Michigan

Michigan

Michigan (spr. mischĭgǟn, abgekürzt Mich.), nordamerikan. Unionsstaat (s. Karte »Vereinigte Staaten«), zwischen 41°40'–48°20' nördl. Br. und 82°12'–90°30' westl. L., besteht aus zwei Halbinseln, von denen die kleinere nördliche von Wisconsin aus sich zwischen Oberem und Michigansee bis zur Straße von St. Mary erstreckt, während der Hauptteil des Staates, nördlich von der 330 km langen Grenze gegen Indiana und Ohio, zwischen Michigansee, Huronensee, Saint Clairsee und -Fluß und Eriesee sich 455 km nordwärts erstreckt, und hat 152,585 qkm Fläche. Die südliche Halbinsel, ungefähr drei Fünftel vom ganzen, steigt wellenförmig bis 230 m über den Spiegel der Seen (450 m ü. M.) empor, am Michigan- und Huronensee zum Teil in Gestalt steiler, 30–90 m hoher Wände (Bluffs). Ihr Grundgerüst besteht im SO. und N. aus horizontalen devonischen, im Innern aus karbonischen Kalk- und Sandsteinschichten, über die sich ein mächtiger Mantel von quartärem Gletscherschutt ausbreitet, der im S. einen guten Ackerboden bildet. Der Hauptmineralreichtum liegt im Salze, das im Saginaw- und Manisteetale durch 250–600 m tiefe Bohrlöcher aus starker Sole gewonnen wird, daneben in Steinkohlenflözen (bei Jackson und Saginaw), Petroleumquellen (bei Alpena) und Schleifsteinlagern (an der Saginawbucht). Die wichtigsten Flüsse sind: der Saginaw, in den Huronensee mündend, und die dem Michigansee zuströmenden Grand River, Kalamazoo und St. Joseph's River. Seen und Wasserfälle sind im Zusammenhang mit der einstigen Vergletscherung zahlreich und der Industrie sehr förderlich. Das Klima ist durch die Einwirkung der großen Seen vergleichsweise mild, so daß im größten Teile des Gebietes jeder Zweig des Ackerbaues und der Obst- und Gemüsekultur (Selleriebau von Kalamazoo) möglich ist. Detroit hat 8,9° mittlere Jahreswärme, aber -4,2° im Januar und 22° im Juli. Die Wälder aus Weißkiefern, Weißsichten, Buchen, Eichen, Ulmen, Ahornen, Kastanien, Linden sind besonders im N. noch sehr ausgedehnt. Andrer Natur und mannigfaltiger gestaltet ist die nördliche Halbinsel. Der östliche Teil ist wellenförmig und steigt gegen das Innere allmählich zu einem niedrigen Plateau an. Weiter westwärts fällt das Land aber in steilem Felsufer zum Obern See hin ab und ist großenteils rauh und unwirtlich. Aus kambrischem und archäischem Gestein bestehendes, großenteils mit grobem Moränenschutt überlagertes Gebirge, das bis gegen 600 m aufsteigt und in seinem Ostteil Menominee Range genannt wird, liegt namentlich an der Grenze gegen Wisconsin, die Porcupine-, Gogebic-, Huron- und Marquette Range begleiten aber das Südufer des Obern Sees, alle mit mächtigen Brauneisensteinlagern, während die in den Obern Seehinausspringende Teilhalbinsel von Keweenaw die bekannten reichen Fundstätten von gediegenem Kupfer enthält. Fischreiche Seen gibt es viele. Der einzige größere Fluß ist der Menominee, der einen Teil der Westgrenze des Staates bildet und sich in die Green Bay des Eriesees ergießt. Ausgedehnte Waldungen, namentlich von Fichten, kommen vor, doch ist außer einzelnen fruchtbaren Tälern dieser Teil des Staates für den Ackerbau wenig geeignet. Das Klima ist nordisch und gestattet nur im südlichen Teile Maisbau. Der nördliche Teil wird nicht ohne Grund »Sibirien von M.« genannt. Die Winter sind sehr streng (Sault Ste. Marie mit -9,8° mittlerer und -38,3° niedrigster Januartemperatur); die Straße von Mackinaw, die den Erie-mit dem Huronensee verbindet, ist in der Regel vom 1. Dez. bis 1. Mai mit Eis bedeckt. Jährlich fallen etwa 660 mm Regen. Die Bevölkerung zählte 1820 erst 8765 Köpfe, 1850 aber 397,654 und 1900: 2,420,982, davon 1,248,905 männlich, 1,172,077 weiblich, 15,816 Neger, 6354 Indianer, 240 Chinesen und 541,653 im Auslande (184,398 in Kanada, 125,074 in Deutschland) Geborne. Die öffentlichen Schulen hatten 1903: 16,674 Lehrer und 514,093 eingetragene Schüler, während für den höhern Unterricht 9 Universitäten und Colleges mit 403 Dozenten und 3885 männlichen und 1270 weiblichen Studenten sorgten, darunter die Staatsuniversität zu Ann Arbor (s. d.). Zeitungen gibt es (1904) 810. Katholische Bischöfe residieren in Detroit, Grand Rapids und Marquette, ebenso anglikanische. Unter den Staatsanstalten sind 2 Irrenhäuser, eine Blindenanstalt, eine Taubstummenanstalt, eine Besserungsanstalt für jugendliche Verbrecher, ein Gefängnis und ein Zuchthaus. Die Landwirtschaft ist nur auf der untern Halbinsel bedeutend. 1899 enthielten die vorhandenen 203,261 Farmen insgesamt 7 Mill. Hektar, davon 4,7 Mill. Hektar Kulturland, von diesen waren 3,237,000 Hektar mit Getreide, Futterkräutern oder Gartenfrüchten bebaut, mit einem Gesamtertrag an Nutzgewächsen von 85,095,346 (an Getreide von 41,819,042) Doll. Die Weizenernte ergab auf 770,000 Hektar 20,535 Bushels, die Maisernte auf 600,000 Hektar 44,584,130 Bushels, die Haferernte auf 406,000 Hektar 36,338,145 Bushels, die Futterkräuter- und Heuernte auf 931,000 Hektar 2,703,214 Ton., die Kartoffelernte auf 125,000 Hektar 23,476,444 Bushels. Sehr hervorragend ist der Gemüsebau, gutenteils zu Versandzwecken, 1900 mit einem Ertrag von 11,098,136 Doll., namhaft auch der Obstbau, besonders am Michigansee, 1899 mit 10,9 Mill. Apfelbäumen (8,931,569 Bushels Ernte), 8,1 Mill. Pfirsichbäumen (nur 339,637 Bushels Ernte), 1,187,110 Birnbäumen (170,702 Bushels), 1,378,952 Pflaumenbäumen (213,682 Bushels) und 5,232,450 Weinstöcken (41,5 Mill. Pfd. Trauben). Durch seine Forstfläche, die auf 50 Proz. von der Gesamtfläche veranschlagt wird, stand M. betreffs der Sägeholzproduktion 1870–99 allen andern Unionsstaaten weit voran, wenn auch die Förderung von 83,121,969 Doll. (1890) auf 54,290,520 Doll. (1900) zurückgegangen ist. Der Viehstand betrug 1900: 689,098 Pferde, 1,425,700 Rinder, 2,753,083 Schafe und 1,188,108 Schweine. Die Fischerei beschäftigte 1900: 1726 gewerbsmäßige Fischer und ist an den Großen Seen sehr namhaft. Im Bergbau spielte M. in verschiedenen Zweigen lange eine führende Rolle. Die im J. 1845 begonnene Kupferförderung steigerte sich bis 1900 ziemlich stetig auf 76,385 Ton., wenn sie auch seit 1887 von der von Montana überflügelt wurde. Ebenso war M. 1890–1900 der erste Unionsstaat hinsichtlich der Eisenerzförderung, und erst 1901 hat Minnesota vor ihm den Vorrang gewonnen; 1900 betrug die Förderung 9,926,727 Ton. (in Minnesota 9,834,399 T.), 1902: 11,135,215 T. (in Minnesota 15,137,650 T.). In der Salzgewinnung, die erst 1859 begann, gewann M. den Vorrang auch vor New York und trug 1900 zur Gesamtproduktion der Union 34,3 Proz. (5,2 Mill. Fässer) bei. Die Kohlenförderung betrug 1903: 1,439,000 metr. Ton. Sonst ist namentlich noch die Kalkstein-, Gips- und Zementproduktion nennenswert. Die Industrie wies 1900: 16,807 Betriebe mit 162,355 Arbeitern und 356,944,082 Doll. Produktionswert auf und ist außer in der Sägeholzgewinnung (1705 Betriebe mit 26,199 Arbeitern und 54,290,520 Doll. Produktionswert) und Sägeholzverarbeitung (235 Betriebe, 5281 Arbeiter, 12,469,532 Doll.) am hervorragendsten in Müllerei (765 Betriebe, 1423 Arbeiter, 23,593,991 Doll.), Maschinenbau und Gießerei (364 Betriebe, 13,502 Arbeiter, 20,615,864 Doll.), Hausratfabrikation (124 Betriebe, 11,870 Arbeiter, 14,614,506 Doll.), Wagenbau (11,205,602 Doll.), Eisenbahnwagenbau (9,920,780 Doll.), Ackergerätfabrikation (6,339,508 Doll.), Gerberei (6,015,590 Doll.), Eisen- und Stahlbereitung (5,902,058 Doll.). Den Handel begünstigt die ausgedehnte Küste der Großen Seen (über 2800 km), an der eine Anzahl künstlich ausgetiefter Zugänge und Buchten besonders die Erz- und Holzverschiffung sehr erleichtern, dazu ein Eisenbahnnetz von (1902) 12,925 km. Schiffe besaß M. 1900: 937 von 382,134 Ton., darunter 560 Dampfer von 273,398 T. Nach der Verfassung von 1850 werden Gouverneur und Vizegouverneur alle zwei Jahre vom Volke gewählt. Die gesetzgebende Gewalt besteht aus 32 Senatoren und 100 Abgeordneten, die alle vier Jahre in Lansing tagen. In den Kongreß entsendet M. zwei Senatoren und 12 Repräsentanten, bei der Präsidentenwahl hat es 14 Stimmen. Alle Richter werden vom Volke gewählt, die vier des Obergerichts auf acht, Friedensrichter mit beschränkter Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit auf vier Jahre. Der gesamte Steuerwert betrug 1904: 1,578,100,000, die Staatsschuld 12,000 Doll. M. zerfällt in 85 Grafschaften, Hauptstadt ist seit 1847 Lansing; früher war es Detroit, die bedeutendste Stadt des Staates.

Das Gebiet von M., wo Vater Marquette zuerst 1688 eine Missionsstation gründete und die Franzosen 1671 ein Fort bei Michillimackinac (jetzt Mackinaw) und 1701 eins bei Detroit bauten, kam durch den Frieden von 1763 an Großbritannien; doch mußte es den Indianern, die sich unter ihrem Häuptling Pontiac gegen die Weißen erhoben, erst in blutigen Kämpfen wieder abgenommen werden. Auch während des nordamerikanischen Freiheitskriegs war M. Schauplatz erbitterter Kämpfe. Erst 1796 räumten die Engländer Detroit, worauf das Gebiet zuerst zu dem sogen. Nordwestterritorium gezogen, 1805 aber als besonderes Territorium konstituiert ward. Beim Ausbruch des Krieges zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten 1812 drangen die Engländer zuerst in M. ein und machten mit Hilfe der Indianer das Land zum Schauplatz eines verwüstenden Krieges. 1813 nahmen die Nordamerikaner das Land wieder in Besitz, das sich nun schnell erholte. Nachdem durch eine nach Detroit berufene Konvention eine Verfassung entworfen und vom Kongreß genehmigt worden war, erfolgte 26. Jan. 1837 die Aufnahme Michigans als Staat in die Union. Vgl. Allardt, Geographische und statistische Beschreibung des Staates M. (Hamb. 1873); Tuttle, General history of the state of M. (Detroit 1873); Cooley, M., a history of governments (Boston 1885); Winchell, M., sketches of the state (Ann Arbor 1890); W. Cook, M., its history and government (New York 1905).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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