- Halsgerichtsordnung
Halsgerichtsordnung, die Regelung des Verfahrens vor den Halsgerichten (s. d.). Solche Gesetze finden sich zahlreich in der zweiten Hälfte des 15. und im Anfang des 16. Jahrh. in verschiedenen deutschen Gebieten. Am bekanntesten ist die H. Kaiser Karls V.: »Kaiser Karl V. und des heiligen römischen Rechts peinliche Gerichtsordnung«, oder kurzweg Carolina (Constitutio Criminalis Carolina, C. C. C.) genannt, das von Kaiser Karl V. unter Zustimmung der Reichsstände auf dem Reichstag zu Regensburg 1532 bekannt gemachte, aus 219 Artikeln bestehende Reichsgesetz über peinliche Verbrechen und Strafen sowie das Strafverfahren. Die über ihre Gerechtsame eifersüchtig wachenden Fürsten schützten sich gegen die Eingriffe der Carolina durch die clausula salvatoria (s. d.). Die Carolina, deren Vorgängerin die Bambergische H. (s. d.) war, blieb direkt oder indirekt bis in die Mitte des 18. Jahrh. das in Deutschland herrschende Strafgesetzbuch, von da ab wurde ihr Geltungsgebiet mehr und mehr eingeschränkt, zunächst durch die partikulare Gesetzgebung Bayerns, Österreichs, Preußens, dann auch fast sämtlicher Mittelstaaten und der meisten Kleinstaaten. Nur noch in den beiden Mecklenburg, in Lauenburg, Bremen und Schaumburg-Lippe erhielt sie sich als Grundlage des Strafrechts in Geltung, bis sie 1871 auch hier durch das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund beseitigt wurde. Die älteste Ausgabe (editio princeps) ist die zu Mainz von Ivo Schöffer im »Monat Hornung« des Jahres 1533 gedruckte. Nach ihr ist die Carolina in der Ausgabe von Zöpfl (3. Aufl., Leipz. 1883) abgedruckt, die in synoptischer Darstellung enthält: die Bambergensis und die Brandenburgica, den Entwurf von 1521, den Entwurf von 1529 und die Carolina. Eine brauchbare kritische Handausgabe ist die auf Grund der neu aufgefundenen Regensburger Handschrift von 1532 von Kohler u. Scheel herausgegebene (Halle 1900). Vgl. Malblank, Geschichte der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. (Nürnb. 1783); Güterbock, Die Entstehungsgeschichte der Carolina (Würzb. 1876); Brunnenmeister, Die Quellen der Bambergensis (Leipz. 1879).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.