- Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein (hierzu Karte »Schleswig-Holstein«), preuß. Provinz zwischen der Nord- und Ostsee, ist gebildet aus den bis 1864 zu Dänemark gehörigen Herzogtümern Schleswig, Holstein und Lauenburg, von denen die beiden erstern Österreich im Prager Frieden (23. Aug. 1866) an Preußen abtrat, während Lauenburg, wiewohl bereits im Vertrag von Gastein (1865) von Österreich an die Krone Preußen überlassen, erst 1876 als »Kreis Herzogtum Lauenburg« dem preußischen Staat einverleibt und zur Provinz S. geschlagen wurde. Die Provinz grenzt im N. an Jütland, im O. an die Ostsee, an das oldenburgische Fürstentum Lübeck, an Lübeck und Mecklenburg, im Süden an Hamburg und die Provinz Hannover, im W. an die Nordsee und hat einen Flächeninhalt von 19,005 qkm (345,17 QM.). Die Provinz bildet nur einen Regierungsbezirk (Schleswig) und wird in folgende 25 Kreise eingeteilt:
Über die Reichstagswahlkreise s. Karte »Reichstagswahlen«.
[Bodenbeschaffenheit, Klima.] S. liegt im Norddeutschen Tiefland, ist aber nicht vollständig eben, da es von dem Norddeutschen Landrücken in der Nähe der Ostsee durchzogen wird, auf dem im nordöstlichen Holstein der Bungsberg (164 m) und der Pielsberg (128 m), in Schleswig die Hüttener Berge (106 m), südöstlich von Schleswig, die höchsten Punkte sind. Im N. erreichen noch der Knivsberg nördlich von Apenrade 96, der Koberg nördlich von Hadersleben 97 m Höhe. Nach der Bodenbeschaffenheit zerfällt die Provinz in drei mit der Längenrichtung derselben parallel laufende Gebiete: den Geschiebeton längs der Ostsee, landeinwärts etwa so weit wie der Meerbusen reichend, und gegen das zweite Gebiet, die Geest, durch einen schmalen Strich von Geschiebesand begrenzt, die Marsch längs der Westseite an der Elbe und Nordsee; letztere gehört dem Alluvium, Geest, Geschiebesand und Geschiebeton dem Diluvium an. Von ältern Formationen sind die Braunkohlenformation (Morsumkliff auf Sylt etc.), die Kreide- und Zechsteinformation (Steinsalzlager bei Segeberg) nachgewiesen. Der Geschiebeton ist sehr fruchtbar und zeigt überall mit seinen Knicks, den von Steilrändern eingefaßten Busen, den Seen in Holstein und den schönen Laubwaldungen anmutige Landschaften. Die Geest, 15–45 km breit, besteht aus einem braunen, losen Sandstein (Sandahl) oder aus einer Mischung von Sand und kleinen Steinen (Steinahl), bereitet der Kultur große Schwierigkeiten, ist meist mit Heidekraut bewachsen, in tiefern Lagen mit Moor bedeckt. Die Marschen enthalten einen überaus fruchtbaren, aus dem Schlamm der Nordsee gebildeten Boden, erstrecken sich längs der Westseite von der schönen Hügelkette von Blankenese (Süllberg 91, Baursberg 92 m) bis Hoyer in Nordschleswig in einer Breite von 7–22 km, haben nirgends mehr als 5 m Meereshöhe, liegen zuweilen noch unter dem Meeresspiegel (Wilstermarsch) und werden gegen die Wasserfluten durch 8 m hohe Deiche geschützt, die oft auch landeinwärts Distrikte umschließen (Köge). Nur zweimal weichen die Deiche einem Steilufer: bei St. Peter auf Eiderstedt (Hitzbank) und bei Schobüll im N. von Husum. Die Marsch erweitert sich seewärts noch beständig durch Absetzung des fetten Schlammes; neue Eindeichungen sind in der Ausführung begriffen. Der Flugsand, diese große Plage Jütlands, gehört ebenfalls dem Alluvium an und bildet Dünen auf den äußern Inseln der Nordsee, namentlich auf Sylt.
Die Ostsee bespült S. in einer Länge von 375 km. Die Küste an derselben ist vorzugsweise steil, Dünen fehlen fast gänzlich. Lange, schmale und in der Regel tiefe Busen (Föhrden) gehen weit in das Land hinein, von denen mehrere vortreffliche Häfen abgeben: die Neustädter Bucht, die Busen von Kiel (13 km lang, im Innern 2–3 km breit und 8–16 m tief) und Eckernförde, die flache Schlei, die Busen von Flensburg, Apenrade und Hadersleben. Zwischen diesen Busen liegt eine Reihe von Halbinseln: Wagrien zwischen der Neustädter Bucht und dem Kieler Busen, die Dänische Wohld zwischen dem Kieler und Eckernförder Busen, Schwansen zwischen dem letztern und der Schlei, Angeln zwischen der Schlei und dem Flensburger Busen, Sundewitt nördlich von letzterm u.a. Neben der Halbinsel Sundewitt liegt die Insel Alsen, vom Festland durch den im Süden nur 250 m, im N. 4 km breiten Alsensund getrennt, während von der Nordostseite von Holstein die Insel Fehmarn durch den 320 m breiten und 3 m tiefen Fehmarnsund geschieden ist. Die Nordsee bespült die Provinz von der Elbmündung bis zur jütischen Grenze. Am weitesten in dieselbe hinaus geht hier die Halbinsel Eiderstedt im südlichen Schleswig. Im Süden derselben befinden sich die busenartig erweiterte Mündung der Eider und die Bucht von Meldorf. Nördlich von Eiderstedt breitet sich das Schleswigsche Wattenmeer mit seinen zahlreichen Inseln und Untiefen, die zur Ebbezeit wasserfrei sind, aus; da sind im Süden die Inseln Nordstrand und Pellworm vor Husum, dann folgen die kleinen Halligen, weiter die Inseln Föhr und Amrum, endlich die Inseln Sylt und Röm. Innerhalb des Wattenmeeres befindet sich zwischen den Inseln und Watten eine Anzahl von Tiefen, die kleinern oder größern Schiffen die Einfahrt gestatten: Süder- und Norder-Piep, in der Richtung auf Meldorf, die Eider, nach dem Hafen von Tönning, der Heverstrom, nach Husum hinauf, die Süder- und Norderaue, zwischen Pellworm und Föhr, das Vortrapptief, zwischen Föhr und Sylt, das Lister Tief, zwischen Sylt und Röm. Elbe und Eider sind die Hauptflüsse. Die Elbe begrenzt die Provinz gegen Hannover in einer Länge von 103 km und empfängt die Stecknitz (Elbe-Travekanal), die Bille und Alster, beide im Hamburgischen mündend, die Pinnau, Krückau und Stör. Die Eider durchfließt etwa die Mitte des Landes. Von den übrigen Flüssen münden die Husumer Au, die Scholmer Au, die Widau und Brede Au in das Schleswigsche Wattenmeer, die Schwentine in den Kieler Busen und die Trave außerhalb der Provinz in die Lübecker Bucht. Alle diese Flüsse sind auf kürzere oder längere Strecken schiffbar. Unter den Kanälen sind zu nennen: der 1895 eröffnete Kaiser Wilhelm- (Nordostsee-) Kanal, 98 km lang, der in seinem nordöstlichen Teile dem nunmehr kaum noch benutzten 32 km langen Eiderkanal meist folgt; der Elbe-Travekanal, 67,2 km lang; der Kudenseer Kanal, 15 km lang, zwischen der Holstenau und Elbe bei St. Margarethen; die Süderbootfahrt, im Kreis Eiderstedt von Garding zur Eider (6 km), und der Tondernsche Kanal, von Tondern zur Widau. Zahlreiche Landseen finden sich in der fruchtbaren Hügellandschaft des nordöstlichen Holstein: der Plöner und der Selenter See, der Weseker See unweit Oldenburg, der Warder See an der obern Trave, der Bothkamper, Westen- und Flemhuder See an der obern Eider. Im Lauenburgischen liegen der Ratzeburger und der Schalsee, im Schleswigschen der Wittensee, unweit der Eider, und der Bottschlotter und Gotteskogsee in den westlichen Marschen. Das Klima ist durch die Nähe des Meeres gemäßigt; die jährliche Durchschnittswärme beträgt in Kiel 8,1, Altona 9,1, Husum 8,21°, die jährliche Regenmenge 63–77 cm.
[Bevölkerung, Erwerbszweige.] Die Bevölkerung belief sich 1905 auf 1,504,248 (79 auf 1 qkm), darunter 1,454,526 Evangelische, 41,227 Katholiken u. 3270 Juden, 1900: 132,217 Personen mit dänischer, 19,650 mit friesischer Muttersprache; 1905: 30,803 Reichsausländer (meist Dänen, dann Österreicher und Schweden). Dänen sind im N. von Flensburg und Tondern vorherrschend (vgl. Langhans, Karte der Verteilung von Deutschen und Dänen in Nordschleswig, Gotha 1899). Die Haupterwerbszweige der Bewohner sind: Landwirtschaft, Viehzucht, Schiffbau und Schiffahrt. Von der Gesamtfläche kommen nach der Aufnahme von 1900: 56,8 Proz. auf Ackerland und Gärten, 10,9 auf Wiesen, 11,6 auf Weiden, 6,7 auf Waldungen. Die fruchtbarsten Äcker sind in der Marsch des Kreises Steinburg (Wilster), in den Kreisen Eiderstedt, Norderdithmarschen, Oldenburg, Süderdithmarschen und Sonderburg. Getreide, besonders Weizen, wird zur Ausfuhr gewonnen; Garten- und Obstbau blühen in der Umgegend von Altona und Hamburg, unterstützt durch die große Baumschule in Klein-Flottbek; einen Ruf haben die Gravensteiner Äpfel. Vortreffliche Fettweiden in den westlichen Marschländern sind die Grundlage für eine bedeutende Rindviehzucht. Die Ernte von 1906 ergab 269,229 Ton. Roggen, 127,469 T. Weizen, 115,993 T. Gerste, 394,773 T. Kartoffeln, 446,357 T. Hafer und 874,361 T. Wiesenheu. Die Holzungen haben einen geringen Umfang und bestehen vorwiegend aus Laubhölzern; an ihre Stelle treten in dem östlichen Teil der Provinz die Hecken, die die Koppeln einschließen. Nach der Viehzählung von 1906 hatte S. 185,644 Pferde, 990,760 Stück Rindvieh, 206,427 Schafe, 1,079,313 Schweine und (1904) 50,992 Ziegen. Für die Hebung der Pferdezucht besteht ein Landgestüt in Traventhal. Das Rindvieh ist von vorzüglicher Rasse und verhältnismäßig zahlreicher als in irgend einer andern preußischen Provinz. Der Wildstand ist nicht bedeutend; Geflügel wird zahlreich gezogen, wilde Enten werden in großer Zahl auf Föhr und Sylt gefangen. Die Fischerei ist in der Ostsee (Kieler Sprotten) ergiebiger als in der Nordsee; im Schleswigschen Wattenmeer aber wird eine ansehnliche Austernzucht betrieben. Das Mineralreich liefert keine große Ausbeute. Von Wichtigkeit allein sind die großen Torflager, das Gips- und Steinsalzlager bei Segeberg sowie das Vorkommen von gutem Ton. Größere Fabrikanstalten, wie Eisengießereien, Maschinen-, Tabak-, Tuchfabriken etc., gibt es nur in den größern Städten (Tuchfabriken in Neumünster); der Schiffbau wird im Kieler Busen zu Kiel und Ellerbek, dann auch in Altona und Flensburg betrieben. Der Hafenplätze an beiden Meeren und den zahlreichen schiffbaren Flüssen gibt es sehr viele; jedoch treten unter denselben nur Kiel, Flensburg, Altona, Tönning und Rendsburg besonders hervor. Ein großer Teil des Schiffahrtsverkehrs wird auch durch die im Bereich der Provinz liegenden Städte Hamburg und Lübeck besorgt. Die Reederei von S. ist bedeutend; zu ihr gehörten 1905: 784 Schiffe, darunter 538 Segelschiffe und 246 Dampfer, davon kamen auf das Ostseegebiet 319, auf das Nordseegebiet 465 Schiffe. Die größten Reedereiplätze sind: Altona, Apenrade, Blankenese, Elmshorn, Flensburg, Kiel und Rendsburg. Das Eisenbahnnetz der Provinz zählte Ende 1904: 1455,6 km vollspurige und 759 km Kleinbahnen. Zur Unterstützung des Handels bestehen drei Handelskammern (Altona, Flensburg und Kiel).
[Bildung, Verwaltung.] Für die geistige Bildung sorgen: eine Universität in Kiel, 13 Gymnasien, 6 Realgymnasien, 2 Oberrealschulen, 12 Realschulen, eine Landwirtschaftsschule, 6 Schullehrerseminare, ein Lehrerinnenseminar, eine Marineakademie in Kiel, eine Kadettenanstalt in Plön, 3 Navigationsschulen, ein Taubstummeninstitut, eine Blindenanstalt etc. In den deutschen Reichstag entsendet die Provinz 10, in das preußische Abgeordnetenhaus 19 Abgeordnete. Militärisch gehört sie zum Bezirk des 9. Armeekorps (vgl. die »Garnisonkarte« mit Textblatt in Bd. 4, S. 792). Die Provinzialstände bestehen (ohne Lauenburg) aus 20 Vertretern des größern Grundbesitzes, 19 der Städte und 19 der Landgemeinden. Für die Justiz bestehen: ein Oberlandesgericht in Kiel mit 3 Landgerichten (vgl. die Textbeilage »Gerichtsorganisation im Deutschen Reich«). Der Oberpräsident hat seinen Sitz in Schleswig, wo sich auch das Provinzialschulkollegium befindet, das Generalkommando des 9. Armeekorps, die Provinzialsteuer- und die Eisenbahndirektion sind in Altona. In Kiel befinden sich die Marinestation der Ostsee und das evangelisch-lutherische Konsistorium. Der Bischof von Osnabrück verwaltet die apostolische Präfektur für S. Hinsichtlich des Bergbaues ressortiert die Provinz vom Oberbergamt Klausthal, in Auseinandersetzungssachen von der Generalkommission zu Hannover. Eine Oberpostdirektion ist in Kiel (ein Teil der Provinz untersteht der in Hamburg). Das Wappen der Provinz (s. die Tafel »Preußische Provinzwappen«, Fig. 5) zeigt einen von Gold und Rot gespaltenen Schild; vorn zwei blaue Löwen, hier nach einwärts gestellt (Schleswig), hinten ein silbernes sogen. Nesselblatt (richtiger Schildbeschlag), in der Mitte belegt mit einem von Silber über Rot geteilten Schildchen (Holstein). Die Landesfarben sind Blau, Gelb, Rot, Weiß. Vgl. Greve, Geographie und Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein (Kiel 1844); v. Schröder, Topographie des Herzogtums Schleswig (2. Aufl., Oldenb. i. H. 1854) und der Herzogtümer Holstein und Lauenburg (mit Biernatzki, 2. Aufl., das. 1855); v. Osten, S. in geographischen und geschichtlichen Bildern (5. Aufl., Flensb. 1906); Böger, Topographisches Handbuch für die Provinz S. (Kiel 1881) und Die Wohnplätze der Provinz S. (Ortschaftsverzeichnis, das. 1891); Oldekop, Topographie des Herzogtums Schleswig (das. 1906); Haas, Die geologische Bodenbeschaffenheit Schleswig-Holsteins (das. 1889); P. Chr. Hansen, S., seine Wohlfahrtsbestrebungen etc. (das. 1882); Michler, Kirchliche Statistik der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz S. (das. 1887, 2 Bde.); Krüger, Organisation der Staats- und Selbstverwaltung in der Provinz S. (das. 1888); Haupt, Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz S. (das. 1886–89, 3 Bde.); Sach, Das Herzogtum Schleswig in seiner ethnographischen und nationalen Entwickelung (Halle 1896–1907, 3 Tle.); »Schleswig-Holstein meerumschlungen in Wort und Bild« (hrsg. von Haas und Stoltenberg, Kiel 1897); »Gemeindelexikon der Provinz S.« (hrsg. vom königl. Statistischen Bureau, Berl. 1897); »Provinzialhandbuch für S.« (Kiel, zuletzt 1897); Reisehandbücher von Heinrich (Schlesw. 1885–88, 3 Tle.), Schmarje (Hamb. 1888), Münchow (Schlesw. 1892), Strohmeyer (Kiel 1905) u.a.
Geschichte.
[Die schleswig-holsteinischen Linien.] Die Geschichte des vereinigten S. beginnt 1386, als Gerhard VI. die Grafschaft Holstein (s. d.) mit dem Herzogtum Schleswig (s. d.) unter seiner Herrschaft dauernd vereinigte. Nach dem Aussterben der Kieler Linie (1390) erwarb er 1403 ganz Holstein (mit Ausnahme des geringfügigen schauenburgischen Anteils), fiel aber 1404 im Kampfe gegen die Dithmarschen. Sein Sohn Adolf VIII. erhielt S. erst nach 30jährigem Kampfe mit Dänemark 1435 und empfahl, als der dänische Reichsrat nach König Christophs III. Tod (1448) ihm die dänische Krone anbot, statt seiner seinen Schwestersohn, den Grafen Christian von Oldenburg, der nun als Christian I. König von Dänemark wurde; doch mußte er zuvor die Constitutio Waldemariana beschwören. Dennoch machte Christian I., als Adolf VIII. 1459 kinderlos starb, da Graf Otto II., der letzte Schauenburger, nur in Holstein nachfolgeberechtigt war, sein Erbrecht auf Schleswig geltend. Die Stände wollten die Lande nicht wieder trennen, und so wurde 5. März 1460 zu Ripen infolge des Beschlusses des »Rats von Holstein« König Christian I. zum Herzog von Schleswig und Grafen von Holstein ausgerufen, seinen Nachkommen indes kein unbedingtes Erbrecht zugestanden. Der König beschwur die Rechte und Freiheiten und die ewige ungeteilte Zusammengehörigkeit beider Lande. Alljährlich sollte der Landesherr in Holstein einen Landtag zu Bornhöved und in Schleswig zu Urnehöved halten, ohne dessen Zustimmung keine Bede aufgelegt, kein Krieg angefangen werden dürfe. In des Königs Abwesenheit sollten die Bischöfe von Schleswig und Lübeck mit fünf guten Männern aus jedem der verbundenen Länder alle Sachen richten und verabschieden; diese, ein Ausschuß der Stände, bildeten fortan den landesherrlichen Rat. Christian I. kaufte dem Grafen von Schauenburg seine Ansprüche für 41,500 Gulden ab, und nach dem Aussterben der Schauenburger (1640) fiel auch ihr Besitz an S. 1474 erhielt Christian von Kaiser Friedrich III. die Lehnshoheit über Dithmarschen bestätigt; zugleich wurden die vereinigten Lande Holstein, Dithmarschen und Stormarn zum Herzogtum erhoben. Die Dithmarschen (s. d.) verteidigten jedoch ihre Freiheit, und als König Johann (1482–1513) sie unterwerfen wollte, vernichteten sie 1500 bei Hemmingstedt sein Ritterheer. Unter König Friedrich I. (1523–33) fand die Reformation trotz anfänglichen Widerstandes der Bischöfe und der Dithmarschen, die 1559 durch die Schlacht bei Heide völlig unterworfen wurden, in S. Eingang. Die Kirchenordnung von 1542 ordnete die Verhältnisse in Holstein: an die Spitze der Kirche trat ein Propst, ihm zur Seite ein Konsistorium; die bischöfliche Gewalt fiel an den Landesherrn, die Wahl der Geistlichen an die Gemeinden; die Mönchsklöster wurden aufgehoben, die Nonnenklöster blieben als (evangelische) Zufluchtsstätten für die unversorgten Töchter des Adels bestehen.
Die Söhne Friedrichs I. teilten 1544 die Besitzungen des Hauses Oldenburg: König Christian III. begründete die königliche Linie, die in Dänemark bis 1863 herrschte, Johann die Haderslebener, die 1580 mit seinem Tod erlosch, und Adolf I. die Gottorper Linie. Eine neue Teilung zu Flensburg (12. Aug. 1581) zwischen dem König Friedrich II. (1559–88) und seinem Oheim Adolf I. von Holstein-Gottorp ordnete auf längere Zeit den Besitzstand der beiden übrigbleibenden Linien. Zum königlichen Anteil gehörten in Schleswig unter anderm Alsen, Flensburg, Hadersleben, in Holstein Segeberg, Plön und einige Klöster; zum herzoglichen in Schleswig Husum, Apenrade und Tondern, in Holstein Neumünster, Oldenburg und Fehmarn. 1582 trat Friedrich II. seinem Bruder Johann einige Besitzungen im Amt Hadersleben ab, und dieser begründete die nach einem Schloß benannte Linie S.-Sonderburg. Sein Enkel Ernst Günther (1609–1689) stiftete die Linie S.-Sonderburg-Augustenburg, dessen Bruder August Philipp (1612–75) die Linie S.-Beck-Glücksburg, die sich seit 1825 Holstein-Sonderburg-Glücksburg nannte. Andre von Johann von S.-Sonderburg abstammende Linien, wie S.-Franzhagen, S.-Glücksburg, S.-Plön, S.-Norburg, erloschen schon im 18. Jahrh. Holstein blieb deutsches Lehen, Schleswig dänisches; in der gemeinschaftlichen Regierung von S., die fortan zwischen dem König und dem Gottorper Herzog wechselte, in dem gemeinschaftlichen Landtag, Landesrat u.a. blieb die alte Einheit erhalten, und das Recht darauf wurde bei jedem Thronwechsel formell gewahrt. Im übrigen aber war der die Landtage beherrschende Adel nur auf seine Standesprivilegien und persönlichen Vorteile bedacht.
In der Linie S.-Gottorp folgten auf Adolf I. (gest. 1586) erst zwei ältere Söhne und nach deren frühem Tode sein Sohn Johann Adolf (1590–1616). Dessen Sohn Friedrich III. (1616–59) hielt sich zwar während des Dreißigjährigen Krieges neutral, konnte aber nach Christians IV. von Dänemark Niederlage bei Lutter (1626) den Einmarsch der Kaiserlichen in sein Land und dessen Verwüstung nicht hindern. Schon bei seinem Regierungsantritt hatte er die Stände zum Verzicht auf ihr Wahlrecht bewogen und mit Zustimmung Dänemarks und des Kaisers die Primogenitur bei seiner Linie eingeführt. Nun verschaffte ihm auch sein Schwiegersohn, König Karl X. Gustav von Schweden, 1658 im Frieden von Roeskilde die Souveränität seiner schleswigschen Besitzungen, die seinem Sohn Christian Albrecht (1659 bis 1694) im Frieden von Oliva 1660 bestätigt wurde. Doch suchte Dänemark ihn zum Verzicht auf die Selbständigkeit Schleswigs zu zwingen, überzog ihn zu diesem Zweck mit Krieg und vertrieb ihn zweimal (1675 und 1683) aus dem Land; erst im Vertrag von Altona 1689 erhielt er es wieder. Auch seinem Sohn Friedrich IV. (1694–1702) machte Dänemark die Souveränität streitig und erklärte ihm den Krieg; aber sein Schwager Karl XII. von Schweden, dessen ältere Schwester Hedwig Sophie er zur Gemahlin hatte, sicherte ihm 1700 durch den Frieden von Travendal den Besitz seiner Länder und wirkte ihm eine Geldentschädigung aus. Nach seinem Tod in der Schlacht bei Klissow (19. Juli 1702) führte sein Bruder Christian August für seinen unmündigen Sohn Karl Friedrich (1702–39) die Vormundschaft bis 1718 und berief 1711 zum letztenmal die Landstände der Herzogtümer. Da 1713 die Neutralität zugunsten Schwedens verletzt worden war, verjagte der dänische König Friedrich IV. den Herzog Karl Friedrich und gab ihm im Frieden von 1720 nur seine holsteinischen Besitzungen zurück. Der gottorpsche Anteil an Schleswig wurde 22. Aug. 1721 mit dem dänischen vereinigt und Friedrich IV., als ihrem nunmehr alleinigen »souveränen« Landesherrn, von den schleswigschen Ständen, auch von den Linien Augustenburg und Glücksburg, schriftlich der Eid geleistet. Karl Friedrichs Sohn von Anna Petrowna, der Tochter Peters I. von Rußland, Karl Peter Ulrich (1739–62), für den Christian Augusts Sohn Adolf Friedrich, Bischof von Lübeck, bis 1745 die Vormundschaft führte, wurde 1742 von der Kaiserin Elisabeth zum russischen Thronfolger erklärt und bestieg 1762 als Peter III. den russischen Thron, während Adolf Friedrich 1751 König von Schweden wurde. Im Besitz zweier fremden Throne hatte das Haus S.-Gottorp kein Interesse mehr an der Mitherrschaft in S., und im Namen des russischen Großfürsten Paul, des Sohnes von Peter III. (des nachmaligen Zaren Paul I.), verzichtete Katharina II. 1767 auf sie im Vertrag zu Kopenhagen, der vom Großfürsten Paul nach erlangter Majorennität 1773 bestätigt wurde. Der gottorpsche Anteil an S., sowohl der 1721 von Dänemark besetzte als der noch bei der herzoglichen Linie verbliebene, wurde dem König Christian VII. von Dänemark überlassen, der dafür die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst abtrat. Diese erhielt 1773 Friedrich August, Fürstbischof von Lübeck, Christian Augusts zweiter Sohn, der nun die jüngere Linie S.-Gottorp oder Oldenburg begründete (Weiteres s. Oldenburg, S. 29); seit 1777 sind sie Herzogtum.
Die Herrschaft Dänemarks.
Dänemark war mithin seit 1773 im Besitz von ganz S., dessen Adel am Hofe zu Kopenhagen und im dänischen Beamtentum stark vertreten war. Der aus S. gebürtige jüngere Graf Bernstorff, bis 1797 an der Spitze der dänischen Regierung, sorgte mit Umsicht für die Herzogtümer: 1784 wurde der schleswig-holsteinische Kanal gebaut, Zensur und Tortur abgeschafft, die Leibeigenschaft aufgehoben. Der dänische Hof zog deutsche Dichter nach Kopenhagen, wo viel Deutsch gesprochen wurde. Als das Deutsche Reich sich 1806 auflöste, wurde Holstein »als ungetrennter Teil« mit der dänischen Monarchie verbunden, wenngleich den Nebenlinien die Eventualerbfolge von neuem bestätigt wurde, ein dänisches Gesetzbuch und das dänische Münzsystem in Holstein eingeführt, die dänische Sprache zur offiziellen für den Verkehr mit Kopenhagen erklärt. Auf dem Wiener Kongreß wurden die Herzogtümer Holstein und Lauenburg, das Dänemark für das abgetretene Norwegen erhalten hatte, Teile des Deutschen Bundes, Schleswig aber nicht. Dies veranlaßte die Prälaten und Ritterschaft Holsteins, das Recht der gemeinschaftlichen Verfassung Holsteins und Schleswigs in Kopenhagen geltend zu machen. Dort aber hatte nach den Unglücksfällen und Verlusten, die Dänemark in den Napoleonischen Kriegen betroffen hatten, die frühere deutschfreundliche Richtung einer nationaldänischen Politik Platz gemacht, die auf eine völlige Verschmelzung, wenn nicht aller drei Herzogtümer, so doch wenigstens Schleswigs mit Dänemark abzielte. Das Gesuch der Holsteiner wurde daher abgelehnt, und als sie sich 1822 an den Deutschen Bund wandten, wurde zwar von diesem ihr Recht anerkannt, aber lediglich eine beruhigende Erklärung abgegeben. Als U. Lornsen 1830 in der Flugschrift »Das Verfassungswerk in S.« für die Rechte der Herzogtümer eintrat, wurde er verhaftet und eine Kommission zur Untersuchung dieser Umtriebe eingesetzt. Doch führte König Friedrich VI. 1831 beratende Provinzialstände für jedes Herzogtum ein. Dagegen wurden die Herzogtümer finanziell geschädigt, mit vier Neunteln der Steuern der Gesamtmonarchie belastet und verloren die 5 Mill. Tlr., die sie für die dänische Reichsbank beigesteuert hatten, bei deren Umwandlung in eine dänische Privatbank (1838). Unter Christian VIII. wurden 1842 die alten schleswig-holsteinischen Regimenter aufgehoben, neue mit dänischen Fahnen gebildet und diese zum Teil in die dänischen Lande verlegt; die Offiziere avancierten durch die ganze Armee.
Die Bevölkerung von S. hoffte trotz alledem auf eine baldige Verselbständigung, da die königliche Linie außer dem König nur noch dessen Sohn, den Kronprinzen Friedrich, als männliche Mitglieder zählte und im Falle ihres Erlöschens die Herzogtümer an den Herzog Christian von Augustenburg, Dänemark aber an die weibliche Linie fallen mußte. Dies aber wollten die eifrigen Dänen gerade verhindern, und die dänische Ständeversammlung zu Roeskilde bat im Herbst 1844 den König, »er möge die dänische Monarchie, d.h. Dänemark, S. und Lauenburg, für ein einziges, unzertrennliches Reich erklären, das ungeteilt nach dem dänischen Königsgesetz vererbt werden müsse«. Der Minister v. Örsted trat diesem Antrag im wesentlichen bei, und Christian VIII. verkündete 8. Juli 1846 durch den »offenen Brief«, daß auf Grund genauer Untersuchung der Erbfolgefrage Schleswig und Lauenburg unzweifelhaft als der Krone Dänemark gehörig zu betrachten und nach den allgemeinen dänischen Erbgesetzen zu vererben seien, und daß der König dies Recht seiner Krone mit aller Macht durchsetzen wolle. Gegen diese Erklärung, die also das eventuelle Erbrecht der augustenburgischen Linie nur für Holstein anerkannte und den Herzogtümern nur die Wahl zwischen Trennung oder gemeinsamer Unterwerfung unter das dänische Gesetz ließ, erhob sich in S. ein Sturm der Entrüstung. Die Stände beider Herzogtümer und Volksversammlungen forderten energisch Aufrechterhaltung der gemeinschaftlichen Verfassung und ausschließliche Vererbung im Mannesstamm. In ganz Deutschland wurde das Vorgehen der Schleswig-Holsteiner mit Begeisterung begrüßt, der das Lied »Schleswig-Holstein meerumschlungen« Ausdruck verlieh.
Die Erhebung Schleswig-Holsteins.
König Friedrich VII. folgte 20. Jan. 1848 seinem Vater Christian VIII. und ordnete 28. Jan. die Wahl von gemeinschaftlichen Ständen Dänemarks und der Herzogtümer an. Die Wahlmänner von S. beschlossen 18. Febr., mit Vorbehalt der Rechte zu wählen. Inzwischen steigerte aber die Kunde von der Februarrevolution und den Märzereignissen in Deutschland die Erregung, und Deputierte der schleswig-holsteinischen Stände beschlossen 18. März in Rendsburg, in Kopenhagen Berufung eines schleswig-holsteinischen Landtags, Bewilligung einer gemeinschaftlichen Verfassung für die Herzogtümer und Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund zu verlangen. Die Deputation kam in Kopenhagen 22. März an, als der König dem erregten Volke eben die Einverleibung Schleswigs in Dänemark zugesagt hatte, und erhielt daher den Bescheid, daß »eine unzertrennliche Verbindung Schleswigs mit Dänemark hergestellt«, im übrigen aber die Wünsche Holsteins berücksichtigt werden sollten. Noch vor Bekanntwerden dieser Antwort sagte sich Kiel 23. März von der Herrschaft Dänemarks los, und 24. März wurde in Rendsburg eine aus dem bisherigen Statthalter, Prinzen Friedrich von Noer (Bruder des Herzogs Christian, s. Christian 18), dem Präsidenten der holsteinischen Stände, Grafen Friedrich Reventlow, und dem der schleswigschen, W. Beseler (s. Beseler 1), bestehende provisorische Regierung eingesetzt, die überall, auch von den Truppen, anerkannt wurde. Ermutigt durch ein Schreiben Friedrich Wilhelms IV. von Preußen vom 24. März, das für die Selbständigkeit der Herzogtümer und die rechtmäßige Erbfolge eintrat, berief sie zum 3. April eine schleswig-holsteinische Landesversammlung nach Rendsburg und suchte 26. März beim Deutschen Bund um die Aufnahme Schleswigs in den Bund nach, die am 12. April erfolgte.
Die aus den schleswig-holsteinischen Truppen und Freischaren gebildete schleswig-holsteinische Armee rückte bis über Flensburg vor, zog sich aber nach dem unglücklichen Gefecht bei Bau (9. April) wieder zurück, so daß die Dänen 11. April die Stadt Schleswig besetzen konnten. Nun aber kamen preußische und andre deutsche Bundestruppen unter General Wrangel den Herzogtümern zu Hilfe, schlugen die Dänen 23. April bei Schleswig und 24. April bei Översee und vertrieben sie vom Festland. Nachdem Wrangel Südjütland mit Fredericia eine Zeitlang besetzt gehalten, besiegte er die Dänen 5. Juni bei Düppel. Aber da Deutschland keine Kriegsflotte besaß, konnte es die Blockade seiner Seehäfen nicht hindern, und der Handel erlitt schwere Verluste. Diese Tatsache förderte die Bestrebungen, durch freiwillige Sammlungen eine deutsche Flotte zu gründen. Aber Rußland und England traten zugunsten der Dänen ein. Unter diesen Umständen nahm Preußen, dem die deutsche Zentralgewalt die Regelung der schleswig-holsteinischen Frage überlassen hatte, die Vermittelung Schwedens für Verhandlungen mit Dänemark an, die am 26. Aug. zum Waffenstillstand von Malmö führten; derselbe, auf sieben Monate abgeschlossen, hob alle seit dem 17. März in S. erlassenen Gesetze und Verordnungen auf und ersetzte die provisorische Regierung durch eine neue, »Gemeinsame Regierung« genannt, deren Präsident Graf von Reventlow-Jersbeck war. Die Frankfurter Nationalversammlung verwarf anfangs den Waffenstillstand, genehmigte ihn indes in zweiter Beratung nach den heftigsten Debatten 17. Sept., und auch die Schleswig-Holsteiner fügten sich geduldig in die Notwendigkeit; doch gaben sie sich 15. Sept. noch ein neues Staatsgrundgesetz.
Da die Friedensverhandlungen mit Dänemark, die Bunsen als Reichsgesandter leitete, kein Ergebnis hatten, wurde der Krieg nach Ablauf des Waffenstillstandes (1. April 1849) erneuert; die Gemeinsame Regierung löste sich auf, und die Frankfurter Zentralgewalt übertrug die oberste Gewalt einer Statthalterschaft unter Beseler und Graf Reventlow-Preetz. 45,000 Mann deutsche Truppen unter General v. Prittwitz rückten in Schleswig ein. Als ein dänisches Geschwader in der Bucht von Eckernförde erschien, wurde von einigen am Strande ausgefahrenen Batterien das Linienschiff Christian VIII. in Brand geschossen und die Fregatte Gesion zur Übergabe gezwungen. Nicht lange darauf, 13. April, erstürmten die bayrischen und sächsischen Truppen die Düppeler Schanzen, aber aus Rücksicht auf die Mächte erhielt Prittwitz den Befehl, nur S. besetzt zu halten, darüber hinaus jedoch nicht angriffsweise vorzugehen. In Jütland drangen daher nur die Schleswig-Holsteiner unter General v. Bonin ein, schlugen die Dänen 23. April bei Kolding und 7. Mai bei Gudsö und begannen die Belagerung von Fredericia, wurden aber in der Nacht vom 5. zum 6. Juli von den Dänen, die ihre ganze Macht in Fredericia vereinigten, nach blutigem Kampf zum Weichen gezwungen. Inzwischen hatte Preußen 10. Juli eigenmächtig einen neuen Waffenstillstand mit Dänemark geschlossen, demzufolge in Holstein die Statthalterschaft bestehen bleiben, Schleswig aber von einer dreiköpfigen Landesregierung unter dem Vorsitz eines englischen Kommissars im Namen des Königs von Dänemark regiert und im Norden von schwedisch-norwegischen, im Süden von preußischen Truppen besetzt werden sollte. Diesem Waffenstillstand folgte 2. Juli 1850 der Friede zwischen Preußen und Dänemark, den Preußen zugleich im Namen des Bundes unterzeichnete; derselbe überließ es dem König von Dänemark, alle zur Bewältigung des Widerstandes in S. dienlichen Mittel zu gebrauchen, und gestattete die Einführung einer alle Staaten der dänischen Monarchie umfassenden Erbfolgeordnung.
Die Herzogtümer versuchten nach dem Abzug der preußischen und schwedischen Truppen sich direkt mit Dänemark zu verständigen, und als dies scheiterte, beschlossen sie, mit eignen Kräften den Kampf fortzusetzen. Mit einer Armee von 30,000 Mann, aus Schleswig-Holsteinern und deutschen Freiwilligen bestehend, rückte General Willisen in das nördliche Schleswig, verhinderte aber die beiden dänischen Heere, die von Jütland und von Alsen kamen, nicht an ihrer Vereinigung, wurde südlich von Flensburg bei Idstedt 24. und 25. Juli besiegt und zog sich hinter die Eider zurück. Die Dänen besetzten Schleswig wieder, und die Angriffe Willisens auf Missunde (12. Sept.) und Friedrichstadt (4. Okt.) wurden mit empfindlichem Verlust zurückgeschlagen. Willisen dankte daher 7. Dez. ab, und General v. d. Horst trat an seine Stelle. Aber schon war es zu spät. In Olmütz hatte sich Preußen 29. Nov. der von Rußland unterstützten Forderung Österreichs, daß die Revolution wie in Kurhessen, so auch in S. unterdrückt würde, unterworfen. Eine österreichisch-preußische Pazifikationskommission wurde nach Holstein gesandt; ein österreichisches Armeekorps folgte. Die Kommission forderte unverzügliche Einstellung der Feindseligkeiten, und die Landesversammlung fügte sich, da weiterer Widerstand unmöglich war. Sie ging 11. Jan. 1851 auseinander, die Statthalter legten ihre Ämter nieder, und die Armee wurde aufgelöst. Die Österreicher besetzten Holstein, die Dänen Schleswig mit Rendsburg. Im Namen des dänischen Königs und im Auftrag des Deutschen Bundes setzte die Kommission das Grundgesetz vom 15. Sept. 1848 außer Kraft und ernannte für Holstein eine oberste Zivilbehörde, während in Schleswig der dänische Kommissar Tillisch eine Gewaltherrschaft führte. Das Amnestiedekret vom 10. Mai 1851 schloß die herzogliche Familie von Augustenburg, die Mitglieder der provisorischen Regierung, der Statthalterschaft und des Obergerichts sowie zahlreiche Beamte aus. Die deutschen Mächte versicherten zwar, die Rechte der Herzogtümer schützen zu wollen, unterzeichneten aber 8. Mai 1852 das Londoner Protokoll, das die Integrität der dänischen Monarchie für ein europäisches Interesse erklärte und die Erbfolge in allen ihren Teilen dem Prinzen Christian von S.-Sonderburg-Glücksburg zusicherte, während das Augustenburger Haus (s. Christian 18) für 21/2 Mill. Tlr. seine Stammgüter an Dänemark verkaufte. Die Rechte der Herzogtümer auf Selbständigkeit und Zusammengehörigkeit wurden von Österreich und Preußen in allgemeinen Ausdrücken gewahrt, und Dänemark gab in bezug hierauf ebenso allgemein gehaltene Versprechungen.
Die dänische Gewaltherrschaft.
Dieser schmähliche Ausgang der schleswig-holsteinischen Erhebung, die zugleich als eine nationaldeutsche Sache angesehen worden war, erregte in Deutschland Erbitterung und Beschämung. Wenn auch die Hauptschuld auf Preußen fiel, dessen König die Erhebung als revolutionär verabscheute, so erschien doch der Mangel einer einheitlichen Organisation Deutschlands als Ursache der deutschen Niederlage, und das Schicksal Schleswig-Holsteins weckte das deutsche Nationalbewußtsein. Die Dänen betrachteten S. als erobertes Land, das durch seine »Rebellion« alle seine Rechte verwirkt habe. Eine Menge von Beamten, auch acht Kieler Professoren, wurden des Landes verwiesen; das ganze Kriegsmaterial wurde nach Dänemark geschafft, den entlassenen Offizieren und Mannschaften jede Pension verweigert. Jedes Herzogtum erhielt durch Erlaß vom 28. Jan. 1852 besondere Minister und Landstände. Diesen, die für Schleswig in Flensburg, für Holstein in Itzehoe zusammentraten, wurden im Oktober 1853 die Entwürfe der neuen Provinzialverfassungen vorgelegt; danach bildete Schleswig ein unzertrennliches Glied des dänischen Reiches, Holstein einen selbständigen Teil der dänischen Monarchie, der mit derselben durch das Thronfolgegesetz vom 31. Juli 1853 auf immer vereinigt sei. Obwohl die Stände beide Entwürfe verwarfen, wurden sie doch als gültige Verfassungen für Schleswig 15. Febr., für Holstein 11. Juni 1854 veröffentlicht. Ebenso erhielt die vom dänischen Reichstag beschlossene Gesamtstaatsverfassung 26. Juli 1854 Rechtskraft. In dem gemeinschaftlichen Reichsrat war S. zur Minderheit verurteilt; bei der Steuerbewilligung und der Feststellung des Staatshaushalts waren seine Interessen nicht gewahrt, seine Domänen wurden für den Gesamtstaat in Anspruch genommen. Armee und Flotte, Zoll, Post, Münze etc. waren fortan dänisch. Zwischen Schleswig und Holstein dagegen wurden möglichst viele Schranken ausgerichtet, unter andern das gemeinschaftliche Oberappellationsgericht in Kiel aufgehoben. In Nordschleswig oder »Südjütland« wurden die deutschen Geistlichen und Lehrer durch Dänen ersetzt und das Dänische als Kirchen- und Schulsprache rein deutschen Gemeinden aufgedrängt.
Indes die Herzogtümer wahrten mit Festigkeit ihre Rechte. Im dänischen Reichsrat verlangten 1856 elf deutsche Mitglieder, daß die Gesamtstaatsverfassung den Ständen der Herzogtümer vorgelegt werde, und als dies zurückgewiesen ward, protestierten sie gegen die Gültigkeit der Verfassung. Dies veranlaßte Österreich und Preußen, bei Dänemark die 1851 und 1852 eingegangenen Verpflichtungen in Erinnerung zu bringen, und 11. Febr. 1858 erklärte der Deutsche Bund, daß die Gesamtstaatsverfassung sowie ein Teil der Provinzialverfassung für Holstein und Lauenburg nicht als rechtsgültig zu betrachten seien. Aber erst als der Bund mit Exekution drohte, wurde die Gesamtstaatsversassung 6. Nov. 1858 für Holstein und Lauenburg außer Wirksamkeit gesetzt, jedoch zugleich erklärt, daß die Minister auch in betreff Holsteins nur dem König verantwortlich seien. Es blieb daher der bisherige Zustand bestehen, nur waren Holstein und Lauenburg im Reichsrat gar nicht vertreten und Schleswig den Dänen erst recht preisgegeben. Jeden Antrag auf Verständigung über eine neue Gesamtstaatsverfassung erwiderten die holsteinischen Stände mit der Forderung voller Selbständigkeit und dem Hinweis auf das alte Recht der Verbindung mit Schleswig, ohne deren Herstellung kein Friede in S. möglich sei. Unter diesen Umständen gab König Friedrich VII. den Gedanken einer im Interesse der Dynastie erwünschten Gesamtmonarchie auf und schloß sich ganz der eiderdänischen Partei an, die, um Schleswig völlig einverleiben zu können, Holsteins Ausschluß aus dem Gesamtstaat vorschlug. Eine königliche Bekanntmachung vom 30. März 1863 schloß Holstein und Lauenburg aus dem Gesamtstaat aus und setzte die Rechte der holsteinischen Stände auf das geringste Maß herab. Der Bundestag erhob hiergegen Einspruch und beschloß, da er unbeachtet blieb, 1. Okt. die Exekution in Holstein und Lauenburg. Der dänische Reichsrat nahm dagegen 13. Nov. 1863 eine eiderdänische Verfassung an, die Schleswig völlig mit Dänemark verschmolz.
Der deutsch-dänische Krieg.
Da starb 15. Nov. 1863 König Friedrich VII., und mit ihm erlosch die königliche Linie des Hauses Oldenburg. Dem Londoner Protokoll gemäß folgte Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg als Christian IX. auf dem Thron. In den Herzogtümern, die das Londoner Protokoll nie anerkannt hatten, wurde aber nicht er als rechtmäßiger Erbe angesehen, sondern Prinz Friedrich (s. Friedrich 76) von Augustenburg, dessen Vater, Herzog Christian, zwar 1852 sich in seinem und seiner Familie Namen verpflichtet hatte, nichts gegen das Londoner Protokoll zu unternehmen, der selbst aber nie seine Zustimmung hierzu gegeben hatte. Prinz Friedrich erklärte also 16. Nov. seinen Regierungsantritt als Herzog Friedrich VIII. von S., und dieser Akt wurde in ganz Deutschland mit Jubel begrüßt. Der Bundestag, an den sich Friedrich VIII. um Anerkennung seines Rechts wandte, während der dänische Gesandte seine neue Vollmacht für Christian IX. vorlegte, beschloß die einstweilige Suspension der holstein-lauenburgischen Stimme und 7. Dez. die Ausführung der Bundesexekution. Die dänische Regierung ließ Holstein durch ihre Truppen räumen, und 23. Dez. rückten 12,000 Sachsen und Hannoveraner unter dem sächsischen General Hake in Holstein ein. Herzog Friedrich wurde überall als Landesherr ausgerufen und von einer großen Volksversammlung in Elmshorn 27. Dez. zum Erscheinen in S. eingeladen, während eine Versammlung von 491 Abgeordneten deutscher Ständeversammlungen in Frankfurt 21. Dez. sich einstimmig für das Recht des Augustenburgers erklärte und den Sechsunddreißiger-Ausschuß (s. d.) einsetzte, um dasselbe zur Anerkennung zu bringen. Ende Dezember traf Herzog Friedrich in S. ein und nahm in Kiel 30. Dez. Residenz, bildete auch ein Kabinett, respektierte aber die Bundesexekution und ihre Verwaltung.
Bei der Entschiedenheit, mit der sich das deutsche Volk und mehrere Fürsten für Herzog Friedrich und die sofortige Losreißung der Herzogtümer von Dänemark aussprachen, erregte es Befremden, als Österreich und Preußen erklärten, daß sie sich an das Londoner Protokoll für gebunden erachteten, und vom Bunde die Ausweisung des Herzogs aus S. verlangten, die jedoch 2. Jan. 1864 abgelehnt wurde. Niemand durchschaute Bismarcks Politik, die allerdings die verblendete Hartnäckigkeit der Dänen zur Voraussetzung hatte. Der Bund weigerte sich daher 14. Jan., sich den weitern Schritten Österreichs und Preußens anzuschließen, und diese handelten nunmehr allein. Da Christian IX. am 18. Nov. 1863 die eiderdänische Verfassung sanktioniert hatte, forderten sie 16. Jan. 1864, daß diese den Vereinbarungen von 1851 und 1852 widersprechende Verfassung binnen 48 Stunden außer Kraft gesetzt werde, widrigenfalls sie Schleswig als Pfand besetzen müßten. Im Vertrauen auf die früher bewiesene Schwäche Deutschlands und die Hilfe Englands wies Dänemark die österreichisch-preußische Forderung 18. Jan. ab, Österreich und Preußen erklärten darauf, daß sie das Londoner Protokoll auch nicht mehr als bindend erachteten, und ließen ihre Truppen, 28,500 Österreicher unter Gablenz und 43,500 Preußen unter Prinz Friedrich Karl, einmarschieren; den Oberbefehl erhielt der Feldmarschall von Wrangel (Deutsch-dänischer Krieg). Der von Moltke entworfene Kriegsplan war: mit den Flügeln (preußischen Truppen) die Stellung der 30,000 Mann starken Dänen hinter dem Danewerk zu umgehen und ihnen den Rückzug abzuschneiden. Da jedoch Wrangel den unglücklichen Angriff des Prinzen Friedrich Karl auf Missunde (1. Febr.) und das stürmische Vorgehen der Österreicher im Zentrum bei Overselk (3. Febr.) zuließ, wurden die Dänen die drohende Gefahr gewahr und räumten in der Nacht vom 5. zum 6. Febr. das Danewerk. Prinz Friedrich Karl, der bei Arnis die Schlei überschritt, kam nun zu spät, und nur die Österreicher konnten den Dänen 6. Febr. noch südlich von Flensburg bei Översee empfindliche Verluste beibringen. Die dänische Armee zog sich teils in die Düppeler Schanzen, teils nach Jütland zurück. Die preußische Gardedivision folgte bis zur Nordgrenze Schleswigs und besetzte 19. Febr. Kolding.
Da die preußische Heeresleitung die Düppeler Schanzen nicht sofort stürmen ließ, sondern sich für eine förmliche Belagerung entschied, für die das Material erst herangeschafft werden mußte, Österreich aber gegen ein Vordringen in Jütland zunächst Bedenken erhob, so gerieten die Kriegsunternehmungen ins Stocken. Zum Glück lehnte Napoleon III. eine bewaffnete Einmischung zugunsten Dänemarks, die England vorschlug, ab. England allein wollte nichts tun, und Rußland war durch den polnischen Aufstand, in dem ihm Preußen überdies wichtige Dienste geleistet hatte, in Anspruch genommen. So gab Österreich seine Zustimmung zur energischen Fortsetzung des Krieges. Während 7. März die Verbündeten die Grenze Jütlands überschritten, wurde Mitte März die Beschießung, 28. März der förmliche Angriff auf die Düppeler Schanzen (s. Düppel) durch Parallelen eröffnet, und nach einer Reihe von Gefechten vertrieb 18. April der Sturm die Dänen unter großen Verlusten aus den Schanzen; sie zogen sich nach Alsen zurück. Die Preußen verloren 1200 Mann an Toten und Verwundeten. Darauf wurde Jütland bis zum Limfjord besetzt; Fredericia räumten die Dänen ohne Schwertstreich (28. April). Dem besetzten dänischen Gebiet wurde eine Kontribution von 650,000 Tlr. auferlegt zum Ersatz für den Schaden, den die Blockade der deutschen Seehäfen und die Aufbringung deutscher Schiffe durch dänische Kreuzer verursacht hatten; denn obwohl die Preußen 10. März bei Jasmund in Rügen und die Österreicher 9. Mai bei Helgoland die dänische Flotte angegriffen hatten, war die Übermacht zur See doch noch auf dänischer Seite.
Auf Englands Betreiben wurde 25. April die Londoner Konferenz eröffnet, um eine friedliche Lösung der schleswig-holsteinischen Frage zu versuchen; der Deutsche Bund war auf derselben durch Beust (s. Beust 4) vertreten. Sie brachte 12. Mai einen Waffenstillstand, nicht aber eine Vereinbarung über S. zustande. Die deutschen Mächte schlugen 17. Mai eine reine Personalunion zwischen Dänemark und S. vor, aber Dänemark lehnte diese ebenso ab wie eine Teilung Schleswigs nach der Sprachgrenze nördlich von Flensburg. Preußen und Österreich sagten sich daher formell vom Londoner Protokoll los und verlangten 28. Mai im Verein mit Beust die vollständige Trennung der Herzogtümer von Dänemark und ihre Vereinigung zu Einem Staat unter dem Erbprinzen von Augustenburg. Da die dänische Regierung darauf erst recht nicht einging, löste sich die Konferenz 25. Juni unverrichteter Sache auf. Der Krieg begann von neuem; in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni gingen die Preußen unter Herwarth v. Bittenfeld über den Alsenfund und eroberten die Insel Alsen nach kurzem Kampf; der Rest der dänischen Armee rettete sich nach Fünen. Nun wurde das Land nördlich vom Limfjord bis zum Kap Skagen besetzt und die Dänen von den friesischen Inseln vertrieben. Alles war schon für eine Landung der Verbündeten in Fünen und Seeland vorbereitet, und da den Dänen fremde Hilfe nicht zuteil wurde, gaben sie den weitern Widerstand auf. Die Feindseligkeiten wurden 20. Juli eingestellt und 1. Aug. in Wien die Friedenspräliminarien abgeschlossen; der endgültige Friede von Wien wurde 30. Okt. unterzeichnet. König Christian IX. trat darin seine Rechte auf Schleswig, von dem nur kleine Striche an der Nordgrenze zu Dänemark geschlagen wurden, Holstein und Lauenburg an Österreich und Preußen zu freier Verfügung ab; die Kriegskosten und 20 Mill. Tlr. von der dänischen Staatsschuld wurden S. aufgebürdet.
Die Vereinigung mit Preußen.
So war die Losreißung der Herzogtümer von Dänemark erreicht. Nun erhob sich aber die Frage, was mit ihnen geschehen sollte. Die deutsche Bevölkerung in S., die den kriegerischen Ereignissen mit Freude über die Niederlagen der Dänen und mit Mißtrauen gegen die Absichten der Großmächte zugeschaut hatte, betrachtete die Herrschaft des Augustenburgers als selbstverständlich. Die Mittel- und Kleinstaaten sahen sie als die beste und die gerechteste Lösung an. Preußen, mit dem Österreich vorläufig noch Hand in Hand ging, war aber nicht geneigt, die eroberten Herzogtümer ohne weiteres auszuliefern, um einen neuen Mittelstaat wie Hannover an seinen Grenzen entstehen zu lassen. Zunächst setzte es sich in den völligen Besitz von S., indem es 29. Nov. Hannover und Sachsen aufforderte, ihre Truppen aus Holstein zurückzuziehen. Am 7. Dez. übergaben die Bundeskommissare den österreichisch-preußischen Zivilkommissaren Holstein und Lauenburg. Sodann wurde das ausschließliche Erbrecht des Erbprinzen von Augustenburg angezweifelt, obwohl die juristischen Fakultäten von 16 Universitäten es anerkannten, und der Großherzog von Oldenburg, dem der Kaiser von Rußland seine Ansprüche abgetreten hatte, und der Prinz Friedrich von Hessen traten als Prätendenten auf; ja das Haus Hohenzollern selbst erhob Ansprüche. Ein Gutachten der preußischen Kronsyndici erklärte endlich 1865 die Ansprüche des Erbprinzen Friedrich als beseitigt durch das 1852 abgegebene Versprechen seines Vaters und demnach die deutschen Großmächte als die Rechtsnachfolger Dänemarks und die rechtmäßigen Besitzer Schleswig-Holsteins. Dennoch würde Bismarck den Herzog Friedrich anerkannt haben, wenn dieser die preußischen Forderungen (22. Febr. 1865) angenommen hätte: nämlich seine Armee und Marine mit der preußischen zu vereinigen, Sonderburg, Rendsburg und Friedrichsort von preußischen Truppen besetzen zu lassen, das für einen Nordostseekanal erforderliche Gebiet abzutreten, sich dem Zollverein anzuschließen und Post- und Telegraphenwesen an Preußen abzugeben. Auch Österreich lehnte diese Bedingungen 5. März ab und nahm seit dem Rücktritt Rechbergs, den Mensdorff ersetzte, überhaupt eine andre Stellung zu der Frage ein. Der Plan, die Februarbedingungen einer Landesversammlung vorzulegen, von dem Bismarck Erfolg hoffte, da aus S. selbst Kundgebungen zugunsten Preußens erfolgt waren, scheiterte daran, daß sich Österreich und Preußen über den Wahlmodus nicht einigen konnten.
Noch einmal kam es zwischen Österreich und Preußen zu einer Verständigung durch die Gasteiner Konvention vom 14. Aug. 1865: der Besitz der Herzogtümer sollte beiden Mächten gemeinsam bleiben, die Verwaltung von Holstein aber Österreich, die von Schleswig Preußen zustehen, das außerdem den Kieler Hafen, die Mitbesetzung von Rendsburg und die Oberaufsicht über den zu erbauenden Nordostseekanal erhielt; Lauenburg wurde gegen 21/2 Mill. dänische Taler von Österreich an den König von Preußen abgetreten. Während Manteuffel in Schleswig streng allen augustenburgischen Demonstrationen entgegentrat, ließ Gablenz in Holstein Proteste von Vereinen und Versammlungen gegen die Gasteiner Konvention zu, duldete die Nebenregierung des Erbprinzen Friedrich in Kiel und ließ sogar zu, daß von der Einberufung einer schleswig-holsteinischen Ständeversammlung gesprochen wurde. Die Klagen der preußischen Regierung hierüber ließ Österreich unbeachtet, ja, gab seine bisherige Politik auf und entschied sich für den Augustenburger, indem es 26. April 1866 Preußen vorschlug, ihre Rechte auf S. demjenigen Prätendenten abzutreten, den der Bund als den berechtigtsten anerkenne. Als Preußen hierauf nicht einging, übertrug Österreich die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Frage 1. Juni dem Deutschen Bund und berief die holsteinischen Stände für den 11. Juni nach Itzehoe. Dies erklärte Preußen für einen Bruch der Gasteiner Konvention und ließ seine Truppen aus Schleswig in Holstein einmarschieren, womit der Krieg zwischen Österreich und Preußen ausbrach (s. Preußisch-deutscher Krieg). In dem denselben beendenden Prager Frieden vom 23. Aug. 1866 trat Österreich S. an Preußen ab, doch mit der von Napoleon III. durchgesetzten Einschränkung (Art. 5), daß, wenn die Bevölkerung von Nordschleswig den Wunsch, mit Dänemark vereinigt zu werden, durch ein freies Votum ausdrücke, Nordschleswig an Dänemark abgetreten werden solle. Durch Vertrag vom 27. Sept. 1866 erwarb Preußen die Ansprüche des Hauses S.-Gottorp vom Großherzog von Oldenburg durch die Zahlung von 1 Mill. Tlr. und die Abtretung von Ahrensböck. Auf Grund des Gesetzes vom 24. Dez. 1866 und des königlichen Patents vom 12. Jan. 1867 ward die Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preußen 24. Jan. 1867 vollzogen. Die preußische Verfassung trat 1. Okt. 1867 in Kraft, die im Wiener Frieden auf S. gefallenen Kriegskosten und Staatsschulden übernahm Preußen. S. bildet seitdem eine Provinz des preußischen Staates, mit der am 1. Juli 1876 auch Lauenburg als ein Kreis derselben vereinigt wurde. Der Artikel 5 des Prager Friedens wurde, nachdem fruchtlose Verhandlungen mit Frankreich und Dänemark über die Ausführung desselben gepflogen worden waren, im Oktober 1878 im Einverständnis mit Österreich aufgehoben.
Die Vereinigung mit Preußen als Schlußergebnis der fast 20jährigen stürmischen Ereignisse wurde in S. zumeist nicht mit Freude begrüßt. Die Beseitigung des Erbprinzen von Augustenburg erschien als eine Rechtsverletzung. Überdies fügte sich die Eigenart der Schleswig-Holsteiner schwer in die ungewohnten Einrichtungen des preußischen Staates und seines Beamtentums. Auch hier wirkten die großen Ereignisse von 1870/71 versöhnend. Nach der Herstellung geordneter, gesicherter Verhältnisse nahmen Handel und Industrie in S. einen großen Aufschwung; namentlich Altona und Kiel, der bedeutendste Kriegshafen des Deutschen Reiches, wuchsen mächtig heran Der Bau des großartigen Nordostseekanals (s. Kaiser Wilhelm-Kanal) kam S. sehr zustatten. Die Wiedererwerbung des 1814 an England abgetretenen Helgoland (1890) war der Macht des neuen Reiches zu danken. Und auch die Vermählung (1881) des Erben der deutschen und preußischen Krone, des Prinzen Wilhelm (jetzigen Kaisers Wilhelm II.) mit der ältesten Tochter Friedrichs von Augustenburg, Prinzessin Auguste Viktoria (s. d.), trug dazu bei, trübe Erinnerungen in Vergessenheit zu bringen. Durch Vertrag zwischen Preußen und Dänemark vom 11. Jan. 1907 wurde bestimmt, daß die bisher staatenlosen Optantenkinder in jedem der beiden Staaten auf ihren Antrag die Staatsangehörigkeit erhalten sollen.
Dem Hause Augustenburg, gegenwärtig repräsentiert durch Herzog Ernst Günter (geb. 11. Aug. 1863; das Recht auf Führung des Titels »Herzog zu S.« hat Preußen dem Haupte des Geschlechts erst 1881 zugestanden, 1886 wurde ein Fideikommiß aus den Herrschaften Primkenau, Gravenstein u.a. gegründet), den Bruder der Kaiserin, ward 1885 seitens Preußens eine Abfindung gewährt gegen ausdrücklichen Verzicht auf alle frühern Rechte auf S.; es erhielt eine Jahresrente von 300,000 Mk. sowie die beiden Schlösser Augustenburg und Sonderburg. Dem Hause Glücksburg, gegenwärtig repräsentiert durch Herzog Friedrich Ferdinand (geb. 12. Okt. 1855), gewährleistete Preußen 1905 den Besitz des Schlosses Glücksburg und bewilligte ihm jährlich 150,000 Mk. Unterhaltungskosten, nachdem die dem Hause bislang vom dänischen Staate gezahlten Apanagen weggefallen waren. Dem Hause Glücksburg wurde 1904 durch den Verzicht des russischen Kaiserhauses auf den oldenburgischen Thron im Falle des Aussterbens des in Oldenburg regierenden Hauses und nach dem Erlöschen der russischen Oldenburger die Erbfolge im Großherzogtum Oldenburg zugesichert (vgl. Oldenburg, S. 30). Dabei wurde die ältere Augustenburger Linie trotz des Einspruchs von Herzog Ernst Günter übergangen, weil deren deutscher Zweig auszusterben droht und dann der jüngere, englische, also ausländische, erbberechtigt sein würde. Im Zusammenhang mit dieser Aussicht, regierende Familie in einem deutschen Bundesstaate zu werden, ward 1904 dem ganzen schleswig-holsteinischen Fürstengeschlecht vom Reiche die Rechtsstellung der regierenden Fürstenhäuser verliehen.
[Geschichtsliteratur.] »Urkundensammlung« (Kiel 1839–80, Bd. 1–4), »Quellensammlung« (das. 1862 bis 1904, Bd. 1–6), »Schleswig-Holstein-Lauenburgische Regesten und Urkunden« (Hamb. 1886–1896, 3 Bde.; bis 1340) und »Zeitschrift« (Kiel, seit 1871) der 1833 gegründeten Schleswig-holstein-lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte; Usinger, »Deutsch-dänische Geschichte 1189–1227« (Berl. 1863); Christiani, Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein (Flensb. 1775–79, 4 Bde.; bis 1460), Geschichte etc. unter dem oldenburgischen Haus (Kiel 1781, 2 Bde.) und (als Fortsetzung) Hegewisch, Geschichte Schleswigs und Holsteins etc. 1588–1694 (das. 1801–02, 2 Bde.), bis 1808 fortgeführt von P. v. Kobbe (Altona 1834); Waitz, Schleswig-Holsteins Geschichte (Götting. 1851–54, 2 Bde.; bis 1660) und Kurze schleswig-holsteinische Landesgeschichte (2. Ausg., Kiel 1898); Möller, Geschichte Schleswig-Holsteins (neue Ausg., fortgesetzt von Godt, Altona 1889, 3 Bde.); Bremer, Geschichte Schleswig-Holsteins bis 1848 (Kiel 1864); Dethlefsen, Geschichte der holsteinischen Elbmarschen (Glückstadt 1891–92, 2 Bde.); Droysen und Samwer, Die Herzogtümer S. und das Königreich Dänemark. Aktenmäßige Geschichte der dänischen Politik seit 1806 (Hamb. 1850); Thudichum, Verfassungsgeschichte Schleswig-Holsteins von 1806–1852 (Tübingen 1871); Mestorf, Vorgeschichtliche Altertümer aus S. (Hamb. 1885); Witt, Quellen und Bearbeitungen der schleswig-holsteinischen Kirchengeschichte (Kiel 1899).
Im besondern über die Geschichte Schleswig-Holsteins im 19. Jahrh. handeln: Lohr, Die schleswig-holsteinische Frage bis zur Erhebung der Herzogtümer 1848 (Gieß. 1895); Lüders, Denkwürdigkeiten zur neuesten schleswig-holsteinischen Geschichte (Stuttg. 1851–53, 4 Tle.); »Aktenstücke zur neuesten schleswig-holsteinischen Geschichte« (Leipz. 1851–52,3 Hefte); »Urkundenbuch zur Geschichte der holsteinlauenburgischen Angelegenheit am Deutschen Bund« (Frankf. 1858); »Aufzeichnungen des Prinzen Friedrich von Schleswig-Holstein-Noer, 1848–1850« (2. Aufl., Zür. 1861); Baudissin, Geschichte des schleswig-holsteinischen Krieges (Hannov. 1862); Moltke, Geschichte des Kriegs gegen Dänemark 1848–1849 (Bd. 3 der Militär. Werke, Berl. 1893); »Der deutsch-dänische Krieg 1864, hrsg. vom preußischen Generalstab« (das. 1887, 2 Bde.); »Den dansk-tydske Krig i Aarene 1848–1850«, bearbeitet vom dänischen Generalstab (Kopenh. 1868–87, 3 Tle.); Blasendorff, Der deutsch-dänische Krieg von 1864 (Berl. 1889); Th. v. Bernhardi, Der Streit um die Elbherzogtümer, Tagebuchblätter aus dem Jahre 1863–1864 (Leipz. 1895); Prinz Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen, Aus meinem Leben, Bd. 3 (Berl. 1906), die »Erinnerungen« von Rudolf Schleiden, Christ. Tiedemann u.a.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.