Heißluftmaschine

Heißluftmaschine

Heißluftmaschine (kalorische Maschine), Motor, bei dem die Ausdehnung atmosphärischer Luft beim Erwärmen als Triebkraft benutzt wird. Man unterscheidet offene und geschlossene Heißluftmaschinen, je nachdem die Maschine fortwährend mit neu angesaugter Luft arbeitet, die nach ihrem Wirken die Maschine verläßt, oder aber in ihr ein und dasselbe Quantum eingeschlossener Luft abwechselnd erwärmt und abgekühlt wird. Die offenen Heißluftmaschinen, unter denen eine Konstruktion von Ericsson die bemerkenswerteste ist, haben nur noch historisches Interesse. Über offene Heißluftmaschinen mit geschlossener Feuerung s. Feuerluftmaschinen.

Von den geschlossenen Heißluftmaschinen hat diejenige von Lehmann die größte Verbreitung (wenigstens in Deutschland) gefunden. Die ursprüngliche Einrichtung und Wirkungsweise der Lehmannschen H. (Fig. 1) ist folgende: In einem gußeisernen Zylinder a a b c, dessen geschlossenes Ende c (Feuertopf) in einen Ofen s eingemauert ist, während der offene Teil einen Mantel w w zur Bildung eines Kühlwasserraumes t hat, bewegen sich zwei Kolben d und ll. Der Kolben d (Arbeitskolben) steht durch eine in der Figur nicht sichtbare Bleuelstange, den Hebel f und die Stange g mit der Kurbel h der Schwungradwelle i in Verbindung und ist mittels eines Lederstulpes abgedichtet. Der Kolben l (Verdränger), ein langer Blechzylinder mit Zwischenboden k, läuft am einen Ende auf einer Tragrolle, am andern mit seiner Stange m in einer Stopfbüchse des Kolbens d und steht durch die Stange e n, den Winkelhebel p o sowie Stange q mit der gegen h versetzten Kurbel r in Verbindung. Zwischen Zylinder und Verdränger ist ein Zwischenraum zum Durchlassen der Luft. Je nachdem nun der Verdränger sich dem erhitzten oder gekühlten Ende des Zylinders nähert, wird entweder der größere Teil der Luft abgekühlt oder erwärmt.

Fig. 1. Lehmanns Heißluftmaschine, ursprüngliche Konstruktion (Längsschnitt).
Fig. 1. Lehmanns Heißluftmaschine, ursprüngliche Konstruktion (Längsschnitt).

Der Hebelmechanismus, der die Bewegung der beiden Kolben von derjenigen der Schwungradwelle abhängig macht, ist derartig gewählt, daß folgende relative Bewegungen der beiden Kolben eintreten: Ist der Verdränger l ganz in den Feuertopf c hineingeschoben, so steht der Arbeitskolben d am vordern offenen Zylinderende. Während nun der Arbeitskolben schnell in seine hinterste Stellung geht, verändert der Verdränger seine Stellung nur sehr wenig. Dabei wird die zum größern Teil mit dem Kühlmantel in Berührung stehende Luft abgekühlt.

Fig. 2. Lehmanns Heißluftmaschine, neuere Konstruktion (Vertikalschnitt).
Fig. 2. Lehmanns Heißluftmaschine, neuere Konstruktion (Vertikalschnitt).

Geht nun der Verdränger schnell vorwärts, so wird die kalte Luft in den Feuertopf gedrängt, dehnt sich infolge der Erwärmung aus und wirkt drückend auf den Arbeitskolben, so daß dieser nach vorn gedrängt wird und auf die Schwungradwelle Arbeit überträgt. Der inzwischen nahezu in seiner äußersten vordern Stellung verharrende Verdränger geht dann wieder in seine entgegengesetzte Stellung in den Feuertopf hinein, wobei die erwärmte Luft in den vordern gekühlten Raum gelangt und sich infolge der Abkühlung zusammenzieht, wobei dann wieder der Arbeitskolben nach hinten geht etc. Zur Erzielung eines gleichmäßigen Ganges der Maschine wirkt der Regulator u bei zu schnellem Gang auf ein Luftauslaßventil v. Später wurde die Lehmannsche H. in etwas abgeänderter Konstruktion stehend ausgeführt (Fig. 2). Hier ist der Verdränger l am Zylinder abgedichtet, und die Luft geht zwischen Arbeitszylinder und Heizstelle durch einen schmalen Ringraum, der zwischen dem in einen Blechansatz mit durchlöchertem Boden endigenden Zylinder und dem Feuertopf c, bez. zwischen den doppelten Wassermänteln b und w gebildet wird. Auch der Antriebsmechanismus ist abgeändert.

Von vielen andern Heißluftmaschinenkonstruktionen ist diejenige von Rider beachtenswert wegen der Verwendung eines sogen. Regenerators, d. i. eine Vorrichtung, die geeignet ist, die Wärme der zu kühlenden Luft aufzunehmen, aufzuspeichern und sie nachher an die zu erwärmende Luft wieder abzugeben.

Fig. 3. Heißluftmaschine von Nider (Vertikalschnitt).
Fig. 3. Heißluftmaschine von Nider (Vertikalschnitt).

Diese Maschine (Fig. 3) hat zwei nebeneinder stehende Zylinder, den Heißluftzylinder (Arbeitszylinder) a und den Kaltluftzylinder (Verdrängerzylinder) b. Beide sind durch Kanal e verbunden, in dem sich der aus Metallplatten bestehende Regenerator f befindet. Durch Vermittelung der um ungefähr 90° versetzten Kurbeln ist der Kolben c in seiner höchsten Lage, wenn der Arbeitskolben d in der Mitte seines Hubes steht; nach einer Vierteldrehung der Schwungradwelle gelangt c in eine mittlere, d in die tiefste Lage. Zu der hierbei erfolgenden Kompression der eingeschlossenen Luft muß die nötige Arbeit vom Schwungrad abgegeben werden. Die nächste Vierteldrehung bringt c in die tiefste, d in die mittlere Lage, die Luft strömt von b, den Regenerator passierend, nach a über, und wird in a durch die Ofenhitze weiter erwärmt; es findet somit Expansion und Arbeitsleistung statt. Nach abermaliger Vierteldrehung steht c in der Mitte, d oben, und ein Teil der Luft ist unter c getreten. Unter Arbeitsabgabe ist weitere Expansion eingetreten. Bei der letzten Vierteldrehung strömt die Luft weiter in den Zylinder b. Die Heißluftmaschinen wurden nur für geringe Leistungen (bis ungefähr 5 Pferdekräfte) gebaut, weil sie für größere Leistungen zu große Dimensionen erhalten und deshalb zu teuer werden. Der Brennstoffverbrauch beträgt durchschnittlich 4–7 kg Steinkohle oder Gaskoks für eine Pferdekraft und eine Stunde. Auch Petroleum-, Spiritus- oder Gasfeuerung kann für Heißluftmaschinen benutzt werden.

Geschichtliches. 1816 trat Robert Stirling mit einer H. hervor, 1824 erschien die berühmte Schrift des Franzosen Carnot, in welcher der für die H. wichtige Carnotsche Kreisprozeß (s. Druckkurven, S. 216) beschrieben war. 1827 nahmen die Gebrüder Stirling ein Patent auf eine geschlossene H., 1833 folgte Ericsson mit seiner ersten Maschine, einer geschlossenen H., erst später (1851, 1855, 1860) mit seiner offenen H. Ericssons Maschine wie diejenigen seiner nächsten Nachfolger: Wilcox, Whipple, Burdin, Bourget, Windhausen etc., haben nur einen vorübergehenden Erfolg gehabt. Dagegen fand die Lehmannsche H. (1868) ziemliche Verbreitung. Später auftauchende Heißluftmaschinen sind von Stenberg (die sogen. Kaloriska), Rider, Rennes, Buschbaum u. a. Gegenwärtig sind die Heißluftmaschinen fast vollständig verlassen. Sie sind besonders durch die Gas-, Petroleum- und dergleichen Motore verdrängt worden. Vgl. Slaby, Beiträge zur Theorie der geschlossenen Heißluftmaschinen (»Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleißes«, 1879) und Literatur bei »Kleinkraftmaschinen«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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