Schwarzenberg [3]

Schwarzenberg [3]

Schwarzenberg, 1) Johann, Freiherr zu, Reformator des peinlichen Rechts, geb. 25. Dez. 1463 aus der bayrischen Linie des Hauses, gest. 20. Okt. 1528 in Nürnberg, wohnte den Kriegszügen Kaiser Maximilians I. bei und war von 1501 ab Landhofmeister (d. h. Minister) des Bischofs von Bamberg, 1522–24 Mitglied des »Reichsregiments« und von 1524 ab Landhofmeister der Markgrafen Kasimir und Georg von Brandenburg für deren fränkische Lande. Er ist Verfasser der »Bamberger Halsgerichtsordnung« von 1507, der Grundlage der Carolina (s. Halsgerichtsordnung), und förderte auch die klassischen Studien sowie die Reformation. Vgl. E. Herrmann, Joh., Freiherr zu S. (Leipz. 1841); J. v. Wagner (J. Renatus), Johann v. S. (Berl. 1893); W. Scheel, Johann, Freih. von S. (das. 1905).

2) Adam, Graf von, geb. 26. Aug. 1584 aus der niederländischen Linie, gest. 14. März 1641 in Spandau, kämpfte unter seinem Vater, dem Grafen Adolf von S. (s. oben), in kaiserlichen Diensten gegen die Türken, ward Rat bei dem letzten Herzog von Jülich-Kleve, trat 1610 in die Dienste des brandenburgischen Statthalters von Kleve, Markgrafen Ernst von Brandenburg, und ward 1619 Minister des Kurfürsten Georg Wilhelm, den er völlig beherrschte. Die Beschuldigungen, daß er im Interesse Österreichs und des Katholizismus absichtlich zu der Schwächung Brandenburgs beigetragen, selbst nach der Kurwürde gestrebt und deshalb dem Kurprinzen Friedrich Wilhelm nach dem Leben getrachtet have, sind unbegründet. S. wurde von Georg Wilhelm mit Ehren überhäuft, 1625 zum Ordensmeister der Johanniterballei Brandenburg in Sonnenburg und 1634 zum Statthalter der Mark ernannt und erwarb ein sehr beträchtliches Vermögen. Nach dem Tode Georg Wilhelms (1640) ward er von dessen Nachfolger Friedrich Wilhelm in seinen Würden bestätigt. Vgl. Cosmar, Beitrage zur Untersuchung der gegen den kurbrandenburgischen Geheimen Rat Grafen Adam von S. erhobenen Beschuldigungen (Berl. 1828), und den Artikel S. von Meinardus in der »Allgemeinen deutschen Biographie«, Bd. 33 (Leipz. 1891). Über seinen Sohn Johann Adolf s. oben: Schwarzenberg (Geschlecht).

3) Karl, Fürst von, Herzog von Krumau, österreich. Feldmarschall, geb. 15. April 1771 in Wien, gest. 15. Okt. 1820 in Leipzig, trat 1788 als Leutnant in das österreichische Heer ein, nahm 1789 am Türkenkrieg, 1792, zum Major ernannt, an der Schlacht bei Jemappes teil und trug 1794 durch einen kühnen Reiterangriff viel zum Siege bei Cateau-Cambrésis bei. Nach den Feldzügen von 1795 und 1796 wurde er Generalmajor. Bei Hohenlinden 1800 befehligte er als Feldmarschalleutnant und deckte den Rückzug hinter die Enns. Bei der Krönung des Zaren Alexander I. in Moskau 27. Sept. 1801 vertrat S. den österreichischen Hof. 1805, in welchem Jahr er zum Vizepräsidenten des Hofkriegsrates ernannt wurde, befehligte er eine Division unter General Mack und schlug sich, in die Katastrophe von Ulm verwickelt, mit dem größten Teil der Kavallerie nach Eger durch. 1808 ging er als Botschafter nach Petersburg, 1809 übernahm er zwei Tage vor der Schlacht bei Wagram die Führung eines Teiles der Reiterei und befehligte auf dem Rückzug die Nachhut. Zum General der Kavallerie und zum Botschafter in Paris ernannt, führte er 1810 die Verhandlungen über die Vermählung Napoleons I. mit der Erzherzogin Marie Luise, zu deren Feier er ein großes Fest in Paris gab, das mit einem gräßlichen Brandunglück endete. Auf Napoleons Betrieb, dessen besonderes Vertrauen er besaß, erhielt er im russischen Feldzug den Oberbefehl über das österreichische Hilfskorps, ging Anfang Juli 1812 über den Bug und besetzte am 11. die Position bei Pinsk, mußte sich aber dann bei der Rückkehr der Hauptarmee vor der überlegenen feindlichen Macht ins Großherzogtum Warschau zurückziehen und blieb dann, wahrscheinlich infolge geheimer Instruktionen, bei Pultusk untätig stehen. Im April 1813 suchte er vergebens in Paris den Frieden zwischen Frankreich und Rußland zu vermitteln, worauf er den Oberbefehl über das Beobachtungsheer, das in Böhmen versammelt ward, und, nachdem Österreich an Napoleon den Krieg erklärt hatte, im August den Oberbefehl über alle Truppen der Alliierten erhielt. Seine Stellung neben den drei Monarchen unter den entgegengesetzten Einflüssen Metternichs und Kaiser Alexanders war eine höchst schwierige und lähmte seine kriegerischen Aktionen. Doch zeigte er sich bei Dresden und Leipzig nicht eben als großen Feldherrn und unterstützte namentlich bei der Verfolgung der Franzosen und dem Einmarsch in Frankreich 1814 Metternichs zurückhaltende Politik nur zu bereitwillig durch seine altmodische, pedantische strategische Theorie, »das Heil nicht in der Schlacht, sondern in der militärischen Attitüde zu sehen«, auf Grund deren er nie einen Erfolg ausbeutete, bei jedem Mißgeschick sich aber stets sofort auf seine Basis, das Plateau von Langres, zurückzog. Erst nach der Schlacht bei Arcissur-Aube 20. und 21. März 1814 entschloß er sich zum Vormarsch auf Paris, der mit dessen Einnahme endete. Nach Napoleons Wiederkehr von Elba 1815 erhielt er den Oberbefehl über die Armee der Verbündeten am Oberrhein, doch ward der Sieg über Napoleon errungen, ehe die Österreicher auf dem Kriegsschauplatz eintrafen. Nach seiner Rückkehr nach Wien wurde S. zum Präsidenten des Hofkriegsrates ernannt und mit mehreren Gütern in Ungarn beschenkt. Seit 1817 an der rechten Seite gelähmt, starb er auf einer Reise zur Kur in Leipzig. Am 18. Okt. 1838 wurde S. in der Nähe von Meusdorf bei Leipzig ein Denkmal gesetzt, 20. Okt 1867 seine Reiterstatue in Wien (von Hähnel) enthüllt. Sein Bildnis s. Tafel »Feldherren des Deutschen Befreiungskrieges II«. Vgl. Prokesch-Osten, Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Feldmarschalls Fürsten von S. (Wien 1822, neue Ausg. 1861). – Sein Sohn Friedrich, Fürst von S., österreich. General, geb. 1799, gest. 6. März 1870, der, um sich der militärischen Laufbahn zu widmen, auf sein Majorat zugunsten seines jüngern Bruders Karl (s. S. 6) verzichtete, wurde Major, machte 1830 als Freiwilliger die Unternehmung gegen Algier mit, unternahm später weite Reisen, die er auch schriftstellerisch behandelte. Er schrieb: »Rückblicke auf Algier« (1831), »Reise in die Levante« (1837), »Aus dem Wanderbuch eines verabschiedeten Landsknechts« (Wien 1844–48, 5 Bde.). 1846 unterstützte er Erzherzog Ferdinand in Galizien und beschrieb diese Periode in den »Antidiluvianischen Fidibusschnitzel«. Im J. 1849 war er Ordonnanzoffizier des Generals Haynau in Ungarn und wurde Generalmajor. Seitdem lebte er nur noch seinen literarischen Arbeiten.

4) Felix, Fürst von, österreich. Staatsmann, geb. 2. Okt. 1800 in Krumau, gest. 5. April 1852 in Wien, zweiter Sohn des Fürsten Joseph von S. (gest. 1833), trat 1818 als Kadett in die Armee, ging aber 1824 zur diplomatischen Laufbahn über. 1826 mit einer Mission nach London betraut, ging er, nachdem er sich durch einen Ehebruch mit der Lady Ellenborough unmöglich gemacht, von da 1827 mit dem Baron Neumann nach Brasilien. Nach seiner Rückkehr ward er bei verschiedenen Gesandtschaften beschäftigt und schließlich 1846 beim Hofe zu Neapel als Gesandter akkreditiert. Als dort bei einem Tumult 26. März 1848 sein Hotel insultiert wurde, nahm er seinen Abschied und erhielt als Generalmajor den Oberbefehl über eine Brigade unter Nugent in Oberitalien, focht bei Curtatone und Goito und ward Feldmarschalleutnant. Nach Unterdrückung des Oktoberaufstandes in Wien wurde er 22. Nov. 1848 an die Spitze des Ministeriums gerufen. Er plante ein militärisch absolutistisch regiertes, einheitliches Österreich, jedoch im Innern durch zeitgemäße Reformen gekräftigt und in Deutschland und ganz Mitteleuropa zur herrschenden Macht erhoben. Rücksichtslos, energisch und nicht wählerisch in seinen Mitteln, erlangte er auch rasch bedeutende Erfolge. Durch das Bündnis mit Rußland bewirkte er die Unterdrückung des ungarischen Aufstandes, das völlige Scheitern der preußischen Unionspolitik in Deutschland, kettete die deutschen Mittelstaaten von neuem eng an Österreich, stellte den Bundestag wieder her und legte Preußen die Demütigung von Olmütz auf. Nur den Eintritt Gesamtösterreichs in den Bund (das »70 Millionenreich«, das er plante) und in den Zollverein erreichte er nicht. Vgl. Berger, Felix Fürst zu S. (Leipz. 1853), und den Artikel S. von Zeißberg in der »Allgemeinen deutschen Biographie«, Bd. 33 (das. 1891).

5) Friedrich, Fürst von, Kardinal, geb. 6. April 1809, gest. 27. März 1885 in Wien, jüngerer Bruder des Majoratsherrn Fürsten Johann Adolf (geb. 22. Mai 1799, gest. 15. Sept. 1888), widmete sich dem Priesterstand, ward Kanonikus in Salzburg, 1835 Fürstbischof daselbst, 1842 Kardinalpriester, 1849 Fürsterzbischof von Prag; er war Mitglied des Herrenhauses und lange Jahre hindurch der Führer der klerikal-feudalen Partei in Böhmen. Vgl. Wolfsgruber, Friedrich Kardinal S. (Wien 1906, Bd. 1).

6) Karl, Fürst von, vorletzter Chef des zweiten Stammes, geb. 5. Juli 1824 in Prag, gest. 29. März 1904 daselbst, trat früh in die Armee, kämpfte 1848 in Italien, nahm 1856 seinen Abschied, widmete sich der Verwaltung seiner Güter und stand mit den beiden Grafen Clam-Martinitz und dem Fürsten Lobkowitz an der Spitze der tschechisch-nationalen Bewegung im Bunde mit Palacky und Rieger. Auf seinen Einfluß hin blieben die Tschechen dem Reichsrat fern; dann leitete er unter dem Ministerium Potocki den von Böhmen ausgehenden Ansturm gegen die Verfassung mit der Entsendung einer Deputation an den Kaiser und der in Abwesenheit der Deutschen vom böhmischen Landtag angenommenen Adresse. Nach der Ernennung Hohenwarts nahm er an der Abfassung der »Fundamentalartikel« teil; doch nach dem plötzlichen Scheitern aller föderalistischen Hoffnungen stand er der Regierung schroff gegenüber. 1879 wurde er ins Herrenhaus berufen. Im böhmischen Landtag veranlaßte seine Rede vom 22. Dez. 1886 die Deutschen zur Abstinenz. 1890 legte er sein Landtagsmandat nieder. Von seinen beiden Söhnen wirkt Friedrich (geb. 1862) als eifriger Vertreter der Tschechen, die ihn 1897 und 1901 in den Landtag wählten.


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