Käse [1]

Käse [1]

Käse, der aus der Milch abgeschiedene und infolge der weitern Behandlung eigentümlich veränderte Käsestoff. Man bewirkt die Ausscheidung des Käsestoffes aus süßer Milch durch Lab (Süßmilchkäse) oder aus saurer Milch durch die Milchsäure, die sich durch Zersetzung von Milchzucker bei längerm Stehen der Milch bildet (Sauermilchkäse). Die Masse, die durch Säure aus der Milch ausgeschieden wird (Quark), kann als gefällter Käsestoff (Kasein) betrachtet werden, durch das Lab aber wird das Kasein gespalten, indem neben dem ausgeschiedenen Körper (Parakasein) noch eine geringe Menge löslichen Molkenproteins entsteht, welch letzteres zu den Peptonen gehört. Die Zusammensetzung und die physikalischen Eigenschaften der durch Lab ausgeschiedenen Masse (Bruch) schwanken nach dem Säuerungsgrad der Milch beim Käsen, so daß letzterer mit dazu beiträgt, den verschiedenen Käsesorten ihre besondern Eigenschaften zu verleihen. Indem der Käsestoff sich ausscheidet, schließt er alle in der Milch vorhandenen Butterkügelchen ein, und man erhält daher aus ungerahmter Milch fetten, aus abgerahmter Milch magern K.; bisweilen setzt man aber der Milch vor der Gerinnung noch Rahm zu, um einen überfetten K. (Rahmkäse) zu erhalten. Auf;er dem Fett schließt der Käsestoff auch noch Molke (im wesentlichen eine Lösung von Eiweißkörpern, Milchzucker und Salzen) ein und bildet daher ein sehr kompliziertes Gemisch leicht zersetzbarer Körper, die bei weiterer Behandlung (zum Teil unter Mitwirkung von Bakterien [Käsebakterien], Hefe-, Schimmelpilzen etc.) bald in eigentümlicher Weise sich verändern und den K. in jenen Zustand überführen, den man als die Reise bezeichnet. Der Bruch enthält zwar sehr viele und verschiedenartige Keime, aber nicht wie der Quark eine überwuchernde Vegetation von Bakterien und Sproßpilzen, durch die dem Verlauf der Reifung von vornherein bestimmte Bahnen vorgeschrieben werden. Man ist daher imstande, die Reifungsvorgänge durch bestimmte Maßnahmen verschiedenartig zu gestalten und aus dem Bruch zahlreiche Käsesorten zu bereiten, während der Quark in dieser Hinsicht einen viel weniger weiten Spielraum läßt. Über die Natur des Reifungsprozesses ist noch sehr wenig bekannt. Die wichtigsten Veränderungen bestehen in der Umwandlung des Parakaseins und des Kaseins, in der Bildung wasserlöslicher Verbindungen, die von dem vorhandenen Wasser aufgenommen werden und Aussehen und Konsistenz des Käses verändern; ferner werden die Fette in Glyzerin, das sich sehr schnell weiter zersetzt, und fette Säuren, die zum Teil mit Ammoniak, vielleicht auch mit Kalk, Seifen bilden, gespalten. Es entstehen flüchtige fette Säuren, wie Butter-, Baldrian- und Kapronsäure, die zum Teil den eigentümlichen Geruch des Käses bedingen, ferner Schwefelwasserstoff, Ammoniak und Ammoniakbasen, Leuzin, Tyrosin etc. Das Ammoniak und die Ammoniakbasen verbinden sich mit dem Kasein und bedingen dadurch das Speckigwerdendes Käses. Der Milchzucker der eingeschlossenen Molke unterliegt sehr schnell der Milchsäuregärung. Die kräftig riechenden Käsesorten reagieren alkalisch, die schwach riechenden aber meist sauer. Die blasige Beschaffenheit mancher Käsesorten rührt her von einer Kohlensäureentwickelung, hauptsächlich wohl aus dem Zucker der eingeschlossenen Molke, ist also vergleichbar mit der Beschaffenheit des lockern Brotes, indem bei diesem der Teig gleichfalls durch Gärungsprodukte blasig ausgetrieben ist. Die Sauermilchkäse reifen von außen nach innen, so daß sie zuletzt noch einen weißen Kern in einer speckigen Rinde zeigen; die mit Lab bereiteten K. reisen dagegen gleichmäßig in ihrer ganzen Masse. Scheinbar geringfügige Abweichungen in der Bereitung des Käses üben den wesentlichsten Einfluß auf Geruch und Geschmack des fertigen Produkts und bedingen die große Mannigfaltigkeit der Käsesorten.

Die Süßmilchkäse werden aus ganzer oder abgerahmter, auch wohl mit Rahm versetzter, süßer oder schwach gesäuerter Milch mit Lab bereitet. Dabei ist die Beschaffenheit und die Menge des angewendeten Labes sowie die Temperatur beim Dicklegen der Milch von großem Einfluß. Sehr weiche K. aus ganzer Milch bereitet man bei 20–25°, harte Magerkäse und fette Hartkäse bei 28–35°. Die Milch wird in kupfernen Kesseln über freiem Feuer, besser durch Dampf- oder Warmwasserheizung genau auf die einzuhaltende Temperatur gebracht, mit der Labflüssigkeit, eventuell auch mit der Käsefarbe (aus Orlean oder Safran bereitet) versetzt und dann bedeckt der Ruhe überlassen. In 15–50 oder 90 Minuten, während welcher Zeit die Temperatur genau eingehalten werden muß, erfolgt die Gerinnung, und die Milch bildet dann eine zusammenhängende Masse, die sämtliche Molke einschließt. Je nachdem nun harter oder weicher K. dargestellt werden soll, zerteilt man die Masse in mehr oder minder kleine Stücke, um die Molke von dem Käsestoff zu scheiden, und sorgt durch vorsichtige Mischung für gleichmäßige Abkühlung. Während des Zerteilens dickt der Bruch nach, wird wasserärmer und verliert um so mehr an Wassergehalt, je weiter man die Zerkleinerung treibt. Gewöhnlich befördert man bei der Bereitung von Hartkäse das Nachdicken durch Nachwärmen, indem man die Temperatur mehr oder weniger steigert. Hat die Masse die richtige Beschaffenheit angenommen, so bringt man sie mit Hilfe eines Seihetuchs in die Form, bisweilen aber wird die Masse alsbald nach dem Zerschneiden aus dem Kessel herausgenommen und mit den Händen oder auf einer Handmühle oder Knetmaschine weiter zerkleinert, event. auch mit Salz gemischt. Bisweilen (bei Bereitung des Cheddarkäses in Amerika) läßt man die Masse mit der Molke oder nach Abscheidung derselben einige Zeit liegen, um eine gewisse Säuerung herbeizuführen, die auf den Reifungsprozeß günstig wirkt. In der Form wird der harte K. in der Regel (der weiche niemals) gepreßt, um die Molke mehr oder weniger zu entfernen. Dies Pressen hat indes viel weniger Einfluß auf die Konsistenz des Käses, als gewöhnlich an genommen wird. Die meisten K. werden gesalzen und zwar entweder, indem man sie in gewissen Zwischenräumen mit Salz bestreut und dies auf dem K. zerfließen läßt, oder indem man sie einige Zeit in gesättigte Salzlake legt, oder endlich indem man dem Käsestoff vor dem Formen Salz einverleibt. Nur sehr wenige K. werden unmittelbar nach dem Formen konsumiert, bei weitem die meisten werden dem Reifungsprozeß unterworfen, wobei man sie in Räume mit mäßig hoher (10–20°), möglichst konstanter Temperatur und feuchter stagnierender oder langsam sich erneuernder Luft auf hölzernen Gestellen lagern läßt. Nur in den Kellern, in denen der Roquefortkäse reist, findet eine beständige, lebhafte, natürliche Ventilation statt. Die Ausbeute aus 100 kg Milch beträgt etwa 12–15 kg sehr weichen Fettkäse (Brie, Camembert), 9–11 kg Weichkäse, 7–9 kg Hartkäse, 5–8 kg halbfette und 4–6 kg magere Hartkäse.

Zu den weichen Labkäsen gehören: der Limburger, der Algäuer Backsteinkäse, der Algäuer Ramadou (Remoudon, Romadour), eine Nachahmung des gleichnamigen belgischen Käses, der Hohenheimer, der Brioler (Ost- und Westpreußen), Stiltonkäse, Camembert, Neufchâteller (Depart. Niederseine), K. von Brie, Gorgonzola und Stracchino (Italien). Zur Darstellung des harten Labkäses wird die Milch stärker erwärmt, in kürzerer Zeit dick gelegt und die geronnene Masse noch weiter erhitzt. Man macht die Hartkäse im allgemeinen größer und schwerer, sie reisen langsamer, sind durchweg haltbarer als die weichen K. und daher zur weitern Ausfuhr geeignet. Die Schweiz, Holland, England und Amerika versorgen den Weltmarkt hauptsächlich mit dieser Ware. Man rechnet hierher: amerikanischen Cheddarkäse, dänischen Exportkäse, Algäuer Rundkäse, Holsteiner K. (Lederkäse), Tilsiter Niederungskäse (Elbinger, Werderkäse), englischen Chesterkäse, Gloucesterkäse und Cheddarkäse, holländischen Edamer, Goudakäse und Magerkäse, Parmesan- (Lodisauer) K., Emmentaler (Schweizer K.), Greyerzer, Sahnenkäse etc. Zu den aus Schafmilch bereiteten Labkäsen gehört besonders der Roquefortkäse. Er verdankt seine Eigentümlichkeit zum Teil den feuchten und kühlen Felsenhöhlen des Cambalongebirges auf der Nordseite der Hochebene von Larzac, in denen der K. reist. Man bereitet ihn zur Hälfte aus ganzer und zur Hälfte aus abgerahmter Milch und mischt den Quark mit Schimmelbrot, d. h. mit einem aus Weizen und Gerste und sehr viel Sauerteig bereiteten und durch und durch verschimmelten Brot. Auf diese Weise führt man dem K. die Keime von Schimmelpilzen zu, deren Wucherung ihm den beißenden Geschmack erteilt (vgl. »Notices sur les caves et les fromages de Roquefort«, Par. 1867). Auch Ziegen-, Büffel- und Renntiermilch wird auf K. verarbeitet.

Sauermilchkäse wird fast nur aus abgerahmter Milch und Buttermilch dargestellt, doch setzt man häufig dem ausgeschiedenen Käsestoff (Quark) nachträglich Rahm, auch wohl Butter zu. Die Ausscheidung des Käsestoffs bewirkt man, wenn die Milch schon an sich hinreichend gesäuert war, durch Erwärmen auf 37–40° oder durch Zusatz von heißem Wasser. War die Milch nicht hinreichend sauer, so fügt man vor dem Erwärmen stark gesäuerte Buttermilch hinzu. Vor dem Formen läßt man den Quark häufig eine Art von Gärung durchmachen. Der gepreßte Quark wird gesalzen, auch wohl mit Kümmel gemischt, dann geformt, worauf die K. etwas getrocknet in Töpfe oder Fässer gelegt und hierbei mit feuchtem Stroh oder Biertrebern geschichtet oder in feuchte Lappen gewickelt werden. Man läßt die Gefäße bei Zimmertemperatur stehen, legt die K. alle 4–6 Tage um und putzt sie dabei gut ab. 100 kg Magermilch geben 8 bis 13 kg stärker oder weniger stark gepreßten Quark und 6–8,5 kg Sauermilchkäse. Dieser ist meist Volksnahrungsmittel und wird am Orte der Produktion auch konsumiert (Kuhkäse). Nur wenige Sorten (Thüringer, Mainzer Handkäschen, Harzer K. etc.) finden weitere Verbreitung. Magermilch von Zentrifugen wird unter Zusatz von nicht oder halbentrahmter Milch, auch mit Margarin (Kunstkäse, s. d.) auf K. verarbeitet.

Viele K. erhalten vor dem Formen außer dem Salz allerlei Zutaten, verschiedene Gewürze, Petersilien-, Estragonkraut, Schnittlauch, Zwiebeln etc. Andre werden während der Reifung zum Zweck des Raffinierens in saures Bier, Biertreber, angefeuchtete gebrauchte Hopfendolden und feuchtes Stroh eingelegt, andre reibt man vor dem Verkauf mit Öl, Butter, Wein, Bier, Branntwein oder Nußblättern ein, und einzelne werden zu besserer Konservierung mit Ruß enthaltender Eisenvitriollösung behandelt, oder schwach geräuchert, oder an der Oberfläche hart gebrannt (gebügelt). Edamer, Gloucesterkäse u. a. färbt man äußerlich mit Tournesollappen, Berlinerrot oder Anilinrot. Zur Herstellung der Kochkäse bringt man die Käsemasse für sich oder mit Rahm oder Butter gemengt zum Schmelzen, verrührt sorgfältig und läßt erkalten. Eine eigentümliche Käsesorte ist der Glarner Schabzieger (Schotterkäse, Kräuterkäse, grüner K.), der in Glarus und Graubünden aus abgerahmter süßer Milch und der aus ihrem Rahm erhaltenen Buttermilch, in geringerer Qualität aus der von der Bereitung des Emmentaler oder Greyerzer Käses übrigbleibenden Molke mit Zusatz von etwas abgerahmter oder Buttermilch bereitet wird. Man versetzt das Milchgemisch mit etwas völlig sauer gewordener Ziegermolke, erhitzt bis zum Sieden und überläßt den Quark in durchlöcherten Butten oder in Säcken, mit Steinen beschwert, 3–6 Wochen lang der Gärung. Dann wird er zerrieben mit gepulvertem blauen Steinklee (Melilotus coerulea) und Salz gemischt, in Formen gestampft und der K. nach 6–8 Tagen herausgenommen und 2–6 Monate lang auf einem Gerüst getrocknet. Der Hütlizieger, der von den Sennen frisch verspeist wird, wird aus reiner süßer Molke bereitet. Ein fester, fettreicher Rahm, der nicht mit Lab behandelt wurde, kommt in England als Cream cheese, in Frankreich als Fromage de pure crême, in Italien als Mascarponi in den Handel.

Tabelle

Zur Prüfung von K. benutzt man Käsestecher oder Käsebohrer, mit denen man ein zylindrisches Stückchen von 1,8 cm Durchmesser aus der Mitte des Käses herausholen kann. Nach vorgenommener Probe steckt man den Zylinder wieder sorgfältig in das Loch, so daß die Rinde wieder geschlossen wird. Um den K. möglichst lange zu erhalten, bewahrt man ihn an einem kühlen, feuchten, aber nicht dumpfigen Ort auf, bestreut ihn wiederholt mit Salz oder umhüllt ihn mit Lappen, die mit Wein oder Rum befeuchtet werden. Der Rum tötet auch die Käsemilbe, die besonders in allem harten K. häufig vorkommt und ihn stellenweise vollständig in ein lockeres Pulver, aus ihren Hautbälgen und Exkrementen bestehend, verwandelt. Die im K. vorkommenden Maden sind die Larven der Käsefliege, seltener der Stubenfliege.

Verfälschungen und Verunreinigungen kommen in K. viel weniger vor als in andern Nahrungsmitteln. Zusatz von Mehl oder Kartoffeln würde man mikroskopisch nachweisen können, auch würde eine Abkochung des Käses sich nach dem Erkalten mit Jodtinktur bläuen. Beim Digerieren des Käses mit Ammoniak löst sich die Hauptmasse auf, und Zusätze bleiben ungelöst zurück. In der Asche des Käses kann man mineralische Zusätze nachweisen. Wird bleireiches Stanniol zur Verpackung des Käses benutzt, so kann die Rinde und die unmittelbar unter derselben liegende Schicht bleihaltig werden. Das Blei ist in der Asche nachzuweisen. Auf Stanniolverpackung zurückzuführende Bleivergiftung ist aber wohl noch nicht bekannt geworden, und jedenfalls kann man sich davor schützen, wenn man den K. nicht allzu sparsam schält. Blei, Zink, Kupfer können gelegentlich auch dadurch in den Käse gelangen, daß man die Milch in Zinksatten mit bleihaltigem Lot aufrahmen läßt oder zum Scheiden saurer Milch oder zum Aufbewahren von saurem Quark kupferne Gefäße anwendet. Manche K. riechen täuschend wie fauler Harn, und daraus mag die Annahme entstanden sein, daß K. zur Beschleunigung des Reifungsprozesses mit Harn behandelt wird. In einzelnen gerichtlich erwiesenen Fällen ist ein solches unqualifizierbares Verfahren tatsächlich vorgekommen. Man weist dies nach, indem man eine krustenreiche Probe des Käses mit verdünnter Natronlauge kocht, aus dem Filtrat durch Übersättigen mit Schwefelsäure die Harnsäure fällt, diese mit Salpetersäure vorsichtig zur Trockne verdampft und den Rückstand mit Ammoniak befeuchtet. Purpurrote Färbung (Murexidreaktion) beweist die Gegenwart von Harnsäure. Kunstkäse läßt sich von einem geübten Kenner an der eigenartigen fetten Beschaffenheit erkennen; zur sichern Nachweisung extrahiert man eine aus dem Innern des Laibes genommene Probe mit Äther und untersucht das Fett wie zur Unterscheidung der Butter von Kunstbutter.

K. ist ein wertvolles Nahrungsmittel. Die Verdaulichkeit im Magen ist keine besonders günstige, namentlich die billigen Magerkäse sind schwer verdaulich. Die Verwertung im Darm ist dagegen sehr gut, über 96 Proz. des genossenen Käses wird in die Körpersäfte übergeführt. Zusatz von K. erhöht die Ausnutzung von Maismehl so erheblich, daß das Eiweiß des Maismehles bis auf 7 Proz., das Fett bis auf 9 Proz. und die Kohlehydrate vollständig verwertet werden. Die Zugabe von K. zu vegetabilischer Nahrung, wie sie namentlich in den ärmern Volksschichten üblich ist, erhöht also einmal die Ausnutzung dieser Nahrung, vor allem aber verbessert der eiweiß- und zum Teil fettreiche K. das Nährstoffverhältnis und ist um so empfehlenswerter, als der Preis dieses Nahrungsmittels im Vergleich zu andern eiweißreichen Nahrungsmitteln, wie z. B. Fleisch, außerordentlich niedrig ist. Die billigen K. besitzen mithin eine sehr hohe volkswirtschaftliche Bedeutung. Von Leuten mit schwacher Verdauung wird K. am besten vermieden. Auch für Kinder ist K. kein passendes Nahrungsmittel. Unter gewissen, noch nicht ermittelten Verhältnissen erzeugt der Genuß des Käses Vergiftungserscheinungen. Man hat dies namentlich bei Handkäse beobachtet und glaubt, daß das Käsegift sich besonders dann bildet, wenn man den Quark vor dem Salzen längere Zeit mit überschüssiger saurer Molke liegen läßt. In Frankreich, wo große Mengen von weichem, fettem K. verzehrt werden, ist die Käsevergiftung unbekannt, während sie im nördlichen Deutschland, in Ohio und Michigan häufiger vorkommt. Ein Erkennungsmittel für die Giftigkeit von K. gibt es nicht, doch soll giftiger K. bisweilen bitter und kratzend geschmeckt und auffallend sauer gerochen und reagiert haben. Die Giftigkeit beruht wohl auf dem Gehalt an Fäulnisalkaloiden, Ptomaïnen; Vaughan hat aus giftigem K. das Tyrotoxikon abgeschieden, das mit dem Wurstgift verwandt sein dürfte. Die Vergiftung beginnt nach einer halben bis zwei Stunden mit Erscheinungen von seiten des Magens und des Darmes und führt zu Schwindel, Kopfschmerz, Benommenheit, Mattigkeit, Muskelschwäche und Tod. Man sucht durch Brech- und Abführmittel, Ausspülung des Magens das Gift möglichst schnell zu entfernen und gibt Wein, Kognak, starken Kaffee als Anregungsmittel. Die im K. oft massenhaft vorkommenden Milben sind an sich unschädlich, sie werden durch die Verdauungssäfte getötet.

Der K. spielt im Handel eine große Rolle, und besonders der englische Chester-, der holländische Edamer und die Schweizer K. haben für den Welthandel hohe Bedeutung. Die Käsefabrikation der Schweiz, früher mehr eine Eigentümlichkeit der Alpen und des westlichen Jura, hat sich jetzt über die ganze ebene Landschaft zwischen beiden Gebirgszügen ausgebreitet. Dies wurde nur möglich durch Assoziation der kleinern Viehbesitzer. Die sogen. Gemeindekäsereien bestehen in zwei Formen: entweder liefern die Viehbesitzer ihre Milch vertragsmäßig an einen Unternehmer, der die Fabrikation und den Verkauf des Käses für eigne Rechnung betreibt, oder es besteht ein Gesellschaftsvertrag, der die Vergütung der Teilnehmer für gelieferte Milch, ihre Beitragspflicht zu den Betriebskosten und ihre Ansprüche an den Erlös für den erzeugten K. regelt, dessen Fabrikation durch Gesellschaftsangestellte betrieben wird. Der Vorteil, welchen diese Gemeindekäsereien gewähren, liegt auf der Hand: die Milchproduktion wird durch sie gehoben, die Bereitung des Käses wird billiger, und für die Güte desselben ist mehr Garantie geboten als im kleinen Einzelbetrieb. Die bevorzugten und in überwiegender Menge dargestellten Schweizer K. sind die Emmentaler aus dem Emmental und andern Tälern des Kantons Bern. der noch feinere K. aus dem Bezirk der Stadt Gruyères im Kanton Freiburg (der besonders in den Vogesen, der Franche-Comté und dem Dauphiné gut nachgeahmt wird). Ihnen am nächsten steht der Simmentaler K. Halbfette und magere K. werden meist nur für den Konsum im Lande hergestellt; so haben z. B. die wohlschmeckenden Schweizer Weichkäse, der Bellelay und der Vacherin, für den Handel nur geringe Bedeutung, während der Schabzieger sehr weit verschickt wird. Von besonderer Wichtigkeit ist auch die Käsefabrikation Englands. In der Grafschaft Chester und einigen nahegelegenen Orten von Shropshire beträgt die jährliche Produktion 11–12 Mill. kg, und es werden 92,000 Stück Kühe ausschließlich behufs der Käseproduktion gehalten. Die wichtigsten englischen K. sind außer dem Chester-, der Cheddar- und Stiltonkäse. Frankreich zeigt eine größere Mannigfaltigkeit in seinen Käsen als irgend ein andres Land und liefert namentlich die feinsten Weichkäse, wie den Roquefortkäse, den K. von Brie, den Neufchâtelkäse, den Gex (fromage persilié) aus dem Depart. Ain, der vielfach als Roquefort in den Handel kommt. Languedoc, Forez, Auvergne und Dauphiné liefern den meisten K.; aber auch hier übersteigt die Einfuhr bedeutend die Ausfuhr. Dagegen führt Holland, dessen K. sich durch große Dauerhaftigkeit auszeichnen (Edamer, d. h. der gesamte nordholländische und friesische K.), viel mehr aus als ein. Ein vortrefflicher Weichkäse Hollands ist der Goudaer. Belgien liefert den bekannten Limburger K., der in der Gegend von Hervé (Provinz Lüttich) dargestellt wird. In Italien ist die Käsefabrikation besonders in der Lombardei von Wichtigkeit. Der Parmesankäse, der in der Gegend von Bergamo, Pavia und Cremona verfertigt wird, erlangt seine volle Güte erst in 2–4 Jahren, während der Stracchino- oder Schachtelkäse, der in derselben Gegend im September und Oktober, wenn die großen Schwyzer Kühe gekalbt haben, dargestellt wird, nur von kurzer Dauer ist. Er wird nur im Winter versandt; die Sorte in größern runden Stücken heißt Gorgonzola. Die Lombardei liefert auch viel Schafmilchkäse. Deutschland hat für den Großhandel mit K. wenig Bedeutung. Am Niederrhein werden die verschiedenen auf dem Markt beliebten Sorten holländischer K. gerade so gut wie in Holland selbst erzeugt. Diese seit langer Zeit heimisch gewordene Industrie setzt auch bereits ihre Produkte an größere Käsehandlungen ab und hat in den letzten Jahrzehnten bedeutend an Ausdehnung und an Qualität der erzeugten Ware gewonnen. Auch Ostfriesland liefert eine große Menge schöner K. für die Ausfuhr. Emden allein versendet jährlich für mehr als 30,000 Mk. Im Algäu findet man eine Käseindustrie, die derjenigen der Schweiz sehr nahekommt. Sie macht der schweizerischen erfolgreiche Konkurrenz und hat die belgischen K. bereits verdrängt. Der Hauptgrund, weshalb bei uns die Käsefabrikation noch so wenig Verbreitung gefunden hat, liegt nicht im Mangel geeigneten Materials, sondern in der Unkenntnis der Fabrikation. Denn wenn auch die Milch des Weideviehs besser und käsereicher ist als die der im Stall gefütterten Tiere, so hängt doch der Unterschied in der Feinheit und dem Geschmack der einzelnen Käsesorten hauptsächlich von der Methode der Käsebereitung ab, bei der eine dem Anscheine nach nur leichte Abweichung dem Produkt eine wesentlich verschiedene Beschaffenheit erteilt. In Amerika sind durch den Genossenschaftsbetrieb sehr günstige Resultate erzielt worden. New York, Ohio, Vermont, Connecticut, Maine, New Hampshire, Massachusetts, Pennsylvanien, Michigan und Illinois produzieren den meisten K., der nach England, Westindien und Südamerika ausgeführt wird. – K. wurde bereits im Altertum dargestellt, und zwar besonders Schaf- und Ziegenkäse. Zur Zeit des Plinius unterschied man viele Sorten. Aristoteles spricht von der Verwendbarkeit verschiedener Labsorten, Varro behandelt den Einfluß des Futters und andrer Umstände auf die Beschaffenheit des Käses, und Columella erörtert spezielle Fragen der Technik. Römische Schriftsteller erwähnen bereits die Käsebereitung in manchen Gegenden des mittlern und südlichen Frankreich, die noch gegenwärtig durch ihre Fabrikation bekannt sind, über die Darstellung des Käses bei den alten Germanen finden sich indes keine Nachrichten. Erst von den Zeiten Karls d. Gr. an kommt einiges Licht in die Geschichte der deutschen Landwirtschaft. Die Käsebereitung scheint damals eine wichtige Rolle gespielt zu haben und sogar eifriger betrieben worden zu sein als die Butterbereitung. Glarner Schabzieger wird bereits im 13. Jahrh. erwähnt.

Die Ein- und Ausfuhr von K. betrug in 1000 kg:

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In den letzten Jahren bezifferte sich die deutsche Ein- und Ausfuhr wie folgt:

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Vgl. Schatzmann, Käsereibüchlein (4. Aufl., Aarau 1885) und Die Käseindustrie von Roquefort (Frankfurt a. M. 1879); Fleischmann, Die Bereitung von Backsteinkäsen (2. Aufl., Brem. 1891) und Lehrbuch der Milchwirtschaft (3. Aufl., Leipz. 1901); Anderegg, Die Schule des Schweizer-Käsers (2. Aufl., Bern 1893); Aufsberg, Die Bereitung von Rundkäsen nach Emmentaler Art (Stuttg. 1900) und von Weichkäsen im Algäu (Nürnb. 1901); Steinegger, Der praktische Schweizer-Käfer (Bern 1904); Flückiger, Anleitung zur Fabrikation des Emmentaler Käses (2. Aufl., Herzogenbuchsee 1888); Eugling, Handbuch für die praktische Käserei (2. Aufl., Leipz. 1901); Stieger, Anleitung zur Quarkbereitung und zur Handkäsefabrikation (das. 1901); P. Meyer, Rinderrassen und Käsefabrikation in Frankreich (Brem. 1897); Lützen, Herstellung der französischen Weichkäse (Bremen 1890); Raffay, Der K. der Brie (Wien 1904); Musso, Il cacio (Rom 1887); Herz, Die Käsekost (2. Aufl., Münch. 1895).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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