Schnellpresse

Schnellpresse

Bei der einfachen Schnellpresse (Fig. 1) übertragen die Treibräder a a den Antrieb vermittelst der Zugstange f, der aufrechten Stange e und der Karrenstange d auf den die Druckform tragenden Karren, der vor- und rückwärts unter den Farbwalzen und dem Druckzylinder hindurch geht, wobei erstere die Satzform einschwärzen, letzterer den Druck abgibt. c ist die Verbindungsstange der beiden Paare Wagenräder b b, die oben und unten in Zahnstangen eingreifen und als Träger und Leiter des Karrens dienen, g ist ein Zwischenrad des Farbwerkes; neben ihm steht der Nacktzylinder, von dem die Farbe mittels Duktor und Hebewalze aus dem Farbkasten übertragen wird, und auf dem Massewalzen behufs Verreibung der Farbe laufen. Von ihm wird sie durch die untern Massewalzen abgenommen und auf die Form übertragen. Der Lauf des Papiers beim Druck ist durch Pfeile und punktierte Linien angegeben.

Maschinen von solcher Einfachheit werden heute kaum noch gebaut, da obiger Aufriß aber den ganzen Bewegungs- und Arbeitsmechanismus der Schnellpresse veranschaulicht, wurde er hier wiedergegeben.

2. Schnellpresse von König u. Bauer für Chromotypographie mit Frontbogenausgang.
2. Schnellpresse von König u. Bauer für Chromotypographie mit Frontbogenausgang.
Schnellpressen II u. III.
Schnellpressen II u. III.

Schnellpressen IV.

Tafel II zeigt eine Rotationsmaschine für Zweifarbendruck, deren Farbwerke, entsprechend ihrer Bestimmung für feinen Illustrationsdruck, zahlreiche Reib- und Auftragwalzen besitzen; auch ist sie mit Leerlauf versehen, um das Abschmutzen des Druckes zu verhüten. Ihre Erbauerin, die Maschinenfabrik Augsburg, hat indes noch größere Mehrfarben-Rotationsmaschinen hergestellt: auf der Pariser Weltausstellung von 1900 führte sie eine Sechsfarben-Rotationsmaschine in Tätigkeit vor, und es sind seitdem solche Maschinen selbst für Achtfarbendruck für spezielle Zwecke gebaut worden.


Neben den Bestrebungen der Maschinenfabriken, den Buchdruckereien die Mittel zum umfassenden Betriebe des Werkdruckes und des Zeitungswesens zu liefern, haben sich aber auch solche in andrer Richtung geltend gemacht; der Kleinbetrieb mußte durch geeignete Schnellpressen in den Stand gesetzt werden, von der alten, nur ein langsames Arbeiten gestattenden Handpresse ganz abzusehen, um ebenfalls schnell, dabei aber doch gut und tadellos liefern zu können. In Deutschland war es die Maschinenfabrik von Klein, Forst u. Bohn Nachfolger in Johannisberg a. Rh. (heute Maschinenfabrik Johannisberg zu Geisenheim a. Rh.), die zuerst diesem Bedürfnis abzuhelfen suchte durch den Bau von Zylinderdruckschnellpressen stark verkleinerten Formats mit Zylinder- oder auch Tischfärbung und mit Fußbetrieb. Diese »Liliput« genannte Akzidenzschnellpresse hat sich so bewährt, daß sie von genannter Fabrik noch heute gebaut und vielfach verlangt wird, obwohl sie und eine ähnliche von der Maschinenfabrik Augsburg in Augsburg gebaute Schnellpresse kleinen Formats nicht eigentlich zu der jetzt zu großer Verbreitung gelangten Gattung der Akzidenzmaschinen gehören, die zuerst in Amerika, und zwar von dem Deutschen F.O. Degener und dem Amerikaner George P. Gordon im Anfange der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts gebaut worden sind. Der Druck erfolgte anfänglich bei denselben durch scherenartiges Zusammenklappen von Form und Tiegel; Merrit Gally schuf aber in der von ihm »Universal« genannten Maschine eine veränderte Druckart, indem er Fundament und Form senkrecht feststellte und dem Tiegel eine diesem parallele Richtung gab, auch das Farbwerk, das bisher aus einem rotierenden Farbtisch und einigen Walzen bestanden hatte, wesentlich verbesserte und in ein Zylinderfarbwerk umwandelte. Diese »Universal«, in verbesserter Form Colt's Armory Preß, nach der Stätte ihrer Herstellung genannt, hat den jetzt in Deutschland am meisten gebauten Akzidenzmaschinen zum Vorbild gedient, in deren erster Reihe die »Victoria« genannte der Fabrik von Rockstroh u. Schneider Nachfolger in Dresden-Heidenau steht (s. nebenstehende Abbildung). Ihr Farbwerk ist ein höchst vollkommenes, unterhalb der Form stehende stählerne Verreibewalzen vervollständigen es, so daß selbst die feinsten Illustrationen auf der »Victoria« gedruckt werden können. Sie wird in verschiedenen Größen gebaut, und ihre Verwendbarkeit ist eine vielfältige. Druck, Stauchen, Stanzen und Prägen können damit ausgeführt werden, auch wird sie mit Heizeinrichtung zum Heißprägen für schwere Buchbinderarbeiten hergestellt. Ihr Betrieb erfolgt bei den kleinern Maschinen durch Trittbewegung, bei den größern durch Motorkraft. Ähnlich ist die »Phönix« genannte Maschine der Firma Schelter u. Giesecke in Leipzig.


Eine Akzidenzmaschine nach dem Rotationsprinzip ist aus Amerika, aus Ohio, gekommen; auf der Weltausstellung in Paris 1900 wurde sie zum erstenmal auf dem Kontinent gezeigt. Es ist dies die Harris' Automatic Press, die jetzt auch in Zweibrücken in der durch die von ihr gebauten Handpressen sich des besten Rufes erfreuenden Dinglerschen Fabrik gebaut wird. Sie druckt von Rundklischees und hat einen diesen entsprechenden Druckzylinder; seit ihrem ersten Auftreten ist sie wesentlich vervollkommt worden, und man hat einige Gattungen derselben auch für größere Formate und für Zweifarbendruck hergestellt; ihre eigentliche Bestimmung dürfte aber die kleine Akzidenz sein, bei der es weniger auf Schönheit, als auf schnelle und billige Lieferung ankommt.

Akzidenzmaschine Victoria von Rockstroh u. Schneider Nachfolger in Dresden-Heidenau.
Akzidenzmaschine Victoria von Rockstroh u. Schneider Nachfolger in Dresden-Heidenau.

Sie druckt nicht Rollenpapier, sondern einzelne Blätter, die sie automatisch einführt und auf einen kreisrunden, sich stets langsam horizontal drehenden Auslegetisch in schräger Lage, um das Abschmutzen des frischen Druckes zu verhüten, auslegt. In Amerika und England ist sie schon ziemlich verbreitet.


Kopfdruckpressen sind ebenfalls den Akzidenzmaschinen beizuzählen; sie werden gelegentlich in Kontoren, wohl auch in Schreibmaterialienhandlungen verwendet; ihre Arbeiten sind aber meist typographisch sehr minderwertig, wie auch die der Bostonpresse, ein kleiner, auf jedem Tisch aufstellbarer Druckapparat mit Handhebelbewegung, der wohl auch zur Herstellung von Geschäfts- und Visitenkarten und derlei kleinen Drucksachen, die aber durch ihr Aussehen der Erfindung Gutenbergs meist nicht zum Ruhme gereichen, verwendet wird.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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