Dampfschiff

Dampfschiff

Dampfschiff (Dampfboot, Dampfer, hierzu Tafel »Dampfschiff I-IV«), jedes Schiff, das durch eine oder mehrere eingebaute Dampfmaschinen bewegt wird. Nach dem Propeller oder Trieb unterscheidet man Rad-, Schrauben- u. Turbinendampfer. Auf Raddampfern, der ältesten Art, bilden meist zwei durch eine Welle verbundene Schaufelräder den Propeller; nur wenn für jedes Rad eine Maschine vorhanden ist, sitzen die Räder auf zwei getrennten Wellen. Fig. 1 der Tafel I zeigt den amerikanischen Flußdampfer mit zwei Seitenrädern. Bisweilen wird auch ein einzelnes Schaufelrad (Ruderrad) als Propeller am Hinterschiff angeordnet. Diese Heckraddampfer (Tafel I, Fig. 2) verdienen den Vorzug in engen Flußläufen. Die Radpropeller ähneln unterschlächtigen Wasserrädern. Ihr Durchmesser wird möglichst groß gewählt; von den Schaufeln tauchen am besten nur drei zugleich. Man hat feste und bewegliche Schaufeln, von denen sich die letztern beim Eintauchen und Heraustreten senkrecht stellen und dadurch größere Leistung erzielen. Die Fortbewegung des Radschiffes erfolgt durch den Wasserdruck gegen die eingetauchten Schaufeln. Die Größe dieses Druckes ist abhängig von der Umdrehungsgeschwindigkeit des Rades und vom Flächeninhalte der tauchenden Schaufeln. In der Marine sind nur noch ältere Dampfjachten, z. B. in der deutschen Marine der Kaiseradler Raddampfer. Hauptsächlich benutzt man Raddampfer in der Binnenschiffahrt, da ihr geringer Tiefgang sie überall möglich macht, wo der Schraubenpropeller schon den Grund aufwühlt oder gar ausstößt. Die großen Binnengewässer Nordamerikas sind die Heimat der größten Raddampfer; sie dienen dort als Fährschiffe und Küstenfahrer. Die Palastdampfer der Fallriver-Stonington- und andrer Linien nehmen 2000 Passagiere auf; auch die schlankern Rheinsalondampfer sind Raddampfer.

Die Schraubendampfer (Tafel II, mit Beschreibung) haben als Propeller die Schiffsschraube; sie besteht aus 2–4 schraubenförmig gestellten Flügeln, die auf der Nabe am äußern Ende der Schraubenwelle befestigt sind. Diese Welle liegt längsschiffs, meist über dem Kiel, und geht wasserdicht durch den Hintersteven des Schiffes. Der Propeller taucht ganz unter Wasser und schraubt sich im Wasser, das als Mutter dient, vor- oder rückwärts, je nach der Drehrichtung. Je schärfer das Heck gebaut ist, oder je freier vom Heck die Wellen der Doppelschraubendampfer liegen, um so günstiger ist die Schraubenwirkung. Bei Dampfschiffen mit nur einer Schraube liegt diese in einem Rahmen zwischen dem Hintersteven und Rudersteven, also vor dem Ruder. Am häufigsten gibt man den Schrauben 3 oder 4 Flügel. Die Ozeanschnelldampfer haben fast nur dreiflügelige Schrauben. Steigung, Durchmesser, Form und Fläche der Flügel beeinflussen die Wirkung der Schrauben. Man kann fünf Hauptformen unterscheiden: Fig. 5 (Tafel IV) zeigt die ältere Schraube mit meist 3, auch 4 und als Reserveschraube 2 Flügeln. Fig. 6 zeigt die Griffith-Schraube mit kugelförmiger Nabe und gekrümmten Flügeln, deren größte Breite etwa in ihrer Längenmitte liegt. Um dem von der Schraube seitlich geworfenen Wasserstrahl mehr Widerstand zu lassen und den Seitenabfluß zu verhindern, benutzt Hirsch (Fig. 7) Schraubenflügel, deren gewundene Fläche sich zwar der Griffithform anschließt, am äußern Rande jedoch die Figur eines Kreisbogens erhält, der mit gekrümmter Fläche das Wasser aufnimmt. Die Hirschschraube hat sich für die schnelle Fortbewegung des Schiffes als die vorteilhafteste bewährt. Die Yarrowschraube (Fig. 8) zeichnet sich durch schmale, lange, spitz auslaufende Flügel (2–3) aus und ist wie die Thornycrofftschraube (Fig. 9) an Bord englisch-amerikanischer Schiffe nicht selten. Sie zeigt stark nach hinten gekrümmte Flügel, um mit langen Hebelarmen große Geschwindigkeit zu bewirken. Fig. 10 zeigt einen neuern Propeller.

Der Schraubenpropeller wird aus Gußeisen, Gußstahl und Bronze angefertigt, in neuester Zeit aus Phosphor- und Manganbronze. Um das Rosten der Stahlschrauben zu vermeiden, hat man eine Beplattung aus Bronze eingeführt und neuerdings Verbundflügel aus einem Stahlkern mit Deltametallüberzug (Fig. 11). Bei gußeisernen Schrauben wird zur Vermeidung des Angriffes des Gußeisens durch den Wasserstrom eine teilweise Bedeckung mit Kupfer, Bronze oder Zink angewendet. Die Schrauben der italienischen Kreuzer Umbria und Etruria haben 7,45 m Durchmesser, wiegen 39 Ton. und kosten je 100,000 Mark. Die Schraubenwelle wird dort, wo sie aus der Schiffswand tritt, durch eine Stopfbüchse geführt, die den Eintritt des Wassers in die Schiffsräume hindert; ihr vorderes Ende, die Kurbelwelle, wird von der Dampfmaschine gedreht, ihr hinteres Ende oder dessen Verlängerung trägt die Schraube. Zwischen beiden sind auf großen Schiffen Transmissionswellen eingeschaltet. Der von der Schraube erzeugte Seitendruck wird von einem besondern Lager, dem Druck- oder Stoßlager, aufgenommen. Zum Kriegsdienst eignen sich nur Schraubendampfer wegen der geschützten Lage ihres Triebes. Dagegen ist die Lage der Schraube unvorteilhaft für Reparaturen, weil sie ein Auswechseln während der Fahrt unmöglich macht und im Hafen das Docken des Schiffes erfordert.

Etwa seit 1862 baut man Dampfschiffe mit Zwillingsschrauben (Zweischraubenschiffe, auch Doppelschraubendampfer genannt), bei denen zwei Schraubenwellen in der rechten und linken Hälfte des Schiffes angebracht sind, die, aus dem Schiff hinten und seitlich neben dem Steuerruder (Tafel IV, Fig. 1 u. 2) hervorragend, je eine Schraube tragen. Diese Konstruktion ist in den Kriegsmarinen und meist auch für Passagierdampfer gebräuchlich. Der Bruch einer Welle vernichtet noch nicht die Bewegungsfähigkeit des Fahrzeugs, damit der zweiten Schraube die Fahrt bei verminderter Geschwindigkeit fortgesetzt werden kann. Außerdem werden durch Anwendung zweier Schrauben die Erschütterungen vermindert. Die größere Schnelligkeit dieser Schiffe kann aber nur durch größern Kostenaufwand gegenüber der Anwendung von nur einer Schraube mit gleicher Kraft erreicht werden.

Neuerdings hat man besonders in der italienischen, französischen, deutschen und nordamerikanischen Kriegsmarine Dreischraubenschiffe eingeführt; von den drei Schrauben liegt die mittelste zuhinterst und wird von einer dritten Maschine betrieben, während die andern beiden den Zwillingsschrauben entsprechen (Tafel IV, Fig. 3 u. 4). Bei verminderter Fahrt soll nur die mittlere Schraube benutzt werden; die Anordnung der drei Maschinen erleichtert ihre geschützte Ausstellung unter dem Panzerdeck. Popow hat 1873 russische Kriegsschiffe mit sechs Schrauben erbaut.

Eine dritte Klasse von Dampfschiffen ist nach dem Turbinen- oder hydraulischen Reaktionssystem gebaut. In diesen Prallschiffen wirft eine Turbine zwei Wasserstrahlen mit großer Kraft durch zwei drehbare Ausflußrohre nach hinten aus; werden die Ausflußrohre nach vorn gedreht, so geht das Schiff rückwärts. Je ein solches Rohr liegt an jeder Schiffsseite. Werden beide Rohre entgegengesetzt gestellt, so dreht sich das Schiff. Die Turbinendampfer haben sich bisher noch nicht genügend bewährt; über Turbinentorpedoboote s. Torpedoboot.

Dampferarten

Fluß- (oder Binnensee-) Dampfer sind schwächer und flacher gebaut als Seedampfer, haben auch geringern Freibord und dienen nur zum Passagierverkehr oder zum Schleppen von Frachtkähnen. Seedampfer zeigen je nach dem Zweck, dem sie dienen, große Verschiedenheit. Man unterscheidet: Hochseedampfer, Dampfer für kleine Fahrt, Küstendampfer und Hafendampfer. Die Ladefähigkeit ist bei Frachtdampfern am größten, bei ihnen beträgt der Unterschied zwischen dem Bruttoraumgehalt und dem Nettoraumgehalt nur etwa 20–30 Proz. des erstern, bei Passagierdampfern ist der Unterschied größer, steigt bei Schnelldampfern auf etwa 50 Proz., und Schleppdampfer (Bugsierdampfer) sind überhaupt nicht befähigt, Ladung zu tragen, bei ihnen sind die Schiffsmaschinen, Kesselanlagen und Kohlenvorräte so schwer, daß sie allem die Belastung des Schiffes ausmachen. (Schlepper gleichen also den Lokomotiven.) Man baut in neuester Zeit sowohl die Schnelldampfer (zur Passagier- und Postbeförderung) als die Frachtdampfer viel größer als früher, wenn sie für Hochseefahrt dienen sollen, und zwar erstere, um mit grosser Geschwindigkeit auch große Wohnlichkeit (ruhige Schiffsbewegungen) und Bequemlichkeit für die Reisenden zu erzielen, letztere, um bei möglichst geringen Betriebskosten große Ladungen verfrachten zu können.

Zu den Schnelldampfern können heute nur noch Dampfschiffe gerechnet werden, deren Geschwindigkeit etwa 20 Seemeilen und mehr in der Stunde beträgt. Vgl. das nachfolgende

Tabelle

Unter den Passagierdampfern zählen die Reichspostdampfer des Norddeutschen Lloyd: Barbarossa (mit 10,769 Reg. – Ton. Brutto), Bremen, Friedrich der Große und Königin Luise (mit je 10,550 T.), von 7–8000 Pferdekräften und 15–16 Seemeilen Geschwindigkeit zu den größten der Erde. Noch größer sind die gleichzeitig der Passagierbeförderung dienenden Frachtdampfer Pennsylvania und Pretoria der Hamburg-Amerika-Linie.

Fig. 1. Walrückendampfer. a. Querschnitt.
Fig. 1. Walrückendampfer. a. Querschnitt.

Pennsylvania ist 170,7 m lang, 18,4 m breit, hat 12,5 m Raumtiefe; das Schiff ist 13,400 Reg. – Ton. Bruttogehalt groß und kann einschließlich des Kohlenvorrats 11,600 T. Gewicht laden. Seine beiden Schrauben werden von 2 Vierfach-Expansionsmaschinen von zusammen etwa 5000 Pferdekräften getrieben, die dem Schiffe 13 Seemeilen Geschwindigkeit geben. Um Erschütterungen des Schiffskörpers zu vermeiden, sind die Maschinen nach dem Schlickschen System ausbalanciert. Der Völligkeitsgrad des Schiffskörpers, der bei den schlanken Schnelldampfern etwa 0,55 beträgt, ist bei der Pennsylvania etwa 0,75 groß.

Fig. 2 Turmdeckdampfer. a. Querschnitt.
Fig. 2 Turmdeckdampfer. a. Querschnitt.

Als Frachtdampfer sind Schiffstypen eigentümlicher Bauart in Aufnahme gekommen. Die Walrückendampfer und Turmdeck- (Turret-) Dampfer stud namentlich für Getreidetransport bestimmt. Diese Typen erstreben große Tragfähigkeit bei geringem nominellen Tonnengehalt. Bei ihnen ist das Nullspant ein Rechteck und der Völligkeitsgrad sehr groß (etwa 0,85–0,90). Das Deck des Walrückendampfers ist stark gekrümmt und hat nur ganz geringen Freibord, so daß es dei voller Ladung teilweise unter Wasser liegt. Auf dem Deck erheben sich eine Anzahl (etwa 7, Fig. 1) runder Aufbauten, die durch Brückengänge verbunden sind und als Aufenthalt für die Mannschaft dienen. Beim Turmdeckdampfer (Fig. 2) traat das Deck einen von vorn bis hinten durchgehenden Aufbau, der allein über Wasser bleibt, wenn das Schiff vollbeladen ist. Diese Dampfer bieten dem Wind wegen ihres kleinen Oberschiffs nur wenig Widerstand, sparen also Kohlen für die Fortbewegung und bedürfen nur geringer Besatzung. Eine Abark der Turmdecker sind die elliptischen Dampfer des Sunderland-Typs.

Große Verschiedenheiten zeigen die modernen Dampfer in der Anordnung und Starke der Decke sowie der Decksaufbauten. Die stärkste Bauart haben die Volldecker oder Volldeckschiffe; bei ihnen ist das oberste Deck (Oberdeck) zugleich das stärkste Deck; darunter liegen je nach der Größe des Schiffes noch 1 bis 3 Decke, die dann von oben nach unten gerechnet: Zwischendeck, Unterdeck und Orlop- (overloop-) Deck genannt werden. Alle Decke haben vollständige Deckbalkenlagen, die mit Holzplanken oder Stahlplatten beleat sind. Über dem Oberdeck liegen die ebenfalls »gedeckten« Decksaufbauten, vorn die Back, in der Mitte das Brückendeck, oder auf Schnelldampfern (Fig. 3) das sehr lange Promenadendeck, über dem zuweilen noch ein Boot s- und Brückendeck liegt, und hinten die Hütte (Poop, auf Kriegsschiffen Kampanje genannt).

Fig. 3. Schnelldampfer (Vollecker).
Fig. 3. Schnelldampfer (Vollecker).

Poop und Back haben zuweilen ein gewölbtes Schildkrötendeck (Turtledeck). Nur Passagierdampfer werden als Volldecker gebaut. Leichter als die Volldecker sind die Spardecker gebaut, bei ihnen heißt das nur leicht gebaute Oberdeck Spardeck, das schwerere darunter liegende Deck Hauptdeck, unter dem noch das Zwischendeck und zuweilen auch ein Orlopdeck liegt. Ihrer leichtern Bauart wegen müssen Spardecker stets größern Freibord haben, dürfen also nicht so tief laden wie Volldecker; sie (Fig. 4) werden als Passagier- und Frachtdampfer gebaut und haben leichtere Aufbauten wie die Volldecker.

Fig. 4. Spardecker.
Fig. 4. Spardecker.

Eine Abart der Volldecker sind die Sturmdecker (Sturm- oder Awningdeckschiffe); über ihrem Hauptdeck (Fig. 5) liegt noch ein ganz leichtes Oberdeck, das nur als Schutzdach für die im Raume zwischen Hauptdeck und Sturmdeck untergebrachten Passagiere und Vieh dient. Während beim beladenen Spardecker das Hauptdeck noch etwas unter der Wasserlinie liegen darf, muß bei dem oben sehr leicht gebauten Sturmdeckschiff das Hauptdeck stets guten Freibord behalten.

Fig. 5. Sturmdecker.
Fig. 5. Sturmdecker.

Ganz ähnlich ist der Typ der Schutzdecker (shade-Deckschiff) oder Schattendeckschiffe; diese besonders zum Viehtransport gebauten Schiffe haben in dem Raume zwischen Hauptdeck und Schutzdeck große Seitenpforten wie breite Türen zum Ein- und Ausladen des lebenden Viehs, das auf dem Hauptdeck untergebracht wird. Auf einigen Frachtdampfern liegt das Oberdeck hinten oder vorn höher als in der Mitte; man spricht dann von Quarterdeckern oder Welldeckern, je nachdem hinten oder vorn ein Teil des Oberdecks ohne Aufbauten freiliegt. Mit Welldeck bezeichnet man dabei den Teil des Oberdecks, der zwischen der Back und dem Brückendeck freiliegt (Fig. 6); bisweilen wird bei diesen Schiffen an Stelle der kurzen Poop des Quarter- und Brückendecks eine lange Poop gebaut. Anderseits kommen Quarterdeckschiffe vor, bei denen (Fig. 7) Brückendeck und Back zu einem langen vordern Sturm- oder Awningdeck vereinigt sind. Einen besondern Dampfertyp bilden die Tankdampfer (Zisternendampfer), die dem Petroleumtransport dienen. Diese Dampfer haben statt der Laderäume große Behälter (Tanks), etwa 8–20, die ungefähr 2/3–3/4 des Schiffsraums einnehmen. Zur Vermeidung von Explosions- und Feuergefahr liegt die Schiffsmaschine nebst Kesselraum ganz hinten im Schiff und ist durch Schotten abgesondert. Im Petroleumhafen läßt man die Tanks des Dampfers voll Petroleum laufen. Leere Tankdampfer erhalten Wasserballast in den Räumen zwischen und neben den Tanks.

Kabelleger (Telegraphenschiffe) nennt man die Dampfer, die zum Legen von überseeischen Telegraphenkabeln eingerichtet und ausgerüstet sind. Bergungsdampfer sind mit Hebezeugen, Leckstopfmaterial, Tauchergerät, Gerät zum Bergen gesunkener, gestrandeter oder beschädigter Schiffe ausgerüstet. Die Maschine kann zum Betriebe großer, im Schiff eingebauter Zentrifugalpumpen benutzt werden, um gesunkene Schiffe (deren Lecke vorher gestopft werden) auszupumpen und dann zu heben; Pumpendampfer sollen Kriegsschiffen beistehen, die durch Rammstoß, Granaten-, Torpedo- oder Seeminenwirkung ein sehr starkes Leck erhalten haben. Diese Pumpendampfer können auch als Spritzendampfer (Dampffeuerspritzen) und Schleppdampfer verwendet werden. Spritzendampfer befinden sich in allen Häfen zum Löschen von brennenden Schiffen. Besonders seetüchtig und mit starken Maschinen versehen müssen die kleinern Seedampfer sein, wie die Seeschlepper, Schleppdampfer, die Segelschiffen weit in die See entgegenfahren, um sie schnell in die Häfen zu bringen; ferner Lotsendampfer, die vor den Hafeneinfahrten den Schiffen entgegenlaufen, um ihnen Lotsen zu übergeben; über Eisbrecher s.d. Kleine Rettungsdampfer und Dampfrettungsboote werden in neuerer Zeit statt der durch Segel oder Ruder getriebenen Rettungsboote gebaut.

Fig. 6. Welldecker.
Fig. 6. Welldecker.

Vgl. Rettungswesen zur See. Über Fischdampfer s.d.

Fig. 7. Quartdecker. (Fig. 1–7 sind dem Generalregister des Bureau Veritas entnommen.)
Fig. 7. Quartdecker. (Fig. 1–7 sind dem Generalregister des Bureau Veritas entnommen.)

Schiffsmaschine

Für Berechnung der Maschinen beim Bau eines Dampfers kommt der Widerstand in Betracht, den das Schiff bei seiner Bewegung durch das Wasser erleidet. Die günstigste Form für die Überwindung des Widerstandes bestimmt man neuerdings in Schleppmodell-Versuchsstationen (s. Hydrologische Versuchsanstalten). Die Leistung der Schiffsmaschinen wird nach Pferdekräften angegeben, und zwar nach indizierten, d. h. solchen, die durch unmittelbare Messung des Dampfkolbendrucks durch Indikator-Diagramm ermittelt werden. Von der Gesamtkraft der Maschine gehen etwa 20–25 Proz. für die Reibung in der Maschine selbst verloren, so daß die effektive Pferdekraft nur 75–80 Proz. der indizierten beträgt. Außerdem geht noch Kraft für den Slip des Propellers verloren, d. h. für den Verlust an Arbeitsleistung des Propellers, der dadurch entsteht, daß das Wasser dem Propeller keinen Halt gewährt, sondern ihm während seiner Arbeitsleistung ausweicht; der Slip beträgt bei Rädern 10–18 Proz., bei Schrauben 20–30 Proz. Folglich bleiben zur Vorwärtsbewegung, also zur Überwindung des Schiffswiderstandes, nur etwa 50 Proz. der gesamten Maschinenkraft übrig.

Die älteste Form der Schiffsmaschine ist die noch jetzt auf nordamerikanischen Flußdampfern gebräuchliche Balanciermaschine; man unterscheidet Maschinen mit hochliegendem Balancier (Tafel I, Fig. 1), die leicht, billig und bequem zu bedienen sind, und solche mit tiefliegendem Balancier. Diese kommen nur als Räderschiffsmaschinen vor, ebenso wie die oszillierenden Maschinen. Die Oszillationsmaschine von Trewithick wurde von Penn vervollkommt und ist auf schnellen Raddampfern gebräuchlich; bei ihr greifen die Kolbenstangen direkt (ohne Bleuelstange) an die Kurbelwelle, die Zylinder lagern in zwei Schwungzapfen, deren einer als Dampfeintritt, der andre als Dampfaustritt dient. Auch schrägliegende Maschinen (Diagonalmaschinen oder Bockmaschinen) mit festen Zylindern kommen auf Raddampfern vor; sie nehmen zwar viel Raum ein, da die Zylinder in der Längsrichtung stehen, eignen sich aber zu großer Kraftentfaltung auf flachen Schiffen (Flußschleppdampfern).

Die Schraubenschiffsmaschinen unterscheiden sich wesentlich von den Räderschiffsmaschinen wegen der verschiedenen Art und Lage des Propellers. Die tiefe und dem Kiel parallele Lage der Schraubenwelle bedingt die Anordnung der Zylinder, die Kleinheit des Propellers erhöht die Umdrehungszahl (bei Raddampfern etwa 30 Umdrehungen, bei Schraubendampfern 100–400 in der Minute). Nach der Zylinderanordnung unterscheidet man horizontale, vertikale und schrägliegende Schraubenschiffsmaschinen. Alle horizontalen Maschinen haben für Einschraubenschiffe den Nachteil, daß sie mitsamt ihrem Bewegungsmechanismus nur auf der halben Schiffbreite untergebracht werden müssen, weil die Kurbelwelle mittschiffs liegt; außerdem laufen sich auf allen horizontalen Maschinen die Zylinder allmählich oval aus. Die direkt wirkenden horizontalen Maschinen sind die einfachsten mit horizontal liegenden Zylindern; sie sind auch am leichtesten zu bedienen. Die rückwirkenden horizontalen Maschinen (mit rückgreifender Kurbelstange) haben größern Hub, sind aber komplizierter; bei ihnen wirkt die Kolbenstange erst durch Vermittelung eines Balanciers auf die Bleuelstange, die ihrerseits die Kurbel bewegt. Diese Maschinenart ist auf ältern Kriegsschiffen zu finden. Die dritte Art der horizontalen Maschinen sind die Trunkmaschinen, die zur Zeit der Niederdruckmaschinen großen Nutzen gewährten; es sind Maschinen mit hohler Kolbenstange von großem Durchmesser, in deren Mitte innen an dem Trunkzapfen die Bleuelstange angreift, wodurch Raum in der Querschiffsrichtung gespart wird, um genügenden Kolbenhub zu erreichen. Bei den vertikalen oder stehenden Maschinen stehen die Zylinder über den Schraubenwellen, ähnlich wie die Zylinder der Dampfhämmer (daher Hammermaschinen); sie erfordern viel Platz im obern Schiffsraum, sind aber sehr vorteilhaft, weil die Kolben frei schweben, also weniger Reibung haben und sich weniger abnutzen; außerdem ist die ganze Maschinenanlage sehr übersichtlich und leicht zu bedienen, auch leicht auseinanderzunehmen. Auf Handelsschiffen sind die vertikalen Maschinen sehr beliebt, bei Schnelldampfern erreicht ihre Anlage die Höhe eines dreistöckigen Hauses; bei Doppelschraubenschiffen stehen die vertikalen Maschinen nebeneinander, meist durch ein Mittellängsschott getrennt. Bei Dreischraubenschiffen stehen zwei nebeneinander und die dritte hinter beiden durch ein Querschott von ihnen getrennt. Auf Kriegsschiffen können stehende Maschinen nur verwendet werden, wenn unter dem Panzerdeck Platz genug ist, um von den stehenden Maschinen die Zylinderdeckel und Kolben abheben zu können; zuweilen gibt man dem Panzerdeck eine Glocke, wo die Zylinder stehen. Wo der Platz für vertikale oder horizontale Maschinen fehlt, wendet man schrägliegende Schiffsmaschinen an, bei denen die Zylinder stets höher als die Kurbelwelle liegen. Bei Doppelschraubenschiffen mit schrägliegenden Maschinen liegen die Zylinder in der Schiffsmitte.

Nach der Dampfspannung unterscheidet man bei Dampfschiffen Niederdruckmaschinen mit weniger als 3 kg auf 1 q cm Überdruck, Mitteldruckmaschinen mit 3–5 kg auf 1 qcm Überdruck und Hochdruckmaschinen mit absoluter Dampfspannung von mehr als 5 kg auf 1 qcm Überdruck. Nach der Art der Dampfausnutzung unterscheidet man Einfach-, Zweifach-, Dreifach- und Vierfach-Expansionsmaschinen. Abbildung einer Dreifach-Expansionsmaschine s. Tafel III. Sehr brauchbar sind für Schiffszwecke die Verbund- oder Compoundmaschinen. Die meisten neuern Schiffsmaschinen sind mit Kondensatoren ausgerüstet, die den verbrauchten Dampf auf der Rückseite des Kolbens niederschlagen und durch Herstellung einer Luftleere den Gegendruck auf den Kolben mindern.

In den Heizräumen (Kesselräumen) sind die Hauptdampfkessel für die Schiffsmaschine und die Hilfskessel aufgestellt. Man unterscheidet zwei Hauptarten von Schiffsdampfkesseln, die Feuerrohrkessel und die Wasserrohrkessel; erstere werden jetzt nur noch in der Form von Zylinderkesseln (nach Art der Lokomotivkessel) verwendet. Eine dritte Art von Schiffskesseln, die Kofferkessel (Niederdruckkessel mit höchstens 4 kg auf 1 qcm Überdruck) sind nur noch auf alten Schiffen in Gebrauch, weil sie sehr unökonomisch sind. Bei allen Schiffskesseln ist der Feuerraum mit Rost, Feuerbrücke und Feuertür in den Kessel hineingebaut, nur bei den Wasserrohrkesseln wird das Feuer ohne Feuerbrücke zwischen den Wasserrohren hindurch nach dem Rauchfang geführt. Die Zylinderkessel sind Hochdruckkessel mit bis zu 14 kg auf 1 qcm Überdruck; man unterscheidet je nach Anordnung der Feuerrohre Zylinderkessel mit durchschlagender oder mit rückkehrender Flamme, letztere können als Einfachkessel (Einen der) oder auch als Doppelkessel (Doppelender, d. h. Feuerungen an jedem Ende des Zylinderkessels) gebaut werden. Die Einen der haben je nach ihrem Durchmesser 1–4 zylindrische Feuerungen, die Doppelender 4–8. Auf ältern Torpedobooten kommen auch richtige Lokomotivkessel vor. Während bei den Feuerrohrkesseln eine Anzahl von Feuerrohren durch den großen Wasserraum hindurchgeführt ist, besitzen die Wasserrohrkessel keinen großen Wasserraum, sondern mehrere kleine Speisewassersammler (Unterkessel), von denen Röhrenbündel in Krümmungen zu einem Dampfsammler (Oberkessel) in die Höhe führen; die Unterkessel und Röhren sind mit Wasser gefüllt und werden von den Stichflammen der Kesselfeuerungen und von den überhitzten Heizgasen umspielt. In Wasserrohrkesseln kann man in 1/2 Stunde Dampf ausmachen und einen Druck von ca. 17 Atmosphären erreichen; sie können auf Kriegsschiffen unter dem Panzerdeck auseinandergenommen und neu montiert werden, während Zylinderkessel fertig in die Schiffe eingesetzt und ebenso erneuert werden müssen. Bei den jetzigen Bauarten sind Wasserrohrkessel noch sehr empfindlich, schwer zu speisen und schwer zu reinigen, sie werden leicht leck, kochen auch leicht über. Auf Handelsdampfern werden sich die Wasserrohrkessel deshalb nur langsam einbürgern, um so mehr als manche ihrer Spielarten auch unökonomischer als die Zylinderkessel sind; aber bei Kriegsschiffen ist ihr taktischer Vorteil des schnellen Dampfmachens so groß, daß man schon einzelnen Schiffen nur Wasserrohrkessel gibt, während andre vorläufig noch Zylinder-neben Wasserrohrkesseln haben. Das Linienschiff Kaiser Friedrich III. hat z. B. 8 Zylinder- und 4 Wasserrohr- (Schulz-) Kessel mit zusammen 40 Feuerungen, verteilt auf 6 Kesselräume; der große Kreuzer Prinz Heinrich hat 14 Wasserrohr- (Dürr-) Kessel in 4 Heizräumen. Die deutschen Dürr- und Richard Schulz-Kessel scheinen sich in der deutschen Marine gut zu bewähren, während die englische Admiralität mit ihren Belleville-Kesseln trübe Erfahrungen macht. Unter vielen andern Wasserrohrkesseln haben sich auch die Niclaussekessel, die Thornycroftkessel und die Babcock- und Wilcox-Kessel auf Kriegs- und Handelsschiffen bewährt. Um große Hitze zu erzeugen, wird den Feuerungen künstlich Luft zugeführt, und zwar entweder durch Oberwind oder durch Unterwind. Bei Oberwind-Luftzufuhr wird in die luftdicht geschlossenen Heizräume mit starken Gebläsen Luft hineingedrückt, deren Druck bei Zylinderkesseln 12 mm, bei Lokomotivkesseln 30 mm Wassersäule nicht überschreiten darf, um die Heizer nicht zu schädigen. Unterwind-Luftzufuhr kommt seltener vor; bei ihr wird die Preßluft durch besondere Kanäle unmittelbar unter die Roste in die luftdicht geschlossenen Aschfälle gedrückt.

Als Heizmaterial für Schiffskessel dienen Steinkohlen, Steinkohlenbriketts, Braunkohlenteeröl und Petroleumrückstände (Masut) und gelegentlich auf kleinen Dampfern Holz oder Fischabfälle, neuerdings auch Spiritus und Benzin. Die Kohlen lagern in den Kohlenbunkern, die möglichst nahe den Kesselräumen liegen und wasserdicht geschlossene Räume bilden; man unterscheidet Längsbunker und Querbunker nach der Lage zur Kielrichtung. Bunkerschotte trennen die Bunker von den Kessel- oder Maschinenräumen. Das Teeröl wird in Ölzellen aufbewahrt. Bunker reichen meist nicht höher als bis zum Zwischendeck oder Panzerdeck; Ölzellen liegen oft im Doppelboden der Schiffe. Um Selbstentzündung in den Kohlenbunkern zu verhüten, müssen sie viel gelüstet werden. Nach dem Kohlenvorrat eines Dampfschiffs richtet sich sein Aktionsradius (s.d.). Masut wird als Heizmaterial auf Kriegsschiffen verwendet, weil es im Verhältnis zu seinem Gewicht mehr Heizkraft als Kohle hat, auch bequem aufzubewahren ist. Meist werden aber dann die Dampfschiffe für gemischte Feuerung eingerichtet, weil Masut nicht überall zu haben ist; es wird durch Düsen zerstäubt in die Kesselfeuerungen gespritzt und entwickelt weniger Rauch als Kohlen, was ein wichtiger seetaktischer Vorzug ist.

Die Anzahl der Schiffskessel richtet sich nach der für die Maschinenanlage nötigen Rostfläche und auf das von der Kesselart abhängige Verhältnis der Rostfläche zur Heizfläche; bei Zylinderkesseln ist die Heizfläche etwa 30mal größer als die Rostfläche; Schnelldampfer verbrennen in Zylinderkesseln auf 1 qm Rostfläche stündlich etwa 90 kg gute Kohlen, womit etwa 700 kg Wasser verdampft werden. Moderne Schiffsmaschinen verbrauchen 0,6–1,2 kg Kohlen für jede Stunde und Pferdekraft. Aus jedem Kesselraum führt ein Hauptdampfrohr zu den Maschinen; jedes Rohr ist durch ein sehr sorgfältig zu arbeitendes Hauptdampfabsperrventil schließbar. Der verbrauchte Dampf wird kondensiert und das gewonnene Wasser durch Speisewasserrohre in die Kessel zurückgeführt. Alle Rohrleitungen sind mit Asbest, Kesselfilz, Korksteinplatten u. a. umkleidet, um Wärmeausstrahlung und damit Energieverlust zu verhüten. Die Maschinen müssen während des Ganges vom Maschinenpersonal ständig überwacht und geschmiert werden; Lager, die sich beim Laufen erhitzen, müssen sofort gekühlt werden. In den Heizräumen müssen die Feuerungen ununterbrochen reichlich mit Kohlen beschickt und der Wasserstand nach den Wasserstandsgläsern in richtiger Höhe gehalten werden. Die Asche wird mit Aschhißmaschinen außenbords befördert. Jeden Tag müssen die Feuer von Schlacke gereinigt werden. Kesselreinigung fordert Außerbetriebsetzung des Kessels und muß bei Zylinderkesseln nach etwa 400 Betriebsstunden geschehen.

Bei den modernen Dampfern treten bei gewissen Umdrehungszahlen der Maschinen starke vertikale Vibrationen ein, die den Aufenthalt an Bord unangenehm machen und die Schiffsverbände stark angreifen. Die Ursache der Erschütterungen ist das beständige Vor- und Zurückwandern des Druckmittelpunktes in der Maschine, in der beim Hinauf- und Herabgehen der Kolben fortwährend auf Kippen (bald nach vorn, bald nach hinten) wirkende Kräftepaare auftreten. Durch Vergrößerung der Schraubensteigung hat man die Vibrationen des Schnelldampfers Campania verkleinert. Middendorf schlägt vor, ein starkes Mittelträgersystem mit diagonalen und vertikalen Trägern zu geben; Ziese (St. Petersburg) will die drei Zylinder der Maschine durch Versteifungen zu einem starren Ganzen verbinden, und Schlick (Hamburg) schlägt vor, der Maschine 4 Kurbeln (durch Einstellung von 2 statt 1 Niederdruckzylinder) zu geben und diese 4 Kurbeln so zueinander zu stellen, daß die drückenden Gestängegewichte nie als kippende Kräftepaare wirken. Schlicks Versuche an einem Modell erläutern seine Theorie. Kleen in Roßlau hat früher den Vorschlag gemacht, die Umdrehungszahl der Schraube so einzurichten, daß sie von der Schwingungsperiode des Schiffskörpers möglichst verschieden ist.

Außer der Hauptmaschine hat jedes D. noch kleinere Dampfmaschinen als sogen. Hilfsmaschinen, auf Panzerschiffen und Schnelldampfern oft 30–40. Dahin gehören Dampfsteuerapparate, Gebläsemaschinen, Dampfpumpen, Dampfstrahllenzapparate, Dampfwinden, Dampfspills, Bootshißmaschinen, Frischwassererzeuger, Aschhißmaschinen, Dampfheizung, Dampfkoch- und Backeinrichtungen, Ventilationsmaschinen, elektrische Maschinen für die Beleuchtung, Turmdrehmaschinen, Maschinen zum Laden der schweren Geschütze, Maschinen zum Betrieb der Torpedoluftpumpen, zur Munitionsförderung etc.

Die Schnelligkeit der Dampfschiffe ist im Lauf der Zeit stark gewachsen, gleichzeitig aber sind die Maschinen immer ökonomischer und zuverlässiger geworden. Die Fahrt zwischen Queenstown und New York dauerte 1840 etwa 15 Tage und heute nicht ganz 5 Tage. Es gibt heute Hochseedampfer, die über 23 Seemeilen in der Stunde laufen. Der Wunsch, die Transportkosten möglichst zu verringern, führte zu der Konstruktion außergewöhnlich großer Schiffe, da auch beim D. der Großbetrieb am sparsamsten wirtschaftet. Die Größenzunahme der Dampfschiffe in den letzten Jahren geht aus dem Durchschnittstonnengehalte der Schiffe der großen Dampfergesellschaften jetzt und früher deutlich hervor. 1884 hatten die Schiffe der White Star Line 2891 Bruttoregistertonnen, 1900 aber 8699 Bruttoregistertonnen Durchschnittsgröße; bei der Atlantic Transport Line war die mittlere Schiffsgröße 1884: 2889 Bruttoregistertonnen, 1900 aber 7327 Bruttoregistertonnen. Die Steigerung der Schiffsräume hat auch insofern den Großbetrieb begünstigt, als viele einzelne Linien sich mit großen Gesellschaften verschmelzen mußten, um nicht zu Grunde zu gehen. Der erste Riesendampfer war der 1852–57 auf der Themse von Scott Russell und Brunel erbaute Great Eastern, der unterwegs nie Kohlen nehmen sollte, aber seiner Größe wegen selten Fracht fand und meist zur Legung von Telegraphenkabeln verwendet wurde. Der Great Eastern war Rad- und Schraubendampfer, hatte bei 207 m Länge und 25,3 m Breite eine Wasserverdrängung von 27,400 Ton., 7650 Pferdekräfte und erreichte 14,5 Seemeilen Geschwindigkeit. Er konnte 4000 Passagiere aufnehmen. Ende 1891 ist er zum Abwracken verkauft worden. Die größten modernen Riesendampfer Oceanic und Celtic sind bereits beträchtlich größer als der Great Eastern; Celtic hat 213 m Länge und 36,000 Ton. Wasserverdrängung, Oceanic hat 17,274 Bruttoregistertonnen und leistet 25,000 Pferdekräfte.

Der Betrieb eines Dampfers ist abhängig von den Kohlenpreisen und von der Wirtschaftlichkeit des Kessel- und Maschinenbetriebs; deshalb sind die Bestrebungen der Maschinenbautechniker auch fortgesetzt mehr darauf gerichtet, den Dampferbetrieb zu verbilligen, als die Geschwindigkeit zu steigern. Der Kohlenverbrauch wächst ungefähr mit der dritten Potenz der Geschwindigkeit. Sehr schnelle D. zu bauen, ist hauptsächlich eine Geldfrage. Nach theoretischen Berechnungen von Riehn würde zur Beförderung von 50 Ton. Gewicht an Reisenden und Gepäck ein Dampfer von 14,470 T. Deplacement mit Maschinen von 120,000 Pferdekräften und 5160 T. Kohlenverbrauch notig sein, um mit 39,2 Seemeilen Geschwindigkeit die Reise von Queenstown nach New York in drei Tagen zurückzulegen, allerdings unter Voraussetzung des jetzigen Standes der Maschinen- und Schiffbautechnik. Die stärksten Schiffsmaschinen der Erde besitzt der Doppelschraubenschnelldampfer Kaiser Wilhelm II., nämlich 40,000 Pferdekräfte. Vgl. Dampfschiffahrt. Über die hygienischen Verhältnisse auf Dampfschiffen s. Schiffshygiene.

Geschichte des Dampfschiffs

Mechanische Mittel zur Fortbewegung von Schiffen ohne Handruder und Segel sind schon in früher Zeit versucht worden. Appius Claudius soll schon 263 v. Chr. Schaufelräder auf Schiffen benutzt haben, 1472 veröffentlichte Valturius die Abbildung zweier Galeeren mit Schaufelrädern (fünf an jeder Seite des Schiffes), Blasco de Gary (1543) soll Schiffe mit Schaufelrädern, die von Menschen betrieben wurden, gebaut haben. Die Geschichte der Dampfschiffe beginnt mit Papin, der 1681 den Vorschlag machte, die Dampfkraft zur Bewegung der Schiffe zu benutzen. Papin fuhr 27. Sept. 1707 mit einem von ihm angegebenen Ruderradschiff, wobei der Wasserdampf als bewegende Kraft benutzt wurde, auf der Fulda von Kassel nach Münden. Er wollte mit diesem Schiffchen nach England übersetzen und scheint den Durchgang bei Münden, da ihm die obrigkeitliche Erlaubnis versagt worden war, mit Gewalt versucht zu haben. Dabei zerstörten ihm Schiffer sein Fahrzeug, und das entmutigte ihn so sehr, daß er alle weitern Bemühungen aufgab. 1736 erhielt Hull ein Patent auf die Verwendung der Newcomenschen atmosphärischen Dampfmaschine zur Umdrehung von Ruderrädern auf Schiffen. Doch ist von einer Ausführung seiner Ideen nichts bekannt. Interessant ist, daß schon damals der Physiker Daniel Bernoulli vorgeschlagen hat (in seiner 1727 bearbeiteten und 1738 in Straßburg erschienenen »Hydrodynamica«), Schiffe durch die Reaktion von an ihrem Hinterteil unter dem Wasserspiegel ausströmendem Wasser in Bewegung zu setzen. 1753 erinnerte Bernoulli in einer von der Pariser Akademie gekrönten Preisschrift über den besten Schiffsmotor an diesen Vorschlag, gab aber dabei einer nach Art der Windräder konstruierten Schraube den Vorzug. 1764 behandelte Albert Euler die Propellerfrage in den Berliner Memoiren der Akademie und schlug schon Ruderräder, Reaktionsrohre und Schraube (ähnlich dem Windmühlenflügel) vor. Auf den Ruhm, das D. erfunden zu haben, macht auch Frankreich Ansprüche, obwohl erst 1774 Auxiron und 1775 Périer Dampfboote konstruierten. 1776 begann auch der Marquis Joffroy auf dem Doubs seine Versuche. Wegen des geringen Erfolgs lehnte Colonne das Patentgesuch ab, und ein erneuter Versuch, den Joffroy 1816 unternahm, nachdem bereits die Korvette Elisa aus der Themse über den Kanal bis Paris gedampft war, schlug gleichfalls fehl. In England befuhr Patrick Miller 1787 den Firth of Forth mit einem Doppelboot, das von zwei durch Handhaspel gedrehten Ruderrädern bewegt wurde, und im folgenden Jahr benutzte er zum Betrieb der Räder eine zweipferdige, von Symington erbaute Dampfmaschine. 1785 hatte Bramah ein englisches Patent auf Schrauben als »Schiffspropeller« erhalten. In Amerika befuhr 1787 Fitch mit dem ersten Schrauben dampfer den Delaware, und in demselben Jahr konstruierte Rumsey in Philadelphia ein Boot, das die Reaktionskraft als Motor benutzte. Dies war das erste Prallschiff. 1802 schleppte Symington durch sein mit einer doppelt wirkenden Wattschen Dampfmaschine und einem Heckrad ausgestattetes Dampfboot Charlotte Dundas (das erste praktisch bewahrte D.) auf dem Forth- und Clydekanal zwei Kanalboote mit einer Geschwindigkeit von 3,25 engl. Meilen in der Stunde. 1803 hatte der Amerikaner Robert Fulton mit einem Dampfboot auf der Seine Versuchsfahrten angestellt, hatte aber vollständigen Erfolg erst mit seinem D. Clermont, das am 7. Okt. 1807 den Hudson von New York bis Albany mit einer Maximalgeschwindigkeit von 4 Seemeilen befuhr. Dieses Schiff war 42,67 m lang, 4,57 m breit und mit zwei an den Schiffsseiten angeordneten Ruderrädern von 4,7 m Durchmesser ausgestattet. Die Maschine entwickelte 20 Pferdekräfte, die Räder machten 20 Umdrehungen in der Minute. Nach der Versuchsfahrt wurde es sofort als Passagierboot benutzt, und damit war die Dampfschiffahrt eröffnet. Fulton benutzte eine Dampfmaschine von Watt, die Ruderräder von Miller, die Verbindung der Räder mit der Maschine wesentlich nach den Ideen Symingtons, und die Gestalt des Schiffes war vorzugsweise auf Beaufoys Versuche gestützt. Seine Erfolge fanden so großen Anklang, daß schon 1812 mehr als 50 in Nordamerika erbaute Dampfer die Flüsse befuhren. 1818 lief in New York das für die Fahrt New York-Liverpool-St. Petersburg bestimmte dreimastige D. Savannah vom Stapel und vollendete seine erste Fahrt von Savannah bis Liverpool in 26 Tagen, wobei 18 Tage unter Dampf.

In Europa wurde das erste dauernd in Fahrt gestellte D. 1812 von Wood im Auftrag von Bell an der Clydemündung erbaut. John Thomson gelang es 1812, ein D. zu bauen, das schneller lief als das von Bell; fast gleichzeitig erbaute Robertson ein D., das in Europa die erste Reise zur See machte. Buchanan erfand 1813 die stets senkrecht stehenden beweglichen Schaufeln an den »Patenträdern«. Die englischen Dampfschiffunternehmungen hatten guten Erfolg: 1815 fuhren in England und Schottland schon 20,1823 über 160 Dampfschiffe. Auch deutsche Flüsse (Rhein und Elbe) wurden 1818 zuerst von englischen Dampfern befahren, während auf der Donau erst 1830 ein D. erschien. Den Rhein befuhr zuerst bis Köln im Juni 1816 das englische D. Defiance; auf der Elbe machte die ersten (regelmäßigen) Fahrten vom Juni 1816 bis August 1817 zwischen Hamburg und Kuxhaven das schottische D. Lady of the Lake. In Frankreich datiert die Dampfschiffahrt von 1820, und drei Jahre später soll man dort mit dem Bau von Kriegsdampfschiffen begonnen haben. 1825 benutzte ein englisches Schiff die Dampfkraft zur Aushilfe seiner Segelkraft auf der Fahrt nach Kalkutta, und ein andres englisches D. vollendete die erste Fahrt nach Ostindien ausschließlich mit Dampfkraft in 113 Tagen, wovon 10 Tage zum Anlegen und zur Aufnahme frischer Kohlen gebraucht wurden. 1830 besaß England 315 Dampfschiffe und fünf Jahre später 538. 1833 baute Lang das erste englische Kriegsdampfschiff, eine Fregatte von 110 Pferdekräften und 807 Ton., die 360 T. Kohlen an Bord nehmen konnte und zuerst ohne Mithilfe der Segelkraft die Fahrt über den Atlantischen Ozean vollendete. – Einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte des Dampfschiffs bildet die Anwendung der Schraube als Motor, die 1829 zu Triest Joseph Ressel gelang. Die Schraube hatte einen und einen halben Umgang, 1,57 Gewindehöhe und lag völlig unter Wasser zwischen Hintersteven und Steuerruder. Leider veranlaßte ein geringfügiger Unfall bei der Probefahrt die österreichische Polizei, alle weitern Versuche zu untersagen, und so hörte man nichts von der Anwendung der Schraube bis 1836, wo Smith in England großes Aufsehen mit einem Schraubendampfer erregte; nach mehreren Versuchen erhielt er von der englischen Admiralität den Auftrag zum Bau eines größern Schraubendampfers. Dies Schiff, der Archimedes, machte 1839 seine Probefahrten mit so gutem Erfolg, daß von da ab die Schraube überall Eingang fand. Inzwischen hatten sich in England große Dampfschifffahrtsgesellschaften gebildet, und 1843 lief das von Brunel erbaute eiserne Schiff Great Britain, der erste mit einer Schraube versehene Ozeandampfer, vom Stapel. Er hatte 98 m Decklänge, war 15 m breit, besaß eine Lastigkeit von 3500 Ton., 4 Dampfmaschinen von 2000 Pferdekräften und eine vierflügelige Schraube von 4,7 m Durchmesser und 8,5 m Steigung. Ein ausgezeichnetes Schraubenlinienschiff, den Napoleon, mit vierflügeliger Schraube erbaute Dupuy de Lôme 1848–52 und erreichte mit demselben eine Geschwindigkeit von beinahe 14 Knoten. Das größte Aufsehen aber erregten Brunel und Scott Russell mit ihrem Great Eastern (vgl. S. 466), der die wertvollsten Ergebnisse bezüglich des Baues eiserner Schiffe lieferte.

Die neueste Zeit hat für Seeschiffe den Vorzug der Schraube endgültig dargetan. Große Vorteile gewannen die Dampfschiffe durch Einführung der Expansion, die Kohlenersparnis gewährte. Noch bedeutsamer aber war die Erfindung der Compound- oder Verbundmaschine. Die erste Verbundmaschine erhielt 1854 der Dampfer Brandon, aber erst seit 1869 ist dieselbe allgemeiner im Gebrauch. Die erste Dreifachexpansionsmaschine wurde 1882 auf dem Dampfer Aberdeen erprobt, und seitdem hat diese Maschine weite Verbreitung gefunden. Seit 1884 wurden auch einige Dampfer mit Vierfachexpansionsmaschinen gebaut. Noch vor 20 Jahren baute man Maschinen mit höchstens etwa 10,000 indizierten Pferdekräften, jetzt werden vom Schnelldampfer Kaiser Wilhelm II. 40,000 Pferdekräfte geleistet.

Die dritte Art von Dampfschiffmotoren, die Reaktionsröhren (Turbinenschiff, Prallschiff, Spritzschiff), wurde 1727 von Daniel Bernoulli vorgeschlagen; Allen ließ sich dasselbe Triebmittel 1729 patentieren. Das erste Schiff mit Reaktionsröhren wurde 1787 von Rumsey erbaut. Seydel baute 1855 das Prallschiff Albert; 1866 machte das englische eiserne Panzer-Dampfkanonenboot Waterwitch mit Reaktionspropeller auf der Themse fast neun Knoten Fahrt. Bei allen diesen Prallschiffen wirkt der Dampf durch Vermittelung einer Maschine auf das Reaktionswasser, bei Fleischers Hydromotor dagegen direkt. Der Bewegungsmechanismus dieses Systems ist mit dem der Dampfmaschine von Savery (s. Dampfmaschine, S. 457) und dem des Pulsometers verwandt. Als vierter Motor kann die Kette oder das Seil betrachtet werden, das bei der Tauerei (s.d.) Verwendung findet.

Vgl. Fincham, History of naval architecture (Lond. 1851); Seaton, Manual of marine engineering (14. Aufl., das. 1899); Ziese, Über neuere Schiffsmaschinen (2. Aufl., Kiel 1883); Busley: Die Schiffsmaschine (3. Aufl., das. 1891 u. 1898,2 Abtlgn.), Die Entwickelung der Schiffsmaschine in den letzten Jahrzehnten (3. Aufl., Berl. 1892), Die neuern Schnelldampfer (2. Aufl., Kiel 1892); Haack und Busley, Technische Entwickelung des Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerika-Paketfahrt-Aktiengesellschaft (Berl. 1893); Bienaymé, Les machines marines (Par. 1887); Demoulin, Nouvelles machines marines des bâtiments à grande vitesse, etc. (das. 1888); Derselbe, Étude sur les machines compound à triple expansion (das. 1885); Fleischer, Der Hydromotor (Kiel 1882); Preble, A chronological history of the origin and development of steam navigation (Philad. 1883); Raineri, Storia tecnica e aneddotica della navigazione a vapore (Rom 1888); Williams, Steam Navy of England; past, present and future (Lond. 1893); Bertin, Chaudières marines (Par. 1896); Girard, Traité pratique des chaudières marines (das. 1897); Hahn, Die Schiffsdampfmaschine und das Manövrieren mit Dampfschiffen (3. Aufl., Brem. 1897); Flamm-Rühlmann, Beiträge zur Geschichte, Kultur und Technik der Schiffahrt (2. Aufl., Leipz. 1903); Stange, Der Kohlenverbrauch auf Kriegsschiffen (Pola 1898); Durand, Resistance and propulsion of ships (Lond. 1898); Schubert, Theorie des Schlickschen Massenausgleichs bei mehrkurbeligen Dampfmaschinen (Leipz. 1901); Lorenz, Dynamik der Kurbelgetriebe mit besonderer Berücksichtigung der Schiffsmaschinen (das. 1901); Bauer, Berechnung und Konstruktion der Schiffsmaschinen und Kessel (Münch. 1902); Wilda, Schiffsmaschinenkunde (3. Aufl., Hamb. 1903); Derselbe, Der Schiffsmaschinenbau (Hannov. 1901); W. Müller, Die Schiffsmaschinen (2. Aufl., Braunschweig 1896); Leps, Die Wasserrohrkessel der Kriegs- und Handelsmarine (Rostock 1903).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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