- Zittau
Zittau (Chytawa), sonst die dritte unter den Sechsstädten der Oberlausitz, jetzt Hauptstadt einer Amtshauptmannschaft in der sächs. Kreish. Bautzen, am linken Ufer der Mandau, unweit ihres Einflusses in die Neiße, 244 m ü. M., hat 7 evang. Kirchen (darunter die Johanniskirche mit trefflicher Orgel, die Peter-Paulskirche und die Kreuzkirche), eine neue kath. Kirche, eine Synagoge, ein im Rundbogenstil erbautes Rathaus, Denkmäler des hier gebornen Komponisten Marschner, Bismarcks und des frühern Bürgermeisters Haberkorn, ein Gewandhaus, ein Schauspielhaus, ein schön eingerichtetes Stadtbad und (1905) mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 102) 34,719 Einw., darunter 5529 Katholiken und 122 Juden.
Z. ist an Grundbesitz, besonders an Wald, die reichste Stadt des Königreichs, besitzt gutsherrliche Rechte über 32 Ortschaften der Umgebung und Kollaturrechte über eine große Anzahl benachbarter Dorfkirchengemeinden. Die Industrie ist besonders bedeutend in Orleansweberei und Herstellung halbwollener Waren; ferner betreibt die Bevölkerung Baumwollspinnerei, Tuch-, Woll- und Baumwollweberei, Posamentierwaren-, Filz-, Spiralfedern-, Fahrrad-, Blumen-, Dachpappen-, Holzwaren-, Jalousien-, Seilerwaren- und Maschinenfabrikation, Eisengießerei, Färberei, Bleicherei, Ziegelbrennerei, Töpferei, auch befinden sich dort 2 Glasmalereianstalten, ein Elektrizitätswerk sowie die Oberlausitzer Lichtdruck- und photographische Kunstanstalt. Für den Handel, der durch eine Handels- und Gewerbekammer, eine Reichsbanknebenstelle, die Oberlausitzer Bank etc. sowie durch ein Konsulat der Vereinigten Staaten unterstützt wird, ist Z. Hauptsitz des sächsischen Damast- und Leinwandhandels, auch findet bedeutender Garnhandel nach Böhmen und Handel mit Drogen und Chemikalien statt. Dem Verkehr in der Stadt dient eine elektrische Straßenbahn. Für den Eisenbahnverkehr ist es Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Bischofswerda-Z., Löbau-Z., Z.-Reichenberg u. a. Z. hat ein Gymnasium (an dem Christian Weise [s. d. 1] einst Rektor war), ein Realgymnasium mit Handelsschule, eine höhere Web-, eine Tiefbau- und eine Baugewerkschule und ist Sitz eines Amtsgerichts, eines sächsischen und eines österreichischen Hauptzollamts. Die städtischen Behörden zählen 12 Magistratsmitglieder und 24 Stadtverordnete. In der Nähe Braunkohlengruben und in den Industriedörfern der Umgegend wichtige Fabriken für Leinwand, Damast, Baumwollwaren etc. Im nahen Lausitzer Gebirge der Oybin (s. d.) sowie die eine prächtige Aussicht bietenden Berge Lausche, Hochwald und Töpfer.-Z., eine slawische Gründung (Sitowir, »Kornstadt«), gehörte zu Böhmen, wurde 1255 Stadt, erhielt 1287 von Wenzel II. wichtige Privilegien, kam 1320 durch Tausch an den Herzog Heinrich von Jauer und fiel 1346 an Böhmen zurück. Damals trat die Stadt dem Bunde der Sechsstädte bei, wurde in den Hussitenkriegen häufig von den Hussiten, die hier 1427 ein deutsches Heer schlugen, angegriffen und nahm 1521 die Reformation an. 1620 wurde Z. vom Kurfürsten Johann Georg I. erobert und kam mit der übrigen Lausitz an Kursachsen. 1639 von den Schweden unter Torstensson belagert und eingeäschert, dann abwechselnd von den Schweden, Kaiserlichen und Sachsen in Besitz genommen, wurde es seit 1643 von den Sachsen behauptet. Im Siebenjährigen Kriege wurde es im Juli 1757 von den Österreichern genommen und fast ganz niedergebrannt. Vgl. Carpzov, Analecta fastorum Zittaviensium (Zittau 1716); Peschek, Geschichte von Z. (das. 1834–1837, 2 Bde.) und König Ottokar II. und die Begründung der Stadt Z. (Görl. 1855); »Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen«, Heft 29 u. 30: Zittau, von C. Gurlitt (Dresd. 1906 u. 1907); Korschelt, Führer durch Z. und Umgebung (3. Aufl., Zittau 1907).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.