Pilze

Pilze

Pilze (Schwämme, Fungi, Mycetes, hierzu die Tafeln »Pilze I-IV«), im weitern Sinn alle Gruppen blütenloser (kryptogamischer) Gewächse, deren Glieder durch gänzlichen Chlorophyllmangel ausgezeichnet sind. Die Abteilung, die durch dieses negative, physiologisch-anatomische Merkmal charakterisiert ist, stellt indes keine natürliche Verwandtschaftsgruppe dar. Man gewinnt dagegen, wenn man die in jeder Hinsicht eigenartigen Spaltpilze (Bakterien) und Schleimpilze (Myxomyzeten) ausschließt, eine mehr einheitliche Formengruppe, die unter der Bezeichnung Pilze im engern Sinne (Eumyzeten, Hyphomyzeten) verstanden werden kann. Der Vegetationskörper der P. besteht aus fadenförmigen Elementen (Hyphen, Pilzfäden), die, ursprünglich einfach, sich reich verzweigen und zu einem mehr oder minder lockern Filzgewebe, dem Pilzmycel (Mycelium, Hyphasma, Unterlage, Pilzmutter), heranwachsen können, das den eigentlichen Vegetationsapparat der P. bildet. Hinsichtlich der innern Ausbildung der Hyphen des vegetativen Mycels verhalten sich die beiden Hauptabteilungen der P. verschieden. Bei den Phykomyzeten oder Algenpilzen um schließt die Wandung der Hyphe einen ununterbrochen zusammenhängenden Hohlraum, der von dem natürlichen, mit zahlreichen kleinen Zellkernen ausgestatteten Zellplasma erfüllt wird, während bei den Mykomyzeten der Hyphenschlauch durch Querwände in einzelne Zellen zergliedert ist, die je einen oder zwei oder auch mehrere Zellkerne aufweisen.

Die Zellmembran der P. besteht aus Zellulose oder häufiger aus einer chitinhaltigen Modifikation derselben (Pilzzellulose). Der wässerige Zellinhalt ist sehr reich an Eiweißsubstanzen. Stärkemehl fehlt den Pilzen, dagegen enthalten sie viel Mannit, Glykogen, Inosit, Zucker, Fette, Cholesterin, Harze, organische Säuren, an Fett gebundene Farbstoffe (Lipochrome) und andre Pigmente. Als Einschlüsse im Zellenplasma sind außer Proteinkristallen eigentümliche Körner zelluloseartiger Substanzen, wie Collulin und Fibrosin, nachgewiesen worden, von großer praktischer Bedeutung ist das gelegentliche Vorkommen gewisser, noch wenig bekannter giftiger Alkaloide, wie Marcarin, Ergotin, Ergotinin u.a., unter den mineralischen Stoffen des Zellinhaltes walten Phosphorsäure und Kali vor.

Das Mycelium der P. ist in vielen Fällen ein gänzlich formloses, in allen Teilen gleichmäßiges Hyphengeflecht, das sich nach der Gunst der äußern Umstände allseitig in oder auf dem Nährsubstrat ausbreitet und eine auf Arbeitsteilung beruhende Gliederung erst erkennen läßt, wenn Fortpflanzungsorgane gebildet werden. In andern Fällen aber zeigt bereits das vegetative Mycel eine gewisse Gliederung, die bestimmte, für besondere Funktionen besonders ausgerüstete Organe erkennen läßt. Wenn nur ein Teil des Mycels mit der Nährsubstanz in Berührung steht, so unterscheidet man diesen als das Nährmycel von dem Luftmycel. Besonders häufig treten an dem Mycel Haftorgane (Appressorien) auf, welche die Befestigung des Pilzes an den oft sehr exponierten Standorten, wie der Oberfläche von Laubblättern, bewirkt, und Saugorgane, Saugwarzen (Haustorien), die das oberflächlich lebende Mycel zur Aufnahme von Wasser und Nahrung in das Nährsubstrat hineinsendet. Einige P., wie Rhizopus nigricans, bilden am Mycel lange, ausläuferartige Seitenzweige (Stolonen), die neue, noch unbewachsene Stellen des Substrats aufsuchen. Bisweilen vereinigen sich viele Myceliumfäden nebeneinander wachsend zu dicken, faserigen Strängen. Derartige Mycelstränge, die bei gewissen baumbewohnenden Pilzen, wie dem Hallimasch u.a., zwischen Holzkörper und Rinde in langen, verzweigten und anostamosierenden Bändern mit dunkelbrauner Rinde und weißem Mark ausgebildet werden, sind früher unter dem Namen Rhizomorpha (Tafel IV, Fig. 9) als besondere Pilzgattung beschrieben worden. Bisweilen werden auch zusammenhängende, dicke, hautartige Ausbreitungen von faseriger oder filziger Struktur (Mycelhäute) gebildet, wie z. B. beim Hausschwamm und dem Kellertuch. Eine besondere Mycelbildung stellen ferner die Dauermycelien (Hartmycelien, Sklerotien) mancher P. dar, feste, knollenartige Körper, deren Hyphen so dicht miteinander verwebt sind, daß ein parenchymartiges Gewebe (Pseudoparenchym) zustande kommt, das die Entstehung aus fädigen Zellverbänden nicht mehr erkennen läßt. Ein derartiges Dauermycel ist das Mutterkorn (s. Tafel »Pflanzenkrankheiten I«, Fig. 18–21), das die Überwinterungsform des Schmarotzerpilzes Claviceps purpurea darstellt (vgl. auch Tafel »Pilze IV«, Fig. 2 B u. 7 s). Die Fortpflanzung der P. erfolgt entweder durch ungeschlechtliche Vermehrung, indem sich ablösende einzellige Keimkörner, die je nach ihrer Entstehungsweise und Ausbildung mit verschiedenen Namen bezeichnet werden (s. unten) zu neuen Mycelien auswachsen, oder auf geschlechtlichem Wege durch Verschmelzung zweier in besondern Geschlechtsorganen ausgebildeten Sexualzellen (Gameten). Bisweilen entstehen Keimkörner direkt im Verbande des vegetativen Mycels, indem einzelne Hyphen durch Querteilung in eine Reihe rundlich anschwellender, inhaltsreicher Zellen zerfallen, die, aus dem Verbande gelöst, neue Mycelien bilden. Man bezeichnet derartige Fortpflanzungszellen als Oïdien. Einzelne im Verbande der Hyphen entstehende dickwandige, für die Überstehung einer Ruhepause ausgerüstete Keimzellen werden Chlamydosporen (Gemmen, Brutzellen, Dauersporen) genannt. Gewöhnlich ist die Bildung der Fortpflanzungszellen auf besondere, von den vegetativen Hyphen verschiedene Myceläste beschränkt, die als Fruchtträger bezeichnet werden. Die Fruchtträger entspringen in vielen Fällen direkt aus dem vegetativen Mycel (z. B. bei Mucor, Tafel III, Fig. 1, und Aspergillus, Fig. 7), in andern Fällen bilden gewisse Teile des Mycels einen besondern, oft pseudoparenchymatischen Fruchtkörper, der sehr verschiedene Gestalt besitzen kann (s. unten). An den Fruchtträgern entstehen die Fortpflanzungszellen entweder durch freie Zellbildung im Innern einer besonders geformten, meist kugeligen oder schlauchförmigen, als Sporangium (Tafel III, Fig. 1 A u. 6) bezeichneten Endzelle (endogene Sporen), oder durch Abschnürung am Ende des Trägers (exogene Sporen, Konidien), wobei die Abschnürung entweder nur ein einziges Mal erfolgt (Tafel III, Fig. 5), oder sukzessive mehrmals vor sich geht und zur Bildung von perlschnurartigen Konidienketten führt (Tafel IV, Fig. 1 A). Nach der Natur der hervorgebrachten Fortpflanzungszellen werden die Fruchtträger als Sporangienträger und Konidienträger unterschieden. Sporen und Konidien sind einfache, behäutete, passiv bewegliche Zellen, nur bei gewissen, an Wasserleben angepaßten Pilzen werden in den Sporangien nackte Schwärmsporen (Zoosporen) gebildet (Tafel III, Fig. 2 u. 3). Die Keimung erfolgt immer durch einen Keimschlauch, der als erste Hyphe den Anfang eines neuen Mycels bildet. Die geschlechtliche Fortpflanzung ist nicht in allen Pilzgruppen beobachtet worden und fehlt sicher vielen Formen gänzlich. Bei den Phykomyzeten kommen isogame und oogame Sexualprozesse vor. Die isogamen Phykomyzeten bilden an ihrem Mycel zwei gleichartige Äste aus, die, mit den Spitzen gegeneinander wachsend, zur Berührung kommen. Durch eine Querwand wird in jedem der beiden Äste eine Endzelle abgetrennt (Tafel III, Fig. 1 D). Die beiden Endzellen verschmelzen (kopulieren) zu einer einzigen Zelle, die sich zu einer doppelwandigen Zygospore mit stark verdickter Außenwand (Exosporium, Episporium) und zartern Innenwand (Endosporium) ausbildet. Durch Keimung entsteht aus der Zygospore ein neues Mycel, das in der Regel frühzeitig neue Sporangienträger hervorbringt (Tafel III, Fig. 1 C). Bisweilen entwickeln sich aus den Endzellen der nicht zur Kopulation gelangten Myceläste auch ohne Zellverschmelzung zygosporenartige Keimzellen (Azygosporen, s. Apogamie). Die Geschlechtsorgane der oogamen Phykomyzeten werden als Eibehälter (Oogonium) und Befruchtungsaft (Antheridium) unterschieden (Tafel III, Fig. 4). In ersterm entstehen durch freie Zellbildung ein oder mehrere Eizellen (Oosphären), der letztere schmiegt sich dem Oogonium dicht an und bildet aus seinen inhaltsreichen Endzellen Befruchtungsschläuche, die, indem sie durch die Oogonienwand zu den Eizellen vordringen, die Übertragung des männlichen Spermas auf die Eizellen vermitteln. Die befruchtete Eizelle wird zur keimfähigen Oospore, indem sie sich mit einer derben Membran umhüllt. Das Vorkommen einer geschlechtlichen Fortpflanzung bei den Mykoniyzeten ist lange Zeit Gegenstand wissenschaftlichen Streites gewesen. Jetzt kann einmal als feststehend angesehen werden, daß in der kleinen Gruppe der Laboulbeniazeen ein Befruchtungsvorgang vorhanden ist, der sehr an die Sexualprozesse gewisser Florideen (s. Algen, S. 317) erinnert, das weibliche Geschlechtsorgan (Karpogon) besitzt ein Trichogyn als Empfängnisapparat, mit dem die in dem männlichen Geschlechtsorgan gebildeten, passiv beweglichen Spermatien verschmelzen. Infolge des Befruchtungsvorganges entsteht aus dem Karpogon ein Fruchtträger, der schlauchförmige Sporangien (Asken) einschließt. Ferner ist sicher nachgewiesen, daß bei zahlreichen andern Asken bildenden Mykomyzeten (Askomyzeten) die Entstehung der Fruchtkörper auf eine karpogonartige Anlage am Mycel zurückzuführen ist, aus der sich der die Asken erzeugende Zellkomplex (Askogon) entwickelt, und daß in einigen Fällen (z. B. bei Pyronema, Tafel IV, Fig. 6) der Ausbildung des Fruchtkörpers eine Befruchtung des Karpogons (c) durch einen Antheridienast (b) vorhergeht. Es ist danach wahrscheinlich, daß bei der großen Mehrzahl der Askomyzeten, bei denen ein solcher Befruchtungsvorgang nicht gefunden werden konnte, und denen meist selbst ein typisches Karpogon gänzlich mangelt, Zeugungsverlust (s. Apogamie) vorliegt. Bei der den Askomyzeten gegenüberstehenden Gruppe der Mykomyzeten ohne Sporangienbildung (Basidiomyzeten) ist bisher keine Andeutung einer geschlechtlichen Fortpflanzung sicher nachgewiesen worden.

Die verschiedenen Arten der Erzeugung von Fortpflanzungszellen kommen bei zahlreichen Pilzarten nebeneinander vor, außer Zygosporen, Oosporen oder den in den Asken gebildeten Askosporen kommen häufig verschiedene Formen von Konidien oder Sporen an besonders gestalteten Fruchtkörpern zur Ausbildung, oder es werden daneben noch Oidien und Chlamydosporen gebildet; man bezeichnet die Vielgestaltigkeit der Fortpflanzungsorgane bei einer Art als Pleomorphie. Bei einigen Pilzen wechseln verschiedene Arten der Fortpflanzungsorgane regelmäßig miteinander ab (Generationswechsel).

Da die P. kein Chlorophyll besitzen, so sind sie in ihrer Ernährung auf die Aufnahme organischer Substanzen angewiesen. Sie gewinnen diese als Fäulnisbewohner (Saprophyten) aus den Zerfallprodukten toter Organismen oder als Schmarotzer (Parasiten), die lebenden Pflanzen und Tieren gewisse Baustoffe entnehmen, indem sie ihr Mycelium im Innern des Wirtes entwickeln (Endophyten), oder epiphytisch, d.h., auf der Oberfläche des Wirtes angesiedelt, ihre Nahrung von ihm beziehen. Zur gedeihlichen Entwickelung der P. sind außer organischen Verbindungen einige anorganische Stoffe, namentlich Kalium, Calcium, Magnesium, Phosphor und Schwefel, von Wichtigkeit. Zur Nutzbarmachung des dargebotenen Nährmaterials scheiden die P. verschiedenartige Fermente (Enzyme) aus, vermittelst der gewisse Arten Zellulose, Holz, Eiweiß, Fett und selbst Chitin aufzulösen vermögen, auch die Gärtätigkeit der Hefe und andrer P. (s. Gärungspilze), die durch manche Schimmelpilze hervorgerufene Fäulnis und Zersetzungserscheinungen sind auf die Ausscheidung bestimmter Enzyme zurückzuführen. Als sonstige Ausscheidungsprodukte (Exkrete) kommen Harze, ätherische Öle, Farbstoffe, Zuckerarten, Wasser vor. In Form eines kristallisierten Kalksalzes scheiden manche P. Oxalsäure aus. Die Saprophyten sind meist bei der Aufnahme der organischen Nährmaterialien wenig wählerisch, als Stickstoffquelle können die verschiedensten Eiweißstoffe und Peptone, Harnstoff, Verbindungen des Ammoniaks mit organischen Säuren, wie Weinsäure, Milchsäure u.a., ferner Asparagin, Leucin u.a., dienen, als beste Kohlenstoffquelle sind die Zuckerarten zu nennen. Die Parasiten dagegen, von denen die meisten, in oder auf andern Gewächsen lebend, Pflanzenkrankheiten (s. d.) hervorrufen, sind oft außerordentlich wählerisch, indem sie, abgesehen von wenigen omnivoren Arten, nur in einem oder wenigen meist nahe verwandten Organismen die günstigen Entwickelungsbedingungen finden. Unter den auf mehreren Wirtspflanzen fortkommenden Schmarotzerpilzen haben sich häufig sogen. physiologische Rassen gebildet, deren Nachkommen immer wieder eine der möglichen Nährpflanzen bevorzugen. Von den mit Generationswechsel versehenen parasitischen Pilzen bewohnen einige im Lauf ihrer Entwickelung nacheinander verschiedene Pflanzen in regelmäßigem Wechsel (Wirtswechsel); so lebt z. B. die Frühjahrsform des Getreiderostes auf Berberitzenblättern, während die Konidienlager der Sommer- und Herbstform auf Gräsern gebildet werden (s. Tafel »Pflanzenkrankheiten I«, Fig. 11–15).

Mit den Wurzeln zahlreicher höherer Pflanzen treten gewisse P. in symbiotischen Verband (s. Symbiose und Mycorrhiza), auch in einigen Lebermoosen sind derartige Mykorrhizapilze angetroffen worden. Am merkwürdigsten erscheint die Vergesellschaftung der P. mit gewissen Algen im Vegetationskörper der Flechten (s. d.).

Einteilung der Pilze.

Die P. gruppieren sich in systematischer Beziehung in drei Reihen: Phykomyzeten, Askomyzeten, Basidiomyzeten.

1. Reihe: Phykomyzeten (Mykophyzeen, Algenpilze), besitzen gegenüber den andern beiden als Mykomyzeten zusammengefaßten Reihen ein Mycel aus zeitweilig oder dauernd ungegliederten Hyphen, ihre geschlechtliche Fortpflanzung beruht auf Zygo- oder Oosporenbildung, daneben finden sich ungeschlechtliche Sporen, die in manchen Fällen Schwärmsporen sind, und Konidien. Man unterscheidet:

1. Ordnung: Zygomyzeten mit Zygosporen. Hierher gehört die Familie der Mukorazeen, zu denen die weitverbreiteten Schimmelpilze der Gattung Mucor gehören, und die Familien der Entomophthorazeen, insektenbewohnende P., wie die Empusa (s. d.) der Stubenfliege u.a.

2. Ordnung: Oomyzeten mit Oosporen. Die Familie der Chytridiazeen umfaßt sehr einfache, oft gänzlich mycellose Formen, deren Sproß direkt zu einem oder zu einigen Sporangien wird (Tafel III, Fig. 2). Die Saprolegniazeen leben an toten Tieren, besonders Insekten im Wasser, treten aber wie Achlya (s. d.) gelegentlich auch als Schädlinge in Fischleichen auf. Die Familie der Peronosporazeen umfaßt in den Gattungen Cystopus (s. d.), Peronospora (s. d.) und Phytophthora (s. d.) eine Anzahl von Schmarotzern, unter denen Phytophthora infestans als Verursacher der Kartoffelkrankheit (s. d. und Tafel »Pflanzenkrankheiten I«, Fig. 7–10) der gefährlichste ist.

2. Reihe: Askomyzeten sind die Mykomyzeten mit Sporangienbildung, in ihrem Entwickelungsgang treten irgendwo endogene Sporen auf. Das Sporangium ist in den typischen Fällen ein länglicher Schlauch (Askus), der nur eine begrenzte Anzahl (meist acht) Sporen (Askosporen) enthält. Daneben treten verschiedene Konidienformen auf, besonders häufig werden eigne Konidienfrüchte, Pykniden (Tafel III, Fig. 8) mit Stylosporen, und Spermogonien mit Spermatien gebildet.

3. Ordnung: Hemiasci sind auf einer niedern Entwickelungsstufe stehende P., denen eine Hyphenbildung zum Teil ganz fehlt, indem das Wachstum in Form von Sprossung vor sich geht, wobei die als Ast aus der ersten Zelle hervorsprossende Tochterzelle alsbald isoliert und selbständig wird. Die Asci sind isolierte rundliche Zellen, deren Inhalt durch freie Zellbildung keimfähige Sporen in unbestimmter Anzahl erzeugt. Hierher gehört die Familie der Saccharomyzetazeen oder Hefepilze, deren Gattungen und Arten wegen des Vermögens, in zuckerhaltigen Flüssigkeiten Alkoholgärung hervorzurufen, von großer praktischer Wichtigkeit sind (s. Hefe).

4. Ordnung: Exoasci. Die mycelbildenden, wenn auch sehr einfach gebauten Formen haben keine Fruchtkörper, ihre Asci (Tafel III, Fig. 6), schlauchförmige Zellen mit acht bis vielen Sporen, stehen häufig zu vielen in einer geschlossenen Schicht (Hymenium, Fruchtlager) vereinigt auf der Oberfläche des Substrats nebeneinander. Die Ordnung enthält hauptsächlich parasitische Arten, unter denen die zur Familie der Exoaskazeen gehörige Gattung Taphrina (s. d.) als Verursacher von Beschädigungen an Kulturpflanzen Beachtung verdient.

5. Ordnung: Carpoasci, diejenigen Askomyzeten, die ihre Sporenschläuche, zu einem Hymenium vereinigt, in oder an besondern Fruchtkörpern zur Ausbildung bringen. Das Hymenium besteht dabei meistens nicht ausschließlich aus Sporenschläuchen, sondern es sind zwischen den Asci sterile Fäden (Saftfäden, Paraphysen, Tafel IV, Fig. 5 p) eingeschoben. Nach der Ausgestaltung der Fruchtkörper unterscheidet man drei Familiengruppen. Bei den Perisporiazeen ist das Hymenium in einen ringsgeschlossenen Behälter (Perithecium) eingeschlossen (Tafel III, Fig. 7 F). Die Pyrenomyzeten oder Kernpilze haben hohlkugelige oder flaschenförmige Perithecien (Kernfrüchte), die sich mit einer kanalartigen Mündung öffnen (Tafel IV, Fig. 3 A, die den Querschnitt eines Fruchtkörpers mit zahlreichen Perithecien darstellt). Die Diskomyzeten oder Scheibenpilze tragen das Hymenium oberflächlich auf einem meist schüssel- oder scheibenförmig ausgebreiteten Fruchtkörper (Apothecium, Tafel IV, Fig. 4). a) Perisporiazeen. Außer der Familie der Aspergillazeen, der einige kosmopolitische Schimmelpilze (s. Schimmel), wie Aspergillus (s. d. und Tafel III, Fig. 7) und Penicillium (Tafel IV, Fig. 2), angehören, sind die Erysibazeen zu erwähnen, die in der Gattung Erysiphe (s. d.) und andern zahlreiche Erzeuger der als Meltau bezeichneten Pflanzenkrankheiten umfaßt. Von manchen Erysibazeen ist nur die als Oidium bezeichnete Konidienfruktifikation bekannt. Durch die Konidienform (Oidium Tuckeri) der Uncinula spiralis (s. Tafel »Pflanzenkrankheiten I«, Fig. 16 u. 17) wird die Traubenkrankheit (s. d.) des Weinstocks verursacht. Zu den größten Perisporiazeen gehört die Hirschtrüffel (s. Elaphomyces) als Vertreter der Familie der Elaphomyzeten. b) Pyrenomyzeten. Die Pyrenomyzeten sind eine sehr große an pleomorphen Formen reiche Abteilung. Hierher gehört der Pilz des Mutterkorns Claviceps purpurea aus der Familie der Hypokreazeen. Er durchwuchert den Fruchtknoten des Roggens und erzeugt an demselben den Honigtau des Getreides, der einer früher als Sphacelia segetum (s. Tafel »Pflanzenkrankheiten I«, Fig. 19 u. 20) bezeichneten Konidienfruktifikation entspricht. Später entwickelt sich an Stelle der Frucht ein Sklerotium (dieselbe Tafel, Fig. 18), das im nächsten Frühjahr knopfnadelförmige Fruchtträger (Fig. 21) bildet, in deren Köpfchen zahlreiche Perithecien (Fig. 22) mit achtsporigen Schläuchen (Fig. 23) eingesenkt sind. Die Askosporen bewirken die Infektion junger Getreidepflanzen. Zu der gleichen Familie gehören auch die Gattung Cordyceps (s. d.) mit mehreren auf Insektenlarven lebenden Arten und Nectria, deren weitverbreitete Art Nectria cinnabarina als Wundparasit an Bäumen ganze Äste zum Absterben bringt. Größere Formen sind die Xylariazeen mit den Gattungen Xylaris und Hypoxylon, die ihre Fruchtträger (s. Tafel »Pilze III«, Fig. 3) auf alten Baumstümpfen und morschem, feuchtliegendem Holz entwickeln. c) Diskomyzeten. Die häufigen Arten der Gattung Peziza in der Familie der Pezizazeen haben fleischige oder wachsartige, schüsselförmige Apothecien (Tafel IV, Fig. 4 u. 5). Einige Diskomyzeten sind als gefährliche Parasiten von Kulturpflanzen berüchtigt, wie die Arten der zu den Helotiazeen gehörigen Gattungen Sclerotinia, die die Sklerotienkrankheiten (s. d.) von Raps, Rettich, Bohnen, Hanf, Klee u.a.m. bewirkt, und Dasyscypha (Peziza), die Ursache des Lärchenkrebses. Eßbare Schwämme enthält die Familie der Helvellazeen, mit hutförmigen Fruchtkörpern, deren Hymenium die faltig verbogene Oberseite des Hutes überkleidet, in den Gattungen Morchella (s. d. und Tafel I, Fig. 2) und Helvella (s. d. und Tafel I, Fig. 4). In neuerer Zeit rechnet man zu den Diskomyzeten auch die Familie der Eutuberazeen, deren knollenförmige unterirdische Fruchtkörper von Gängen durchsetzt sind, in denen keulenförmige, wenigsporige Asci zwischen vegetativen Hyphen eingebettet liegen (Tafel IV, Fig. 1). Mehrere Arten der Gattung Tuber sind unter dem Namen Trüffel (s. d. und Tafel »Pilze I«, Fig. 9) als Speiseschwämme hochgeschätzt.

3. Reihe: Basidiomyzeten. Die Sporangienbildung fehlt hier wie jede Andeutung einer geschlechtlichen Fortpflanzung. Vermehrung erfolgt ausschließlich durch exogene Sporen und Oidien, bei den höchstentwickelten Formen gewinnt der Fruchtträger die bestimmte Ausbildung eines keulenförmigen Schlauches (Basidie), der an seinem obern Ende zwei oder vier zarte Auswüchse (Sterigmen) treibt, an deren Spitze je eine Spore (Basidiospore) hervorsproßt. Nebenfruchtformen sind bei manchen Arten, besonders bei den niedern Formen der ersten Ordnungen, verbreitet.

6. Ordnung: Hemibasidii. Die Konidienträger, die sich direkt aus überwintern den Chlamydosporen entwickeln, haben die Bestimmtheit in Form und Konidienzahl, welche die Basidien der höhern Ordnungen auszeichnet, noch nicht erreicht; sie stellen einfache oder gegliederte Schläuche (Promycelium) dar, die seitlich oder am Scheitel eine unbestimmte Anzahl von Konidien erzeugen, aus deren Keimung ein neues Mycel hervorgeht. Hierher gehören Familien der Ustilaginazeen und Tilletiazeen, die in den Gattungen Ustilago, Tilletia und Urocystis die als Schmarotzer der Kulturpflanzen gefürchteten Brandpilze (s. d. und Tafel »Pflanzenkrankheiten I«, Fig. 1–6) umfassen.

7. Ordnung: Protobasidii. Die nach Gestalt und Sporenzahl bestimmten Basidien sind durch Zellwände quer oder längs geteilt. Die wichtigste Abteilung dieser Ordnung bilden die Rostpilze (s. d.; Uredineen, Äcidiomyzeten) mit den Familien der Metampsorazeen, Pucciniazeen und Coleosporiazeen. Als Beispiel für die Entwickelung der oftmals durch Pleomorphie, Generations- und Wirtswechsel ausgezeichneten Arten möge Puccinia graminis, der Getreiderost (s. Tafel »Pflanzenkrankheiten I«, Fig. 11–15), erwähnt sein. Dieser Pilz bildet im Frühjahr gelbe Blattflecke auf Berberis (Fig. 14 u. 15), auf denen zweierlei Fruchtkörper gebildet werden, nämlich die Äcidien (Fig. 14 p), becherförmige Behälter, in denen an kurzen Stielzellen Ketten von Sporen (Äcidiosporen) abgegliedert werden, und Spermogonien (Fig. 14 s), in denen viel kleinere Konidien (Spermatien) entstehen, deren weiteres Schicksal noch nicht genügend aufgeklärt ist. Die Äcidiosporen erzeugen, wenn sie auf Grasblättern oder Halmen zur Keimung kommen, den Rost, d.h. Pilzflecke (Fig. 11), auf denen ein die Epidermis der Nährpflanze durchbrechendes Lager von Sporenträgern entsteht, die je eine einzelne gelbrote Spore (Uredospore, Sommerspore, Fig. 12 b) bilden. Diese Uredosporen können direkt keimend an andern Stellen derselben Pflanze oder an andern Pflanzen der gleichen Art neue Uredosporenlager hervorbringen. Gegen Ende des Sommers entsteht in den Pilzlagern auf den Grasblättern eine andre Sporenform, die Teleutosporen (Wintersporen, Fig. 123). Dieselben sind zweizellige, dickwandige und dunkelbraune Chlamydosporen, aus denen im nächsten Frühling durch Keimung eine quergeteilte Basidie hervorgeht (Fig. 13), die aus jeder Zelle ein Sterigma mit einer Basidiospore (Sporidie) treibt. Durch die Sporidien werden die Blätter von Berberis aufs neue infiziert. Weitere Gruppen bilden die Aurikularieen mit frei am Mycel entspringenden, quergeteilten Basidien und die Tremellineen (Gallertpilze) mit längsgeteilten Basidien.

Die beiden folgenden Ordnungen 8 und 9 werden gegenüber den Hemibasidiern und Protobasidiern wohl auch als Autobasidier zusammengefaßt, weil sie übereinstimmend typische ungeteilte Basidien und bestimmte Sporenzahl besitzen.

10. Ordnung: Hymenomyzeten (Hautpilze). Die Basidien sind zu einem Hymenium vereinigt, das die freie Oberfläche eines bestimmten Teiles (Hymenophor) verschiedengestalteter Fruchtkörper überkleidet. Meist sind die Basidien des Hymeniums mit Saftfäden (Paraphysen) untermischt (Tafel IV, Fig. 8 p), bisweilen treten die Endzellen der Hyphen, deren Verzweigungen die Basidien tragen, als größere Saftzellen (Cystiden, s. Fig. 8 c) hervor. Die wichtigsten Familien sind: Dacryomycetazeen mit gallertigem, verschieden gestaltetem Fruchtkörper und langarmigen Basidien, die in der Form an die der Tremellineen erinnern (Tafel II, Fig. 10); Thelephorazeen mit häutigem oder lederartigem, flachem oder trichter-, muschel- oder hutförmigem Fruchtkörper mit glattem oder runzeligem Hymenophor; Clavariazeen mit fleischigen oder zähen, keulenförmigen oder korallenartig verzweigten Fruchtkörpern, die ringsum auf ihrer Oberfläche das Hymenium tragen (Tafel I, Fig. 3); Hydnazeen (Stachelschwämme) mit fleischigen oder lederartigen Fruchtkörpern, deren Hymenophor aus frei vorspringenden Stacheln oder Zähnen besteht (Tafel I, Fig. 10); Polyporazeen (Löcherschwämme) mit huf- oder hutförmigen, seltener häutigen Fruchtkörpern, an denen das Hymenium die innere Höhlung eines aus Gruben oder Röhren bestehenden Hymenophors auskleidet (Tafel I, Fig. 6, 7 u. 8, und Tafel II, Fig. 7, 8 u. 9); Agarikazeen (Blätterschwämme) mit fleischigem, meist hutförmigem Fruchtträger, dessen Hymenophor von strahlig angeordneten Leisten oder Lamellen gebildet wird (Tafel I, Fig. 1, 5, 11–13, und Tafel II, Fig. 1–3, 5, 6, 11 u. 12). Einige Hymenomyzeten werden als Schmarotzer an Forstbäumen gefürchtet, andre schädigen durch Zerstörung des Bauholzes in Wohnungen (s. Hausschwamm). Zahlreiche Arten sind genießbar (Tafel I), andre dagegen mehr oder minder giftig (Tafel II). Man vergleiche dazu die Artikel: »Clavaria, Sparassis, Hydnum, Polyporus, Fistulina, Boletus, Cautharellus, Russula, Lactarius, Marasmius, Agaricus, Hygrophorus«.

11. Ordnung: Gastromyzeten (Bauchpilze). Der Fruchtkörper bleibt bis zur Sporenausstreuung von einer äußern Haut (Peridie, peridium) eingeschlossen (Tafel IV, Fig. 10), der die Sporen einschließende Teil des Gewebes wird hier als Gleba bezeichnet. Die Familie der Hymenogastrazeen hat knollige, trüffelähnliche, bis zur Reise fleischigbleibende Fruchtkörper. Bei den Lykoperdazeen schließt der anfangs fleischige, später erhärtende, kugel- oder birnförmige, mit doppelter Peridie versehene Fruchtkörper eine gekammerte Gleba ein, die, bei der Reise zerfallend, einen Hohlraum entstehen läßt, der mit einem Haarfilz aus sterilen Hyphen (Capillitium, Tafel IV, Fig. 10 B) und mit zahlreichen, nach der Öffnung der Peridie verstäubenden Basidiosporen erfüllt ist. Die Sklerodermatazeen, zu denen das giftige Scleroderma (s. d.) vulgare (Tafel II, Fig. 4) gehört, haben eine sehr dicke, einfache Peridie, die eine feste Gleba mit gleichmäßig verteilten oder gruppenbildenden Basidien einschließt. Bei den Nidulariazeen öffnet sich die lederartige Peridie becherförmig und läßt zahlreiche linsenförmige Peridiolen (Sporangiolen) erkennen, die aus den sich voneinander isolierenden Glebakammern hervorgegangen sind. Bei den Clathrazeen streckt sich aus der zerreißenden Peridie ein gitterig, lappig oder unregelmäßig verzweigtes, oft auffällig gefärbtes Rezeptakulum hervor, dessen Äste an ihrer Innenseite die sporenführende, schleimig zerfließende Gleba tragen (s. Pilzblumen). Die Phallazeen endlich haben ein hohlröhriges unverzweigtes Rezeptakulum, das die tropfende Gleba an der Außenseite eines glockenförmigen Hutes trägt (s. Phallus und Pilzblumen).

Die P. sind über die ganze Erde verbreitet, die meisten bisher beschriebenen Arten gehören der gemäßigten Zone an; doch dürfte ihre Zahl in den warmen und heißen Ländern noch größer sein. Auch gehen viele P. weit gegen die Pole hin, und erst in größerer Nähe derselben verschwinden sie; viel rascher ist ihre Abnahme in den höhern Gebirgsregionen der gemäßigten Zone. Die Gesamtzahl der jetzt lebenden Arten wird auf etwa 20,000 berechnet. Ihre Spuren finden sich schon in der Steinkohlenperiode, besonders aber in der Tertiärzeit. In fossilen Hölzern kommen ebensolche Pilzhyphen vor wie gegenwärtig im faulenden Holz. Auch hat man auf fossilen Blättern kleine härtere Pyrenomyzeten und Diskomyzeten und im Bernstein eingeschlossen schimmelartige und andre P. auf toten Insekten beobachtet. Daß auch größere Schwämme in den Urwäldern der Tertiärzeit nicht gefehlt haben, beweisen einige Überreste solcher (Trematosphaeria lignitum Heer. in der Schweiz, Polyporus foliatus Ludw. in der Wettiner Braunkohle) sowie zahlreiche fossile Pilzmücken und Pilzkäfer.

Nutzen haben vorzüglich die vielen eßbaren Schwämme, besonders in Gebirgsgegenden. Schon im Altertum standen die eßbaren Schwämme in hohem Ansehen; die geschätztesten waren den Römern die Trüffel (Tuber) und der Kaiserschwamm (Agaricus caesareus). Bei uns gibt es ungefähr 40 Arten anerkannt guter Speiseschwämme, und zwar in den Gattungen : Agaricus, Lactarius, Cantharellus, Hydnum, Boletus, Polyporus. Fistulina, Clavaria, Sparassis, Lycoperdon, Bovista, Morchella, Helvella, Tuber (s. Tafel »Pilze I«). Man sammelt die eßbaren Schwämme im Frühling, Spätsommer und Herbst besonders auf mit Nadelholz bestandenem, mit niedrigem Moos überzogenem, sandigem Boden, auch in Gärten, auf Wiesen und Grasplätzen. Weil die Schwämme leicht verderben, so müssen sie bald nach dem Einsammeln zubereitet werden, doch kann man manche auch roh verzehren. In der Regel werden die P. wie Gemüse genossen, einige aber werden vorwiegend als Zusatz bei andern Speisen verwendet, besonders Trüffeln, Champignon, Musseron, auch Morcheln. Viele Arten werden getrocknet oder eingemacht. Eßbare P. zu kultivieren, gelingt mit Sicherheit nur mit einer geringen Zahl von Pilzen, wie dem Champignon, Polyporus tuberaster, dem Musseron (Agaricus prunulus), dem Pappelschwamm (A. attenuatus), dem Stockschwamm (A. mutabilis) u.a. Sehr verbreitet ist die Pilzkultur bei den Japanern, die z. B. von dem Schn-Take (Collybia Schn-Take Sieb.) jährlich ca. 200,000 kg ins Ausland ausführen. Am großartigsten wird die Champignonzucht in Frankreich und Belgien betrieben; auch für die Verbreitung und reichliche Entwickelung guter Trüffelsorten (s. Trüffel) wird in Frankreich Großartiges geleistet. Der Nahrungswert der P. ist nicht größer als der der Gemüse (vgl. die Beilage zum Artikel »Nahrungsmittel«, S. 11). Arzneilich werden für den innern Gebrauch das Mutterkorn und Polyporus officinalis, äußerlich als blutstillendes Mittel die Zunder liefernden Feuerschwämme (s. Polyporus) angewandt, die Hefepilze, die alkoholische Gärung hervorrufen, sind für die Herstellung von Wein, Bier, Spiritus, Met, Kumys, Gebäck von größter Bedeutung. Auch die Essigfabrikation sowie die Erzeugung von Reiswein (Sake), Bohnenkäse (Tofu) und Soja in Japan beruht auf der Tätigkeit von Pilzen.

Schädlich sind unter den Pilzen besonders die zahlreichen Parasiten, die an Pflanzen, Tieren und Menschen Krankheiten hervorbringen, die Schimmelpilze und der Hausschwamm. Viele den eßbaren Schwämmen mehr oder minder ähnliche und zu denselben Gattungen gehörige P. (s. Tafel »Pilze II«) sind giftig und haben schon oft zu Verwechselungen und Unglücksfällen Veranlassung gegeben (vgl. Pilzvergiftung). In den meisten Kulturländern haben die Marktbeamten den Verkauf der Schwämme zu kontrollieren, auch werden oft bestimmte Plätze zum Pilzverkauf angewiesen, und es dürfen nur frische, unzerstückelte P. auf den Markt gebracht werden. Die angeblichen Erkennungszeichen giftiger P.: die lebhafte Farbe und die klebrige Oberfläche, der weiße oder farbige Milchsaft mancher Arten, die blaue Färbung beim Zerschneiden, das Bräunen eines in kochende P. getauchten silbernen Löffels, das Schwärzen einer mitgekochten Zwiebel, das Gelbwerden von Salz etc., haben sich als trügerisch erwiesen. Das sicherste Schutzmittel ist immer, sich die Merkmale der wenigen entschieden giftigen Schwämme einzuprägen. In Deutschland kommen hauptsächlich zwölf Arten in Betracht, und von diesen sind der dem Kaiserschwamm ähnliche Fliegenpilz (Agaricus muscarius), der oft mit dem Champignon verwechselte Knollenblätterschwamm (Agaricus phalloides), der von eßbaren Täublingarten schwer unterscheidbare Speiteufel (Russula emetica), einige Boletus-Arten die häufigsten und daher gefährlichsten; auf sie lassen sich weitaus die meisten Fälle von Pilzvergiftung mit tödlichem Ausgang zurückführen. Die Lorchel kann bei unrichtiger Behandlung Vergiftungen herbeiführen. Die mit Hautfetzen auf dem Hut, unten verdicktem Stiel und einem Ring versehenen Blätterpilze (Amanita), zu denen der Fliegenschwamm und der Knollenblätterschwamm gehört, werden am besten ganz vom Markt ausgeschlossen. Der Knollenblätterpilz unterscheidet sich durch sein weißes Sporenpulver, weiße Plättchen und seinen Geruch nach rohen Kartoffeln sicher von dem Champignon, der dunkelgefärbte (purpurbraune) Sporen, rosarote Plättchen und einen angenehmen, obstartigen Geruch hat. Verwechselung mit giftigen Arten kommt auch bei dem Pfifferling (s. Cantharellus) und den Reizkerarten (Lactarius) vor. Manche Giftschwämme, wie der Fliegenpilz, sind auch in gekochtem Zustande giftig, während bei der Lorchel der giftige Bestandteil durch Kochen entfernt wird und mit der Brühe fortzugießen ist. Auch zeigen die Giftpilze in verschiedenen Gegenden bisweilen abweichende Eigenschaften: so wird z. B, der Fliegenpilz von den Kamtschadalen ohne Schaden in rohem Zustand gegessen und zu einem stark berauschenden Getränk verwendet, während umgekehrt bei uns geschätzte Speisepilze, wie die Champignons, z. B. in Italien als verdächtig gelten.

[Literatur.] Vgl. außer den Schriften von E. M. Fries (s. d. 2): Krombholz, Abbildungen und Beschreibungen der schädlichen, eßbaren und verdächtigen Schwämme (Prag 1831–47,10 Hefte); Rabenhorst, Deutschlands Kryptogamenflora, Bd. 1 (2. Aufl., bearbeitet von G. Winter, Leipz. 1884 ff.); L. R. und C. Tulasne, Selecta fungorum carpologia (Par. 1861–65, 3 Bde.); L. R. Tulasne, Fungi hypogaei (das. 1851); Hesse, Die Hypogäen Deutschlands (Halle 1890–94); De Bary, Vergleichende Morphologie und Biologie der P., Mycetozoen und Bakterien (Leipz. 1884); Cooke u.a., An introduction to the study of microscopic fungi (5. Aufl., Lond. 1886) und Illustrations of British Fungi (Hymenomycetes, das. 1881–90, 8 Bde.); Fuckel, Symbolae mycologicae (mit 3 Nachträgen, Wiesb. 1869–73); H. Hoffmann, Index fungorum (Leipz. 1863) und Icones analyticae fungorum (Gießen 1861–65); Saccardo, Sylloge fungorum omnium hucusque cognitorum (Padua 1882–1906, mit Appendix, Index etc., 18 Bde.); v. Tavel, Vergleichende Morphologie der P. (Jena 1892); Berlese, Icones fungorum omnium hucusque cognitorum (Padua 1891–1905, 3 Bde.); De Bary und Woronin, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der P. (Frankf. a. M. 1864–81,5 Hefte); Brefeld, Botanische Untersuchungen aus dem Gesamtgebiet der Mykologie (Leipz. u. Münster 1872–1905, 13 Hefte). Über Biologie der P.: Zopf, Die P. (Bresl. 1890) und Beiträge zur Morphologie und Physiologie niederer Organismen (Heft 1–5, Leipz. 1892–95); Ludwig, Lehrbuch der niedern Kryptogamen (Stuttg. 1892); »Annales mycologici« (hrsg. von Sydow, Berl., seit 1903). Populäre Schriften: Hahn, Der Pilzsammler (3. Aufl., Gera 1903); Michael, Führer für Pilzfreunde (Zwickau 1901–1905, Bd. 1–9); Sydow, Taschenbuch der wichtigern eßbaren und giftigen P. (Heidelb. 1905); Held, Den Obstbau schädigende P. (Frankf. a. O. 1902). Über eßbare P. vgl. Lorinser, Die wichtigsten eßbaren, verdächtigen und giftigen Schwämme (4. Aufl., Wien 1889); Röll, Unsre eßbaren P. (6. Aufl., Tübing. 1902); Leuba, Die eßbaren Schwämme und die giftigen Arten etc. (Basel 1888–91); Ahles, Allgemein verbreitete eßbare und schädliche P. (u. Aufl., Eßlingen 1896); Kath, Pilzbuch (Langensalza 1906). Für die Zubereitung von Pilzen: Siebert, P. und Pilzgerichte (Leipz. 1904); Müller-Lubitz, Die Pilzküche (das. 1905); Duval, Pilze, 100 erprobte Zubereitungen (Berl. 1905). Plastische Nachbildungen von Pilzen gibt es von Büchner u.a. (Hildburghausen) und Arnoldi (Gotha). Pilzsammlungen: Herpell, Sammlung präparierter Hutpilze (Lieferung 1–6, St. Goar 1880–82); Sydow, Mycotheca Marchica, Centur. 1–43, Uredineen, Heft 1–18 (Berl. 1889–94) und Mycotheca germanica (das., seit 1903); Krieger, Fungi saxonici exsiccati (Königstein 1885–91).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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