Reinhard

Reinhard

Reinhard, 1) Franz Volkmar, prot. Theolog und Kanzelredner, geb. 12. März 1753 zu Vohenstrauß im ehemaligen Fürstentum Sulzbach, gest. 6. Sept. 1812 in Dresden, ward 1778 in Wittenberg Adjunkt der philosophischen Fakultät, 1780 außerordentlicher Professor der Philosophie und 1782 ordentlicher Professor der Theologie, 1784 Propst an der Universitätskirche, 1792 als Oberhofprediger, Kirchenrat und Oberkonsistorialassessor nach Dresden berufen. In philosophischer Beziehung ist er vom Eklektizismus und Skeptizismus zum Supernaturalismus übergegangen. Mehr noch der frühern Periode gehören die beiden ersten Bände seines »Systems der christlichen Moral« (Wittenb. 1788–1815, 5 Bde.; wiederholt aufgelegt) an, der spätern seine epochemachende Wirksamkeit als Kanzelredner in Dresden. Seine Predigten (Sulzb. 1793–1813, 35 Bde.; Supplemente von Keuzelmann, Meiß. 1825, und Haas, Leipz. 1833) haben die Theorie und Praxis der deutschen Kanzelberedsamkeit auf lange Zeit hinaus bestimmt. Die Reinhards-Stiftung in Dresden stellt jährlich homiletische Preisaufgaben. Vgl. Pölitz, R. nach seinem Leben und Wirken dargestellt (Leipz. 1813–1815, 2 Bde.).

2) Karl Friedrich, Graf von, franz. Diplomat, geb. 2. Okt. 1761 zu Schorndorf in Württemberg, gest. 25. Dez. 1837 in Paris, studierte in Tübingen Theologie, wurde Vikar in Balingen und 1787 Erzieher in einem Handelshaus zu Bordeaux. Begeisterter Anhänger der Revolution, trat er zu den Girondisten in Beziehung und wurde von Dumouriez 1792 als erster Gesandtschaftssekretär nach London, 1793 nach Neapel geschickt. Unter der Schreckensherrschaft bekleidete er die Stelle eines Divisionschefs im Ministerium des Auswärtigen und verwaltete seit 1795 verschiedene Gesandtschaften, auch 1799 über zwei Monate lang das Ministerium des Auswärtigen, bis er als französischer Generalkonsul und Resident in Jassy beim Einmarsch der Russen 1806 mit seiner Familie verhaftet, auf des Kaisers Befehl aber wieder freigegeben wurde. Napoleon I. ernannte ihn 1808 zum Gesandten am westfälischen Hofe in Kassel und zum Grafen; er regierte hier weit mehr als Jérôme selber das Königreich Westfalen. Nach der zweiten Restauration wurde er Gesandter beim deutschen Bundestag in Frankfurt a. M. bis 1829. Nach der Julirevolution bis 1832 wieder Gesandter am sächsischen Hof, wurde er 1832 zum Pair ernannt. Er war seit 1795 Mitglied des Instituts. Obwohl politisch Frankreich zugetan, blieb R. im Herzen stets ein Deutscher. Sein »Briefwechsel mit Goethe« erschien Stuttgart 1850. Vgl. W. Lang, Graf R. (Bamb. 1896); Jansen, Nordwestdeutsche Studien (Berl. 1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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