- Schneider [3]
Schneider, 1) Johann Gottlob, Philolog und Naturforscher, geb. 18. Jan. 1750 in Kollmen bei Wurzen (daher Saxo), gest. 12. Jan. 1822 in Breslau, studierte seit 1769 in Leipzig und Göttingen, ging 1774 nach Straßburg, um Brunck bei der Herausgabe griechischer Dichter zu unterstützen, wurde 1776 Professor der Beredsamkeit in Frankfurt a. O. und siedelte 1811 mit der Universität nach Breslau über. Sein Hauptwerk ist das »Große kritische griechisch-deutsche Handwörterbuch« (Züllichau 1797–98, 2 Bde.; 3. Aufl., Leipz. 1819; dazu Supplemente 1821), die Grundlage aller spätern griechischen Wörterbücher. Auf die naturgeschichtlichen Studien des Altertums beziehen sich: »Literarische Beiträge zur Naturgeschichte aus den Alten, vorzüglich aus den Schriftstellern des 13. Jahrhunderts« (Frankf. a. O. 1786), »Eclogae physicae ex scriptoribus praecipue graecis excerptae« (Jena 1801, 2 Bde.); »Ad reliqua librorum Friderici et Alberti Magni capita commentarii etc.« (Leipz. 1788, 2 Bde.); sodann die Ausgaben von Älians »De natura animalium« (Straßb. 1784, 2 Bde.), Aristoteles' »Animalium historia« (Leipz. 1811, 4 Bde.), Epikurs »Physica et Meteorologica« (das. 1813), des Theophrast (das. 1818–21, 5 Bde.) sowie der beiden Oppiane (Straßb. 1776 u. Leipz. 1813), von Nikanders »Alexipharmaca« (Halle 1792) und »Theriaca« (Leipz. 1816), von Lateinern der »Scriptores rei rusticae« (das. 1794–97, 4 Bde.) und auch des Vitruv (das. 1807–08, 3 Bde.). Sonst verdanken wir ihm Ausgaben des Xenophon (erst der einzelnen Schriften, Leipz. 1790 ff.; Gesamtausgabe 1815–19, 6 Bde.), der pseudoorphischen »Argonautica« (Jena 1803), der »Politik« des Aristoteles (Frankf. a. O. 1809, 2 Bde.), des Äsop (Bresl. 1812) und der pseudoaristotelischen »Oeconomica« (Leipz. 1815). Außerdem schrieb er: »Naturgeschichte der Schildkröten« (Leipz. 1783); »Historia amphibiorum« (Jena 1799, 1801, 2 Bde.) u.a. Vgl. Passow, Memoria Schneideri (Bresl. 1822).
2) Eulogius (Ordensname, eigentlich Georg), kath. Geistlicher, geb. 20. Okt. 1756 in Wipfeld (Unterfranken), gest. 1. April 1794 in Paris, seit 1777 Franziskaner, wurde 1784 Priester, 1786 Hofprediger des Herzogs Karl Eugen von Württemberg und 1789 Professor der schönen Wissenschaften in Bonn. Hier schied er aus seinem Orden aus, gab sich ganz seinen freisinnigen und ungeistlichen Neigungen hin und wurde 1790 vom Kurfürsten von Köln seiner Stelle entsetzt. 1791 Professor der geistlichen Beredsamkeit und des Kirchenrechts in Straßburg, warf er sich bald zum Wortführer der jakobinischen Partei auf. 1792 Maire in Hagenau, 1793 öffentlicher Ankläger beim Revolutionstribunal in Straßburg, stand er ganz unter dem Einfluß der revolutionären Propagandisten, bis er, diesen selbst verdächtig, im Dezember 1793 verhaftet, nach Paris geführt und hier guillotiniert wurde. Außer mehreren Schriften theologischen Inhalts hinterließ er »Gedichte« (Frankf. 1790 u. ö.) und »Predigten« (das.u. Leipz. 1790). Vgl. Ehrhard, Eulogius S. (Straßb. 1894); Mühlenbeck, Euloge S. (das. 1896); Sägmüller, Die kirchliche Aufklärung am Hofe des Herzogs Karl Eugen von Württemberg (Freiburg 1906).
3) Friedrich, Komponist, geb. 3. Jan. 1786 in Altwaltersdorf bei Zittau, gest. 23. Nov. 1853 in Dessau, Sohn des Organisten Joh. Gottlob S. (1753–1840), besuchte das Gymnasium in Zittau und die Universität in Leipzig, wo er 1807 Organist an der Universitätskirche wurde. Von 1810–13 war er Musikdirektor der Secondaschen Operntruppe, sodann Organist an der Thomaskirche in Leipzig und wurde 1817 Musikdirektor am Leipziger Stadttheater, vertauschte diesen Posten aber vier Jahre später mit dem eines Organisten und herzoglichen Kapellmeisters in Dessau, wo er eine erfolgreiche Tätigkeit als Dirigent, Komponist und namentlich als Lehrer entfaltete und 1829 eine Musikschule eröffnete, die großen Ruf erlangte. Bei seinen Zeitgenossen stand S. als Musiker in so hohem Ansehen, daß kaum ein größeres Musikfest veranstaltet wurde, bei dem S. nicht entweder als Dirigent oder als Komponist beteiligt war. Als die ehemals gefeiertsten seiner Werke sind hervorzuheben die Oratorien: »Das Weltgericht« (1820), »Die Sündflut«, »Das verlorne Paradies«, »Pharao«, »Christus das Kind«, »Christus der Mittler« und »Absalom«. Außerdem schrieb er mehrere große Messen, 7 Opern, kleinere Vokalkompositionen aller Art, Ouvertüren, Streichquartette etc. Auch machte er sich um die Bearbeitung des evangelischen Chorals verdient. Unter seinen pädagogischen Arbeiten sind zu nennen: das »Elementarbuch der Tonsetzkunst«, die »Vorschule der Musik«, das »Handbuch des Organisten« (Halberst. 1829–33, 4 Tle.) etc. Vgl. Kempe, Friedr. S. als Mensch und Künstler (Dessau 1859). – Sein Bruder Johann, geb. 28. Okt. 1789 in Altwaltersdorf, gest. 13. April 1864 in Dresden, wo er seit 1825 Organist der evangelischen Hofkirche war und 1830 auch die Direktion der Dreyßigschen Singakademie übernahm, war ein weltberühmter Orgelvirtuos und hervorragend als Lehrer des Orgelspiels, gab auch einige Orgelkompositionen heraus.
4) Eugen, franz. Industrieller und Politiker, geb. 29. März 1805 in Videshoff (Meurthe), gest. 27. Nov. 1875, wurde Kaufmann und 1830 mit der Leitung der Eisenwerke von Bazeilles betraut. Einige Jahre später erhielt er im Verein mit seinem Bruder, seit 1845 allein, die Direktion der großen Eisen-, Stahl- und Maschinenfabrik in Creusot (s. d.), die er zu hoher Blüte und zur größten Frankreichs (16,000 Arbeiter) erhob. 1845–48 war er Deputierter, 20. Jan. bis 10. April 1851 Minister des Handels und Ackerbaues, wurde 1852 Mitglied und Vizepräsident des Gesetzgebenden Körpers, 1865 nach Mornys Tod Präsident desselben und erhielt 1868 das Großkreuz der Ehrenlegion. Seine politische Laufbahn endete mit dem Sturz des Kaiserreichs, 4. Sept. 1870. Im J. 1879 wurde sein Denkmal in Creusot enthüllt.
5) Louis, Schauspieler und Schriftsteller, geb. 29. April 1805 in Berlin, gest. 16. Dez. 1878 in Potsdam, Sohn des Kapellmeisters Georg Abraham S. (geb. 1770, gest. 1839), begleitete schon als Knabe seinen Vater auf dessen Kunstreisen und wurde 1820 an der königlichen Bühne in Berlin engagiert, an der er, kurze Unterbrechungen abgerechnet, fast 30 Jahre hindurch als ausgezeichneter Komiker wirkte. Außer mehreren Romanen und »Schauspielernovellen« (Berl. 1839, 2 Bde.) bearbeitete er, zum Teil nach fremden Originalen, eine Reihe kleiner Schwänke, von denen besonders »Der reisende Student«, »Der Heiratsantrag auf Helgoland«, »Der Kapellmeister von Venedig«, »Der Kurmärker und die Picarde« sehr beliebt wurden. Unter dem Namen L. W. Both gab er das »Bühnenrepertoire des Auslandes« heraus; auch redigierte er seit 1833 den »Soldatenfreund«, ein Unterhaltungsblatt für Unteroffiziere und Gemeine. Seit 1845 mit der Regie der königlichen Oper in Berlin betraut, erregte er durch seine der revolutionären Bewegung von 1848 feindliche Haltung so viel Unzufriedenheit, daß er seine Stellung am Theater aufgab und sich nach Potsdam zurückzog. Friedrich Wilhelm IV. ernannte ihn zu seinem Vorleser und verlieh ihm den Rang eines Hofrats; seitdem war S. stets, auch auf Reisen, in der Begleitung des Königs. König Wilhelm I. ließ ihn in dieser Stellung, übergab auch die königliche Privatbibliothek seiner Aussicht und ernannte ihn 1865 zum Geheimen Hofrat. 1866 nahm S. als Berichterstatter für den »Staatsanzeiger« im großen Hauptquartier am Feldzug gegen Österreich teil, begleitete auch beim französischen Feldzug 1870/71 den Kaiser Wilhelm. Von seinen Schriften sind noch anzuführen: »Die Galerie der Kostüme« (Berl. 1844–47,12 Hefte); »Geschichte der Oper und des Opernhauses zu Berlin« (das. 1845–52,5 Lfgn.); »König Wilhelm, militärische Lebensbeschreibung« (das. 1869); »Kaiser Wilhelm, 1867–1871« (das. 1875); »Die preußischen Orden, Ehrenzeichen und Auszeichnungen« (das. 1867–72, 12 Tle.); »Der Krieg der Tripleallianz gegen die Regierung der Republik Paraguay« (das. 1872–75, 3 Bde.). Einiges Aufsehen erregten die nach seinem Tod erschienenen Denkwürdigkeiten »Aus meinem Leben« (Berl. 1879–80, 3 Bde.), deren eine Breitspurigkeit das Interesse an vielem Tatsächlichen und Neuen nicht völlig aufheben konnte. Von größerm Wert ist das später veröffentlichte Werk: »Aus dem Leben Kaiser Wilhelms. 1849–1873« (Berl. 1888, 3 Bde.).
6) Karl, preuß. Schulmann, geb. 25. April 1826 in Neusalz a. d. Oder, gest. 2. Mai 1905 in Berlin, studierte in Breslau Theologie und Philosophie, ward 1863 Seminardirektor in Bromberg, 1867 Direktor der Waisen- und Schulanstalt und des Seminars in Bunzlau und 1870 Direktor des Seminars für Stadtschulen in Berlin, wo ihn der Minister Falk 1872 als Hilfsarbeiter und 1873 als Geheimen Regierungs- und vortragenden Rat (seit 1890 Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat) ins Kultusministerium zog. S. begann hier seine bedeutende Tätigkeit mit Entwerfung der »Allgemeinen Bestimmungen« vom 15. Okt. 1872 und bearbeitete seitdem die Angelegenheiten des preußischen Volks- und Mädchenschul-, Seminar-, Taubstummen- und Blindenwesens. 1896 ernannte ihn die Berliner Fakultät ehrenhalber zum Doktor der Theologie, 1900 trat er in den Ruhestand. Er schrieb; »Die Volksschule und die Lehrerbildung in Frankreich« (Bielef. 1867); »Handreichung der Kirche an die Schule« (das. 1867); »Volksschule und Lehrerbildung in Preußen« (1875); »Rousseau und Pestalozzi« (4. Aufl., Berl. 1889). Mit v. Bremen gab er heraus das Sammelwerk: »Das Volksschulwesen im preußischen Staat« (Berl. 1886–87, 3 Bde.) und mit A. Petersilie mehrere statistische Arbeiten über das preußische Volksschulwesen, die in der »Preußischen Statistik« (Bd. 101 für 1886, Bd. 120 für 1891, Bd. 151 für 1896) erschienen sind. Vgl. Schneiders Autobiographie: »Ein halbes Jahrhundert im Dienste von Kirche und Schule« (2. Aufl., Berl. 1902).
7) Lina, geborne Weller, Schriftstellerin, geb. 15. Jan. 1831 in Weimar, trieb schon frühzeitig Literaturstudien und kam 1852 infolge ihrer Vermählung mit dem Opernsänger Karl S. (gest. 1882 in Köln) nach Rotterdam, wo sie durch Vorlesungen für die Kenntnis der deutschen Literatur erfolgreich wirkte. Aufmerksam gemacht auf die indische Literatur, erlernte sie die malaiische Schriftsprache und veröffentlichte nach dem Holländischen: »Aus dem indischen Leben«, »Ostindische Damen und Herren«, »Erinnerungen aus der Laufbahn eines indischen Offiziers« u.a. Durch das Mittelhochdeutsche wurde sie auch auf die Schätze des Mittelniederländischen hingeführt und lieferte eine metrische Übersetzung des Gedichts »Beatrijs« aus dem 15. Jahrh. Weiter veröffentlichte sie eine deutsche Bearbeitung von Jonckbloets »Geschichte der niederländischen Literatur« (unter dem Namen Wilh. Berg, Leipz. 1870–72, 2 Bde.) sowie das von Nicolai komponierte Oratorium »Bonifacius«. 1872 wurde sie zum Ehrenmitglied der Maatschappij van nederlandsche letterkunde in Leiden ernannt, und 1873 erhielt sie von der Regierung die große goldene Verdienstmedaille. Später erschienen: »Frauengestalten der griechischen Sage und Dichtung« (Leipz. 1879), eine neue »Geschichte der niederländischen Literatur« (das. 1887) auf Grund der von Ferd. v. Hellwald hinterlassenen Vorarbeiten, und »Großmutterlieder« (Münch. 1903). Sie lebt in Köln.
8) Wilhelm, Bischof von Paderborn, geb. 4. Sept. 1847 in Gerlingen (Kreis Olpe), wurde 1882 Seminarlehrer in Rüthen bei Arnsberg, 1887 Professor der Moraltheologie an der bischöflichen Theologenfakultät in Paderborn, daneben 1892 Domkapitular, 1894 Dompropst und 1900 Bischof von Paderborn. Papst Pius IX. ernannte ihn 1874 zum Ehrenkaplan, Leo XIII. 1893 zum Hausprälaten. Er schrieb: »Das andre Leben. Ernst und Trost der christlichen Welt- und Lebensanschauung« (8. Aufl., Paderb. 1905); »Der neuere Geisterglaube« (2. Aufl., Paderb. 1885); »Die Naturvölker. Mißverständnisse, Mißdeutungen und Mißhandlungen« (das. 1885–86, 2 Tle); »Die Religion der afrikanischen Völker« (Münst. 1891); »Allgemeinheit und Einheit des sittlichen Bewußtseins« (Köln 1895); »Die Sittlichkeit im Lichte der Darwinschen Entwickelungslehre« (Paderb. 1895); »Göttliche Weltordnung und religionslose Sittlichkeit« (das. 1900) u.a.
9) Sascha (Alexander), Maler und Zeichner, geb. 21. Sept. 1870 in St. Petersburg als Sohn deutscher Eltern, kam in früher Jugend nach Zürich und später nach Dresden, wo er die Kreuzschule besuchte, und wurde schon als Schüler durch den Maler Leonhard Gey, dessen phantastische Richtung von Einfluß auf ihn wurde, in die Kunst eingeführt. Von 1889–92 studierte er an der Kunstakademie in Dresden, ohne jedoch die erhoffte Befriedigung und Förderung zu finden. Er suchte nunmehr die Gedanken, die ihn bewegten, auf großen Kartonzeichnungen, zum Teil in monumentalem Maßstab, zu gestalten, die seit 1894 durch die Originalität der Auffassung und durch den mystisch-symbolischen Inhalt ungewöhnliches Aufsehen erregten, soz. B. Christus in der Hölle, ein Wiedersehen (Christus als Weltenrichter und Judas Ischariot), Judas Ischariot auf der Flucht, »Eins tut not!« (Christus als Prediger der Menschenliebe), der Triumph der Finsternis, oder Allegorien wie: der Herr der Welt, die Sklaven des Mammon, der Anarchist, das Gefühl der Abhängigkeit und der Blick ins Unendliche (zwei im Dresdener Kupferstichkabinett, vier im städtischen Museum zu Magdeburg). Später schuf er Monumentalmalereien in der Johanneskirche zu Meißen (Jüngstes Gericht, Auferstehung und Höllensturz), im Leipziger Buchgewerbemuseum, in der Villa Colombani zu Florenz und im Foyer des Kölner Stadttheaters, und symbolisch-mystische Gemälde, wie das zehnteilige Bild: Um die Wahrheit. 1904 wurde er als Professor an die Kunstschule in Weimar berufen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.