Werner

Werner

Werner, 1) Abraham Gottlob, Mineralog und Geolog, geb. 25. Sept. 1750 zu Wehrau in der Oberlausitz, gest. 30. Juni 1817 in Dresden, studierte seit 1769 in Freiberg, seit 1771 in Leipzig Rechts-, dann die Naturwissenschaften und ward 1775 Inspektor und Lehrer der Mineralogie und Bergbaukunde in Freiberg. Hier trennte er zuerst die Vorträge über Bergbaukunst von denen über Mineralogie; auch schied er die Mineralogie von der Geognosie, welche von ihm begründete Wissenschaft er 1785 zum erstenmal vortrug. Auch die Eisenhüttenkunde erhob er zum Range einer Wissenschaft. Sein mineralogisches System ist zwar einer wissenschaftlichern Behandlung gewichen, seine Kennzeichenlehre und seine Mineralbeschreibungen bleiben aber für alle Zeiten klassisch. W. gründete seine Geognosie auf Beobachtungen und erhob sie zur Erfahrungswissenschaft. Nach seiner Ansicht ist der Ozean der Quell aller Bildungen der Erde und noch jetzt der Grund zu jeder neuen Gestaltung im Mineralreich im Wasser enthalten (»Neptunismus«). W. schrieb: »Über die äußern Kennzeichen der Fossilien« (Leipz. 1764); »Kurze Klassifikation und Beschreibung der Gebirgsarten« (Dresd. 1787); »Neue Theorie über die Entstehung der Gänge« (Freiberg 1791); »Verzeichnis des Mineralienkabinetts des Berghauptmanns Pabst v. Ohain« (das. 1791–1792, 2 Bde.). Sein Leben beschrieben Frisch (Leipz. 1825) und Configliachi (Padua 1827). 1850 wurde ihm in Freiberg eine von Rietschel modellierte Büste errichtet. Vgl. Hasse, Denkschrift zur Erinnerung an W. (Leipz. 1848).

2) Zacharias, Dichter, geb. 18. Nov. 1768 zu Königsberg i. Pr., gest. 17. Jan. 1823 in Wien, studierte seit 1784 in seiner Vaterstadt die Rechte und Kameralwissenschaften, nebenbei auch die Kollegien Kants besuchend. Schon damals trat sein ungemein starker Hang zur Sinnlichkeit hervor. Seine ersten »Vermischten Gedichte« (Königsb. 1789) sind unbedeutend und lassen auch Werners spätere dichterische Richtung nicht ahnen. 1793 wurde W. Kammersekretär in Südpreußen, nachher in gleicher Stellung an verschiedene Orte in den neuen polnischen Provinzen, zuletzt nach Warschau, versetzt. Während seines Aufenthalts da selbst, wo er mit J. J. Mnioch und E. T. A. Hoffmann verkehrte und auch seinen nachmaligen Biographen Hitzig kennen lernte, schloß W. nicht weniger als drei Ehen, von denen die beiden ersten sich sehr rasch wieder lösten. In Warschau trat W. in eine Freimaurerloge, doch fühlte er sich mehr von dem Mystischen im Orden als von seinen aufklärerischen Tendenzen angezogen. Indem er seine Ideen über den Orden in dramatische Form zu kleiden suchte, entstand sein erstes Drama: »Die Söhne des Tals« (Berl. 1803–04, 2 Tle.; vgl. Poppenberg, Zach. W. Mystik und Romantik in den;Söhnen des Tals', Berl. 1893), das den Untergang des Templerordens behandelt. W. reiste mit seiner dritten Frau nach Königsberg, seine an Geistesstörung leidende Mutter zu pflegen. In Warschau vollendete er nach den ersten Teil des Dramas »Das Kreuz an der Ostsee« (Berl. 1806), das die Bekehrung der heidnischen Preußen darstellt, und ging dann nach Berlin, wo ihm sein Gönner, der Minister v. Schrötter, eine Stelle verschafft hatte, die ihm volle Muße zu dichterischem Schaffen ließ. Auf Anregung Ifflands wagte W. den kühnen Versuch, den deutschen Reformator auf die Bühne zu bringen: sein »Martin Luther oder die Weihe der Kraft« (Berl. 1807; mit Einleitung hrsg. von Julian Schmidt, Leipz. 1876; vgl. J. Fränkel, Z. Werners. Weihe der Kraft', Hamb. 1904), erschien 1806 auf der Bühne. Nachdem er auch seine dritte Else aufgelöst hatte, bereiste er im Sommer 1807 den Rhein und begab sich dann nach Weimar, wo er während eines Winteraufenthalts viel mit Goethe verkehrte, der sich für ihn interessierte und seine dem Opernstil sich nähernde Tragödie aus der fabelhaften Urgeschichte Polens »Wanda« (Tübing. 1810) 30. Jan. 1808 ausführen ließ. Im nächsten Frühling nach Berlin zurückgekehrt, trat W. schon im Sommer eine neue Reise an, lernte in der Schweiz Frau v. Staël kennen, verweilte als deren Gast eine Zeitlang in Coppet und ging hierauf über Paris abermals nach Weimar, wo er die kleine Schicksalstragödie »Der 24. Februar« (Altenb. 1815) dem davon keineswegs erbauten Meister vorlegte (s. Schicksalsdramen). Vorher war das Trauerspiel »Attila« (Berl. 1808) erschienen. Nach einem zweiten mehrmonatigen Aufenthalt in Coppet reiste W. nach Rom, wo er bis zum Juli 1813 verweilte und 19. April 1811 zur katholischen Kirche übertrat. Im Sommer 1814 in Aschaffenburg zum Priester geweiht, nahm W. seinen dauernden Aufenthalt in Wien. Während des Kongresses und später predigte er häufig dort, ohne eigentlich angestellt zu sein, und seine wunderliche Persönlichkeit zog eine große Zuhörerschaft an. Vom Frühjahr 1816 an verweilte er ein Jahr lang in Podolien bei der Familie des Grafen Choloniewski; dann wurde er zum Ehrendomherrn des Kathedralkapitels in Kamienieč ernannt. Seit 1819 lebte er in Wien. Mit der »Weihe der Unkraft« (Frankf. 1813) hatte er seinen Abfall vom Protestantismus dichterisch proklamiert; es folgten an größern Dichtungen noch »Kunigunde die Heilige« (romantisches Schauspiel, Leipz. 1815) und die Tragödie »Die Mutter der Makkabäer« (Wien 1820), des Dichters letztes Werk. Seit Herbst 1821 kränkelnd, setzte W. dennoch seine öffentlichen Vorträge eifrig fort. Den Vorsatz, in den Redemptoristenorden zu treten, gab er, nachdem er schon das Ordenskleid angelegt hatte, plötzlich wieder auf. W. war der einzige Dramatiker der romantischen Schule, der Bühnenerfolge errang. Ursprünglich von Schillers »Jungfrau von Orleans« und »Braut von Messina« ausgehend, bildete er die mystischen Elemente und die Schicksalsidee auf seine Weise weiter, gelangte Schritt für Schritt zu einer dunkeln, ihn stets mehr überwältigenden Phantastik, steigerte den dramatischen Ausdruck zur Exaltation und fand zuletzt als einzigen persönlichen wie poetischen Anhalt die »ungebrochene Macht und Herrlichkeit« der katholischen Kirche. Seine »Ausgewählten Schriften« erschienen in 13 Bänden (Grimma 1841), dazu als Bd. 14 u. 15: »Zach. Werners Biographie und Charakteristik nebst Originalmitteilungen aus dessen Tagebüchern« (hrsg. von Schütz, 1841). Vgl. Hitzig, Lebensabriß F. L. Zach. Werners (Berl. 1823); Düntzer, Zwei Bekehrte. Zacharias W. und Sophie v. Schardt (Leipz. 1873); Degenhart, Beiträge zur Charakteristik des Stils in Z. Werners Dramen (Eichstädt 1900).

3) Karl, Maler, geb. 4. Okt. 1808 in Weimar, gest. 10. Jan. 1894 in Leipzig, besuchte seit 1824 die Akademie der bildenden Künste in Leipzig, 1826–27 die dortige Universität. Nach längerm Aufenthalt in München ging er 1833 mit einem Reisestipendium nach Italien, wo er fast 20 Jahre blieb. 1851 besuchte er zum erstenmal England, wo er zum Mitgliede des Institute of Painters in watercolours ernannt wurde, später führten ihn wiederholte Reisen nach Spanien, in den Orient und nach Griechenland. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hamburg ließ sich W. in Leipzig nieder und wirkte hier als Professor an der Kunstakademie. Seine Bedeutung liegt in der Aquarellmalerei, zu deren hervorragendsten deutschen Vertretern er zählt. Besonders berühmt wurden seine Studien aus Palästina, die teilweise in dem Prachtwerk »The Holy Places« enthalten sind, und die in dem Werke »Nilbilder« in Farbendruck vervielfältigten Ansichten aus Ägypten. Außerdem seien genannt: Marktplatz zu Piperno, Venedig in seinem Glanz und seinem Verfall, der Dogenpalast, Inneres der Kirche in Cefalù, Studien aus Pompeji, Ansicht von Spalato mit dem Palast des Diokletian (Leipziger Museum), der Löwenhof der Alhambra. Die zwölf Studien von der Belagerung Roms durch General Oudinot (1849) sind von Domenico Amici in Kupfer gestochen.

4) Gustav Albert, schwäb Theolog, geb. 12. März 1809 in Zwiefalten, gest. 2. Aug. 1887 in Reutlingen, gab, da man ihn wegen seiner konfessionslosen Gläubigkeit und wegen Berührungen mit der Lehre Swedenborgs zur Verantwortung zog, 1841 seine Stellung als Landpfarrer in Walddorf bei Tübingen auf und schuf sich durch unermüdliche Tätigkeit und staunenswerte Selbstaufopferung eine bedeutende Wirksamkeit als Reiseprediger. In Reutlingen gründete er ein Rettungshaus, »Gotteshilfe«, und kaufte eine Papierfabrik. Daraus erwuchsen allmählich die sogen. Wernerschen Anstalten (Gustav Werner-Stiftung zum Bruderhaus in Reutlingen) als großartigster Versuch, der modernen Industrie das Prinzip eines christlichen Sozialismus einzupflanzen und die soziale Frage praktisch zu lösen. Vgl. Wurster, G. Werners Leben und Wirken (Reutling. 1888).

5) Karl, kathol. Kirchenhistoriker, geb. 8. März 1821 zu Hafnerbach in Niederösterreich, gest. 4. April 1888 in Wien, von 1847–70 Lehrer an der bischöflichen Diözesanlehranstalt in St. Pölten, seit 1870 Professor der biblischen Theologie an der Wiener Universität. Er schrieb unter anderm: »Der heil. Thomas von Aquino« (Regensb. 1858–59, 3 Bde.); »Franz Suarez und die Scholastik der letzten Jahrhunderte« (das. 1861, 2 Bde.); »Geschichte der apologetischen und polemischen Literatur der christlichen Theologie« (Schaffh. 1861–67, 5 Bde.); »Geschichte der katholischen Theologie seit dem Trienter Konzil« (Münch. 1866, 2. Aufl. 1889); »System der christlichen Ethik« (Regensb. 1850–52, 3 Bde.; Bd. 1 in 2. Aufl. 1888); »Spekulative Anthropologie« (Münch. 1870); »Die Religionen und Kulte des vorchristlichen Heidentums« (Schaffh. 1871); »Beda der Ehrwürdige und seine Zeit« (Wien 1875); »Alkuin und sein Jahrhundert« (Paderb. 1876); »Gerbert von Aurillac, die Kirche und Wissenschaft seiner Zeit« (Wien 1878); »Giambattista Vico als Philosoph und gelehrter Forscher« (das. 1879); »Die Scholastik des spätern Mittelalters« (das. 1881–87, 4 Bde.); »Die Augustinische Psychologie in ihrer mittelalterlich-scholastischen Einkleidung« (das. 1882); »Die nominalisierende Psychologie der Scholastik« (das. 1882); »Die italienische Philosophie im 19. Jahrhundert« (das. 1884–86, 5 Bde.). Auch gab er den 18. Band von Rohrbachers »Universalgeschichte der katholischen Kirche« in deutscher Bearbeitung heraus (Münster 1891).

6) Reinhold von, deutscher Admiral, geb. 10. Mai 1825 in Weferlingen bei Gardelegen, wurde 1842 Seemann auf einem Kauffahrteischiff, machte zahlreiche Reisen nach Ostindien, diente 1849–52 als Offizier in der deutschen Marine und trat 1852 als Leutnant in den preußischen Seedienst. Er ward 1856 Kapitänleutnant und machte als Kommandant des Transportschiffes Elbe die ostasiatische Expedition 1859–62 mit, befehligte 1864 im Gefecht bei Jasmund die Korvette Nymphe, ward 1864 Korvettenkapitän, leitete 1866 die Wegnahme der hannoverschen Küstenbefestigungen, war 1867–69 Oberwerstdirektor in Danzig und wurde 1870 zum Kapitän zur See befördert. Er befehligte 1873 das deutsche Geschwader an der Ostküste Spaniens, von wo er im August wegen eigenmächtigen Einschreitens gegen die Kriegsschiffe der Insurgenten in Cartagena abberufen wurde. Er wurde dann Oberwerstdirektor in Wilhelmshaven und 1875 Konteradmiral und Chef der Marinestation der Ostsee. Durch seine Bestätigung des Gutachtens der Sachverständigen-Kommission über den Untergang des Großen Kurfürsten zog er sich die Ungunst des Ministers v. Stosch zu und forderte und erhielt 1878 seinen Abschied. 1898 wurde er zum Vizeadmiral ernannt und 1901 geadelt. Er lebt in Wiesbaden. W. schrieb: »Die preußische Expedition nach China, Japan und Siam« (Leipz. 1863, 2 Tle.; 2. Aufl. 1873); »Die Schule des Seewesens« (das. 1866); »Das Buch von der deutschen Flotte« (Bielef. 1868, 8. Aufl. 1902); »Seebilder« (das. 1876); »Atlas des Seewesens« (Leipz. 1871); »Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben« (Berl. 1881, 7. Aufl. 1898); »Berühmte Seeleute« (das. 1882–84, 2 Bde.); »Auf fernen Meeren und daheim« (2. Aufl., das. 1893) und andre Erzählungen; »Bilder aus der deutschen Seekriegsgeschichte« (München 1899); »Deutschlands Ehr' im Weltenmeer« (Leipz. 1902; neubearbeitet von Holzhauer 1908), auch beliebte Erzählungen für die reifere JugendDrei Monate an der Sklavenküste«, »Dirk Mallinga« u. a.).

7) Fritz, Maler, geb. 3. Dez. 1827 in Berlin, gest. daselbst 16. April 1908, bildete sich von 1846–19 auf der Berliner Akademie zum Kupferstecher aus, beschäftigte sich dann eine Zeitlang mit Radieren von Bildnissen und stach unter anderm die Tafelrunde Friedrichs d. Gr. nach Menzel. 1852 begab er sich nach Paris, um dort nach alten Meistern zu stechen. 1855 ließ er sich in Düsseldorf nieder, folgte aber 1861 Menzel nach Königsberg, wo er ihm bei seinen Studien für das große Krönungsbild half, und ging 1864 gänzlich zur Malerei über, mit besonderer Vorliebe für die Rokokozeit und die Epoche Friedrichs d. Gr. Seinem ersten Bilde dieser Art: der Grenadier im Vorzimmer zu Rheinsberg (1864), verdankte er die Mittel zu einer Studienreise nach Amsterdam und Paris, wo er sich bei Bonnat weiterbildete, einen entscheidenden Einfluß aber von Meissonier empfing, in dessen Art er seitdem Genrebilder aus der Rokokozeit und dem modernen Leben mit gleich liebevoller Durchführung der belebten und unbelebten Natur, ausgezeichnet durch geistvolle Charakteristik, helle, freundliche, emailartig glänzende Färbung und seine Beleuchtung der Innenräume, aber auch Landschaften und Architekturstücke gemalt hat. Seine Hauptwerke sind: der Fahnenjunker vom Regiment Schwerin, Grenadiere Friedrichs d. Gr. in Sanssouci mit Kindermädchen scherzend, Friedrich II. in seiner Bibliothek in Sanssouci (in der Dresdener Galerie), Marketenderin zwischen den Regimentern Dessau und Bayreuth (in der Berliner Nationalgalerie), der Ausstopfer (daselbst), der Naturforscher, der Konchyliensammler, im naturhistorischen Kabinett, Lessings Wohnhaus in Wolfenbüttel, Stadttor in Tangermünde, Straße in Amsterdam, aus der Dresdener Galerie, Rückkehr des Prinzen Wilhelm von der Parade, Fürst Bismarck auf seinem Rückwege von der Reichstagssitzung am 6. Febr. 1888, Capella Palatina in Palermo, Schloß Marienburg, der Bibliothekar (Nationalgalerie). W. lebt in Berlin und wurde 1889 zum Professor ernannt.

8) Bartholomäus von, Seemann, geb. 18. Juli 1842 in Koblenz, trat 1856 in die deutsche Marine, wurde 1873 Korvettenkapitän, zeichnete sich 1877–1879 als Kommandant der Ariadne bei der Regelung der Verträge mit den Samoanern und Marshallinsulanern aus. 1887 erhielt er den Abschied als Konteradmiral und lebt seitdem in Koblenz. Er schrieb: »Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee« (1.–3. Aufl., Leipz. 1890); »Deutsches Kriegsschiffsleben und Seefahrkunst« (das. 1891); »Die Kampfmittel zur See« (das. 1892); »Der Seekrieg, der Geschwaderdienst und die Bedeutung der Kriegswerften« (Darmst. 1893); »Die Kriegsmarine, ihr Personal und ihre Organisation« (Leipz. 1894).

9) Anton von, Maler, geb. 9. Mai 1843 in Frankfurt a. O., studierte 1860–62 auf der Berliner Akademie und ging dann nach Karlsruhe, wo er sich bei Lessing und Schrödter weiterbildete und sich zunächst, durch die Dichtungen Scheffels begeistert, als Illustrator betätigte. 1864 erschienen die Illustrationen zu »Frau Aventiure«, 1866 folgten die zu »Juniperus«, 1867 die zu »Gaudeamus«, 1868 die zu den »Bergpsalmen« und 1869 die zu dem »Trompeter von Säckingen«, Zeichnungen, die durch ihre seine Empfindung und ihren Humor starken Beifall erwarben. Zugleich entstanden eine Reihe von Genrebildern (vertrauliche Unterhaltung, das Quartett, Klosterleben, Don Quichotte bei den Ziegenhirten) und auch einige Geschichtsbilder (Luther vor Cajetan, Konradin im Gefängnis, Hanno von Köln entführt Heinrich IV., Götz von Berlichingen in Heilbronn). Nachdem er 1867 Paris besucht und sich von 1868–69 in Italien aufgehalten hatte, ward ihm durch die Fürsprache des Großherzogs von Baden die Gelegenheit, im Hauptquartier der dritten Armee dem letzten Teil des deutsch-französischen Krieges in Versailles beizuwohnen, wo er sein auf schnelle, charakteristische Erfassung des Gegenständlichen gerichtetes Talent in zahlreichen Bildniszeichnungen, Ölstudien und Skizzen erprobte, die er nachmals für seine großen Bilder verwertete. Den ersten großen Erfolg erzielte er nach seiner Übersiedelung nach Berlin 1871 mit einem für den Einzug der siegreichen Truppen gemalten Velarium: Kampf und Sieg, einer symbolischen Darstellung der Schlacht bei Sedan. Daraufhin erhielt er den Auftrag, für die Berliner Siegessäule in einer friesartigen, zur Ausführung in Glasmosaik bestimmten Komposition die Einigung der deutschen Stämme und die Huldigung vor dem Thron der Germania darzustellen. 1875 wurde ihm auf Ansuchen der Berliner Künstlerschaft die Stellung des Direktors der neuorganisierten Akademie der bildenden Künste übertragen, an der er seitdem eine eifrige Lehrtätigkeit entfaltet hat. Seine künstlerischen Schöpfungen hielten sich fortan in den Grenzen eines strengen Realismus, der seinen Hauptzweck in der peinlich treuen Wiedergabe der wirklichen Erscheinung sucht. Den Ereignissen der Jahre 1870 und 1871 sind entnommen: Moltke in seinem Arbeitszimmer zu Versailles, Moltke vor Paris, die Kaiserproklamation in Versailles (1876, im königlichen Schloß zu Berlin; das Hilfsmodell dazu ging in den Besitz des Fürsten Bismarck über; in andrer Fassung als Wandgemälde in der Herrscherhalle des Berliner Zeughauses), Kaiser Wilhelm I. im Mausoleum zu Charlottenburg 19. Juli 1870 (im Museum zu Breslau), das Panorama der Schlacht bei Sedan in Berlin (zusammen mit Bracht, Röchling u. a.), General Reille überbringt Kaiser Napoleons Brief, die Kapitulationsverhandlungen in Donchéry, Bismarcks Begegnung mit Kaiser Napoleon, Kronprinz Friedrich Wilhelm an der Leiche des Generals Douay bei Weißenburg (1891), im Etappenquartier vor Paris 1871 (1894, Berliner Nationalgalerie), die Gemälde im Rathaussaal zu Saarbrücken etc., das humorvolle Genrebild: Kriegsgefangen (1886). Außerdem sind zu nennen: die Darstellung des Schlußaktes des Berliner Kongresses von 1878 (im Rathaus zu Berlin), Martin Luther auf einem Familienfest, die Krönung Friedrichs I. in Königsberg (Wandgemälde im Berliner Zeughaus), Kaiser Wilhelms 90. Geburtstag, der Tod Kaiser Wilhelms (im Provinzialmuseum zu Hannover), die Eröffnung des deutschen Reichstags durch Kaiser Wilhelm II. 15. Juni 1889, der Kronprinz 1878 auf dem Hofball (1895) und die Gratulation des Grafen Moltke zu seinem 90. Geburtstage durch Kaiser Wilhelm II. (1896). Er gab heraus: »Geschichte der königlichen akademischen Hochschule für die bildenden Künste in Berlin« (Berl. 1896); »Ansprachen und Reden an die Studierenden etc.« (das. 1896). Vgl. A. Rosenberg, Anton v. W. (Bielef. 1895).

10) Richard Maria, Literarhistoriker, geb. 14. Aug. 1854 zu Iglau in Mähren, studierte 1872–1876 in Wien bei Heinzel, Tomaschek und Zupitza Germanistik, bei Conze klassische Archäologie, nach dem Doktorat in Straßburg bei Scherer, in Berlin bei Müllenhoff. 1878 habilitierte er sich an der Universität Graz als Privatdozent für deutsche Literatur und Sprache und wurde 1883 zum außerordentlichen, 1886 zum ordentlichen Professor in Lemberg befördert, wo er noch wirkt. Er veröffentlichte: »Ludwig Philipp Hahn, ein Beitrag zur Geschichte der Sturm- und Drangzeit« (Straßb. 1876); »Die Basler Bearbeitung von Lamprechts Alexander untersucht« (Wiener Sitzungsberichte, 1879; wiederholt in der Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart, 1880); »Lessings Emilia Galotti, nebst einem Anhang: Die dreiaktige Bearbeitung« (Berl. 1882); »Der Wiener Hanswurst. Stranitzkys und seiner Nachfolger ausgewählte Schriften« (»Wiener Neudrucke«, 1883–86, 2 Bde.); »Goethe und Gräfin O'Donell, ungedruckte Briefe nebst dichterischen Beilagen« (Berl. 1884); »Bürgers Ausgewählte Werke« (Stuttg. 1886; 3. Aufl. 1898, 2 Bde.); »Aus dem Josephinischen Wien. Geblers und Nicolais Briefwechsel 1771–1786« (das. 1888); »Julius von Tarent und die dramatischen Fragmente von Johann Anton Leisewitz« (Heilbr. 1889); »Lyrik und Lyriker, eine Untersuchung« (Hamburg 1890); »Der Laufner Don Juan, ein Beitrag zur Geschichte des Volksschauspiels« (das. 1891); »Betty Paoli« (Preßb. 1898); »Vollendete und Ringende. Dichter und Dichtungen der Neuzeit geschildert« (Minden i. W. 1900) u. a. Besonders verdient machte er sich durch seine Forschungen über Hebbel; er veröffentlichte eine kritische Ausgabe von Hebbels »Sämtlichen Werken« (Berl 1900–03, 12 Bde.), »Tagebüchern« (das. 1903, 4 Bde.) und »Briefen« (das. 1904–07, 8 Bde.), denen er ein wertvolles Lebensbild »Hebbel« (Bd. 47 u. 48 der »Geisteshelden«, das. 1905) zur Seite stellte.

11) E., Pseudonym, s. Bürstenbinder 1).

12) Franz von, s. Murad Efendi.

13) Hans, Pseudonym, s. Blaze.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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