- Obst
Obst, fleischige und saftige Früchte, die als Nahrungsmittel oder Würze, zur Bereitung von Wein, bisweilen auch zu andern Zwecken dienen. Bei uns pflegt man wohl unter O. nur die heimischen Früchte zu verstehen und unterscheidet die aus südlichern Ländern stammenden als Südfrüchte. Nach der Form unterscheidet man Steinfrüchte (Steinobst), Äpfelfrüchte (Kernobst), Beerenobst, kapselartige Früchte, Kelchfrüchte, Kürbisfrüchte, Schotenfrüchte (vgl. Früchte mit Tafel »Tropische Früchte«). Die Bedeutung des Obstes nimmt im allgemeinen in dem Grade zu, in welchem man sich dem Äquator nähert, und in den tropischen und subtropischen Klimaten ist das O. vielfach allgemeines Nahrungsmittel (Datteln, Bananen). In höhern Breiten spielt nur das Beerenobst eine größere Rolle. Unter Franzobst versteht man feinere Obstsorten (besonders Kernobst), die an Formbäumen gezogen werden. Als Schalenobst reihen sich lediglich nach dem Sprachgebrauch Walnuß, Haselnuß, Kastanie, Paranuß, Erdnuß, Mandeln an, von denen letztere freilich botanisch zum Steinobst gehören. Hier handelt es sich überall um genießbare Samen und nicht um Früchte, und dementsprechend weicht auch das Schalenobst von dem eigentlichen O. in seiner Zusammensetzung vollständig ab. Nach der Reifezeit unterscheidet man Sommerobst, das sich nicht lange aufbewahren läßt (Beerenobst und bis Ende September reisendes Kern- und Steinobst), Herbstobst, bis Mitte November reisendes Kernobst, und Winterobst, von dem sich manche Sorten bei guter Behandlung bis zum nächsten Sommer halten. Alles früh reisende O. bleibt am Baum oder Strauch, bis es die höchste Vollkommenheit erreicht hat. Herbst- und Winterobst erntet man bei Baumreife (wenn die Kerne braun oder schwarz werden), es muß dann aber noch kürzere oder längere Zeit lagern, um ganz reif zu werden (Lagerreife).
Alles O. besteht im wesentlichen aus Pektinkörpern (s. d.), von deren Beschaffenheit wie von dem Gehalt an Zellstoff die Konsistenz des Obstes abhängt. Der saure Geschmack des Obstes wird meist durch Äpfelsäure hervorgebracht; doch finden sich neben dieser auch Zitronensäure, Weinsäure, Kleesäure und Gallussäure. Gerbsäure bedingt den herben Geschmack des Obstes. Reich ist das O. an Zucker, und zwar kommen Fruchtzucker, Traubenzucker, Rohrzucker und in Sorbus-Arten auch Sorbin vor. Bananen und Brotfrucht sowie die Frucht des Affenbrotbaums enthalten auch im reisen Zustand Stärkemehl. Reich an Fett sind nur die Oliven. Das Aroma des Obstes wird bald durch ätherische Öle, bald durch eigentümliche Ätherarten (s. Fruchtäther) bedingt, über deren Entstehung im O. nichts Sicheres bekannt ist. Der weiche Glanz der Obstschalen wird durch Wachsarten hervorgebracht, außerdem finden sich in den Schalen, oft auch im Fruchtfleisch und Fruchtsaft, mancherlei Farbstoffe. Der Gehalt an eiweißartigen Körpern ist bei allen Obstarten gering. Unreifes O. enthält reichlich Stärkemehl, das mit fortschreitender Reise in Zucker verwandelt wird. Dieser verdeckt dann auch die Säure, die sich in den unreifen Früchten durch den Geschmack viel bemerkbarer macht. Auch das Aroma entwickelt sich erst während des Reisens, und die Veränderung der Konsistenz hängt hauptsächlich mit der Umwandlung der Pektinkörper und der Bildung des Zuckers aus dem unlöslichen Stärkemehl etc. zusammen. Vgl folgende Tabelle:
Der Geschmack des Obstes ist abhängig: a) von dem Verhältnis zwischen Säure, Zucker, Gummi, Pektin etc.; denn indem die letztern Stoffe die Säure einhüllen, lassen sie selbst ein ungünstiges Verhältnis zwischen Säure und Zucker im Geschmack nicht erkennen; anderseits kann die Säure so stark vorwalten, daß sie den Zuckergehalt des Obstes vollständig verdeckt; b) von der Feinheit des Aromas; c) vom Verhältnis zwischen löslichen Stoffen, unlöslichen Substanzen und Wasser. Von diesem Verhältnis ist namentlich das angenehme Gefühl abhängig, das man beim Essen des Obstes im Mund empfindet. Das O. zerfließt um so schön er im Munde, je ärmer es an Zellulose und Pektose ist, und die Güte des Obstes wächst daher mit dem Gehalt desselben an löslichen Substanzen. Durch die Kultur des Obstes nimmt der Zuckergehalt zu, der Gehalt an freier Säure und unlöslichen Substanzen ab. Ein ähnliches Verhältnis zeigt sich zwischen schlechten und guten Jahrgängen desselben Obstes. Im Beerenobst findet sich durchschnittlich mehr freie Säure als im Stein- und Kernobst, und der saure Geschmack tritt um so entschiedener hervor, als das Beerenobst wenig Gummi und Pektin enthält. Der Werk des Obstes als Nahrungsmittel (s. Tafel »Nahrungsmittel«) ist sehr gering. Um das Kostmaß eines arbeitenden Mannes an eiweißartigen Stoffen (täglich 130 g) zu decken, müßte er fast 15 kg O. genießen. Dagegen werden 500 g Stärkemehl (2,75 kg Kartoffeln) ersetzt durch etwa 2,75 kg Trauben, 3,5 kg Kirschen, 3,5 kg Äpfel, 4 kg Rotbirnen, 4 kg Zwetschen, 6 kg Erdbeeren etc., und diese Quantitäten würden auch ungefähr nötig sein, um das tägliche Kostmaß eines arbeitenden Mannes an stickstofffreien Substanzen zu decken. Nur Bananen, Kastanien und Brotfrüchte sind reich an Stärkemehl und besitzen bedeutend höhern Nahrungswert als unser O. Wichtig ist das O. für die Ernährung insofern, als beträchtliche Mengen außerhalb der gewöhnlichen Mahlzeiten verzehrt zu werden pflegen. Zubereitete, eingemachte Früchte erhalten durch den Zusatz von Zucker erhöhten Nährwert. Die Verdaulichkeit des Obstes ist sehr günstig, auch wird es im Darm sehr vollkommen ausgenutzt. Auf den Zucker- und Säuregehalt ist die abführende Wirkung des Obstes zu schieben.
Obstverwertung.
(Hierzu Tafel »Obstverwertung«.)
Die Obstverwertung, die in Deutschland lange Zeit sehr primitiv betrieben wurde, hat in den letzten Jahrzehnten, angeregt durch die großartigen Erfolge in den Vereinigten Staaten, die Semler in seinem Buch bekannt machte, einen erfreulichen Aufschwung genommen. Die Lehranstalten für Obstbau errichteten besondere Stationen zur Bearbeitung der Obstverwertungsmethoden, nach dem Vorgange von Bautzen wurden Obstverwertungskurse eingerichtet, und die landwirtschaftlichen und Haushaltungsschulen nahmen die Obstverwertung in ihren Lehrplan auf. In Obstverwertungsanstalten wird das O. der Kreiseingesessenen gegen mäßiges Entgelt ausgearbeitet und in dauernde Form gebracht. Zur Förderung des direkten Bezugs des Obstes vom Züchter und Einschränkung, bez. Ausschaltung des Zwischenhandels sind eigenartig organisierte Obstmärkte eingerichtet und Zentralstellen gegründet worden, die zwischen Angebot und Nachfrage vermitteln, einer Entwertung des Obstes in reichen Jahren vorbeugen und zu hohe Forderungen in obstarmen Jahren richtigstellen. Man hat auch einen gemeinschaftlichen Obstverkauf durch Kreisverwaltungen, landwirtschaftliche Schulen und Obstbauvereine organisiert und Genossenschaften für Obstverwertung gegründet, die zum Teil das O. der Genossen gegen Entgelt verarbeiten und die Produkte zurückgeben oder selbst mit frischem O. und Konserven Handel treiben. Hierher gehören auch die Genossenschaften für die Verwertung von Früchten des Waldes.
Die Ernte gestaltet sich je nach der Obstart verschieden. Erdbeeren pflückt man mit einer Schere, welche die abgelöste Beere festhält, und sammelt sie in Spankörbchen, die mit Erdbeerblättern ausgelegt werden. Die Körbchen werden schichtweise in lustigen Lattenkisten verpackt, wobei jede Schicht mit Brettern bedeckt wird. Bei Baumfrüchten sind praktische Leitern (Tirol, Württemberg), Obstpflücker und Pflückkörbe zu benutzen. Große Sorgfalt ist auf die Verpackung zu verwenden, bei der die besten Früchte in Seidenpapier gewickelt werden. Sehr empfehlenswert ist Zellstoffwatte, welche die Baumwoll watte vollständig ersetzt, auch Papierwolle (buntfarbige Seidenpapierschnitzel). Statt der gewöhnlichen Kisten, Körbe, Tinen sind sehr brauchbar Dürselens Kisten aus Wellpappe, Körbe aus Holzstoff von Kulisch etc.
Bei Kernobst unterscheidet man Sommerobst, das bis Ende September reist und etwa 14 Tage hält: es muß einige Tage vor voller Reise gepflückt werden, weil es so noch an Aroma und Zucker gewinnt; Herbstobst, das von Anfang Oktober bis Mitte November reist und drei Wochen dauert; es wird gepflückt, wenn die Grundfarbe gelblich wird, die Kerne schwarz zu werden beginnen und das O. zu fallen anfängt; endlich Winterobst, dessen Reise nicht am Baum, sondern erst auf dem Lager erfolgt und selten länger als vier Wochen seine volle Güte behält. Winterobst läßt man so lange als möglich hängen, wobei es dünnere Haut und bessere Färbung bekommt. Zu früh gepflücktes Winterobst bleibt oft rübenartig und wird nur halbreif. Alles Tafelobst muß mit der Hand gepflückt werden, bei trocknem Wetter und am Morgen, sobald der Tau verschwunden ist. Bei mit der Hand nicht erreichbaren Früchten benutzt man den Obstpflücker. In der Ausarbeitung der Äpfelernte nimmt Tirol den ersten Rang ein. Durch Ausbrechen der kleinen Früchte im Juni erzielt man große Früchte, die in den Obstspeichern 2–3 Wochen liegen bleiben, um faulende Früchte rechtzeitig ausscheiden zu können, und dann sehr sorgfältig sortiert und verpackt werden.
Zur Aufbewahrung dient eine lustige Obstkammer oder ein guter, nicht dumpfiger Keller. Im dunkeln Raum hält sich O. besser als im hellen. Niemals dürfen üble Gerüche in den Raum eindringen. Die Temperatur soll im Herbst 8–10° nicht überschreiten und im Winter nicht unter 5–2° sinken. Eine vorübergehende Temperatur von -2° schadet nicht. Birnen erfrieren leichter als Äpfel, besonders empfindlich sind lagerreife Birnen. Zur Heizung dienen vorteilhaft Natronkarbonösen oder Petroleumösen. Bei einer Temperatur von 2° läßt sich O. sehr lange aufbewahren, es wird aber nach dem Verlassen des Aufbewahrungsraums in kürzester Zeit braunfleckig und verdirbt. Die Luft des Raumes soll feucht sein (70° des Hygrometers), übermäßige Feuchtigkeit schadet aber nicht so viel wie Trockenheit. Zur Lagerung des Obstes benutzt man Gestelle aus Latten mit Vorrichtungen zum Einschieben leichter Horden von etwa 1 m Breite und mit zwei seitlichen Handgriffen. Diese Horden erleichtern das Sortieren des Obstes und gestatten beständige Überwachung und Ausscheiden faulender Stücke. Hartes, nicht beschädigtes O. kann man in Mieten aufbewahren, oder man schichtet es auch mit gesiebter trockner Asche, Kalk oder Torfmull. Besonders wertvolle Früchte wickelt man in Seidenpapier und verpackt sie mit Holzwolle in Kisten, die fest verschlossen werden, auch in Fässer, die an einem trocknen Ort stehen müssen. Für großen Betrieb erbaut man Obsthäuser mit gut isolierten Wänden und Strohdach oder doppeltem, mit Holzwolle ausgestopftem Bretterdach. Man kann auch den Obstaufbewahrungsraum tief in die Erde legen, daß er von der Boden wärme Nutzen zieht und sich hinreichend feucht erhält; mehrere Schlote bewirken den erforderlichen Luftwechsel. Vor dem Einbringen des Obstes sind alle Aufbewahrungsräume sehr sorgfältig zu reinigen und stark zu schwefeln. Niemals dürfen verletzte Früchte eingebracht werden, weil sie schnell schimmeln und zur Verbreitung der Schimmelpilze beitragen. Faulende Früchte müssen sofort entfernt werden.
O., welches nicht in frischem Zustand verwendet werden kann, wird auf verschiedene Obstkonserven verarbeitet. Sehr viel O. wird getrocknet und gibt dann das Backobst (Dörrobst, Trockenobst), das ca. 30 Proz. Wasser enthält. Auf dem Lande trocknet man noch heute auf Schnüre gezogene Schnitzel an der Luft, oder man bringt das O. nach dem Brotbacken in den Backofen. In neuern Betrieben wendet man gegenwärtig allgemein das amerikanische Verfahren an, das ansehnlichere und schmackhaftere Ware liefert als die alten Verfahren. Man benutzt Dörrapparate mit senkrechtem und schrägem Schacht. Zur ersten Gruppe gehört der säulenförmige Apparat von Alden (Fig. 4 der Tafel), von dessen Feuerung im untern Teil ein System wiederholt gebrochener Heizröhren aufsteigt. In den etwa 5 m hohen Dörrschacht werden die Horden unten eingeschoben und gelangen mit Hilfe endloser Ketten aufwärts bis zu der obern Öffnung, durch die sie herausgenommen werden. Gewöhnlich stellt man 3–5 Apparate in ein Haus, durch dessen drei Stockwerke sie hindurchgehen. In einem Aldenapparat, der das amerikanische Aldenobst liefert, können täglich 40–50 Ztr. Äpfel oder 15–20 Ztr. Kirschen getrocknet werden. Für kleinern Betrieb eignet sich die Geisenheimer Wanderdörre, deren größere Nummer 2 m hoch und 60 cm breit und tief ist. Sie ist aus Eisen konstruiert, und der Raum, in dem der Ofen steht, besitzt einen doppelten, mit Holzasche gefüllten Blechmantel. Der Dörrschacht wird durch die hölzernen Rahmen der übereinander geschobenen Horden gebildet, deren Boden aus verzinktem Drahtgewebe besteht. In jede Horde kann zur Vergrößerung der Leistungsfähigkeit noch ein zweiter Boden eingesetzt werden. Zum Heben des Hordenstoßes dient eine einfache Vorrichtung mit Hebel und Zahnrädern. Die größere Dörre faßt auf ihren 12 Horden etwa 140–150 Pfd. Kirschen, 200–225 Pfd. Zwetschen, die Ringel von 130–140 Pfd. Äpfeln und 120 bis 130 Pfd. Birnen; sie verbraucht in 10 Stunden 30–33 Pfd. Kohle. Für Kleinbetrieb hat man auch Dörren konstruiert, die auf die Kochmaschine gestellt u. von deren Feuerung aus geheizt werden. Die Dörre von Ryder besitzt einen schräg liegenden, aus Brettern gefertigten Schacht, der durch einen wagerechten Mittelboden in zwei Trockengänge geteilt ist. Der Ofen steht am untern Ende des Schachtes, die heiße Luft tritt hier in den Schacht ein, durchströmt die Hordenlagen und gelangt durch die durchbrochene Tür des obern Schachtendes ins Freie. Die Horden werden über dem Ofen eingeschoben und durch eine Kurbelvorrichtung allmählich weiter gefördert; am obern Ende des Schachtes nimmt man sie heraus, liest das fertig gedörrte O. aus und läßt sie dann im untern Trockengang nach dem Ofen hin wandern. Diese Dörre eignet sich besonders für den Großbetrieb, für den auch die Dörren mit wagerechtem Schacht (Fig. 1 der Tafel) bestimmt sind, durch die ein Ventilator oder eine Turbine heiße trockne Luft hindurchtreibt. Sie lassen sich ohne große Kosten mit jeder Fabrikanlage verbinden. Man benutzt auch gemauerte Dörrstuben, die von unten her durch Kanal-, Dampf- oder Wasserheizung ihre Wärme erhalten und an den Wänden feste Gestelle zur Aufnahme der Horden besitzen. Diese Dörrstuben verbrauchen verhältnismäßig viel Feuerungsmaterial, eignen sich aber besonders für feinere Produkte und bewältigen gleichzeitig große Massen von O. Für Deutschland kommt es darauf an, geeignete Trockenvorrichtungen zu konstruieren, die im Anschluß an Fabriken mit anderweitigen Trockenapparaten (Stärkemehlfabriken, Klenganstalten etc.) große Massen von O. schnell und billig dörren.
Beim Dörren der Äpfel kommt die Sorte in Betracht, da der Ertrag an Trockenware (etwa 12 Proz.) nach dem Saftgehalt der Äpfel erheblich schwankt. Am brauchbarsten sind noch nicht völlig reife, große, breite, flachrunde Früchte mit kleinem Kernhaus. Fleckiges und geschütteltes O. gibt minderwertige Ware. Die Schälmaschinen (Fig. 3 der Tafel) schälen und schneiden die Äpfel in eine Spirale von gleichmäßig dicken Scheiben (Ringäpfel) unter Abscheidung des Kernhauses. Aus kleinen Äpfeln, die nicht zerschnitten werden, stößt man das Kernhaus mit einem zylindrischen Messer heraus (Bohräpfel). Um helles Backobst zu erhalten, werden die Äpfelschnitte auf Horden über brennendem Schwefel oder in einer Lösung von doppelschwefligsaurem Kalk gebleicht. Die Scheiben werden 1–3 Stunden getrocknet. Die Abfälle betragen bei Rinäpfeln etwa 25–27, bei Bohräpfeln etwa 25, bei manchen Sorten 33 und 45 Proz. Nachdem das aus der Dörre kommende O. an der Luft wieder etwas Feuchtigkeit angezogen hat, wird es in Fässer oder Kisten gepreßt. Die zerkleinerten Abfälle werden in Amerika getrocknet und zur Darstellung von Gelee und Apfelwein ausgeführt. Birnen müssen halbreif gedörrt werden, saftreiche reife Tafelbirnen lassen sich schwer dörren, sehr geeignet sind aber Kochbirnen. Die beliebten Hutzeln sind ungeschält, entweder ganz mit Stiel (Plättbirnen, Feigenbirnen) oder halbiert oder gevierteilt. Zum Schälen dient die Schälmaschine (Abfall 20 Proz., der zu Kraut verarbeitet wird), die Schnitzen wirft man in Brunnenwasser und dämpft sie dann, d.h. erhitzt sie auf Horden in einem Kasten mit Wasserdampf, bis sie sich mit einem Strohhalm durchstoßen lassen; sie werden dann nach dem Dörren durchscheinend. Geteilte Birnen werden in 5–7 Stunden getrocknet. Kirschen (am besten Knorpelkirschen) müssen völlig reif sein, man läßt sie an der Sonne etwas abwelken und entfernt die Stiele erst, nachdem die Kirschen in der Dörre etwas geschrumpft sind. Alles Steinobst läßt man in umgekehrter Richtung durch den Dörrapparat gehen, so daß sie allmählich größerer Hitze ausgesetzt werden. Sie trocknen in 4–6 Stunden. Die Ausbeute beträgt 25 Proz. Kirschrosinen erhält man aus bunten Kirschen, indem man beim Welken der Früchte die Steine herausdrückt. Von Pflaumen kommen fast nur Mirabellen in Betracht, die in 6–8 Stunden trocknen und 30 Proz. Ausbeute liefern. Prünellen sind geschälte, entsteinte, dann leicht getrocknete und platt gedrückte Zwetschen und Pflaumen von bestimmter Sorte. Sie werden besonders in Frankreich (Lot-et-Garonne), auch in Steiermark und Deutschland hergestellt. Zwetschen müssen sehr reif sein und nach der Ernte mehrere Tage an der Sonne stehen. Man dörrt sie von oben nach unten und nimmt die Horden mehrmals heraus, um sie an der Luft erkalten zu lassen, wodurch der blaue Duft erhalten wird. Die Zwetschen trocknen in 12–24 Stunden (zur Beförderung des Dörrens taucht man die Zwetschen 1/2 Min. in kochende Pottaschelösung), die Ausbeute beträgt etwa 30 Proz. Sehr viele Backpflaumen kommen aus Bosnien, Serbien und Dalmatien. Große italienische Zwetschen schneidet man der Länge nach zur Hälfte auf, entsteint sie, füllt sie mit einer kleinen entsteinten Zwetsche und trocknet ganz allmählich bei 40° (römische Pflaumen). Aprikosen und Pfirsiche werden in Amerika in großen Quantitäten halbiert, entsteint und auf großen Horden an der Sonne getrocknet; Heidelbeeren trocknet man, um sie in Frankreich zum Färben des Weins zu benutzen. In Rußland und Amerika wird auch viel Beerenobst getrocknet, namentlich die »amerikanischen« Himbeeren mit festem Fleisch.
O. wird auch in verschiedener Art eingemacht (s. Einmachen), entweder nur mit Zucker in Blechbüchsen und Gläsern nach Appertschem Verfahren oder mit Rum (Rumtopfobst), Kognak, Senf (Senfobst, besonders in Österreich). Sehr seine Obstsorten werden kandiert, so daß sie sich, stark mit Zucker imprägniert, trocken aufbewahren lassen. Für häusliche Zwecke kocht man zerriebene Äpfel, Birnen, Pflaumen und Kirschen zu Mus ein, und in obstreichen Gegenden bilden Pflaumen- und Kirschenmus nicht unbedeutende Handelsartikel. Die Obstpasten werden in derselben Weise mit starkem Zusatz von Zucker bereitet und in tafelförmige Stücke geformt. Das noch zuckerreichere Früchtenbrot wird in Tirol als Konfekt gegessen. In Westfalen dagegen ist das Kraut (Apfelkraut, Birnkraut, Seim, Apfelbutter, Obsthonig, Obstgelee, s. Kraut) ein sehr gebräuchliches Präparat. Die Fruchtsäfte werden eingekocht, auf Sirupe, Liköre, Obstwein, Obstbranntwein und Obstessig verarbeitet. Unreifes und gefallenes O. ist, gekocht und mit anderm Futter gemengt, ein treffliches Nahrungsmittel für Schweine und Rindvieh; aus unreifen Äpfeln kann man Stärkemehl auf gewöhnliche Weise gewinnen. Vgl. F. Lucas, Das O. und seine Verwertung (Stuttg. 1888); Lämmerhirt, Die Obstverwertung (Berl. 1885); Böttner, Die Obstverwertung (Oranienburg 1885, 3 Bde.); Gaerdt, Die Ernte und Aufbewahrung frischen Obstes etc. (3. Aufl., Frankf. a. O. 1901); Timm, Die Obst- und Gemüseverwertung (Stuttg. 1892); R. Goethe, Die Obstverwertung unserer Tage (2. Aufl., Wiesb. 1897); Herrmann, Handbuch der industriellen Obst- und Gemüseverwertung (Berl. 1891); Semler, Die gesamte Obstverwertung nach den Erfahrungen durch die nordamerikanische Konkurrenz (2. Aufl., Wism. 1895); Kühn, Die rationelle Obstverwertung (Berl. 1897); Bach, Verwertung und Konservierung des Obstes und der Gemüse (2. Aufl., Stuttg. 1898) und Die Verwertung des Obstes im ländlichen Haushalt (2. Aufl., das. 1903); Wesselhöft, Katechismus der Obstverwertung (Leipz. 1897); Saueracker, Der Obstbau und die Verwertung des Obstes im intensiven Kleinbetrieb (Osterwieck 1901); Barfuß, Die Obstverwertung (Berl. 1903); Barth. Die Verwertung des Obstes (Leipz. 1904); Zeitschrift: »Obst- und Gemüseverwertung« (Berl. 1905 ff.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.