- Iglau
Iglau (tschech. Jihlava), Stadt in Mähren, 519 m ü. M., unweit der böhmischen Grenze, an der Iglawa, über die eine steinerne Brücke führt, an der Linie Wien-Tetschen der Österreichischen Nordwestbahn und an der Staatsbahnlinie I.-Weseli-Mezimostí, hat drei Vorstädte, einen großen Stadtplatz, ein Denkmal Josephs II., schöne Anlagen (auf dem Franz Karls-Berg), eine gotische Pfarrkirche (St.-Jakob), eine Minoritenkirche mit altem Kreuzgang, eine Jesuitenkirche (St. Ignaz), eine Kirche St. Johann am Hügel (799 gegründet), eine protestantische Kirche (1875), ein Rathaus und (1900) mit der Garnison (1416 Mann) 24,387 meist deutsche kath. Einwohner (4228 Tschechen). Die Industrie der Stadt umfaßt vor allem die Tuch- und Schafwollwarenweberei mit Spinnerei und Appretur.
Außerdem hat I. eine ärarische Tabakfabrik (über 2000 Arbeiterinnen), eine Dampfmühle, Bierbrauerei, Spiritusraffinerie sowie Fabriken für Plüsch, Strick- und Wirkwaren, Schuhe, Kämme, Leder, Tonwaren, ätherische Ole, Kartonnagen, Möbel, Zuckerwaren etc. Auch treibt es ansehnlichen Handel mit Getreide, Holz, Flachs, Wolle und Tuch und hält bedeutende Märkte ab. I. ist Stadt mit eignem Statut und Sitz einer Bezirkshauptmannschaft (für die Umgebung), eines Kreisgerichts und einer Finanzbezirksdirektion; es hat ein Obergymnasium, eine Landesoberrealschule, ein städtisches Museum, ein Theater, eine Sparkasse, ein Krankenhaus, eine Landes-Irren- und Zwangsarbeitsanstalt und ein Schlachthaus. Von Bedeutung ist auch die Ammenvermittelung, insbes. nach Wien. – I., der Sage nach 799 erbaut, wird in Urkunden aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. zuerst erwähnt, erlangte seine Bedeutung durch seinen ehemals wichtigen Bergbau, dem sich später das Tuchgewerbe anschloß. Um 1250 erhielt es Bestätigung seines Stadt- und Bergrechts und ward als Oberhof berühmt. In der Hussitenzeit wehrten sich die katholischen Deutschbürger mutvoll gegen die Taboriten, doch verfiel seither das Bergwesen. Hier ward 5. Juli 1436 der Iglauer Vergleich abgeschlossen, worin Kaiser Siegmund die Prager Kompaktaten beschwor und als König von Böhmen anerkannt ward. Unter Georg Podiebrad (1458–71) erscheint I. im katholischen Deutschstädtebund Mährens und wurde 1470 vom König belagert. Vor der Stadt bezeichnet ein Granitmonument den Ort, wo Ferdinand I. 1527 den böhmischen Ständen den Eid leistete. Um 1562 konnte I. als ganz protestantisch gelten und blieb es bis 1623, von welcher Zeit die starke Auswanderung protestantischer Bürgersfamilien und die Rekatholisierung der Stadt anhebt. Nach der Schlacht von Jankau (1645) fiel I. den Schweden unter Torstensson in die Hände und konnte von den Kaiserlichen erst 1647 wieder genommen werden; 1742 ward die Stadt von den Sachsen unter Rochau erobert; 1805 siegten hier die Österreicher unter Erzherzog Ferdinand d'Este über die Bayern unter Wrede. Vgl. d'Elvert, Geschichte und Beschreibung der Stadt I. (Brünn 1850); K. Werner, Geschichte der Iglauer Tuchmacherzunft (Leipz. 1861); I. Tomaschek, Der Oberhof I. in Mähren und seine Schöffensprüche aus dem 13.–16. Jahrh. (Innsbr. 1868) und Das alte Bergrecht von I. (das. 1897); Prusik, Die Gemeinde I. 1865–1889 (Iglau 1890); Wurzinger, Bilder aus Iglaus Vergangenheit (Brünn 1904).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.