- Einquartierung
Einquartierung, die Unterbringung von Soldaten in Bürgerquartieren. Früher wurde im Frieden die E. als Staatslast, wie noch heute teilweise in Rußland, möglichst gleichmäßig auf das ganze Land verteilt. Jetzt strebt man allseitig danach, die Truppen, zu großen Garnisonen (s. d.) vereinigt, in Kasernen, ja auch bei regelmäßig wiederkehrenden Truppenversammlungen, wie bei den jährlichen Schießübungen der Artillerie, in Barackenlagern (s. Lager) auf den Schießplätzen selbst unterzubringen. Die E. fällt daher nur für kleine Teile des Heeres dauernd den Städten zur Last, und nur bei außergewöhnlichen Verstärkungen des Heeres und bei Truppenversammlungen, auf Märschen und bei den jährlichen Herbstübungen findet sie in größerm Umfange statt. Die Pflicht zur Übernahme der E. ist nach wie vor den Gemeinden auferlegt und nach Vorgang der ältern preußischen Bestimmungen (Art. 61 der norddeutschen Bundes- und der Reichsverfassung) im Deutschen Reiche geregelt 1) durch das Reichsgesetz vom 25. Juni 1868, betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht im Frieden (ergänzt durch Artikel I des Reichsgesetzes vom 21. Juni 1887), nebst Vorschrift über die Quartierbedürfnisse, Servistarif und Klasseneinteilung der zum Bundesgebiet gehörigen Ortschaften, beide abgeändert durch Reichsgesetz vom 3. Aug. 1878 und 28. Mai 1887; vgl. ferner Ausführungsvorschriften vom 31. Dez. 1868 und 3. Sept. 1870, für Bayern Verordnung vom 8. Juli 1875; 2) durch das Reichsgesetz über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden vom 13. Febr. 1875, abgeändert durch Artikel II des Reichsgesetzes vom 21. Juni 1887, dazu Instruktion vom 30. Aug. 1887 und für Bayern Verordnung vom 22. Dez. 1887; 3) durch das Reichsgesetz über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 nebst Verordnung vom 1. April 1876. Von der E. im Frieden sind nur befreit die Häuser, bez. Wohnungen der Mitglieder regierender oder früher reichsunmittelbarer Familien, der fremden Gesandten und (dies mit Einschränkung) Konsuln, Dienstgebäude der Behörden, Post und Eisenbahnen, Unterrichtsanstalten, Bibliotheken, Museen, gottesdienstliche Gebäude, Waisen-, Armen-, Kranken-, Besserungshäuser, Strafanstalten, Privatgebäude in den ersten zwei Kalenderjahren nach demjenigen, in dem sie bewohnbar werden. Im Kriege bleiben nur landesherrliche Schlösser und zu Staatszwecken dienende Gebäude frei.
Die E. in den gewöhnlichen Friedensgarnisonen wird von den Gemeinden meist durch sogen. Servisdeputationen geordnet, die aus Gemeindebeamten und gewählten Gemeindevertretern bestehen, nicht selten in der Weise, daß größere Quartiere gemietet werden. Über die Entschädigung (Servis) für die E. bestimmt der Servistarif nach der Charge und der Einteilung der Orte in fünf Klassen, über denen eine Anzahl großer Städte, wie Berlin, München, Stuttgart, Dresden, Hamburg und Altona, Frankfurt a. M. etc., eine besondere Klasse A bilden. Der Servistarif unterliegt alle 10 Jahre einer allgemeinen Durchsicht. Die E. außerhalb der Garnisonen erfolgt entweder auf Märschen, also nur für einen Tag bis zum Weitermarsch am andern Morgen, mit einzelnen Ruhe- oder sonstigen unvorhergesehenen Liegetagen (Marschquartier), oder auf mehrere Tage, Wochen und Monate (Kantonnementsquartier). Bei dieser E. wird nicht nur für die Gemeinen und Unteroffiziere, sondern auch für Offiziere, Ärzte und Militärbeamte (in den Garnisonen Selbstmieter) Quartier beansprucht; außerdem Stallung für die Pferde und die nötigen Gelasse für die Amts-, Wacht- und Arresträumlichkeiten. Bei Marschquartieren tritt Naturalverpflegung durch die Quartiergeber ein. Vorübergehende E. wird im Frieden den Verwaltungsbehörden vorher mitgeteilt, von diesen auf die Gemeinden und von deren Vorständen auf die einzelnen Hausbesitzer verteilt, während die Gemeinde als Ganzes für die nötigen Leistungen haftet. Dann fertigt auf Grund der Marschrouten der Ortsvorstand Quartierbillets aus, durch die sich die einzelnen Soldaten den Hauswirten gegenüber ausweisen. Die Entschädigungsansprüche für gewährtes Quartier sind, wenn sie nicht sofort befriedigt werden, spätestens im Laufe des folgenden Kalenderjahrs der zuständigen Behörde anzumelden. Die Stärke der Belegung mit E. richtet sich im Frieden nach der Leistungsfähigkeit der Gemeinden und den vorhandenen Räumlichkeiten; im Krieg entscheiden die Erfordernisse der militärischen Lage, und es kann dabei bis zur Massenbelegung nach der Möglichkeit der Unterbringung unter gleichzeitiger Heranziehung der Einwohner zur Verpflegung der Truppen gegangen werden. (Vgl. Marsch und Ortsunterkunft.) Eine Entschädigungspflicht dafür ist nur im eignen Land anerkannt, in Feindesland gelten für alle solche Leistungen die Grundsätze des Requisitionssystems. Vgl. Mondésir, Du logement des militaires chez les habitants (Par. 1873); Laband, Staatsrecht des Deutschen Reiches (3. Aufl., Tübing. 1902).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.