- Zimmermann [2]
Zimmermann, 1) Johann Georg, Ritter von, philosoph. Schriftsteller, geb. 8. Dez. 1728 zu Brugg im Kanton Aargau, gest. 7. Okt. 1795 in Hannover, studierte in Göttingen unter der Leitung seines Landsmannes und väterlichen Freundes Haller Medizin und promovierte daselbst mit der Dissertation »De irritabilitate« (Götting. 1751), die den Grund zu seiner Berühmtheit legte. Nach einer Reise durch Holland und Frankreich wurde er 1754 Stadtphysikus in Brugg und verfaßte hier unter anderm seine berühmten Schriften: »Über die Einsamkeit« (Zürich 1756; gänzlich umgearbeitet, Leipz. 1784–85, 4 Bde.); »Vom Nationalstolz« (Zürich 1758 u. ö.) und »Von der Erfahrung in der Arzneikunst« (das. 1764, 2 Bde.; 3. Aufl. 1831). Seit 1768 erster Leibarzt des Königs von England in Hannover, wurde er von Friedrich d. Gr. in dessen letzter Krankheit nach Berlin gerufen und veröffentlichte nach des Königs Tode mehrere Schriften über ihn, z. B. »Über Friedrich den Großen und meine Unterredung mit ihm« (1788) und »Fragmente über Friedrich den Großen« (Leipz. 1789, 3 Bde.). In diesen Schriften sowie in mehreren andern, die er in den letzten Jahren seines Lebens veröffentlichte, zeigt sich eine leidenschaftlich gereizte Stimmung gegen die Aufklärer, die er als Feinde der Religion und der Fürstengewalt denunzierte. Vgl. Bodemann, Johann Georg Z. Sein Leben und bisher ungedruckte Briefe an denselben (Hannov. 1878); Ischer, J. G. Zimmermanns Leben und Werke (Bern 1893). Bodemann gab auch den »Briefwechsel zwischen der Kaiserin Katharina II. von Rußland und J. G. Z.« heraus (Hannov. 1906).
2) Ernst, prot. Theolog, geb. 18. Sept. 1786 in Darmstadt, gest. daselbst 24. Juni 1832, ward 1805 Prediger in Auerbach an der Bergstraße, wo er 1808 seine Ausgabe des Euripides (Frankf. a. M. 1808–1815, 4 Bde.) begann, 1809 Diakonus in Großgerau, 1814 Hofdiakonus zu Darmstadt und 1816 Hofprediger. Verdienste erwarb sich Z. durch Gründung der »Allgemeinen Kirchenzeitung« (seit 1822) und der »Allgemeinen Schulzeitung« (seit 1824). Seine Predigten erschienen gesammelt in 8 Bänden (Darmst. 1815–31).
3) Karl, Theolog, Bruder des vorigen, geb. 23. Aug. 1803 in Darmstadt, gest. daselbst 12. Juni 1877, seit 1842 erster Hofprediger in seiner Vaterstadt, 1847 Prälat, hat sich durch die Begründung der Gustav Adolf-Stiftung wie auch durch Fortsetzung der von seinem Bruder unternommenen »Kirchenzeitung« und »Schulzeitung«, durch Begründung eines »Theologischen Literaturblattes« (1841–75) und den mit Großmann seit 1843 herausgegebenen »Boten des Gustav Adolf-Vereins« bekannt gemacht. Seine zahlreichen Schriften betreffen meist die Geschichte und Organisation des Gustav Adolf-Vereins, darunter »Der Gustav Adolf-Verein« (7. Aufl., Darmst. 1867); »Die Bauten des Gustav Adolf-Vereins in Bild und Geschichte« (das. 1859–76).
4) Wilhelm, Dichter und Geschichtschreiber, geb. 2. Jan. 1807 in Stuttgart, gest. 22. Sept. 1878 in Mergentheim, studierte Theologie, lebte als Privatgelehrter in Stuttgart, wurde 1840 Geistlicher zu Urach, 1847 Professor an der Polytechnischen Schule in Stuttgart, aber 1850 wegen seiner politischen Haltung abgesetzt. Seit 1854 Pfarrer in Leonbronn, wurde er 1872 Stadtpfarrer in Owen. Von seinen zahlreichen Schriften sind am bekanntesten die »Geschichte des großen Bauernkriegs« (Stuttg. 1840–1844, 3 Bde.; 2. Aufl. 1856; die 3. Aufl., hrsg. von Blos, 1891, ist wertlos) und die »Geschichte der Hohenstaufen« (das. 1838, 3. Aufl. 1865). Seine »Gedichte« (Stuttg. 1832) erschienen 1854 in dritter Auflage.
5) Johann von, Industrieller, geb. 27. März 1820 zu Papa in Ungarn, gest. 2. Juli 1901 in Berlin, arbeitete zuerst praktisch in der Werkstatt seines Vaters, dann in der Fabrik eines Verwandten zu Großwardein und in Maschinenfabriken in Wien, München und Chemnitz. 1844 etablierte er sich mit einem Arbeitsgenossen in Chemnitz und fabrizierte feinere Maschinenteile, hauptsächlich Zylinder für Spinnmaschinen. 1848 trennte er sich von seinem Teilhaber, und seit 1854 betrieb er speziell den Werkzeugmaschinenbau und brachte, trotz des herrschenden Vorurteils für englisches Fabrikat, sein Unternehmen zu gedeihlichem Fortgang. Nach dem deutsch-französischen Kriege wurde die Fabrik durch Anlage einer Eisengießerei und Werkzeugmaschinenbau für Holzbearbeitung erweitert. Z. hat den deutschen, speziell den sächsischen, Werkzeugmaschinenbau ins Leben gerufen und namentlich den Holzbearbeitungsmaschinenbau zu umfangreichem Betrieb entwickelt. Wegen seiner Verdienste um die Förderung der Industrie Ungarns durch Unterstützung der Schulen und gewerblichen Anstalten wurde ihm vom Kaiser von Österreich der erbliche Adel verliehen. Für die Stadt Chemnitz errichtete er eine Naturheilanstalt mit entsprechendem Betriebsfonds. 1871 ging seine Fabrik als »Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik« an eine Aktiengesellschaft über, in die Z. auf drei Jahre als Generaldirektor eintrat. Später lebte er in Berlin.
6) Robert, Ästhetiker und philosoph. Schriftsteller, geb. 2. Nov. 1824 in Prag, gest. daselbst 1. Sept. 1898, studierte in seiner Vaterstadt und in Wien Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften, wurde 1847 Assistent an der Sternwarte, 1849 Privatdozent der Philosophie an der Universität in Wien, 1850 außerordentlicher Professor an der (später aufgehobenen) Universität in Olmütz, 1852 ordentlicher Professor der Philosophie in Prag, 1861 ordentlicher Professor in Wien, wo er 1869 auch zum Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften ernannt wurde; 1895 trat er von seinem Lehramt zurück. Z. gehörte zu den bedeutendsten Vertretern der Herbartschen Schule und hat sich besonders durch seine Bekämpfung der Hegel-Vischerschen Gehaltsästhetik und die vom Standpunkt der Herbartschen Schule aus durchgeführte Begründung der Formästhetik sowie durch seine Geschichte der Ästhetik bekannt gemacht. Von seinen Schriften führen wir an: »Leibniz' Monadologie« (Wien 1847); »Leibniz und Herbart« (gekrönte Preisschrift, das. 1849); »Das Rechtsprinzip bei Leibniz« (das. 1852); »Philosophische Propädeutik« (das. 1852, 3. Aufl. 1867; mehrfach in fremde Sprachen übersetzt); »Über das Tragische und die Tragödie« (das. 1856); »Ästhetik« (das. 1858–65, 2 Bde.; der erste enthält die Geschichte und Kritik, der zweite das System); »Studien und Kritiken zur Philosophie und Ästhetik« (das. 1870, 2 Bde.); »Anthroposophie im Umriß« (das. 1882, sein System der philosophischen Wissenschaften).
7) Alfred, deutscher Geschichtsforscher, geb. 8. Mai 1859 zu Frankenstein in Schlesien, studierte Geschichte und Volkswirtschaft, unternahm ausgedehnte Reisen, ward 1890 Hilfsarbeiter im Auswärtigen Amt des Deutschen Reiches, 1892 ständiger Hilfsarbeiter mit dem Titel eines Konsuls in der Kolonialabteilung, 1899 Legationsrat und war 1901–03 der Botschaft in London als Beirat für kolonialwirtschaftliche Angelegenheiten beigegeben. Jetzt lebt er in Berlin. Er schrieb: »Blüte und Verfall des Leinengewerbes in Schlesien« (2. Aufl., Oldenb. 1892); »Geschichte der preußisch-deutschen Handelspolitik« (das. 1892); »Kolonialgeschichtliche Studien« (das. 1894); »Die europäischen Kolonien«, Bd. 1: »Die Kolonialpolitik Portugals und Spaniens« (Berl. 1896), Bd. 2 u. 3: »Die Kolonialpolitik Großbritanniens« (das. 1898–99), Bd. 4: »Die Kolonialpolitik Frankreichs« (das. 1901), Bd. 5: »Die Kolonialpolitik der Niederländer« (das. 1903); »Die deutsche Kolonialgesetzgebung 1893–1900« (das. 1898–1901, als 2.–5. Teil des von Riebow 1893 begonnenen Werkes); »Weltpolitisches« (das. 1901); »Die Handelspolitik des Deutschen Reiches vom Frankfurter Frieden bis zur Gegenwart« (das. 1901); »Kolonialpolitik« (2. Aufl., Leipz. 1905).
[Maler.] 8) Klemens von, Maler, geb. 8. Nov. 1789 in Düsseldorf, gest. 24. Jan. 1869 in München, besuchte seit 1804 die Düsseldorfer Akademie und 1868 die in München, wurde 1815 Direktor der Kunstschule in Augsburg, bereiste im folgenden Jahre Italien und nahm seit 1825, wo er ordentlicher Professor an der Münchener Akademie wurde, an allen Schöpfungen Ludwigs 1. tätigen Anteil. Er hat Fresken in den Arkaden des Hofgartens und im Königsbau zu München, Ölgemälde (Cimabue und der kleine Giotto unter den Hirten, in der Neuen Pinakothek daselbst) und Porträte gemalt. Von 1846–65 war Z. Direktor der königlichen Zentralgalerie.
9) Albert, Maler, geb. 20. Sept. 1809 in Zittau, gest. 18. Okt. 1888 in München, wandte sich in seinem 21. Jahr als Autodidakt der Landschaftsmalerei zu und ging zu seiner Ausbildung nach Dresden und 1831 nach München. 1857 erhielt er eine Professur in Mailand, 1860 in Wien, wo er bis 1871 an der Akademie der bildenden Künste wirkte. Dann nahm er seinen Wohnsitz in Salzburg und siedelte von da 1884 nach München über. Z. war ein hervorragender Vertreter der heroisch-historischen Landschaftsmalerei, für die er die Motive mit Vorliebe aus der Gebirgsnatur mit mächtiger Lichtwirkung wählte. Seine Hauptwerke sind: Gebirgslandschaft mit Wasserfall und Felsenlandschaft mit Kampf von Kentauren mit Tigern (beide in der Pinakothek zu München), Faust und Mephistopheles am Hochgericht, Obersee bei Berchtesgaden (Galerie in Stuttgart), in den Hochalpen (Städelsches Museum in Frankfurt), Kampf der Kentauren mit Löwen (Museum in Leipzig), Gewittersturm im Hochgebirge (kaiserliche Galerie in Wien), Luganer See (in der Galerie der Akademie zu Wien), die Pflügung des Ackers (Galerie zu Dresden), Morgendämmerung am Groß-Venediger, die verschüttete Alpe, Wassersturz in der Ramsau.
10) Max, Maler, Bruder des vorigen, geb. 7. Juli 1811 in Zittau, gest. 30. Dez. 1878 in München, widmete sich unter Anleitung seines Bruders Albert der Malerei. Seine Landschaften zeichnen sich durch kräftige Färbung und ernste Stimmung aus; besonders geschätzt sind seine Eichenbilder. Er hat auch schöne Waldradierungen ausgeführt.
11) Reinhard Sebastian, Maler, geb. 9. Jan. 1815 in Hagnau am Bodensee, gest. 16. Nov. 1893 in München, kam mit 13 Jahren nach dem Städtchen Meersburg, um Kaufmann zu werden, und 1836 zu seiner weitern Ausbildung nach Remiremont (Vogesen). Dort erwarb er sich in den Mußestunden durch Anfertigung von Miniaturporträten so viel, um kleine Reisen zu machen, auf denen seine Liebe zur Kunst sich weiter entwickelte. Erst nachdem er noch einige Jahre in Freiburg Kommis gewesen war, konnte er 1840 nach München auf die Akademie gehen, wo sich der Tiermaler Robert Eberle seiner annahm. 1847 begründete er in München mit einem humoristischen Bilde: die heiligen drei Könige, seinen Ruf als Genremaler. Nun folgten zahlreiche Szenen von gesundem, frischem Humor und trefflicher Charakteristik, darunter: die teure Zeche, die Landleute im Schloß (1853), die Bettelmusikanten (1854), ein Liebesbrief (Galerie in Karlsruhe), die Fischerhütte, der Schrannentag in München (1861, Museum in Köln), in der Wirtsstube (1862, Neue Pinakothek in München), Einquartierung französischer Soldaten im Schloß, die Impfstube, der Zeitungsleser, die Leihbibliothek, die Siegesbotschaft (1879), Klosterschule in Ottobeuern, vor der Musikprobe und die Schneiderschule im Kloster. Er schrieb: »Erinnerungen eines alten Malers« (Münch. 1884).
12) Richard, Maler, Bruder von Z. 9) und 10), geb. 2. März 1820 in Zittau, gest. 4. Febr. 1875 in München, erhielt von seinem Bruder Albert den ersten Kunstunterricht und folgte diesem 1838 nach München. Seit den 1840er Jahren malte er Stimmungsbilder in der Art der französischen Meister des Paysage intime. Besonders beliebt waren seine Winterlandschaften (drei solche und eine Kartoffelernte in der Neuen Pinakothek zu München).
13) Ernst, Maler, Sohn von Z. 11), geb. 24. April 1852 in München, gest. daselbst 15. Nov. 1901, erhielt 1868 von seinem Vater den ersten Kunstunterricht, besuchte dann die Akademie und wurde hier zuletzt Schüler von Wilh. Diez, bei dem er bis 1874 arbeitete. Nachdem er einige humoristische Genrebilder gemalt hatte, widmete er sich seit 1879 der Geschichtsmalerei mit besonderer Betonung des koloristischen Elements, das sich teils an die Venezianer, teils an Correggio anschließt. Seine Hauptwerke sind: der zwölfjährige Christus im Tempel (1879), die Anbetung der Hirten (1883), Christus und die Fischer (1886), Christus Konsolator (1888), Christus erscheint dem Thomas (1892), Joseph mit dem kleinen Jesus und Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid (1896), Anbetung der Hirten (in der Münchener Neuen Pinakothek) und die Genrebilder: Musikunterricht, die böse Gans, der Aufschneider, die Geschäftsfreunde, das Ei des Kolumbus. Er hat auch Stillleben gemalt. Z. war königlicher Professor und Ehrenmitglied der Münchener Kunstakademie.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.