- Barth [2]
Barth, 1) Kaspar von, philolog. Vielschreiber, geb. 22. Juni 1587 in Küstrin, gest. 17. Sept. 1658 in Leipzig, studierte seit 1606 in Wittenberg und Jena, machte 1610–19 Reisen in Deutschland, Italien, Holland, Frankreich und der Schweiz und lebte dann aus Liebe zur Unabhängigkeit abwechselnd in Halle und Leipzig. Trotz großer Belesenheit fehlt es ihm an methodischem Urteil und an Geschmack. Von seinen sehr zahlreichen Schriften nennen wir die »Adversariorum libri LX« (Frankf. 1624 u. 1648) sowie die Ausgaben des Claudian (das. 1650) und des Statius (Zwickau 1664–65, 4 Bde.).
2) Karl, Kupferstecher, geb. im Oktober 1787 in Eisfeld, gest. 12. Sept. 1853 in Kassel, widmete sich in Stuttgart bei Joh. Gotth. v. Müller 1805–12 der Kupferstecherkunst und ging 1817 nach Rom, wo er mit Amsler den Stich des Titelblattes zu Cornelius' Kompositionen zum Nibelungenlied begann. Nach wechselndem Aufenthalt in Nürnberg, Freiburg, Frankfurt a. M. und Darmstadt ließ er sich in Hildburghausen nieder, wo er vieles im Auftrag des Bibliographischen Instituts arbeitete. Als Schriftsteller hat sich B. durch Erzählungen und Gedichte und durch die Bearbeitung von Longhis Werk über die Kupferstecherkunst (Hildburgh. 1837, 2 Bde.) bekannt gemacht.
3) Marquard, bayr. Abgeordneter, geb. 1. Sept. 1809 in Eichstätt, gest. 23. Mai 1885, studierte Rechtswissenschaft zu München, wurde 1837 Rechtsanwalt in Kaufbeuren,.1870 in München, war 1873–79 Rat beim Reichsoberhandelsgericht zu Leipzig und lebte zuletzt in Würzburg. 1848 in die Nationalversammlung gewählt, gehörte er zur erbkaiserlichen Partei, war Mitglied der Deputation, die 1849 dem König Friedrich Wilhelm IV. die Kaiserkrone anbot, und nahm an der Gothaer Versammlung teil. Seit 1855 liberales Mitglied der Kammer der Abgeordneten in Bayern, wirkte er als einer der Führer der bayrischen Fortschrittspartei für den Konstitutionalismus und, namentlich 1870/71, für die Einigung Deutschlands unter Preußens Führung. 1868 wurde er in das Zollparlament, 1871 in den deutschen Reichstag gewählt und gehörte in ihm (bis 1874) der liberalen Reichspartei an. Außer Abhandlungen schrieb er einen »Kommentar zur neuen Zivilprozeßordnung für das Königreich Bayern« (Nördling. 1869–71).
4) Heinrich, berühmter Reisender und Geograph, geb. 16. Febr. 1821 in Hamburg, gest. 25. Nov. 1865 in Berlin, studierte 1839–44 in Berlin Sprachwissenschaft und Altertumskunde, machte noch während seiner Studienzeit (1840) eine Reise nach Italien und Sizilien und faßte infolge derselben den Plan, das gesamte Mittelmeerbecken aus eigner Anschauung kennen zu lernen und zu erforschen. Nach kurzem Aufenthalt in London, wo er die arabische Sprache studierte, brach er 1845 über Gibraltar nach Tanger auf, vermochte jedoch in Marokko nicht ins Innere vorzudringen; besser gelang ihm dies in Algerien, besonders aber in Tunis und Tripolis, dessen Hauptstadt er über Gabes erreichte. Darauf zog er um die Große Syrte nach Bengasi, erforschte das alte Kyrenaika und ging durch das alte Marmarika in das Niltal. An der Grenze Ägyptens von Räubern fast seiner ganzen Habe, namentlich seiner Tagebücher und Skizzen, beraubt, rettete er, schwerverwundet, mit Mühe sein Leben. In Ägypten unternahm er eine Nilfahrt bis zum zweiten Katarakt von Wadi Halfa, dann eine Wüstenreise von Assuân nach Berenike, worauf er seine Forschungen in Asien durch die Peträische Halbinsel und Palästina fortsetzte, das nordsyrische Küstenland, Cypern und die ganze Süd- und Westküste Kleinasiens bereiste und nach dreijähriger Abwesenheit über Konstantinopel und durch Griechenland nach der Heimat zurückkehrte. 1848 habilitierte er sich als Privatdozent in Berlin und bearbeitete zugleich sein Reisewerk, wurde aber schon 1849 durch Bunsen und Petermann veranlaßt, sich der englischen Forschungsexpedition nach dem Innern von Nordafrika unter Richardson anzuschließen. Die Reisenden, denen sich auch Adolf Overweg zugesellt hatte, langten 18. Jan. 1850 in Tripolis an, das sie 24. März verließen, um über Mursuk nach Tin-Tellust zu reisen. Von hier machte B. einen Ausflug nach dem seit 11/2 Jahrhunderten von keinem Europäer betretenen Agades, der Hauptstadt der Oase Aïr oder Asben, mit deren Fürsten er einen Handelsvertrag abschloß. In Taghelel, einer Grenzstadt der Tuareg gegen das Reich Bornu, trennten sich 11. Jan. 1851 die Reisenden; durch das Land der Haussa zog B. über Katsena und Kano nach Kuka, der Hauptstadt Bornus, wo er 7. Mai mit Overweg zusammentraf, nachdem Richardson bereits 4. März in Ungurutua, sechs Tagereisen von Kuka, gestorben war. Während Overweg in Kuka blieb, wandte sich B. nach Adamaua, entdeckte auf dem Wege nach Jola den Binuë, langte 22. Juli wieder in Kuka an, unternahm sodann mit Overweg eine Reise nach Kanem und vom 25. Nov. 1851 bis Ende Januar 1852 nach dem Lande der Musgo im S. Kukas. Von da zurückgekehrt, reiste er nach Bagirmi, im SO. des Tsadsees, und verweilte längere Zeit in dessen Hauptstadt Massenja. Als auch Overweg 27. Sept. 1852 bei Maduari am Tsad gestorben war, reiste B. über Kano und Katsena nach Sokoto, dessen mächtiger Herrscher Aliu ihn freundlich aufnahm, erreichte 12. Juni 1853 Say, überschritt hier den Niger und gelangte 7. Sept. nach Timbuktu, wo er anfangs als Abgesandter des Sultans von Stambul galt, dann aber als Christ in große Lebensgefahr geriet und erst nach achtmonatigem Aufenthalt 18. Mai 1854 die Rückreise antreten konnte. In Gogo schloß er mit den angesehensten Tuaregfürsten als Abgesandter Englands Verträge ab, laut deren sie die Befahrung des Niger durch englische Schiffe gestatteten. Vom 30. Aug. bis 5. Okt. hielt er sich zur Herstellung seiner Gesundheit in Wurno auf; 18. Okt. erreichte er Kano, das er aus Mangel an Mitteln erst Mitte November verlassen konnte. Auf dem Wege nach Kuka traf er 1. Dez. bei Bundi mit dem ihm nachgesandten Vogel zusammen. Während letzterer nach Sinder ging, eilte B. nach Kuka, wo er 21. Dez., vom Scheich Omar feierlich eingeholt, eintraf. Am 28. Dez. kehrte auch Vogel zurück, und beide Forscher blieben vier Wochen beisammen. Anfang Mai 1855 trat B. die Rückreise nach Norden an, erreichte über Bilma und Mursuk 28. Aug. Tripolis und betrat 8. Sept. zu Marseille wieder den vor 6 Jahren verlassenen Boden Europas. Barths Reisen bilden eine neue Ära in der Entdeckungsgeschichte Afrikas. Er hat zuerst das Land Aïr gründlich erforscht, den mächtigen Binuë in seinem Oberlauf überschritten und das reiche Land Adamaua auf der Karte niedergelegt, die erste genaue Beschreibung von den zwei wichtigen Königreichen Bagirmi und Wadai geliefert und die Haussastaaten Gando und Massina entdeckt. Seine Erfolge erweckten neues reges Interesse für Afrika. Die geographischen Gesellschaften von London und Paris verliehen ihm die große goldene Medaille, die Universität Oxford ernannte ihn zum Ehrendoktor; er selbst aber nahm seine akademische Tätigkeit in Berlin wieder auf und trat 1858, nachdem er sein großes Reisewerk in unglaublich kurzer Zeit vollendet, mit Mordtmann eine Reise nach Kleinasien an. Nach seiner Rückkehr erhielt B. 1863 die Professur seines verstorbenen Lehrers Karl Ritter, dessen Andenken er durch die von ihm begründete »Ritter-Stiftung« ehrte. Alljährlich unternahm er Reisen, so 1861 in die Pyrenäen und nach Spanien; 1862 erforschte er die östliche Türkei, indem er von Rustschuk über den Balkan bis nach Thessalien zog, die Höhe des Olymps dabei zum erstenmal richtig bestimmend. 1864 besuchte er abermals Italien, 1865 Dalmatien und Montenegro. Bei der Ausarbeitung des Berichts über diese letzte Reise ereilte ihn der Tod. Er veröffentlichte: »Wanderungen durch die Küstenländer des Mittelmeers, ausgeführt in den Jahren 1845, 1846 und 1847« (Berl. 1849); »Reisen und Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika in den Jahren 1849–1855« (Gotha 1857–59, 5 Bde.; im Auszug das. 1859–60, 2 Bde.); »Reise von Trapezunt durch die nördliche Hälfte Kleinasiens nach Skutari« (das. 1860); »Reise quer durch das Innere der Europäischen Türkei« (in der Berliner »Zeitschrift für allgemeine Erdkunde«, 1863 u. 1864; Sonderausgabe 1864); »Sammlung und Bearbeitung zentralafrikanischer Vokabularien« (Gotha 1862–66, 3 Tle.). Sein Bildnis s. Tafel »Afrikaforscher I«. Vgl. Koner, Heinrich B. (in der »Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin«, 1866); Schubert, Heinrich B., der Bahnbrecher der deutschen Afrikaforschung (Berl. 1897).
5) Auguste, Orientalist, geb. 22. März 1834 in Straßburg, lebt als Privatgelehrter in Paris. Er veröffentlichte: »Les religions de l'Inde« (Par. 1879; engl., Lond. 1882) und »Inscriptions sanscrites du Cambodge« (mit Atlas, 1885), außerdem Abhandlungen im »Journal asiatique«, in der »Mélusine«, den »Mémoires de la Societé de linguistique« und im »Journal des savants«. Sehr beachtenswert sind auch seine Kritiken indologischer Werke in der »Revue critique« (seit 1872) und insbes. seine Jahresberichte über indische Religionsforschung in der »Revue de l'Histoire des religions« (seit 1880).
6) (B.-Harmating) Hermann von, Reisender und Alpenforscher, geb. 15. Mai 1845 auf Schloß Eurasburg in Oberbayern, gest. 7. Dez. 1876, studierte zu München die Rechte, widmete sich dann naturwissenschaftlichen, besonders geologischen Studien, erforschte auf zahlreichen Wanderungen die Algäuer Alpen und erhielt 1876 von der portugiesischen Regierung den Auftrag, als Geolog nach Angola und Benguella zu gehen. Er landete im Juni 1876 in Loanda und gelangte durch das Bengotal über Braganza nach Mambulu, wo er heftig erkrankte. Nach Loanda zurückgekehrt, machte er in einem Anfall von Fieberwahnsinn seinem Leben ein Ende. Außer zahlreichen Arbeiten in Fachzeitschriften veröffentlichte er: »Aus den nördlichen Kalkalpen« (Gera 1874, Auszug aus einem nur in wenigen Exemplaren verbreiteten autographierten »Wegweiser«) und »David Livingstone der Afrikareisende. Ostafrika vom Limpopo bis zum Somaliland« (Leipz. 1875). Vgl. Waltenberger in der »Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins«, 1892.
7) Theodor, Politiker, geb. 16. Juli 1849 in Duderstadt, studierte 1868–71 die Rechte und Volkswirtschaft, war bis 1872 Advokat in Bremen, bis 1876 Amtsassessor in Bremerhaven und bis 1883 Syndikus der Bremer Handelskammer. Gleichzeitig war er Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, Bankkommissar bei der Reichsbankhauptstelle, Mitglied der bremischen Bürgerschaft und vertrat 1879 die drei Hansestädte in der Zolltarifkommission des Bundesrates. Seine staatswirtschaftlichen Kenntnisse erweiterte er auf Reisen in England, Frankreich und Nordamerika und schrieb unter anderm »Amerikanisches Wirtschaftsleben« (Berl. 1887). Seit 1883 ist er Redakteur der Wochenschrift »Die Nation« in Berlin, 1887 ward er in den Reichstag gewählt, wo er sich der deutsch-freisinnigen Fraktion anschloß; seit deren Spaltung 1893 gehört er zur Freisinnigen Vereinigung.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.