, Limburg a. L., Neuwied, Wiesbaden; vgl. Jünger, Territorien und Rechtsquellen im Bezirk des Oberlandesgerichts zu F., Wiesbad. 1896), Landgericht (für die Amtsgerichte Bockenheim, F., Homburg), Oberpostdirektion, königliche Eisenbahndirektion, Zoll- und Steuerämter, Handelskammer und evangelisches Konsistorium. Die städtischen Behörden gipfeln in dem Magistrat (26 Mitglieder) und 64 Stadtverordneten. Die städtischen Einnahmen betragen bei der allgemeinen Verwaltung nach dem Voranschlag für 1904: 28,292,790 Mk., die Ausgaben im Ordinarium 28,388,400 Mk., im Extraordinarium 8,410,320 Mk. Hierzu treten noch die Betriebsverwaltungen mit 32,864,570 Mk. im Ordinarium und 3,421,800 Mk. im Extraordinarium. Die bedeutendsten europäischen und außereuropäischen Staaten haben Konsulate in F. Von Militärbehörden sind hier die Kommandos des 18. Armeekorps, der 21. Division, der 21. Kavalleriebrigade, der 21. Feldartilleriebrigade, der 42. Infanteriebrigade und das Bezirkskommando Frankfurt a. M.; die Garnison bildet das 1. kurhessische Infanterieregiment Nr. 81; das 2. nassauische Feldartillerieregiment Nr. 63 »Frankfurt«, zur Frankfurter Garnison gehörig, liegt in Bockenheim. – Das Wappen der Stadt ist ein weißer, goldgekrönter und -bewehrter Adler in Rot (s. Abbildung, S. 834).

An Vergnügungsorten stehen voran der Palmengarten und der zoologische Garten, beide mit täglichen Konzerten. Spaziergänge in der Umgebung: in den bedeutenden Stadtwald, in dem auch in der Nähe des Dorfes Niederrad die Pferderennen stattfinden (am Pfingstdienstag Volksfest, sogen. Wäldchestag), nach Bergen, Bockenheim, Hausen, Rödelheim. Der Taunus wird viel besucht, ebenso Odenwald und Rheingau. Vgl. die »Karte der Umgebung von F.«

[Geschichte.] Die Stelle, wo heute die Altstadt liegt, war eine sumpfige, von zahlreichen Flußarmen durchzogene Niederung und ist deshalb später bebaut worden als die Hochebene oberhalb derselben. F. wird erst 793 urkundlich genannt, kommt aber schon 794 als namhafter Ort vor. Karl d. Gr. baute sich an der »Frankenfurt« einen Königshof, der an der Stelle der jetzigen St. Leonhardskirche stand, und hielt 794 hier eine Kirchenversammlung, auf welcher der Bilderdienst verworfen wurde. Ludwig der Fromme wählte F. zum Wohnsitz, ließ an der Stelle des spätern Saalhofs einen noch größern Palast erbauen und umgab die Stadt 838 mit Mauern und Gräben. Nach dem Vertrag von Verdun (843) wurde F. die Hauptstadt des ostfränkischen Reiches oder Deutschlands. Das häufige Verweilen der Kaiser und Könige in F., die wiederholt hier abgehaltenen Reichstage und Kirchenversammlungen, die Errichtung eines geistlichen Stifts und die zahlreichen Schenkungen an die dortige Kirche förderten das städtische Gemeinwesen ungemein. Nachdem Kaiser Friedrich I. 1152 hier gewählt worden, wurde die Stadt herkömmlich Wahlstadt der deutschen Könige. 1245 wurde F. unmittelbare Reichsstadt, und 1250 wurde die Burggrafschaft daselbst in das Reichsschultheißenamt verwandelt. Der Frankfurter Schöppenstuhl war der Oberhof (Obergericht) für die ganze Wetterau und die angrenzende Gegend. Die Gewalt in der Stadt lag zuerst in den Händen des Vogts und des Schultheißen. Schon früh wählten sich jedoch die Bürger eigne Bürgermeister mit Beisitzern, denen die Polizeiverwaltung und niedere Gerichtsbarkeit oblag, und da diese die Gunst des Kaisers genossen, ward die Würde der Vögte endlich zur Zeit des Interregnums (1257) ganz beseitigt. Kaiser Ludwig der Bayer, dem die Bürger, obgleich Friedrich von Österreich schon Sachsenhausen besetzt hatte, die Tore der Stadt öffneten, gab derselben 1329 die Erlaubnis, alle ihre verpfändeten Einkünfte, Ämter und Rechte einzulösen, sowie die Erlaubnis, Bündnisse zu schließen. Auch in F. wurden die städtischen Ämter allmählich ein Erbteil einzelner alter Geschlechter, was zu vielen Streitigkeiten mit den Zünften den Anlaß bot. Kaiser Karl IV. teilte endlich den Rat in die drei (je aus 14 Mitgliedern bestehenden) Bänke der Schöffen, der Gemeinde und der Zünfte. Durch die Goldene Bulle wurde F. 1356 beständige Wahlstadt der deutschen Kaiser, mit der Verpflichtung, den Wahlakt zu schirmen; 16 Jahre später brachte die Stadt das Schultheißenamt an sich. Vorzügliche Verdienste um seine Vaterstadt erwarb sich Jakob Knoblauch, der bei Kaiser Ludwig und Karl IV. die wichtigsten Privilegien, z. B. das, jährlich neben der seit 1240 bestehenden Herbstmesse eine Ostermesse zu halten, und das Münzrecht für F. erwirkte. Er löste auch die kaiserliche Pfalz ein und stellte sie wieder her.

Die Reformation fand 1530 in F. Eingang. Nach einigem Zögern trat F. 1536 auch dem Schmalkaldischen Bund bei, öffnete jedoch im Dezember 1546 nach dem unglücklichen Feldzug der Verbündeten an der Donau den Kaiserlichen seine Tore. 1531–46 wurden in F. mehrere Konvente der protestantischen Fürsten abgehalten, wie auch 1558 hier auf einem Reichstag der Frankfurter Rezeß (s.d.) geschlossen ward. Seit 1562 war F. auch Krönungsstadt des Deutschen Reiches. Als Kaiser Matthias 1612 die städtischen Privilegien bestätigte, kam es zu erheblichen Ruhestörungen, indem sich ein Teil der Bürgerschaft unter Leitung von Vinzenz Fettmilch gegen den Rat erhob und der Pöbel eine Judenverfolgung begann. Der Kaiser beauftragte Mainz und Hessen-Darmstadt mit der Herstellung der Ordnung, was jedoch erst 1616 gelang, wo der Bürgervertrag errichtet und das Zunftwesen aufgehoben wurde. Die Juden erlangten vom Kaiser ein Mandatum poenale restitutorium, zogen unter Militärbedeckung wieder in die Stadt ein und machten den Tag der Rückkehr (20. Adar) zu einem jährlichen Festtag, der den Namen Purim Vinz führt. Im Dreißigjährigen Kriege wußte F. stets die Neutralität zu behaupten, hatte aber dennoch viel, zumal durch die Pest, zu leiden. Im Westfälischen Frieden wurde es als Reichsstadt bestätigt. 1681 fand hier ein Kongreß der deutschen Fürsten statt, um der französischen Willkür entgegenzutreten; doch kam es infolge von Rangstreitigkeiten unter den Gesandten zu keinem Resultat. Als sich die Bürger wegen der drückenden Abgaben und des willkürlichen Regiments an den Kaiser wendeten, gab dieser der städtischen Verfassung, namentlich durch Einsetzung des Bürgerausschusses, eine zeitgemäße Änderung. Während des Siebenjährigen Krieges wurde F. von den Franzosen, die seit 1757 öfters Truppen hatten durchmarschieren lassen, 2. Jan. 1759 besetzt und behielt trotz vieler Proteste die französische Besatzung bis zum Schluß des Krieges.

Im französischen Revolutionskrieg bemächtigte sich Custine im Oktober 1792 Frankfurts und legte der Stadt eine Kontribution von 2 Mill. Gulden auf. Am 2. Dez. d. J. eroberten dagegen die aus der Champagne zurückkehrenden Preußen und Hessen unter Rüchel die Stadt wieder. 1796 besetzte der österreichische General v. Wartensleben dieselbe, konnte sich aber gegen die Franzosen unter Kléber, der die Stadt 15. Juli beschießen ließ, nicht halten, und abermals wurde der Stadt eine Brandschatzung von 6 Mill. Frank in Geld und 2 Mill. in Lieferungen auferlegt. Darauf wurde die Stadt 2. Dez. 1796 für neutral erklärt, was der Reichsdeputationshauptschluß zu Regensburg 1803 bestätigte. F. blieb Reichsstadt u. erhielt überdies alle in seinem Gebiet liegenden geistlichen Besitzungen. Im Januar 1806 besetzte General Augereau mit 9000 Mann die Stadt und erpreßte von ihr abermals 4 Mill. Frank. Mit der Stiftung des Rheinbundes verlor sie ihre Selbständigkeit und wurde den Staaten des Fürsten-Primas Karl v. Dalberg (s.d. 2) einverleibt. Schon 6. Sept. 1806 trat dieser die Regierung an und gewährte den Juden bürgerliche Rechte, vermochte jedoch nicht, der auswärtigen Gewalt Widerstand zu leisten. 1810 wurde F. die Hauptstadt des neugeschaffenen Großherzogtums F. (s.d., S. 834). Am 2. Nov. 1813 zogen die Alliierten in F. ein und stellten es einstweilen unter den von Stein geleiteten Zentralverwaltungsrat. Die Wiener Kongreßakte erklärte F. zu einer Freien Stadt des Deutschen Bundes, und 1816 ward es Sitz des Bundestags. Von wichtigen Folgen war das berüchtigte Frankfurter Attentat (s.d.) vom 3. April 1833. Im J. 1836 schloß sich F. dem Deutschen Zollverein an. Durch einen 18. März 1842 abgeschlossenen Staatsvertrag trat Österreich unter Mitwirkung des Hoch- und Deutschmeisters alle Güter (die Deutschordenskirche und das Deutsche Haus in Sachsenhausen ausgenommen) und Rechte der frühern Deutschordenskommende F. an die Freie Stadt F. käuflich ab.

In F. tagten 1848–49 das Vorparlament und die deutsche Nationalversammlung (Frankfurter Parlament), die am 18. Mai 1848 ihre erste und 31. Mai 1849 ihre letzte Sitzung in der Paulskirche hielt. Hier, als am Mittelpunkt des damaligen politischen Lebens in Deutschland, war das Parteigetriebe und die Aufregung am heftigsten; daher die wiederholten Tumulte, unter denen besonders der zu Sachsenhausen 7. und 8. Juli 1848 sowie der zunächst durch den Malmöer Waffenstillstand hervorgerufene vom 18. Sept. mit Waffengewalt unterdrückt werden mußten. Während der folgenden Jahrzehnte zeigte F. eine große Regsamkeit auf dem Gebiete der Gesetzgebung. In diese Periode fallen namentlich die Verfassungsrevision von 1864, das neue Gewerbegesetz auf der Grundlage vollständiger Gewerbefreiheit und die bereits zehn Jahre früher angebahnte politische Emanzipation der Israeliten (1864). Im August 1863 tagte in F. der mit der deutschen Bundesreform beschäftigte Frankfurter Fürstentag sowie öfters der Nationalverein und der diesem entgegengesetzte Reformverein. Auch der deutsche Abgeordnetentag hielt hier seine Sitzungen. Als es 1866 zum Bruch zwischen den beiden Großmächten kam, stimmte F., in dessen Bevölkerung die Sympathie für Österreich und die preußenfeindliche Stimmung überwogen, 14. Juni, abweichend von den andern Freien Städten, in einem Seperatvotum gegen Preußen und für den österreichischen Mobilmachungsantrag und ließ sein Kontingent zum Bundesarmeekorps stoßen, dessen Hauptquartier nach Bornheim bei F. verlegt wurde. Am 4. Juli beschloß die Bundesversammlung, durch Anlegung von Schanzen um die Stadt her sich einigen Schutz zu verschaffen. Dagegen erhob der Senat Widerspruch, um F. den Charakter eines offenen Platzes zu wahren; doch schon 14. Juli siedelte der Rumpfbundestag nach Augsburg über, und 16. Juli rückte Vogel v. Falckenstein an der Spitze der Division Goeben in die Bundesstadt ein. Der Stadt wurden 6 Mill. Gulden Kriegssteuer auferlegt, der ganze Regierungsapparat, Senat, Gesetzgebender Körper und Bürgerkollegium, sofort außer Tätigkeit gesetzt und die Thurn und Taxissche Generalpostverwaltung von Preußen übernommen. Dann trat 19. Juli an Stelle Falckensteins General Manteuffel, der eine neue Forderung von 25 Mill. Gulden stellte und die Stadt mit noch härtern Maßregeln bedrohte. Eine Deputation, die sich in das Hauptquartier des Königs nach Böhmen begab, erlangte zwar den Erlaß der zweiten Kontribution; aber durch königliches Patent vom 18. Okt. 1866 ward die Einverleibung Frankfurts in den preußischen Staat ausgesprochen. Seitdem bildet die Stadt mit ihrem ehemaligen Gebiet, unter Zulegung des vorher großherzoglich hessischen Teils, des Ortsbezirks Nieder-Ursel, einen Kreis (Stadtkreis) des Regierungsbezirks Wiesbaden. In neuester Zeit wurde F. historisch wichtig durch den Frieden von F. (s. Frankfurter Friede).

Vgl. Bleicher, Statistische Beschreibung der Stadt F. (Frankf. 1892–95) in den »Beiträgen zur Statistik der Stadt F.« (hrsg. vom Statistischen Amt); Lersner, Chronik der Stadt F. (Frankf. 1706–34, 2 Bde.); Faber, Topographisch-politische und historische Beschreibung von F. (1788–89, 2 Bde.); Battonn, Örtliche Beschreibung der Stadt F. (hrsg. von Euler, 1866–75); v. Fichard, Entstehung der Reichsstadt F. (1819); Böhmer, Urkundenbuch der Reichsstadt F. (Neubearbeitg. 1901ff.); Kriegk, Geschichte von F. in ausgewählten Darstellungen (1871) sowie andre auf die Geschichte Frankfurts bezügliche Werke von Kriegk (s.d.); Horne, Geschichte von F. (4. Aufl. 1902); Collischonn, F. im Schmalkaldischen Kriege (Straßb. 1890); Stricker, Neuere Geschichte von F. seit 1806 (1874–81,4 Bücher); »Quellen zur Frankfurter Geschichte« (hrsg. von Grotefend, 1884–88, Bd. 1–2); Grotefend, Inventar des Frankfurter Stadtarchivs (1888); Bücher, Die Bevölkerung von F. im 14. und 15. Jahrhundert (Tübing. 1886); Ph. Gwinner, Kunst und Künstler in F. (1862, Zusätze 1867); »Aktenstücke zur neuesten Geschichte von F.« (2. Aufl., Stuttg. 1866); Dietz, Frankfurter Bürgerbuch, geschichtliche Mitteilungen (1896); Jung, Das historische Archiv der Stadt F. (1897); Rittweger, F. im Jahr 1848 (1898); »F. und seine Bauten«, herausgegeben vom Architekten- und Ingenieurverein (1886); Wolff und Jung, Die Baudenkmäler in F. (1895ff.); Spieß, Die hygienischen Einrichtungen von F. (1888); Ziegler und König, Das Klima von F. (1896, Nachtrag 1901); Spieß, Führer durch die Stadt, mit besonderer Berücksichtigung der naturwissenschaftlichen, ärztlichen und hygienischen Anstalten (1897); »Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst« (1839ff.); »Mitteilungen an die Mitglieder des Vereins für Geschichte und Altertumskunde« (1856–85) und dessen »Neujahrsblätter« (1859–86); »Geographisch-statistischer Atlas von F.« (1903ff.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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