Tsad

Tsad

Tsad (Tsade, Tschad, Bahr-es-Salam der Araber), großer Süßwassersee im mittlern Sudân (Nordafrika; s. Karte bei »Guinea« und »Kamerun«), lag nach den frühern Beobachtungen zwischen 121/2° bis 141/2° nördl. Br. und 13–15° östl. L., 260 (nach andern 270) m ü. M., früher 27,000 qkm, nach der Regenzeit 50,000, in der trockenen Jahreszeit 11,000 qkm groß, erhält von W. den Komadugu-Waube, von S. den Mbulu, von NO. den Bahr el Ghazal (aber nur zeitweise), alle wasserarm, von SO. das wasserreiche Schari-Logonesystem. Die Wassermenge dieser Zuflüsse wurde von Nachtigal auf 100 Kubikkilometer berechnet, von denen etwa 70 verdunsten, 30 wahrscheinlich unterirdisch in das nach seiner Vermutung nach NO. ziehende Tal des Gazellenflusses (s. d. 2) nach Egel und Borku abfließen sollten. Die neuern Forschungen haben im Zusammenhang mit der allgemein in Afrika beobachteten Austrocknung nach deutschen, französischen und englischen Beobachtungen ein starkes Schwinden des Sees ergeben. Man rechnet jetzt: 15,000 qkm offenes Wasser, 5000 qkm durchwachsenes Gebiet (besonders im N., W. und S.;oft 10–20 km breit) und 1000 qkm Inseln. Nur die Kanem- (O.) Seite hat einige meterhohe Sandrücken am Ufer, mit vielen Lagunen, sonst ist die Uferlinie kaum irgendwo genau festzulegen. Den höchsten Wasserstand erreicht der See (dabei sind nur die Niederschläge am Schari maßgebend) im Dezember bis Januar. Einsickerung, Verdunstung und unterirdischer Abfluß zum Bahr el Ghazal vermindern ihn dauernd und in Zukunft noch schneller als jetzt. Ein Wandern des Sees nach W. ist, obwohl vielfach behauptet, nicht erwiesen. Der See hat im offenen Wasser im W. 3–4 m Tiefe, die Kanäle im O. 2–3 m. Daselbst hausen auf den zahlreichen Inseln (Buduma-, Karka-, Kuriinseln) etwa 36,000 Menschen, vertriebene Angehörige der Buduma, Kuri, Kanemba, Kanuri, Daza, Bulala. Da das Wasser so seicht ist, daß die Inseln oft unter sich und mit dem Ufer vereinigt werden, kann Schiffahrt gar nicht stattfinden. Die Ufer sind fast überall versumpft, Pflanzenwuchs und Tierwelt außer an dem steppenartigen Nordostufer sehr reich und mannigfaltig. Die Untersuchung der von Gosling (1905) gefangenen Fische hat große Ähnlichkeit mit denen im Nil wie im Niger ergeben und die Annahme gestützt, daß der T. der Rest einer ehemaligen Seenkette ist, welche die Verbindung zwischen diesen beiden Flüssen herstellte. Vom Westufer 30 km entfernt liegt Kuka (12°55' nördl. Br. und 13°55' östl. L.), im SW. Ngornu. Früher stießen die Reiche Kanem, Bagirmi und Bornu an den T.; jetzt besitzt Frankreich (das Hinterland von Französisch-Kongo und Französisch-Westafrika) das Nordufer zwischen Komadugu und Schari, den Süden Deutschland (Hinterland von Kamerun), den Südwesten England (Nordnigeria [Verträge von 1893,1894 und 1899]). Der T. ist wahrscheinlich der Nubasee des Ptolemäus; Abulfeda nennt ihn den Knarsee. Doch erblickte ihn kein Europäer vor Clapperton, Denham und Oudney (1823). Befahren wurde er zuerst von Overweg (1851), Barth erforschte einige Teile, am besten lernten wir ihn durch Nachtigal (1871–72) kennen. Mit der Besitzergreifung der Ufer durch europäische Mächte haben die Forschungen eingesetzt unter Foureau-Lamy, Lenfant, Löfler, Marquardsen, Claude Alexander, Gosling u. a. (von diesen Expeditionen liegen zum Teil kartographische Aufnahmen vor). Vgl. Barth, Reisen und Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika (Gotha 1855–58); Nachtigal, Sahara und Sudân, Bd. 2 (Berl. 1880); v. Oppenheim, Rabeh und das Tsadseegebiet (das. 1902); Bauer, Die deutsche Niger-Benue-Tsadsee-Expedition 1902/03(das. 1904); Marquardsen, Geographische Erforschung des Tsadgebietes bis zum Jahre 1905 (in den »Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten«, 1905); Lenfant, La grande route du Tchad (Par. 1905); René, Kamerun und die deutsche Tsadsee-Eisenbahn (Berl. 1905); Chevalier, Mission Chari. Lac Tchad, 1902–1904 (Par. 1907). – Zur Geschichte der Randländer des T. vgl. die Artikel »Bagirmi, Bornu, Kamerun (S. 512), Nigeria, Rabeh und Senegal« (S. 340).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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