- Freiburg [3]
Freiburg, 1) (F. im Breisgau) Hauptstadt des badischen Kreises F., der (1900) auf 2193 qkm (39,83 QM.) 234,717 Einw. zählt, sowie des gleichnamigen Amtsbezirks, liegt in schöner und fruchtbarer Gegend, 298 m ü. M., am Westfuß des Schwarzwaldes, dessen malerisch gruppierte Vorberge die Stadt im O., S. und SW. umschließen, zu beiden Seiten der von hier ab kanalisierten Dreisam, über die sechs Brücken führen.
Die Stadt besteht aus der Altstadt, die vielfach noch mittelalterlichen Charakter trägt und z. T. enge, krumme, von klaren Bächlein durchflossene Straßen hat, aus den Vorstädten Wiehre und dem eleganten Herdern, dem Stadtteil Stühlinger und den Vororten Güntersthal und Haslach. Von den alten Stadttoren sind noch das 1901 stilgerecht renovierte Martins- und das Schwabentor vorhanden. Unter den kirchlichen Gebäuden (4 evangelische, 8 katholische, eine altkatholische, eine engl. Kirche und eine Synagoge) nimmt das Münster, jetzt erzbischöfliche Kathedrale, den ersten Rang ein. Dasselbe ist ein Meisterwerk gotischer Baukunst, wenn auch seine einzelnen Teile verschiedenen Zeiten angehören. Das Querschiff und die beiden Hahnentürme sind Überreste einer romanischen Kirche. Das dreischiffige Langhaus mit seinem schönen Turm, der um 1287 vollendet wurde, ist im frühgotischen Stil erbaut. Der Bau des Chors, den ein Umgang mit einer Sakristei und zwölf Kapellen umschließt, die sämtlich mit Altären, wertvollen Altarbildern (darunter ein Altarbild von Hans Holbein d. j.) und Glasmalereien geschmückt sind, ist 1354 begonnen und 1513 vollendet. Der ganze Bau besteht aus rotem Sandstein und hat die Form eines Kreuzes. Das Mittelschiff des Langhauses ist 52,5 m lang, 27 m hoch und 11, am breit. Die Seitenschiffe haben eine Breite von 9,8 m; die ganze Länge der Kirche beträgt 125 m. Das untere Drittel des 115 m hohen Turmes bildet ein Viereck, in dem sich das mit Bildwerk reich ausgestattete Portal befindet. Darauf erhebt sich ein Achteck und auf schmalen Pfeilern zwischen Spitzbogen die ebenfalls achteckige, kühn durchbrochene Pyramide. Der prächtige, von Franz Glänz in Holz geschnitzte Hochaltar ist mit Bildern von Hans Baldung verziert; schöne Glasmalereien bedecken die Fenster. Bemerkenswert sind im Chor die Reliefbilder mehrerer Herzoge von Zähringen, wie auch an der Südseite des Langhauses das Standbild Bertolds V., des letzten Zähringers (gest. 1218), sowie in einer Kapelle der nördlichen Langseite das Grabmal des Markgrafen Otto von Hochberg, gefallen 1386 in der Schlacht bei Sempach. (Vgl. Günther u. Geiges, Unsrer Lieben Frauen Münster zu F., 68 Lichtdrucktafeln mit Text, Freib. 1897.) Unter den übrigen Kirchen ragt die im Rundbogenstil 1829–38 erbaute evangelische Ludwigskirche hervor, eine frühromanische Basilika mit drei Schiffen. Die katholische gotische St. Martinskirche aus dem 13. Jahrh., mit zierlichem Seitenturm, ist 1880–81 restauriert worden. Zwei neue katholische Kirchen, beide im Übergangsstil und mit je zwei Türmen, die eine im Stühlinger, die andre in der Wiehre, wurden 1898 und 1899 erbaut. Von weltlichen Gebäuden sind zu nennen: das Kaufhaus, aus dem 16. Jahrh., dessen von zwei malerischen Ecktürmchen flankierte Fassade mit den Standbildern Max' I., Karls V., Philipps des Schönen und Ferdinands I. geschmückt ist, das Kornhaus mit schönem Festsaal, das Gebäude des Bezirksamts (Basler Domstift) mit Skulpturen und schöner, bemalter Fassade, das alte Rathaus, aus dem 16. Jahrh., und das neue Rathaus, ein 1901 vollendeter Bau im Renaissancestil, ferner das großherzogliche Palais, die ehemalige Deutschordenskomturei, jetzt Hauptsteueramt, die Kunst- und Festhalle mit Stadtgarten u. a. Unter den Denkmälern ragt das zur Erinnerung an die Kämpfe um Belfort 1871 zu Ehren des 14. Armeekorps errichtete Siegesdenkmal (seit 1876) hervor. Sonst befinden sich noch in F. vier neue Brücken mit schönen Statuen, ein Denkmal des Geschichtschreibers Rotteck, ein Denkmal des städtischen Geschichtschreibers Schreiber sowie zahlreiche Brunnen mit Denkmälern, von denen die mit dem Standbild Bertolds III. von Zähringen, mit dem Standbild Albrechts VI. von Österreich sowie der mit der Statue des Dominikanermönchs Bertold Schwarz, des Erfinders des Schießpulvers, besonders hervorzuheben sind. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1900) mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 113 und ein Feldartillerieregiment Nr. 76) auf 61,504 Seelen, darunter 16,697 Evangelische u. 1013 Juden. Die Industrie beschäftigt sich mit der Herstellung von Nähseide, Porzellanknöpfen, künstlichen Perlen, Papier, Musikwerken, Schaumwein, Feuerspritzen, Eisengußwaren, Kunstmöbeln, Parkettböden, Zementröhren etc. Der Handel, unterstützt durch eine Reichsbankstelle (Umsatz 1902: 639,7 Mill. Mk.), eine Filiale der Rheinischen Kreditbank und der Oberrheinischen Bank und eine Handelskammer, ist besonders bedeutend in Wein und Holz. F. ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Mannheim-Konstanz, F.-Breisach und F.-Donaueschingen. F. hat elektrische Straßenbahnen, auch nach den Orten Güntersthal und Haslach. Unter den Bildungsanstalten nimmt die Universität, die, von dem Erzherzog Albrecht VI. von Österreich 1457 gestiftet, 1460 eröffnet ward und zu Ehren des Großherzogs Ludwig I. den Namen Albert Ludwig-Hochschule führt, den ersten Rang ein. Zu ihr gehören eine Bibliothek mit 250,000 Bänden und 600 Handschriften, ein reichhaltiges Naturalienkabinett, ethnographische und andre Sammlungen, ein botanischer Garten, ein klinisches Spital und andre Hilfsanstalten. Die Zahl der Dozenten belief sich 1903 auf 125, die der Studierenden im Sommer 1903 auf 1962. An andern Bildungsanstalten besitzt F. 2 Gymnasien, 2 Oberrealschulen, eine Gewerbe-, eine Handels- und eine landwirtschaftliche Winterschule, ein Theater; ferner eine naturforschende, eine anthropologische und eine Gesellschaft für Geschichtskunde, einen kirchlich-historischen Verein, einen Kunstverein und eine städtische Gemälde-. und Schwarzwald-Sammlung. An Wohltätigkeit s- und andern Anstalten befinden sich dort: ein Knaben- und ein Mädchenwaisenhaus, das reich dotierte Heiligegeisthospital (mit Pfründnerhaus), Blindenversorgungsanstalt, Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern, Landesgefängnis für Männer etc. Von Behörden haben in F. ihren Sitz: ein Landeskommissariat, Kreis- und Bezirksamt, Landgericht, Amtsgericht, drei Bezirkssorsteien (zwei staatliche und eine städtische), Hauptsteueramt, ein kath. Erzbischof für die oberrheinische Kirchenprovinz (Baden, Württemberg, Hohenzollern, Hessen und Hessen-Nassau) nebst Domkapitel und theologischem Seminar sowie der Stab der 29. Division, der 57. Infanterie- und der 29. Feldartilleriebrigade. Die städtischen Behörden zählen 2 Bürgermeister, 18 Stadträte und 96 Stadtverordnete. In der schönen Umgebung gewähren namentlich der Schloßberg (455 m) und der Loretohügel sowie weiter der Schauinsland (1286 m) reiche Aussicht. Weiterhin bietet das von einer Eisenbahn durchzogene Höllental lohnende Ausflüge aller Art. – Zum Landgerichtsbezirk F. gehören die zehn Amtsgerichte zu: Altbreisach, Emmendingen, Ettenheim, F., Kenzingen, Lörrach, Müllheim, Neustadt im Schwarzwald, Schönau im Wiesental und Waldkirch.
Geschichte. Die Anfänge der Stadt F. lassen sich nur bis zum I. 1120 verfolgen, in dem Herzog Konrad von Zähringen dem Orte Stadtrecht und eine der kölnischen nachgebildete Verfassung gab. Nach dem Aussterben der Zähringer mit Bertold V. (1218) fielen ihre Besitzungen an die Grafen von Urach, von denen ein Zweig sich »von Freiburg« nannte. Ihnen ist jedenfalls die Erbauung des Münsters zuzuschreiben. 1368 kaufte sich die Stadt vom Grafen los und begab sich unter die Herrschaft Österreichs. Als Herzog Friedrich mit der leeren Tasche 1415 dem Papst Johann XXIII. zur Flucht hierher verhalf und deshalb in die Reichsacht kam, fiel die Stadt auf zwölf Jahre aus Reich, huldigte aber 1427 ihrem alten Herrn wieder. Erzherzog Albrecht errichtete mit Zustimmung des Papstes Calixtus III. in F. die Universität, deren Stiftungsurkunde vom 21. Sept. 1457 datiert. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Stadt 1632 und öfter von den Schweden besetzt, aber 1644 von den Bayern unter Mercy genommen und 1648 Sitz der Regierung von Vorderösterreich. 1677 mußte sich die Stadt den Franzosen unter dem Marschall Créqui ergeben und wurde durch den Frieden von Nimwegen 1678 an Frankreich abgetreten. Ludwig XIV. ließ die Vorstädte Neuburg und Adelhausen niederreißen und befestigte die Stadt. Durch den Ryswyker Frieden kam F. 1697 wieder unter die österreichische Herrschaft. Am 17. Nov. 1713 abermals von den Franzosen unter Villars durch Kapitulation genommen, fiel es 1714 infolge des Rastatter Friedens an Österreich zurück. 1744 wurde die Stadt wiederum von den Franzosen erobert und die Festung geschleift; in diesem Zustand wurde sie im Aachener Frieden (1748) an Österreich zurückgegeben. Durch den Frieden von Campo Formio (1798) fiel F. an Herkules III. von Este, Herzog von Modena, als Entschädigung, nach dessen Tod 1803 an den Erzherzog Ferdinand, 1806 aber an Baden. 1821 ward der erzbischöfliche Stuhl von Konstanz nach F. verlegt. Am 23. April 1848 wurden hier die badischen Aufständischen von den deutschen Bundestruppen besiegt, die am 24. April die Stadt einnahmen. Ende Juni nahm die »provisorische Regentschaft« ihren Sitz in F., doch wurde dieses 7. Juli von den Preußen besetzt und erst 1851 wieder geräumt. Seit Anfang der 1860er Jahre hat F. einen erheblichen Aufschwung genommen. Vgl. »F. im Breisgau, die Stadt und ihre Bauten« (Freib. 1898); Schreiber, Urkundenbuch der Stadt F. (das. 1828–29, 2 Bde.) und Geschichte der Stadt und Universität F. (das. 1857–60, 7 Tle.); Bader, Geschichte der Stadt F. (das. 1882–83, 2 Bde.); H. Mayer, Geschichte der Universität F. in Baden in der ersten Hälfte des 19. Jahrh. (Bonn 1892–94, 3 Tle.); Poinsignon, Geschichtliche Ortsbeschreibung der Stadt F. im Breisgau (in den »Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt F.«, Freib. 1891), fortgesetzt von Flamm (ebenda, 1903); Albert, Die Geschichtschreibung der Stadt F. (das. 1902); »Zeitschrift der Gesellschaft zur Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von F., dem Breisgau etc.«
2) (F. in Schlesien) Stadt im preuß. Regbez. Breslau, Kreis Schweidnitz, an der Polsnitz und der Staatsbahnlinie Breslau-Halbstadt, 279 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Oberrealschule, eine Provinzialpflegeanstalt für Irr- und Schwachsinnige etc., Amtsgericht, Aktiengesellschaft für schlesische Leinenindustrie, Stärkefabrik, Uhrenfabriken und (1900) 9917 Einw., davon 2827 Katholiken und 48 Juden. F. erhielt 1291 Stadtrecht. In der Nähe liegen die 1840 zur freien Standesherrschaft Fürstenstein erhobenen Majoratsherrschaften Fürstenstein, Waldenburg und Friedland. – 3) (F. an der Elbe) Flecken und Kreisort im preuß. Regbez. Stade, Kreis Kehdingen, in fruchtbarer Marschgegend unweit der Elbe, zu der ein schiffbarer Kanal führt, und an der Kleinbahn Stade-Itzwörden, hat eine evang. Kirche, Amtsgericht, Ziegelbrennerei, Elektrizitätswerk, Getreide- und Viehhandel, Schiffahrt, Fischerei und (1900) 2237 Einw. – 4) (F. an der Unstrut) s. Freyburg. – 5) (Neu-F.) deutsche Kolonie in Brasilien, s. Nova Friburgo.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.