- Byron
Byron (spr. bair'n), 1) John, brit. Seefahrer, geb. 8. Nov. 1723 in Newstead Abbey, gest. 10. April 1786 in London, litt bei der Weltumsegelung unter Lord Anson 1741 an der Westküste von Patagonien Schiffbruch, fiel in spanische Kriegsgefangenschaft und kehrte erst 1746 nach Europa zurück. Im Kriege gegen Frankreich (1755–63) zeichnete sich B. als Flottenführer aus. 1764 unternahm er im Auftrag Georgs Ill. eine Entdeckungsreise in die Südsee, fand mehrere Inseln daselbst auf und kehrte 1766 über Batavia und das Kap nach England zurück. 1779 erhielt er als Vizeadmiral während des amerikanischen Krieges ein Kommando in Westindien. Er schrieb: »Voyage round tue world in the years 1738–1746« (Lond. 1766; deutsch, Frankf. 1769).
2) George Noel Gordon, Lord, der größte engl. Dichter des 19. Jahrh., Enkel des vorigen, geb. 22. Jan. 1788 in London, gest. 19. April 1824 in Missolunghi, war durch seine Mutter, Miß Gordon, mit dem schottischen Königshaus verwandt. Sein Vater, Kapitän in der königlichen Garde, der »tolle Jack« genannt, verschwendete in kurzem fast das ganze Vermögen seiner Frau, verließ sie und starb 1791 in Valenciennes. Byrons Mutter, eine Frau von leidenschaftlicher Heftigkeit, zog sich 1790 nach Aberdeen zurück, um der Erziehung ihres Sohnes zu leben. Hier besuchte B. die Grammar-School, wurde auch einmal, acht Jahre alt, zur Stärkung seiner Gesundheit in die Hoch lande geschickt. Während der ungebundene Aufenthalt in der Herrlichkeit der schottischen Berge ihn an Leib und Seele kräftigte, übte der schnelle Wechsel von ängstlicher Obhut und voller Ungebundenheit einen nachteiligen Einfluß auf seinen Charakter aus, insofern Eigensinn und Übermut in ihm geweckt wurden. Zugleich aber erwachte auch jener Sinn für wilde Naturschönheit, der aus seinen Dichtungen widerklingt. Im Alter von zehn Jahren erbte B. durch den Tod seines Onkels William (1798) die Lordschaft, wurde unter die Vormundschaft seines Großoheims, des Grafen von Carlisle, gebracht und bezog nach einem kürzern Aufenthalt in London, wo man vergeblich die Heilung seines Klumpfußes versucht hatte, die Schule zu Harrow. Hier schrieb er seine ersten elegischen Verse. Dann bezog er die Universität Cambridge (Trinity College), wo er bereits den Atheisten herauskehrte. In Anlehnung an Gray, Burns, Ossian und die alten Balladen schrieb er die Jugendgedichte: »Hours of idleness« (Newark 1807), die wegen einiger aristokratischer Sonderlichkeiten den Zorn der »Edinburgh Review« herausforderten. Scheinbar unbekümmert lebte er dann auf seinem Stammsitz, der Abtei Newstead, und in der Hauptstadt; eine der Danien, mit denen er sich damals umtrieb, führte er in Pagenverkleidung bei sich; in nächtlichen Mönchsfesten lebte er Walter Scotts Epen nach. Plötzlich gab er eine geharnischte, sein rethorisches Talent zuerst glänzend bekundende Satire (»English bards and Scotch reviewers«, 1809, in vier Auflagen gedruckt) gegen die unter Jeffreys Leitung stehende »Edinburgh Review« heraus, geißelte alle Romantiker und stellte sich auf den Standpunkt der scheinbar überwundenen Klassizisten. Zur selben Zeit mündig geworden, übernahm er die Verwaltung seiner Stammgüter, nahm seinen Sitz im Oberhaus ein und verließ dann im Juni 1809 London, um mit seinem Freund Hobhouse (vgl. Hobhouse, Journey through Albania, Lond. 1814, zuletzt 1855) ins Ausland zu gehen. Die Reise führte ihn durch Portugal und Spanien nach Malta und Albanien, von wo aus er einen großen Teil von Griechenland und die Küste von Kleinasien bereiste. Er besuchte Konstantinopel, durchschwamm in 1 Stunde 10 Minuten den Hellespont und kehrte nach einem längern Aufenthalt in Athen im Juli 1811 ins Vaterland zurück. Hier erschienen im folgenden Jahre die beiden ersten Gesänge seines »Childe Harold«, die seine Reise bis Griechenland schildern und Werthersche Sentimentalität mit dem romantischen Glanze von Walter Scotts Epen vereinen. Sie machten ihn zum Abgotte der fashion abeln Welt Englands. Diesen Ruhm steigerte eine Reihe von Romanzen, die z. T. noch Früchte der Reise waren: »The Giaur«, »The bride of Abydos« (1813), »The Corsair«, »Lara« (1814), »The siege of Corinth« (1815), »Parisina« (1816). Seine Enttäuschung an Napoleon drückte sich nach dessen Abdankung in der berühmten »Ode to Napoleon Buonaparte« aus und seine Bewunderung für Th. Moores »Irish melodies« in den »Hebrew melodies« (1815). Seine Ehe mit Anna Isabella Milbanke, der einzigen Tochter des Sir Ralph Milbanke (2. Jan. 1815), war bei der großen Verschiedenheit ihrer Naturen nicht glücklich und wurde auch durch die Geburt einer Tochter, Ada, nicht befestigt, so daß es bald zu förmilcher Scheidung kam. B. mit seiner »umgekehrten Heuchelei« gab sich gern noch schlechter und abnormer, als er war, während seine Frau für Theologie und Mathematik veranlagt war. Die öffentliche Meinung nahm stürmisch gegen ihn Partei (über die sogen. Enthüllungen, die Mrs. Beecher-Stowe 1869 über diese Trennung angeblich aus dem Munde der Lady B. veröffentlichte, s. unten). B. verließ daher (25. April 1816) zum zweitenmal England mit der Absicht, es nie wiederzusehen. Er zog durch Belgien und den Rhein entlang in die Schweiz und ließ sich im Juni 1816 an den Ufern des Genfer Sees in der Villa Diodati nieder, wo der Verkehr mit dem Dichter Shelley und dessen Gattin begann. Mit ihm segelte er oft auf dem See; der Einfluß zeigt sich im dritten Gesang von »Childe Harold« (1816). Mit Hobhouse unternahm er einen Ausflug ins Berner Oberland, dessen Reflex im »Manfred« zu erkennen ist, seinem ersten dramenartigen Werke (1817). Trübe Erlebnisse, der »Prometheus« des Äschyles, Goethes »Faust« und der Anblick des Hochgebirges machten ihn jetzt reif und tief. Das zeigt sich auch in dem am Genfer See entstandenen »Prisoner of Chillon« (1816). Im Herbst d. I. zog er nach Italien und ließ sich nach einem Abstecher nach Rom in Venedig nieder, bis gegen Ende 1819. Von seinen hier entstandenen Schöpfungen sind die wichtigsten: der vierte Gesang des »Childe Harold«, der mit dem dritten das vollendete Werk zu dem gedankenreichsten des Dichters macht; »The lament of Tasso«; die köstliche Burleske »Beppo« im Stil des Pulci (1817); die »Odeon Venice« und »Mazeppa« (1818); auch der Entwurf und die ersten Gesänge des »Don Juan«, seines genialsten Werkes, fallen in jene Zeit. Hier ergriff ihn die Liebe zur schönen Teresa Guiccioli, geborne Gräfin Gamba, der er nach Ravenna folgte und Jahre des Glückes verdankte. Von 1819 ab zogen ihn aber die Grafeit Gamba in die revolutionäre Bewegung der Carbonari, die damals durch qanz Italien die Patrioten zusammenführte. Auch brachte der 60jährige Graf Guiccioli, der anfangs nichts dagegen hatte, daß seine 16jährige Frau sich der Freiheit ihres Landes bediente, die Sache vor den Papst, der die Trennung der Gräfin von ihrem Gemahl gestattete unter der Bedingung, daß sie unter ihres Vaters Dach leben soll le. Da ihr der Graf die Wahl stellte zwischen Rückkehr zu ihm und dem Kloster, und da zugleich das unglückliche Ende der Revolution über die Gamba die Proskription verhängte, begab sich B. im Herbst 1821 nach Pisa, wo die beiden Gamba und die Gräfin bereits ihre Wohnung aufgeschlagen hatten. Noch in Ravenna waren entstanden die »Prophecy of Dante«, die Dramen: »Marino Falieri«, »The two Foscari«, »Sardanapalus« und »Cain« und einige weitere Gesänge des »Den Juan«. In Pisa beschränkte sich Byrons täglicher Umgang auf die Familie Gamba, den Dichter Shelley und Leigh Hunt, mit dem er das Journal »The Liberal« herausgab. Aber auch hier sollte er sich häuslicher Ruhe nicht lange erfreuen. Reibungen mit der österreichischen Polizei hatten zur Folge, daß er noch im Sommer 1322 die Stadt verließ und mit den Gamba nach Genua übersiedelte. Zuvor vollzog er noch eine Freundespflicht, in dem er den Leichnam des im Juli d. I. auf einer Spazierfahrt zwischen Livorno und Lerici ertrunkenen Shelley auf einem Holzstoß verbrennen ließ. Sein Aufenthalt in Genua (vom Herbst 1822 bis zum Sommer 1823) zeitigte das Mysterium »Heaven and earth«, das Goethe gewidmete Räuberdrama »Werner«, die mißlungene Faustnachahmung »The deformed transformed« und die Fortsetzung des »Don Juan« bis zum 16. Gesang, endlich das exotische Idyll »The island«. Müde seines unsteten, ziellosen Lebens, beschloß B., seine Kräfte dem, freiheitskampf der Hellenen zu widmen, deren Komitee ihn einstimmig zum Mitglied gewählt hatte, und bestieg Ende Juli 1823 zu Livorno das englische Schiff Herkules, das ihn und mehrere Freunde (darunter den jungen Grafen Gamba) nach Kephallinia führte. Außer vielen Waffen brachte B. einen bedeutenden Vorrat an Geld und Medikamenten mit. Seine Ankunft ward mit Jubel begrüßt, doch ließ er sich in keinerlei Verpflichtungen gegen irgend eine Partei ein, sondern knüpfte unmittelbar mit der Regierung Verhandlungen an. Um vor allem das schwer bedrohte Missolunghi zu retten, rüstete er zwei ionische Schiffe aus und stellte sich 5. Jan. 1824 selbst dort ein, wo er als Retter aus tiefster Not begrüst wurde. Für den Abschluß der englischen Anleihe und die Konstituierung der Gesellschaft der englischen Philhellenen war er rastlos lätig; die Härte der türkischen wieder griechischen Kriegführung suchte er durch Beispiele von Mäßigung und Großmut zu mildern und, wenn auch mit geringem Erfolg, die Zwistigkeiten der Griechen zu beseitigen. Die eifrigste Sorge aber widmete er kriegerischen Unternehmungen. Er hatte vom 1. Jan. 1824 an eine Schar von 500 Sulioten in Sold genommen, anderen Spitze er das Schloß von Lepanto, die einzige Festung des westlichen Griechenland, die noch in der Gewalt der Türken war, zu erobern gedachte; 2500 Griechen und eine Batterie der englischen Philhellenen sollten ihn unterstützen. Inzwischen vergeudeten die griechischen Streiter die Zeit mit unnützen Streitigkeiten, und sogar in Missolunghi und unter Byrons Brigade brachen Uneinigkeit und Meuterei aus, die des Dichters reizbares Gemüt mehr angriffen, als sein Körper ertragen konnte. Er bekam zu wiederholten Malen Fieberanfälle und wurde durch die ärztlichen Mittel noch mehr geschwächt. Kaum hergestellt, zog er sich auf einem Spazierritt-ine Erkältung zu, die nach zehn Tagen seinem Leben ein Ende machte. Die Kunde von seinem Tode drang wie ein Donnerschlag durch die Welt; ganz Griechenland trauerte um ihn 21 Tage. Sein Herz wurde in einer silbernen Kapsel in einem ihm geweihten Mausoleum zu Missolunghi aufbewahrt, ging aber bei dem letzten Versuch der Besatzung, sich durchzuschlagen (22. April 1826), verloren. Seine Leiche führte Graf Pietro Gamba nach England, wo sie, da ihr die Geistlichkeit ein Begräbnis in der Westminsterabtei verweigerte, in der Dorfkirche von Hucknall bei Newstead Abbey beigesetzt wurde. Seine von Thorwaldsen 1817 in Rom gefertigte (sitzende) Statue befindet sich zu Cambridge (in der Bibliothek des Trinity College); anore Standbilder wurden ihm in Missolunghi und 1881 in London errichtet.
Byrons außerordentliche Begabung fand weder in England noch überhaupt in seinem Zeitalter entsprechende Aufgaben und stellte sich daher falsche, anderen Lösung er die größte Leidenschaft und das zarteste Gefühl, die sinnigste Detailarbeit und riesenhafte Gewalt setzte. Treitschke hat daher (»Gesammelte Aufsätze«) mit Recht das Negative seiner Wirksamkeit betont. Er sehnte sich nach der Schönheit, fand sie aber daheim verkannt, in den klassischen Ländern geknechtet und durch die Heilige Allianz am gefährlichsten bedroht, so daß er mit Pathos und Spott gegen alle Machthaber zu Felde zog. Getäuschter Idealismus trieb ihn zum Weltschmerz, über den er sich im »Don Juan« nur zu einem humoristischen Appell an die Natur erhob. Seine Werke, Verse sowohl als Briefe, wurden herausgegeben von Th. Moore (Lond. 1832–33, 17 Bde., u. ö.); sehr vermehrte Neuausgabe von Coleridge und Prothero (London bei Murray, 1898ff.). Die Gedichte allein, mit biographischem Kommentar, sind in einer bequemen einbändigen Ausgabe von Murray vereint. Eine kritische Ausgabe begann Kölbing (»Siege of Corinth«, »Prisoner of Chillon«, Weim. 1893–96). Zahlreich sind die Schulausgaben einzelner Dichtungen. Aus den deutschen Übersetzungen seien hervorgehoben: die von Böttger (8. Aufl., Leipz. 1901), Gildemeister (4. Aufl., Berl. 1888, 6 Bde.), A. Schröter (Stuttg. 1901, 2 Bde.).
Vgl. Dallas, Recollections of the life of Lord B. (Lond. 1824); C. Gordon, Life and genius of Lord B., 1808–1814 (das. 1824); E. Brydges, Letters on the character of Lord B. (das. 1824); Th. Medwin, Conversations of Lord B. (das. 1824. neue, vermehrte Aufl. 1898; deutsch von A. v. d. Linden, 3. Aufl., Leipz. 1900); Marquis de Salvo, Lord B. en Italie et en Grèce, etc. (Lond. 1825); Gamba, Narrative of Lord Byron's last journey to Greece (das. 1825); Parry, The last days of Lord B. (das. 1828); Leigh Hunt, Lord B. and some of his contemporaries (das. 1828); Millingen, Memoir on the affairs of Greece (das. 1831); über Th. Moore s. oben; Kennedy, Conversations on religion with Lord B. (das. 1830); Lady Blessington, Conversations with Lord B. (das. 1834, neue Ausg. 1891; dazu Blümel, Byrons Unterhaltungen mit der Lady Blessington, kritisch untersucht, Leipz. 1900); Trelawney, Recollections of the last days of B. (Lond. 1858; dann erweitert als »Records of Shelley, B., etc.«, 1878, neue Ausg. 1887); Gräfin Guiecioli, My recollections of Lord B. (engl. von Jerningham, das. 1868, 2 Bde.; mehr begeistert als zuverlässig); Smiles, Memoir of J. Murray (das. 1891, 2 Bde.). Biographien des Dichters gaben Lake (Lond. 1827), John Galt (2. Aufl. 1830). Armstrong (1846), Nichol (1879), Jeaffreson (»Real Lord B.«, 1883); von Deutschen: Eberty (2. Aufl., Leipz. 1879, 2 Bde.), Elze (3. Aufl., Berl. 1886; in engl. Übersetzung, Lond. 1872), Engel (3. Ausg., Berl. 1884), R. Ackermann (Heidelb. 1901), Koeppel (Berl. 1902). Die Memoiren Byrons wurden vom Erben derselben, Thomas Moore, aus Familienrücksichten vernichtet. Gute Charakteristiken sind vorhanden von Goethe (vgl. »Goethe-Jahrbuch«, Bd. 20, S. 3ff., 1899), Tuckermann (»Charakterbilder englischer Dichter«, Marburg 1857), Macaulay (»Essays«, Bd. 1), Matthew Arnold (»Selections from B.«) und v. Treitschke (»Historische und politische Aufsätze«). Vgl. auch J. C. Ron, Some disputed points in Byron 's biography (Leipz. 1893); Sinzheimer, Goethe und B. (Heidelb. 1894); Kraeger, Der Byronsche Heldentypus (Berl. 1898).
Der Lordstitel Byrons ging auf seinen Vetter George Anson B., geb. 8. März 1789, über, der 1862 zum Admiral ernannt wurde und 1868 starb. Ihm folgte dessen ältester Sohn, George Anson B., geb. 30. Juli 1818, und diesem, der am 29. Nov. 1870 kinderlos starb, sein Neffe George Frederick William, der jetzige Lord B., geb. 1855. – Byrons Gattin, Lady Anna Isabella (s. oben), geb. 17. Mai 1792 in London, brachte den Rest ihres Lebens in Zurückgezogenheit mit Ausübung einer großartigen Wohltätigkeit zu und starb 16. Mai 1860. Auf Grund vertraulicher Mitteilungen, die Lady B. in ihrer letzten Lebenszeit machte, trat nach dem Erscheinen der »Erinnerungen« der Gräfin Guiccioli (s. oben) die amerikanische Schriftstellerin Beecher-Stowe (s. Beecher 2) 1869 in »Macmillan's Magazine« mit Enthüllungen über die angeblich wirkliche Ursache der Byronschen Ehescheidung (»The true story of Lady Byron's life«) hervor, die ungeheures Aufsehen erregten. Danach hätte dieselbe in der Entdeckung der Lady B. ihren Grund gehabt, daß ihr Gemahl in einem blutschänderischen Umgang mit seiner verheirateten Halbschwester Augusta gestanden habe. Die völlige Grundlosigkeit der Anklage hat sich aber bald herausgestellt. Der wirkliche Vorgang ist ietzt aus den intimsten Briefen der Hauptpersonen in Murrays Neuausgabe zu entnehmen. B. war kein Muster von ehelicher Treue und Verträglichkeit, manche Londoner Damen seiner Zeit aber nahmen es mit ihrer Ehre noch weniger genau. Lady B., die anfangs gerade gegenüber Byrons Halbschwester am meisten ihr Herz erschloß, verzweifelte daran, ihren Gatten zu erziehen, und gefiel sich später zu ihrer eignen Rechtfertigung in maßloser Anschwärzung seines Wesens. – Die einzige Tochter der Lady B. und des Dichters, Augusta Ada, geb. 10. Dez. 1815, war seit 1835 mit William, Graf von Lovelace, vermählt und ging der Mutter bereits 27. Nov. 1852 im Tode voraus. Ihr Gemahl William, Earl of Lovelace, starb 29. Dez. 1893 in London, 88 Jahre alt. Von ihren Söhnen hat der ältere, Byron Noel, Viscount Ockham, geb. 12. März 1836, nachdem er kurze Zeit in der Marine gedient und beim Tode seiner Großmutter, Lady B., auch die Baronie Wentworth geerbt hatte, das Leben eines Abenteurers und Sonderlings geführt, bis er als freiwilliger gemeiner Arbeiter auf einer Londoner Schiffswerft 1. Sept. 1862 starb. Der zweite Sohn, Ralph Gordon Noel Milbanke, geb. 2. Juli 1839, folgte seinem Bruder bei dessen Tode als Lord Wentworth. – Die Gräfin Guiccioli starb als Marquise de Boissy im März 1873 zu Florenz.
3) Henry James, engl. Schriftsteller und Schauspieler, geb. 1834 in Manchester, gest. 12. April 1884 in London, erhielt als der Sohn eines englischen Konsuls eine gute Erziehung, betätigte sich frühzeitig als Schriftsteller in Zeitschriften, veröffentlichte einen Roman: »Paid in full«, und führte mehrere Jahre die Leitung des Witzblattes »Fun«. Aber seine Erfolge beruhen auf seinen Lustspielen und Possen, die sich stets durch treffende Wortspiele auszeichnen. Er schrieb viele, und manche haben große Beliebtheit erlangt. So wurde »Our boys« auf dem, Adelphi-Theater mehr als 1400 mal gegeben, ein noch nie vorher dagewesener Erfolg. Zu seinen letzten Stücken gehören: »The upper crust«, »The light fantastic«, »A fool and his money«. Als Schauspieler trat er zuerst 1869 im Globe-Theater zu London auf; später war er Mitglied des Middletemple-Theaters.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.