Eugēn [2]

Eugēn [2]

Eugēn. Fürstliche Personen: 1) Franz E., Prinz von Savoyen, der berühmte »Prinz Eugen«, der jüngste der fünf Söhne des Prinzen Eugen Moritz von Savoyen-Carignan, Grafen von Soissons, und der Olympia Mancini, einer Nichte Mazarins, geb. 18. Okt. 1663 in Paris, gest. 21. April 1736 in Wien. Da sein Wunsch, sich dem Kriegsdienst zu widmen, von Ludwig XIV., der ihn für den geistlichen Stand bestimmt hatte, und vom Kriegsminister Louvois schroff zurückgewiesen wurde, ging er 1683 nach Österreich, wo er am Kaiserhofe zuvorkommendste Aufnahme fand. Schon 7. Juli stand er in einem Reitergefecht bei Petronell zum erstenmal im Feuer und kämpfte dann 12. Sept. unter dem Oberbefehl Karls von Lothringen in der Schlacht, durch die Wien von den Türken befreit wurde; danach erhielt er als Oberst das Dragonerregiment Kuefstein. In den folgenden Jahren machte er alle die Feldzüge gegen die Türken mit, insbes. den Sturm auf Ofen 3. Ang. 1686, den siegreichen Kampf bei Mohácz 12. Aug. 1687, worauf er mit der Überbringung der Siegesbotschaft nach Wien betraut wurde; ebenso hatte er Anteil an der Eroberung Belgrads 1688, wurde aber dabei schwer verwundet. 1689 kämpfte er am Rhein gegen die Franzosen, bewog 1690 den Herzog Viktor Amadeus von Savoyen zum Anschluß an die Allianz gegen Frankreich und befehligte das jenem zu Hilfe eilende österreichische Heer, konnte aber wegen verspäteten Eintreffens seiner Truppen den unglücklichen Ausgang des Treffens von Staffarda (18. Aug. 1690) nicht mehr abwenden. 1692 gelang es ihm, nach Südfrankreich vorzudringen und einige Städte einzunehmen; 1693 nach Italien zurückgekehrt, wurde er zum Feldmarschall ernannt. Erst 1696, als Savoyen offen zu Frankreich übertrat, zog er sich in das Mailändische zurück. Gegen die Türken war inzwischen unglücklich gefochten worden, so daß sich Kaiser Leopold auf den Rat Rüdigers von Starhemberg entschloß, E. den Oberbefehl in Ungarn zu übergeben. Vom Heer, das gegen die Türken im Felde stand, mit Jubel begrüßt, behauptete E. trotz aller Schwierigkeiten Peterwardein, drang, als die Türken sich über die Theiß zurückzogen, ihnen nach und erfocht den großen Sieg bei Zenta (11. Sept. 1697). Dieser Sieg brach die türkische Macht in Ungarn und führte zum Frieden von Karlowitz (26. Jan. 1699), der recht eigentlich als Eugens Werk anzusehen ist. Er begab sich sodann auf seine Güter in Ungarn, die ihm der Kaiser geschenkt hatte, bis ihn der Ausbruch des Spanischen Erbfolgekriegs zu neuer Tätigkeit rief. E. zog 1701 mit 29,000 Mann durch Tirol über die Alpen, umging auf Wegen, die erst gebahnt werden mußten, den an den Etschklausen auflauernden Catinat, besetzte das Vicentinische, gewann durch das Treffen bei Carpi das Land zwischen Mincio und Etsch, schlug (1. Sept.) bei Chiari Villeroi, nahm ihn selbst in Cremona (1. Febr. 1702) gefangen, konnte aber die Stadt nicht behaupten. Die Schlacht bei Luzzara (15. Aug. 1702) gegen den Marschall Vendôme führte zu keiner Entscheidung, und E. konnte die Offensive wegen schlechter Unterstützung von seiten der Wiener Regierung nicht wieder aufnehmen.

E. ging daher selbst nach Wien, wurde zum Präsidenten des Hofkriegsrats ernannt und bereitete, soweit es die erschöpften Geldmittel zuließen, einen neuen Feldzug für den Frühling vor. Zuerst mußte er aber den gefährlichen Aufstand der Ungarn unter Franz Rákóczi niederwerfen, wobei er eine außerordentliche Tatkraft und Umsicht entwickelte. Bevor aber noch hier endgültig Ruhe hergestellt war, zwang ihn der Anschluß des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern an Frankreich im Mai 1704 auf den Kriegsschauplatz in Deutschland zu eilen, wohin auch auf seine Veranlassung der englische Feldherr, Herzog von Marlborough, aus Belgien gekommen war. Am 13. Aug. 1704 erfochten E. und Marlborough bei Höchstädt (Blenheim) über Maximilian von Bayern und den französischen Marschall Tallard, dessen Übergang über den Rhein zu verhindern E. vorher vergebens versucht hatte, einen entscheidenden Sieg, trieben die Franzosen samt dem Kurfürsten über den Rhein und besetzten ganz Bayern. Hierauf wandte sich E. nach Italien, wo inzwischen die Lage der Österreicher und des Herzogs von Savoyen, der sich wieder dem Kaiser angeschlossen hatte, eine verzweifelte geworden war. Anfangs mit geringen Erfolgen kämpfend, gewann er schließlich 7. Sept. 1706 den glorreichen Sieg bei Turin und zwang, zum Statthalter von Mailand ernannt, durch die Generalkapitulation vom 13. März 1707 Ludwig XIV. die italienische Halbinsel bis auf Neapel aufzugeben. Der Eindruck dieser Erfolge war außerordentlich. E. wurde zum kaiserlichen Generalleutnant (Generalissimus) ernannt, die Regensburger Reichsversammlung übertrug ihm die Würde eines katholischen Reichsfeldmarschalls, Peter d. Gr. schlug in Wien vor, E. auf den polnischen Königsthron zu erheben. Doch E. selbst lehnte ab und wandte sich von neuem dem Kriege gegen Frankreich zu. Der auf Englands Rat unternommene Marsch gegen Toulon im Sommer 1707 mißglückte, und E. begab sich, nachdem ein Plan, ihn nach Spanien zur Unterstützung des Kronprätendenten, Erzherzogs Karl, zu senden, wieder fallen gelassen worden, 1708 nach den Niederlanden und gewann gemeinsam mit Marlborough 11. Juli 1708 über die Franzosen die Schlacht von Oudenaarde und, da Ludwig die harten Bedingungen der Sieger nicht annahm, im weitern Kampfe 11. Sept. 1709 auch die Schlacht bei Malplaquet. E. begab sich hierauf nach Berlin, um die Abberufung der Preußen aus Italien zu verhindern. Dem Kaiser riet er, die französischen Friedensanerbietungen anzunehmen, da sich nun Gelegenheit darbiete, Straßburg und Elsaß wiederzugewinnen. Aber sein Rat ward nicht gehört. 1710 war er in den Niederlanden tätig und wandte sich 1711 wieder an den Mittel- und Oberrhein, um die Reichskreise und die in Frankfurt a. M. versammelten Wähler des Reiches vor dem Feinde zu schützen. Er widerriet dem Kaiser Karl VI. die Beschickung des Utrechter Kongresses und eilte selbst nach London, um die Allianz zwischen Österreich und England womöglich noch aufrecht zu erhalten. Trotz glänzendster Aufnahme erreichte er den Zweck seiner Reise nicht, vielmehr wurden seine Operationen durch die zweideutige Haltung der Engländer nach Abberufung Marlboroughs gelähmt. Am 11. April 1713 wurde zu Utrecht der Friede zwischen Frankreich einer-, England, Holland, Savoyen, Portugal und Preußen anderseits geschlossen, dem nach Jahresfrist, während welcher der Krieg nur matt fortgeführt wurde, 7. März 1714 die Friedensschlüsse zu Rastatt für den Kaiser und 7. Sept. d. J. zu Baden in der Schweiz für das Reich folgten. Der Kaiser ernannte E. zum Statthalter in den nun österreichischen Niederlanden. Als bald darauf (1715) die Pforte den Karlowitzer Frieden brach, führte E. (1716) 64,000 Mann gegen den türkischen Großwesir Ali, der mit 150,000 Mann gegen Peterwardein heranrückte. Die Schlacht (5. Aug 1716) endete mit der vollständigen Niederlage der Türken; die Beute der Sieger war unermeßlich. Vom Papst erhielt der Sieger von Peterwardein den geweihten Hut und Degen. Im Juni 1717 begann E. die Belagerung des von 30,000 Türken besetzt gehaltenen Belgrad und schlug (16. Aug.) das weit überlegene türkische Entsatzheer, worauf Belgrad sich ergab; das Lied »Prinz Eugen, der edle Ritter« feiert diesen Sieg. Am 21. Juli 1718 wurde der Passarowitzer Friede auf 25jährigen Waffenstillstand unterzeichnet, wodurch Belgrad, der größte Teil von Serbien, ein Teil Bosniens und die Kleine Walachei bis an die Aluta an Österreich kamen. Nach Wien zurückgekehrt, entging E. nur mit Mühe einem geheimen Komplott, das einige hohe Adlige im Bunde mit zwei Abenteurern (Tedeschi und Nimptsch) und unterstützt hauptsächlich von Eugens Verwandten, König Viktor Amadeus, anstifteten, um ihn bei Kaiser Karl VI. als Verräter zu verleumden und zu stürzen; nach diesem Zwischenfall stieg er aber zu ganz außerordentlichem Einfluß am Hofe.

Bis 1724 Generalstatthalter der Niederlande, lief; er sich zwar dort durch den Marquis de Prié vertreten, sorgte aber für gerechte Verwaltung, förderte das Emporkommen der Ostindischen Kompanie sowie jede andre gesunde Bestrebung, wehrte dagegen entschieden abenteuerlichen Plänen, wie etwa jenen des Schotten Law, die besonders das benachbarte Frankreich damals in Taumel versetzten. In den folgenden Jahren widmete sich E. teils den Geschäften, die ihm als Hofkriegsratspräsidenten oblagen, teils der Beschäftigung mit Künsten und Wissenschaften, für die er lebhaftes aufgeklärtes Interesse besaß. Er sammelte in Wien die erste Prachtbibliothek, die heute einen Bestandteil der Wiener Hofbibliothek bildet, unterhielt mit Leibniz einen regen Briefwechsel und war ein Gönner Rousseaus. Von seinem Kunstsinn zeugen sein Schloß Belvedere und das Palais in der Himmelpfortgasse zu Wien sowie die großen Kunstschätze, die er daselbst sammelte. Noch einmal, im Alter von 71 Jahren, rief ihn aus der Ruhe seines Wiener Lebens der polnische Thronfolgekrieg (1734) ins Feld. E. übernahm das Kommando über die Rheinarmee, trat es aber bald an den Herzog Alexander von Württemberg ab. Trotzdem er zeitlebens schwächlich und zart war (man schildert ihn von kaum mittlerer Größe, mit länglichem, stark gebräuntem Gesicht, aufgestülpter Nase, aber ausdrucksvollen schwarzen Augen), erreichte er ein Alter von 73 Jahren. E. wurde bei St. Stephan beigesetzt. Ein Denkmal (von Fernkorn) wurde ihm 1865 zu Wien errichtet; ein andres (von Simonelli) steht in Turin. Die angeblich von E. verfaßten politischen Schriften, herausgegeben von Sartori (Tübingen 1812, 7 Tle.), sind eine Fälschung (vgl. darüber Böhm, Die Sammlung der hinterlassenen politischen Schriften des Prinzen E., Freiburg 1900). Die »Militärische Korrespondenz des Prinzen E.« wurde von Heller herausgegeben (Wien 1848, 2 Bde.). Vgl. Kausler, Das Leben des Prinzen E. von Savoyen (Freiburg 1838–39, 2 Bde.); Arneth, Prinz E. von Savoyen (Wien 1858–59, 3 Bde.); Sybel, Prinz E. von Savoyen (Münch. 1861); Carutti, Il cavaliere di Savoja e la gioventù del principe Eugenio (»Archivio storico ital.«, Bd. 17); A. Schulte, Die Jugend des Prinzen E. (in den »Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung«, Bd. 13); Malleson, Prince Eugene of Savoy (Lond. 1888); »Die Feldzüge des Prinzen E. von Savoyen, nach den Feldakten herausgegeben von der kriegsgeschichtlichen Abteilung des k. k. Generalstabs« (Wien 1877–93, 20 Bde. und Registerband); Keym, Prinz E. von Savoyen (3. Aufl., Freib. i. Br. 1899).

2) E. Friedrich Heinrich, dritter Sohn des Herzogs Friedrich Eugen von Württemberg, geb. 1758, gest. 20. Juni 1822 in Meiningen, trat früh in preußische Dienste, führte als General der Kavallerie 1806 die Reservearmee, ward 17. Okt. d. J. bei Halle von Bernadotte geschlagen und nahm nach dem Frieden den Abschied.

3) E. Friedrich Karl Paul Ludwig, Herzog von Württemberg, Sohn des vorigen, geb. 8. Jan. 1788 in Öls, gest. 16. Sept. 1857 in Karlsruhe (Schlesien), trat früh in russische Kriegsdienste, wurde von Kaiser Paul, der ihn zum Generalmajor ernannte, auffallend bevorzugt, nahm an den Feldzügen von 1806–1807 in Ostpreußen und 1810 in der Türkei teil, kommandierte 1812 die 4. Division des 2. Korps (Karl F. Baggowutt) der Westarmee, wurde auf dem Schlachtfeld von Smolensk (17. Aug. 1812) Generalleutnant und erhielt nach Baggowutts Tod bei Tarutino (18. Okt.) den Befehl über dessen Korps. In den Befreiungskriegen zeichnete er sich bei Lützen und Bautzen aus, blockierte den Königstein, hielt bei Kulm (29. Aug. 1813) der überlegenen Macht Vandammes stand (denn E. gebührt mehr Verdienst als Jermolow und Ostermann-Tolstoi), kommandierte bei Leipzig 16. Ott. die zweite Angriffskolonne und hatte an den Siegen bei Bar-sur-Aube und Arcis-sur-Aube sowie vor Paris bedeutenden Anteil. Trotz seines überlegenen Feldherrntalents erhielt er infolge mannigfacher Ränke kein selbständiges Kommando. In dem Feldzuge gegen die Türken (1828) befehligte er unter Diebitsch das 7. Armeekorps vor Schumla und Silistria, nahm aber nach dem Frieden von Adrianopel seinen Abschied und lebte meist (1839 kurzer Aufenthalt in Rußland) auf der Herrschaft Karlsruhe in Schlesien. E. verfaßte außer den »Erinnerungen aus dem Feldzug des Jahres 1812 in Rußland« (Bresl. 1846) auch Memoiren, die, nach seinem Tode vom General v. Hobe (Frankf. a. O. 1862) herausgegeben, wichtiges Material über die Jahre 1807–14 wie über die innern Verhältnisse des russischen Heeres und Hofes enthalten. Die »Nachgelassene Korrespondenz zwischen dem Herzog E. von Württemberg und dem Chef seines Stabes, Hofmann, 1813–1814« gab Hofmann-Chappuis heraus (Kannst. 1883). Vgl. v. Helldorf, Aus dem Leben des Prinzen E. von Württemberg (Berl. 1861–62, 4 Bde.); Graf Kielmansegg, Herzog E. von Württemberg und der Feldzug 1813 (im 5. Beiheft zum »Militär-Wochenblatt« 1902); Schiemann, Die Ermordung Pauls und die Thronbesteigung Nikolaus' I. (Berl. 1902). – Eugens einziger Sohn aus erster Ehe mit Prinzessin Mathilde von Waldeck (gest. 1825) war Herzog Eugen Wilhelm Alexan der Erdmann, geb. 25. Dez. 1820, erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses, preußischer General der Kavallerie, gest. 8. Jan. 1875 zu Karlsruhe in Oberschlesien; dessen Sohn, Herzog Eugen Wilhelm August Georg, geb. 20. Aug. 1846, württembergischer Major, vermählt 1874 mit den Großfürstin Wjera von Rußland, Tochter des Großfürsten Konstantin, starb 27. Jan. 1877. Der älteste von Eugens Söhnen zweiter Ehe mit Prinzessin Helene von Hohenlohe-Langenburg war Herzog Wilhelm Nikolaus von Württemberg (gest. 6. Nov. 1896), der zweite Herzog Nikolaus von Württemberg (geb. 1. März 1833, gest. 22. Febr. 1903).


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