Abfälle

Abfälle

Abfälle. Die bei Verarbeitung der Rohstoffe sich ergebenden A. sind vielfach unveränderte Teile derselben (Hobel-, Säge-, Feilspäne), in andern Fällen aber Substanzen, die von der nutzbaren Substanz, wie die Natur sie bietet, abgetrennt werden müssen, oder die sich durch chemische Prozesse bei der Verarbeitung der Rohstoffe gebildet haben. Man erhält aus 100 kg Roheisen 70–80 kg Stabeisen, aus 100 kg Stahldraht 60 kg Nähnadeln, aus 100 kg Stabeisen 45–60 kg Eisenblech, aus 1 cbm Holz oft nur 0,5 cbm Furniere, aus 100 kg roher Baumwolle 70–80 kg Garn, aus 100 kg rohen Flachsstengeln 9–15 kg spinnbaren Flachs. Die Industrie bemüht sich, diese A. möglichst zu vermindern, die unvermeidlichen A. aber in den Kreis der Fabrikationsprozesse zurückzuführen oder anderweitig lohnend zu verwerten. Von vorteilhafter Verwertung der A. hängt nicht selten das Gedeihen des Geschäftsbetriebs ab. Auch die öffentliche Gesundheitspflege hat an rationeller Behandlung der A. großes Interesse, weil manche durch Einwirkung auf Pflanzen und Tiere schädlich werden, andre durch Fäulnis einen Herd für die Entwickelung von allerlei Ansteckungsstoffen liefern, die Luft, den Boden, das Flußwasser und Brunnen verunreinigen etc. Zu den wichtigsten Abfällen gehören: Schlacken der Hüttenwerke, die auf Metalle, zu Steinen, Zement, Glas, Alaun, Kieselsäure, Metallsalzen etc. verarbeitet werden; Kohlenklein, das zu Briketts (Preßkohle) geformt wird; Steinkohlenasche, aus der man die darin reichlich enthaltenen Koks gewinnt; Holzasche, die als Dünger und zur Gewinnung von Laugen benutzt wird; schweflige Säure, die aus Hüttenwerken, Ultramarinfabriken, Affinierwerkstätten etc. entweicht, jetzt aber meist auf Schwefelsäure verarbeitet wird. Chlorwasserstoffgas der Sodafabriken wird verdichtet und liefert die Salzsäure, welche die Sodafabriken zum großen Teil selbst zur Darstellung von Chlorkalk verarbeiten. Hierbei entstehen wieder Manganlaugen als Abfall, aus denen man das Mangan in einer Form wiedergewinnt, daß es von neuem benutzt werden kann. Früher ging der Schwefel der in den Sodafabriken benutzten Schwefelsäure verloren, und die Sodarückstände bildeten eine große Last. Jetzt werden aus letztern Schwefel und Kalk, an den der Schwefel gebunden war, wieder gewonnen. Die Kiesabbrände der Schwefelsäurefabriken werden auf Eisen, Kupfer, Silber, Kupfervitriol, Zement und zu Bausteinen verarbeitet. Aus dem kondensierten Wasser der Gasanstalten gewinnt man Ammoniak, und der Teer ist der Rohstoff ausgedehnter chemischer Betriebe, besonders der Farbenindustrie geworden. Der Wollschweiß der Schafwolle wird auf Pottasche verarbeitet, Wollabfälle dienen als Filtriermaterial, und wollene Lumpen verarbeitet man auf Shoddy, leinene und baumwollene auf Papier. A. der Gerbereien und Schlächtereien bilden das Rohmaterial für Leim-, Blutlaugensalz- und Knochenkohlefabrikation, auch wird aus dem Blut Albumin dargestellt und der Rückstand auf Dünger verarbeitet. A. aus Zucker-, Stärkezuckerfabriken, Bierbrauereien und Branntweinbrennereien dienen als Viehfutter; aus der Melasse der Zuckerfabriken aber wird der größte Teil des darin enthaltenen Zuckers gewonnen, oder man verarbeitet sie auf Spiritus und gewinnt aus der Schlempe Methylchlorür und Alkalisalze. Weinhefe und Weintreber liefern Weinstein, Essig, Kalisalze, Leuchtgas, Frankfurter Schwarz. Vgl. Abwässer.

Die städtischen A. bestehen aus den Exkrementen, dem Straßenkehricht, dem Müll und den unreinen Wässern. Der Müll nimmt den Kehricht, Scherben, Lumpen, Asche, Nahrungsmittelreste etc. auf. Die Menge der häuslichen A. beträgt pro Kopf und Jahr mindestens 90 kg, mit der Asche wohl 0,25–0,35 cbm. Ihre gefahrlose Beseitigung ist eine dringende hygienische Forderung. Über diese A. s. die Artikel Abwässer, Exkremente, Müll, auch Aas. Vgl. Fleck, Die Fabrikation chemischer Produkte aus tierischen Abfällen (2. Aufl., Braunschw. 1880); Fischer, Die Verwertung der städtischen und Industrieabfallstoffe (Leipz. 1875); Simmonds, Waste products (2. Aufl., Lond. 1876); Süßenguth, Industrie der Abfallstoffe (Leipz. 1879); Vogel, Verwertung der städtischen Abfallstoffe (Berl. 1896).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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