Maschine

Maschine

Maschine, im physikalischen Sinn eine Vorrichtung, die ermöglicht, die Richtung, den Angriffspunkt oder die Größe einer Kraft in gewünschter Weise abzuändern, soweit dies die sogen. »goldene Regel« der Mechanik gestattet, nach der das, was an Größe der Kraft gewonnen wird, an Hubhöhe oder Schnelligkeit der Leistung verloren geht und umgekehrt (s. Energie). Als einfache Maschinen bezeichnet man Hebel, Rolle, schiefe Ebene, Keil und Zahnrad, da sie keine Zergliederung in noch einfachere zulassen, während die übrigen, die zusammengesetzten Maschinen, als Kombinationen derselben aufgefaßt werden können.

In der Technik versteht man unter M. eine Verbindung widerstandsfähiger Körper, die so eingerichtet ist, daß mittels ihrer mechanische Naturkräfte genötigt werden können, unter bestimmten Bewegungen zu wirken. Diese Erklärung rührt von Reuleaux her. Andre, hiervon abweichende Definitionen sind von andern Autoren (Weisbach, Rühlmann, Poncelet u. a.) gegeben worden. Es dürfte wohl Schwierigkeiten machen, eine leichtverständliche, allgemein zutreffende und doch präzise Definition der M. aufzustellen. Im Zusammenhang mit den sich in einer M. abspielenden Bewegungsvorgängen vollzieht sich eine Umwandlung der in ihr auftretenden Kräfte nach Größe und Richtung. Der in einer M. durch die eingeleitete Kraft hervorgerufenen Bewegung stehen Widerstände entgegen, bei deren Überwindung mechanische Arbeit (s. Arbeit, S. 673) geleistet wird. Die mechanische Arbeit zur Überwindung der nützlichen oder Nutzwiderstände, durch deren Eigenart der Zweck der M. gekennzeichnet ist, wird in entsprechender Weise als nützliche oder Nutzarbeit bezeichnet. Außer den Nutzwiderständen treten infolge der physischen Beschaffenheit der Körper in jeder M. schädliche oder Nebenwiderstände auf, als welche in erster Linie der Reibungswiderstand, ferner der Luft-, der Seilbiegungswiderstand etc. zu nennen sind. Zur Überwindung dieser Nebenwiderstände ist ebenfalls eine gewisse mechanische Arbeit, die Nebenarbeit, aufzuwenden. Hiernach muß die in eine M. eingeleitete Arbeit stets um die Nebenarbeit größer sein als die von der M. geleistete Nutzarbeit (s. Wirkungsgrad). Es geht hieraus zur Genüge hervor, daß bei einer M. niemals ein Arbeitsgewinn, sondern stets ein Arbeitsverlust eintreten wird, und daß somit das Perpetuum mobile, d. h. eine M., die, ohne Arbeit zu konsumieren, Arbeit verrichten soll, ein Ding der Unmöglichkeit ist.

Die in ihrer Zusammensetzung die M. bildenden Körper oder die baulichen Bestandteile der M. nennt man Maschinenteile oder Maschinenelemente. Als solche werden bezeichnet Nieten und Vernietungen, Keile und Keilverbindungen, Schrauben und Verschraubungen, Zapfen, Achsen, Wellen, Lager, Kuppelungen, Räder, Seile, Ketten, Kurbeln, Schubstangen, Kolben, Zylinder, Rohre, Hähne, Schieber, Ventile etc. Nach einer Darstellung, die besonders durch die ältern Maschinentheoriker vertreten wurde, zerfällt jede M. in drei Teile oder Gruppen von Teilen, nämlich in Rezeptor (kraftausnehmender Teil), Transmission (kraftleitender Teil) u. Werkzeug. Beim Dampfhammer z. B. ist der Zylinder mit dem Kolben der Rezeptor, die Kolbenstange die Transmission, der Hammer mit dem Amboß das Werkzeug. Danach wäre jedoch die Dampfmaschine, die Turbine, die Uhr u. a. keine vollständige M., weil jeder von ihnen das Werkzeug fehlt.

Die Einteilung der Maschinen erfolgt zweckmäßig in folgender Weise: 1) Kraftmaschinen oder Motoren (Umtriebsmaschinen) zur Aufnahme der treibenden Kraft. a) Maschinen, bez. Maschinenteile zur Aufnahme der Muskelkräfte von Menschen und Tieren: Hebel, Kurbel, Treträder, Göpel etc. Auch Menschen und Tiere selbst können, sofern sie mechanische Arbeit leisten, als (belebte) Motoren betrachtet werden. b) Maschinen zur Aufnahme von Elementarkräften: Wasserkraftmaschinen (Wasserräder, Turbinen, Wassersäulenmaschinen), Luftkraftmaschinen (Windräder, Druckluftmotoren), Wärmekraftmaschinen (Dampfmaschinen, Verbrennungsmotoren [Gas-, Benzin- etc. Motoren], Heißluftmaschinen), elektrische Maschinen. 2) Arbeitsmaschinen (Werkmaschinen) zur Verrichtung nützlicher Arbeit. Sie empfangen ihren Antrieb von andern Maschinen. a) Maschinen zur Ortsveränderung: Flaschenzüge, Winden, Krane, Auszüge, Fördermaschinen, Baggermaschinen, Fahrzeuge, Transportbänder, Pumpen, Gebläse, Kompressoren etc. b) Maschinen zur Formveränderung: Hämmer, Pressen, Walzwerke, sämtliche Werkzeugmaschinen (Drehbänke, Hobel-, Fräs-, Bohrmaschinen etc.), Mahl- und Zerkleinerungsmaschinen, Sägemaschinen, Dreschmaschinen, Spinn-, Webe- und Nähmaschinen, Buchdruckpressen etc. 3) Zwischen- oder Transmissionsmaschinen zur Übermittelung mechanischer Arbeit von einer M. zur andern: Wellenleitungen, Zahnrädergetriebe, Riemen- und Seiltriebe etc. 4) Maschinen zum Messen, Zählen und Regulieren: Uhren, Tachometer, Wagen, Dynamometer, Indikatoren, Wasser- und Gasmesser, Regulatoren etc. Manche Maschinen sind Kraft- und Arbeitsmaschinen zugleich, z. B. eine Lokomotive, eine Dampfpumpe. Solche Maschinen werden wohl auch als selbständige Maschinen bezeichnet.

[Wirtschaftliches.] Die Bedeutung der Maschinen für die Entwickelung der modernen materiellen Kultur liegt darin, daß sie Menschen- und Tierkräfte ersparen und vorteilhaft ersetzen können, eine große Schnelligkeit und Stärke des Verkehrs gestatten und die Quantität, Qualität und Wohlfeilheit der Arbeit erhöhen, ja zu ganz neuen Arbeiten Veranlassung geben, die ohne sie nicht möglich sind. Wie unvorteilhaft die Verwendung tierischer Kraft zur Ausübung sehr großer Kraftleistungen ist, zeigt z. B. die Ausrichtung der Alexandersäule in Petersburg (1834), deren Schaft 876,000 kg wiegt. Dabei waren tätig 681 Arbeiter und 1950 Soldaten, 62 Winden und 186 Flaschenzüge. Dagegen wurden die 1,900,000 kg schweren Eisenblechkasten, aus denen die Britanniabrücke Robert Stephensons über die Menaistraße zusammengesetzt ist, von nur drei hydraulischen Pressen ausgezogen, die von einer einzigen Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wurden. Bei vielen Arbeiten der neuern Technik reicht Menschenkraft überhaupt nicht hin, um Erfolge zu erzielen, soz. B. beim Ziehen dicker Eisendrähte, Blei- und Messingröhren, beim Hämmern und Walzen der in Puddel- und Schweißöfen gewonnenen Eisenmassen, des Stabeisens, der Panzerplatten, Bleche etc. Die Schnelligkeit des modernen Verkehrs beruht auf der Erfindung der Eisenbahnen, Lokomotiven, Dampfschiffe und Telegraphen. Eine Schnellzuglokomotive befördert einen Zug von etwa 100,000 kg Gewicht mit 25 m Geschwindigkeit in der Sekunde auf horizontaler Strecke. Ein Pferd vermag auf horizontaler Chaussee eine Last von 2500 kg mit 1 m Geschwindigkeit fortzuschaffen. Um auf einer horizontalen Chaussee eine Last gleich dem Gewicht des Schnellzugs fortzuschaffen, wären 40 Pferde nötig, und die Transportzeit würde 25mal größer sein. Was die Erhöhung der Arbeitsquantität durch die Maschinen betrifft, so liefert ein Arbeiter an der Strickmaschine in einem Tage mehr Strümpfe als die geschickteste Strickerin in Monaten. Nähmaschinen machen 1200–1500 Stiche in der Minute im Vergleich zu 50, die eine geübte Näherin machen kann. Buchdruckhandpressen geben etwa 250 Abdrücke in der Stunde, die Schnellpressen dagegen deren bis 30,000. In den meisten Fällen sind die Maschinen auch imstande, bessere Arbeit zu liefern als die Hand; vor allen Dingen deshalb, weil bei ihnen die Kraft gleichmäßiger zur Verwendung kommt. Daher übertrifft z. B. der Maschinenfaden bei Gespinsten den durch die Hand gesponnenen Faden an Gleichheit, Rundung und Reinheit, auch ist er durch die bessere Drehung zugleich stoffreicher und schwerer geworden. Besonders auffallend sind die Vorzüge der Maschinenarbeit beim Verspinnen von Werg, wobei die Handarbeit nichts entfernt Ähnliches zu leisten vermag. Ebenso bleibt letztere durchaus zurück in der Feinheit des Garns, die man jetzt auf Maschinen erreicht. Qualitätsvorzüge lassen sich außerdem in sehr vielen Fällen nachweisen; es genügt, auf die Kratzen, Schraffiermaschinen, Schermaschinen, Kalander, Werkzeugmaschinen, ja fast auf alle Fabrikationsmaschinen zu verweisen. Manche Arbeiten, wie die der Reliefkopiermaschinen, Guillochiermaschinen etc., lassen sich überhaupt nicht mit der Hand ausführen. Bei allen diesen Vorzügen ist die M. überdies imstande, die Arbeit äußerst wohlfeil zu verrichten. Ein Stück glatten englischen Tülls oder Bobbinets wurde nach Erfindung der Heathcoatschen Bobbinetmaschine 501nal so billig verkauft wie am Ende des 18. Jahrh. Manche durch Stanzen hergestellte Blechwaren werden zu erstaunlich billigem Preise geliefert. Einen höchst wichtigen Einfluß auf die Wohlfeilheit mancher Artikel hat das dabei angewandte Prinzip der Arbeitsteilung, das in solchem Maß ausgebildet ist, daß z. B. jede Nähnadel 90–120mal durch die Hand gehen muß, ehe sie vollendet ist, und daß sich die Arbeiten bei der Uhrenfabrikation in mehr als 50 Beschäftigungsarbeiten teilen, so daß nicht Eine Hand tätig ist, die auch nur den kleinsten Uhrteil ganz fertig macht.

Diese großen Vorzüge des Maschinenwesens nach der Seite der Produktion müssen freilich auch mit manchen beträchtlichen volkswirtschastlichen und sozialen Opfern erkauft werden. Die Maschinen haben der menschlichen Arbeitskraft eine Konkurrenz bereitet, die wenigstens in Übergangszeiten und für einzelne Industrien sehr drückend werden kann. Dagegen haben durch die Maschinen auch wieder viele Menschen Arbeit gefunden (Eisenbahnen, Dampfmaschinen), und manche Maschinen, die ganze Klassen brotlos zu machen drohten, wie die Nähmaschine, haben schließlich zur Beschäftigung von mehr Personen in der betreffenden Industrie geführt, als vordem darin tätig waren. Die Maschinen haben erst die Frauen- und Kinderarbeit in großem Umfang hervorgerufen, wodurch zeitweise die Arbeit der Männer beschränkt und ihr Lohn gedrückt worden ist, wodurch aber auch das weibliche Geschlecht in der Arbeiterklasse vielfach eine wirtschaftliche Selbständigkeit erhielt. Das Bedenklichste ist ohne Zweifel, daß im Zeitalter des Maschinenwesens wegen des zur Erwerbung der Maschinen erforderlichen Kapitals der Arbeiter unfähig ist, eine wirklich selbständige Stellung zu erlangen, daß er selten aus der Klasse der Fabrikarbeiter auf eine wirtschaftlich und sozial höher stehende Stufe emporzusteigen vermag. Auch dem Kleinbetrieb hat das Maschinenwesen eine schwere Konkurrenz bereitet, die teilweise mit dem Untergang des erstern und damit mit der Vernichtung zahlreicher, selbständiger Existenzen endete. Allein auch da, wo dieser Ausgang nicht eingetreten ist, bleibt vielfach der Nachteil, daß das Maschinenwesen hauptsächlich dem großen Kapital dient, und daß es die gewaltige Anhäufung des modernen Kapitals in den Händen weniger mit befördert hat. Über die mit dem Maschinenwesen verbundenen Gefahren für die Arbeiter und ihre Verhütung s. Fabrikgesetzgebung und Gewerbehygiene.

[Maschinenfabrikation, -Handel.] Die Herstellung der Maschinen geschieht von Maschinenbauern in den Maschinenwerkstätten, Maschinenbauanstalten oder Fabriken und zwar teilweise wieder mit Maschinen, den sogen. Werkzeugmaschinen. Auch hierbei ist das Prinzip der Arbeitsteilung eingeführt, indem in einer Fabrik nur einige oder nur eine Gattung von Maschinen oder gar nur bestimmte Maschinenteile hergestellt werden. Eine weitere Arbeitsteilung findet in jeder Fabrik dadurch statt, daß jeder Arbeiter nur ganz bestimmte Arbeiten auszuführen oder nur bestimmte Teile anzufertigen hat. Vielfach werden hierbei Spezialmaschinen verwendet, d. h. Maschinen, die nur auf die Herstellung eines besondern Teiles oder auf die besondere Bearbeitung eines Teiles zugeschnitten sind. Durch eine solche Art der Fabrikation (Massenfabrikation) wird nicht nur der Herstellungspreis bedeutend erniedrigt, sondern es wird auch die Auswechselung beschädigter Maschinenteile (z. B. Räder, Lager, Röhren, Ventile, Windkessel etc.) von im Betriebe befindlichen Maschinen in hohem Maß erleichtert. Einzelne Maschinenteile, wie z. B. Schrauben, werden durchweg nach bestimmten Normalien angefertigt.

Maschinenfabrikation findet sich fast in allen Ländern, in denen überhaupt eine Industrietätigkeit rege ist, und besonders da, wo vorhandene Schätze an Eisen und Kohlen auf diesen Gewerbszweig fördernd einwirkten. Ihren Ausgang nahm die Maschinenfabrikation von England, wo zuerst die Dampfmaschine, auf der die ganze moderne Maschinenentwickelung beruht, eingeführt wurde. Eisen und Kohle, deren ergiebige Ausbeutung wieder durch die Dampfmaschine ermöglicht wurde, auch der Erfindungsgeist und die Energie der Engländer sowie der Umstand, daß sie als erste Kolonial- und Handelsmacht schon früh eine genauere Kenntnis von deren speziellen Anforderungen und Bedürfnissen fremder Länder erwarben und ihre Maschinen ihnen anzupassen verstanden, begünstigten das Aufblühen der Maschinenindustrie in nachhaltigster Weise, so daß England lange Zeit hindurch den Maschinenmarkt, namentlich auch mit Arbeitsmaschinen beherrschte.

Nordamerika, dem unermeßliche Reichtümer an Eisen und Kohle zu Gebote stehen, hat sich besonders um die Entwickelung der Werkzeugmaschinen, landwirtschaftlichen und Nähmaschinen verdient gemacht. Äußere Veranlassung dazu war der hohe Preis menschlicher Arbeitsleistungen, die innere Triebfeder der rege Erfindungsgeist und die Unternehmungslust der Nordamerikaner. Eine besondere Eigentümlichkeit des nordamerikanischen Maschinenbaues ist die weitgehendste Arbeitsteilung, die durch die in erstaunlicher Weise ausgebildeten Werkzeugmaschinen ermöglicht wurde, und die damit verbundene durchgebildete Massenfabrikation und die Fähigkeit, große Aufträge schnell auszuführen.

Deutschlands Leistungen auf dem Gebiete des Maschinenbaues haben sich in den letzten Jahrzehnten bedeutend gehoben. Früher vom Ausland, besonders von England, abhängig, steht es jetzt mit seinem Maschinenbau selbständig da. Dieser Aufschwung der deutschen Maschinenindustrie beruht auf der vermehrten Ausnutzung der Erz- und Kohlenlager, der Pflege der technischen Wissenschaften auf den Technischen Hoch- und Mittelschulen, aus denen vortreffliche Ingenieure und Maschinentechniker hervorgehen, und der Entwickelung des praktischen Sinnes durch Berührung mit dem Ausland. Die deutschen Maschinen zeichnen sich durch Vorzüge der Konstruktion und Leistungsfähigkeit, durch tüchtige Arbeit und gutes Material aus und stehen in dieser Hinsicht in erster Linie, haben aber oft Mühe, sich den englischen und belgischen Maschinen gegenüber zu behaupten, wenn auf Billigkeit großes Gewicht gelegt wird. Andre Länder mit bedeutender Maschinenindustrie sind Frankreich, Belgien, Österreich-Ungarn und die Schweiz. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Wert der Ein- und Ausfuhr von Maschinen in den sieben bedeutendsten Industrieländern der Erde. Dabei ist zu bemerken, daß die Zahlen nicht streng vergleichbar sind, da manche Gegenstände von dem einen Staat zu den Maschinen, von einem andern zu Eisen- und Kupferwaren gerechnet werden. Es betrug (in 1000 Mark) die

Tabelle

In Großbritannien wird die Maschineneinfuhr erst seit 1897 verzeichnet, in den Vereinigten Staaten seit 1895. Die Zahlen für Deutschland stellen den Spezialhandel ohne den Veredelungsverkehr für inländische Rechnung dar. Nur Frankreich und Österreich-Ungarn haben größere Maschineneinfuhr als Ausfuhr. Die größte Vermehrung der Ausfuhr haben die Vereinigten Staaten und Deutschland. Den Anteil des Maschinenhandels am gesamten Handel zeigt die folgende Tabelle. Die Maschinenein- und Ausfuhr betrug in Prozenten der gesamten Ein- und Ausfuhr

Tabelle

Die Zunahme der Einfuhr in Deutschland betrifft vornehmlich landwirtschaftliche und Werkzeugmaschinen aus England und Amerika. Der Wert der amerikanischen Einfuhr hatte 1900 den der englischen Einfuhr überflügelt. Deutschland setzte seine Maschinen (hauptsächlich elektrische, Dampf-, Nähmaschinen, Lokomotiven und Lokomobilen, landwirtschaftliche und Werkzeugmaschinen) nach allen Ländern ab, vorwiegend nach den europäischen Staaten und besonders nach Rußland, Österreich-Ungarn und Frankreich.

[Geschichtliches.] Wann und wo die erste M. erfunden und verwendet wurde, wird sich nie ermitteln lassen, da die ältesten, historisch bekannten Völker schon Maschinen, wenn auch von sehr primitiver Natur, gebrauchten. Nach Reuleaux ist es wahrscheinlich, daß das Bedürfnis des Feueranmachens die erste M., den sogen. Feuerquirl, hervorrief. Es ist das ein runder Holzstab, der in senkrechter Stellung mit seinem untern spitzen Ende in eine Vertiefung eines auf dem Erdboden liegenden Holzstücks gesetzt und unter gleichzeitig nach unten gerichtetem Druck mit den Händen quirlartig so lange hin und her gedreht wird, bis das Holz Feuer fängt. Durch Zuführung von Schleifmaterial (Sand) und Wasser zu der gedrehten Spitze war eine einfache Bohrmaschine erfunden. Weiter entwickelten sich aus dem Feuerquirl mit der Zeit alle diejenigen Maschinen, welche die Herstellung von Drehkörpern bezwecken, außer den Bohrmaschinen die Drehwippe, der Drehstuhl, die Drehbank, die Töpferscheibe, indem die hin und her gehende Drehbewegung allmählich durch die dauernde Drehung nach einer Richtung ersetzt wurde. Uralt sind jedenfalls auch die Maschinen zur Bewässerung von Ländereien, wie sie durch die Schöpfräder und Paternosterwerke der Chinesen und die Schwingbäume oder Kaduffs der Ägypter (ähnlich dem noch bei uns auf Dörfern gebräuchlichen, immer seltener werdenden Ziehbrunnen) repräsentiert werden; ferner Maschinen zur Herstellung von Gespinsten und Geweben sowie die Getreidemahlmühlen. Daß die sogen. einfachen Maschinen, Hebel, Rolle, Keil, schiefe Ebene, schon in grauer Vorzeit zu großartigen Leistungen verwendet wurden, bezeugen die Baudenkmäler der alten Ägypter, Assyrer, Inder etc., wie anderseits aus vielen diese Denkmäler schmückenden Abbildungen das hohe Alter von Vorrichtungen zum Transport zu Wasser und zu Lande, Wagen, Ruder- und Segelschiffen, hervorgeht. Bemerkenswert ist auch das außerordentlich frühe Auftreten der Wage. Sie ist schon Abraham bekannt und findet sich auf den ältesten Denkmälern der Ägypter abgebildet. Lange Zeit scheint der Mensch gebraucht zu haben, ehe er dazu überging, zum Betrieb von Maschinen an die Stelle seiner Muskelkräfte diejenigen von Tieren oder gar Elementarkräfte zu setzen. Von den Elementarkräften wurden lange Zeit nur die Wasserkraft zum Betrieb von Wasserrädern, die Windkraft zum Fortbewegen von Segelschiffen und die Spannkraft elastischer Körper (Hotz, Horn, Seile, Sehnen) zu Schußwaffen verwendet.

Die Entwickelung der Maschinen ging in den ersten Jahrtausenden der Geschichte sehr langsam vorwärts, so daß um Christi Geburt außer den genannten Maschinen nur etwa bekannt waren: Flaschenzüge, Haspel, Winden, Göpel, Wasserschrauben, Trommelräder, Kolbenpumpen mit Windkesseln, Keil-, Hebel- und Schraubenpressen (besonders zur Gewinnung von Wein und Olivenöl), Kollergänge zum Zerquetschen der Ölfrüchte, Lederblasebälge zum Anschüren des Feuers und eine Art Zylindergebläse zum Betrieb von Wasserorgeln, Wassermahlmühlen mit unterschlächtigen Rädern, die Schnellwage, ferner an Maschinen für Kriegszwecke: der Mauerbrecher oder Widder, der Enterhaken, die Armbrust, die Katapulten und Ballisten. Die Dampfkraft wußte man zu physikalischen Spielereien (zum Betrieb des Heronsballes und der Äolipile) zu benutzen. Aus der Zeit bis zum 18. Jahrh. sind an neuen Erfindungen nur zu erwähnen: im 14. Jahrh. die Feuerwaffen, die als bewegende Kraft das Ausdehnungsbestreben von Explosionsgasen benutzen, und die Uhren, im 15. die Druckerpresse, im 17. die Luftpumpe und die Elektrisiermaschine sowie Papins Dampfmaschine, im 18. Jahrh. die Spinnereimaschine, der Maschinenwebstuhl und als die folgenschwerste Erfindung, die jemals gemacht wurde, die Wattsche Dampfmaschine (1765–84), die sich sehr schnell über die ganze Welt verbreitete. Mit der fortschreitenden Verwendung der Dampfmaschine nahm das gesamte Maschinenwesen einen ungeheuern Aufschwung, ja man kann sagen, sie habe das moderne Maschinenwesen erst geschaffen. Eine Erklärung dafür ist in folgenden Umständen zu suchen. Einmal veranlaßte die Dampfmaschine eine Verbesserung der Werkzeuge, die durch sie in Bewegung gesetzt wurden, und führte zur Erfindung neuer Arbeitsmaschinen, die nicht nur zur Vollendung der Maschinen in konstruktiver Hinsicht, sondern auch zu einer größern Massenhaftigkeit in der Maschinenfabrikation beitrug. Dann war die Einführung eines widerstandsfähigern und dauerhaftern Rohmaterials für den Maschinenbau, nämlich der Metalle (besonders des Eisens) an Stelle des bis dahin vorherrschenden Holzes, nur dadurch möglich, daß die Dampfmaschine die Gewinnung und den Transport der Metalle etc. in den allergrößten Quantitäten gestattete. Endlich ist zu berücksichtigen, daß die Dampfmaschine die erste allgemein verwendbare M. war, deren Erfindung auf einer rationellen und ökonomischen Ausnutzung von Naturkräften begründet war, so daß sie fortan als Beispiel dafür diente, wie die naturwissenschaftlichen und mathematischen Kenntnisse technisch zu verwerten seien (vgl. die Textbeilage zum Artikel »Erfindung«). Literatur s. bei Artikel »Maschinenlehre«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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