- Handelskrisen
Handelskrisen, in der Volkswirtschaft umfassende Erschütterungen und Störungen in Produktion und Verkehr und im Gleichgewicht zwischen Bedarf und Erzeugung. Wir können uns für eine bestimmte Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung mit gegebener Verteilung von Besitz und Einkommen und Klassenbildung einen normalen Zustand von der Art denken, daß alle Kräfte und Mittel angemessen ausgewertet werden und alle Personen bei den gegebenen normalen Preisen in einer ihrer Lage entsprechenden wirtschaftlichen Weise ihren Bedarf zu decken vermögen. Man kann dann von einem Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsumtion sprechen. In Wirklichkeit ist aber ein solcher normaler Zustand nie und nirgends vorhanden. Schon das ununterbrochene Streben nach wirtschaftlichen u. technischen Verbesserungen würde ihn fortwährend durchbrechen. Dazu kommen noch andre Ursachen, die es bewirken, daß vorhandene Kräfte nicht verwendet, produzierte Waren nicht oder nur mit Verlust abgesetzt werden können, begonnene Unternehmungen wieder eingestellt werden müssen. Insofern solche Erscheinungen, zumal als Wirkungen eines für den Fortschritt der Gesamtheit vorteilhaften Wettbewerbs, nur im kleinen und vereinzelt vorkommen, spricht man nicht von volkswirtschaftlichen Krisen, sondern erst dann, wenn die Störung sich auf größere Kreise der Bevölkerung und viele Unternehmungen erstreckt, wenn große Mengen von Waren keinen Absatz, gleichzeitig viele Arbeiter keinen Erwerb finden. Die freilich nicht ganz passende Bezeichnung Krisen ist der Medizin entlehnt (s. Krisis). Man nennt die Erscheinungen allgemein H., nicht etwa, weil der Handelsstand sie immer verursacht hätte, sondern weil ihre Wirkungen vornehmlich auf dem Gebiete des Handels zunächst als Preiserniedrigungen und Mangel an Absatz zutage treten und sich fühlbar machen.
Je nach den Ursachen der Krisen oder den Gebieten, auf denen sie auftreten, spricht man von 1) Handelskrisen im engern Sinne, die lediglich durch Handelsspekulationen hervorgerufen werden, ohne daß unmittelbar die Produktion hierzu Anlaß gibt. Solche sind die reine Warenhandelskrisis, die, wie die Hamburger von 1799, leicht im weniger berechenbaren Verkehr mit überseeischen Ländern entsteht, dann die Börsenkrisis, die durch ungewöhnlich heftiges Börsentreiben mit starker Anspannung von Mine und Kontermine hervorgerufen wird und infolge hoher Kursänderungen große Vermögensverschiebungen bewirkt, wie der Zusammenbruch der Lawschen Unternehmungen in Frankreich und der Südseeschwindel in England um 1720, der Krach an französischen Börsen 1882. 2) Geldkrisen, bei plötzlichem Überfluß oder Knappheit der Zahlmittel eintretend. Dieselben können eine Folge von Münzänderungen sein, wie die englische von 1696, oder einer raschen Änderung des Standes internationaler Zahlungsverpflichtungen. 3) Verkehrskrisen, hervorgerufen als Begleiterscheinungen von raschen starken Änderungen im Verkehrswesen, wie durch Benutzung andrer Seewege (Suezkanal) oder ausgedehnten Bahnbau. 4) Kreditkrisen, eine Folge von Überanspannung des Kredits, auch einer übermäßigen Vermehrung der papiernen Umlaufsmittel. Dieselben treten gewöhnlich ein in Begleitung der 5) Produktionskrisen, die ebenso wie die Warenhandelskrisen auch als Absatzkrisen bezeichnet zu werden pflegen. Bei denselben bleibt die Konsumtion hinter der ihr voraus eilenden Produktion zurück. Sie sind insofern Spekulationskrisen (ebenso die Warenhandelskrisen), als bei ihnen die spekulativen Erwägungen eine hervorragende Rolle spielen. Es ist eine Überproduktion vorhanden, weil mehr Waren produziert wurden, als zu angemessenem Preis abgesetzt werden können. Solche Überproduktion ist jedenfalls auf einzelnen Gebieten der Wirtschaft möglich, dagegen ist die Frage, ob sie auch bei allen zu verkaufenden Waren als allgemeine Überproduktion eintreten können, strittig. Die Krisen können als lokale oder spezielle auf kleinere örtliche Gebiete oder einzelne Artikel beschränkt bleiben, doch werden auch in diesem Falle wegen der auf der Arbeitsteilung und umfassenden Kreditierungen beruhenden innigen Verkehrsbeziehungen immer noch andre Kreise der Bevölkerung in Mitleidenschaft gezogen.
Die verschiedenen Ursachen der Krisen treten selten für sich allein auf, wenn auch einzelne von ihnen als bestimmt erkennbar mehr oder weniger in den Vordergrund treten. Krisen können hervorgerufen werden 1) durch die unmittelbar beteiligten Käufer und Verkäufer, und zwar sowohl durch starke Änderungen des Bedarfs (Bedarfskrisen), so bei Modewechsel, Änderung der Staatsausgaben, insbes. vor und nach einem Kriege etc., als auch des Angebots unter zu starker Ausdehnung der Produktion, allzu umfassenden Fixierungen, Neugründungen (Gründungskrisis), bez. bei falscher Handelsspekulation; 2) durch allgemeine sozialpolitische Ursachen und staatliche Maßregeln, Erfindungen und technische Umgestaltungen in Wirtschaft und Verkehr, Änderung der Absatzwege und der Verkehrsrichtung durch Bau von Eisenbahnen, Anlegung von Wasserstraßen, Erschließung seither unzugänglicher Länder, Verschließung bisheriger Absatzgebiete durch die Handelspolitik etc.; 3) durch Naturerscheinungen (Mißernte), deren Wirkungen durch die Verkehrsentwickelung mehr und mehr abgeschwächt werden. Herschel, Jevons u. a. haben auch den Eintritt von H. mit den Sonnenflecken in Zusammenhang gebracht, deren Maximum und Minimum periodisch (in Deutschland nach je 111/3 Jahren) wiederkehren. Je bei Eintritt des Maximums hätten die tropischen Gegenden unter einer Mißernte zu leiden. Infolgedessen nehme deren Kaufkraft für europäische Industrieerzeunisse ab, für die sich nunmehr kein Absatz finde. Nun hat man freilich eine gewisse Regelmäßigkeit bei Wiederkehr von H. beobachtet und zwar in Perioden von 10–11 Jahren, so bei den Krisen von 1815, 1825, 1836, 1847, 1857, 1866, 1873, bez. 1875/76 und 1885. Doch kommen zu dieser Reihe auch noch andre Krisenjahre. Insoweit ein Zusammenhang zwischen Fruchtbarkeit und Sonnenflecken besteht, würde es sich demnach hier nur um eine der möglichen Ursachen von Krisen handeln. Dieselben sind eine Begleiterscheinung eines ausgedehnten Verkehrs, und zwar haben sie an Umfang und Heftigkeit bis zur neuesten Zeit mit Erweiterung der Handelsbeziehungen immer mehr zugenommen.
Im Zusammenhang mit den Ursachen kann man von Symptomen in dem Sinne sprechen, daß sich aus dem Eintreten gewisser äußerlicher Erscheinungen auf das Herannahen einer Krise schließen läßt. Die Erfahrung bezeichnet als die wesentlichsten Symptome: 1) große Unternehmungslust und Kühnheit der Spekulation; 2) rasche Bereicherungen einzelner Gruppen durch leicht realisierbare Gewinne bei allgemeiner Leichtgläubigkeit des großen Publikums, auffallende Steigerung des Luxus; 3) Verwegenheit der Agiotage und Übergreifen der Spielsucht in solche Kreise der Gesellschaft, die hierfür kein geschäftliches Verständnis besitzen; 4) bedeutendes und rasches Steigen der Warenpreise, Arbeitslöhne, Realitätenwerte, Kapitalzinsen und Diskontsätze und dem entsprechende Bewegung der Bankoperationen; 5) zahlreiche Überführung von Einzelunternehmungen in Aktienunternehmungen. Beim Zusammentreffen dieser Symptome ist der Ausbruch von Krisen mit größter Wahrscheinlichkeit vorauszusehen. Als Maßregeln gegen Krisen, die unmittelbar und mittelbar viele Opfer an Kraft und Kapital fordern und immer empfindliche Vermögensverschiebungen bewirken, werden empfohlen: 1) zur Vorbeugung: a) Pflege wirtschaftlichen Sinnes und guter Gewöhnungen im Zahlungs- und Kreditwesen; Ausbildung der Statistik und des Nachrichtendienstes, um jeweilig sich über den Stand des Marktes, Ernteaussichten etc. zuverlässig orientieren zu können; Erlaß geeigneter Bestimmungen über Aktiengesellschaften, um dem Gründungsunwesen und schwindelhaften Unternehmungen zu steuern, über Kreditanstalten, insbes. Zettelbanken etc., überhaupt über Kreditrecht; b) richtige Zollpolitik, die Überschwemmungen des eignen Landes mit fremden Waren entgegenarbeiten, dem eignen Überfluß einen Abstrom nach außen öffnen müsse; c) planmäßige Gestaltung der gesamten Produktion. Nach sozialistischer Ansicht sind die H. mit unsrer ganzen Wirtschaftsordnung notwendig verknüpft, sie könnten erst durch Übergang zur sozialistischen Gesellschaftsordnung mit einheitlicher Regelung der Produktion beseitigt werden. Andre, die den praktischen Sozialismus für unmöglich erachten, befürworten eine sichere, dem Bedarf angepaßte Regelung der Produktion auf Grundlage der bestehenden Gesellschaftsordnung durch Kartellbildung. Auch wurde vorgeschlagen, die durch Kartellierung geschlossenen Vereinigungen in Zwangsverbände mit Verleihung von Privilegien umzugestalten (vgl. Kartelle). 2) Bei ausgebrochenen Krisen kamen schon vor oder wurden befürwortet: Suspendierung von Schuldgesetzen und Zinstaxen, der Einlösungspflicht der Zettelbanken (Bankrestriktion, Banksperre), Einräumung von Moratorien (s. d.), Kreditgewähr durch Darlehnskassen (s. d.), Vornahme von Staats- und Gemeindearbeiten zur Beschäftigung Arbeitsloser etc. Eine natürliche Ausheilung wird insofern einer jeden Krisis folgen, als durch sie ungesunde Unternehmungen ausgemerzt werden und die Preisbildung allmählich eine Anpassung an normalere Zustände erzwingt. Doch müssen hierbei immer auch viele Unschuldige leiden, indem deren wirtschaftliche Existenz vollständig vernichtet werden kann.
Geschichte der Krisen.
Krisen kamen schon im Altertum vor; so brach nach Livius vor mehr als 2000 Jahren eine Handelskrisis im Lager des ältern Scipio vor Karthago aus, weil die Kaufleute zu viele Waren herbeigeschleppt hatten. Durch die große Florentiner Krisis von 1345, wo die Gesellschaften der Scali, Peruzzi und Bardi fallierten, wurde der ganze Staat erschüttert. Jedoch gelten als die beiden ersten eigentlichen H. mit bestimmt ausgeprägtem Charakter jene von Lübeck im J. 1603 und die holländische Tulpenmanie 1634–37; letztere wurde dadurch hervorgerufen, daß den Haarlemer Tulpenzwiebeln ein übermäßig hoher Wert beigelegt wurde. Dieser folgte die englische Geldkrisis von 1696, veranlaßt durch einen Mangel an Zahlungsmitteln, der durch eine Veränderung im englischen Münzwesen bewirkt worden war. Ungleich tiefer waren die Wirkungen des 1716–20 von John Law (s. d.) in Frankreich durchgeführten Systems, das auf dem Irrtum beruhte, daß man durch Vermehrung der papiernen Umlaufsmittel das Kapital eines Landes steigern könne. Dasselbe charakterisiert sich durch das erste Auftreten großartiger Gründungen, einer Agiotage mit allen Ausschreitungen wilder Spekulationslust und durch den darauf folgenden Zusammenbruch mit starker Vermögensverschiebung. Etwa gleichzeitig (1711–20) gaben der Aufschwung des Verkehrs mit den transatlantischen Ländern und die mißbräuchliche Anwendung der Form der Aktiengesellschaften auf schwindelhafte Projekte den Anstoß zum Südseeschwindelin England mit seinen als Bubbles (Seifenblasen) bezeichneten Aktien. In Hamburg wurden H. hervorgerufen 1763 durch die Beendigung des Siebenjährigen Krieges, eine weitere 1799, indem die französische Revolution und der Seekrieg der Franzosen mit den Engländern zu einer Überfüllung des Marktes mit unabsetzbaren Waren führte. Zu den H. können auch jene Folgeerscheinungen gerechnet werden, welche die französische Assignatenwirtschaft von 1790–97, die stärkste Anwendung von Zwangspapiergeld, die je in einem Kulturstaat stattgefunden hat, mit sich brachte.
Das klassische Zeitalter der Krisen ist aber das 19. Jahrh., seit unter den Segnungen des Friedens die wirtschaftliche Entwickelung von Westeuropa mit Riesenschritten vor sich ging. Da sind zuerst zu nennen: die englischen H. von 1815 und 1825. Die Anwendung der Dampfkraft in der Woll- und Baumwollindustrie, der Aufschwung der Kohlen- und Eisenindustrie sowie die rasche Ausbreitung der Kolonial- und Handelsmacht Großbritanniens hatten schon Ende des 18. Jahrh. eine ungeahnte Entfaltung der wirtschaftlichen Kräfte veranlaßt. Dadurch wurde die Spekulation angestachelt und eine große Anzahl von teils schwindelhaften industriellen Projekten wachgerufen. Durch das Zusammenwirken von Überproduktion, schlechten Ernten, beengtem Geldstand brach eine partielle Krisis aus, die von 1815–18 die schwersten Mißstände hervorrief. Viel tiefer griff die Krisis von 1825 in alle Kreise des geschäftlichen Lebens; nach einer wilden Gründungs- und Spekulationsepoche, welche die unsinnigsten Unternehmungen aufnahmefähig machte, erfolgte im Herbst 1825 der Zusammenbruch. Unzählige Fallimente, eine vollständige Börsenderoute und eine Stockung allen Verkehrs waren die Folgen; die Verarmung griff tief in den ganzen Mittelstand, Arbeiterentlassungen und -Aufstände, Massenauswanderungen waren die letzten Wirkungen. Das unsolide Gebaren der amerikanischen Zettelbanken rief in Nordamerika in den Jahren 1814, 1830, 1837 und 1839 folgenschwere Katastrophen hervor; auch in England warf sich die Überspekulation bald wieder auf das Gebiet des Zettelbankwesens und veranlaßte 1836 und 1839 Krisen, deren Wiederholung die Peelsche Bankakte entgegenzutreten suchte. In den 1830er Jahren wurde eine Unzahl von Eisenbahnprojekten entworfen, mit deren Ausführung man 1844 begann. Als aber in den beiden folgenden Jahren Kartoffelfäulnis, Mißwachs des Getreides, Fehlernte in Baumwolle eintraten und an eine Rentabilität der Eisenbahnen nicht zu denken war, folgte 1847 wieder eine größere Handelskrisis, die auch auf den Kontinent ihre Rückwirkungen in empfindlichem Grad äußerte.
Einen noch allgemeinern Charakter trug die Krisis des Jahres 1857. Die Bewegungen von 1848 hatten zwar den Unternehmungsgeist eingeschüchtert, doch nahm dieser Anfang der 1850er Jahre einen solchen Aufschwung, daß Ende 1856 die Banken zu Diskonterhöhungen gezwungen waren; aber noch einmal flackerte die Hausse auf. Die Spekulation warf sich auf den Warenmarkt: Kaffee, Zucker, Baumwolle stiegen enorm im Preis, bis dann in der zweiten Hälfte des Jahres 1857 ein Zusammensturz erfolgte, der sich über Amerika, England, Frankreich, Österreich und Deutschland ausdehnte und von den deutschen Plätzen Hamburg am härtesten traf. Mehr von örtlich beschränkter Wirkung waren die Geldklemmen in Frankreich 1863 und 1864, die Londoner Krisis vom Jahre 1866, die bedeutende Verluste nach sich zog, und die Katastrophe in New York 1869 (mit dem black friday vom 23. Sept.), verursacht durch die verkehrte Politik der Regierung, die es unterließ, Staatspapiergeld einzuziehen.
Die ausgedehnteste Krisis, und zwar eine echte Weltwirtschaftskrisis, war die von 1873. Von der Wiener Börse ausgehend, hat sie der Zeitfolge nach sich noch 1873 über Italien, Rußland, Nordamerika, Deutschland, England, Holland, Belgien, einzelne Staaten von Südamerika und Australien ausgebreitet und in den folgenden Jahren die übrigen europäischen Länder und Ostasien mit in ihren Wirkungskreis gezogen. Sie erstreckte sich auf fast alle großen Welthandels- und Industriezweige, zuerst auf Eisen und Kohle, dann auf die großen Textilindustrien, chemischen Industrien, die Fabrikation von Genuß- und Nahrungsmitteln, deren Zufuhr, die Eisenbahnen, den Schiffbau. Endlich hat noch keine Krisis so nachhaltige Wirkungen hervorgerufen wie die 1873er, denn die nachteiligen Einflüsse derselben machten sich bis 1879 geltend, und auch die 1880 eingetretene Besserung zeigte durch ihre kurze Dauer, wie sehr die ganze Weltwirtschaft ins Mark erschüttert war. Zwar hatten gerade in Deutschland die glückliche Beendigung des Krieges überspannte Hoffnungen auf den befruchtenden Segen der von Frankreich zu zahlenden Kriegskontribution und die Beseitigung des Konzessionszwanges für Aktiengesellschaften eine echte Gründungsära hervorgerufen, indem eine Menge neuer, zum großen Teil nicht lebensfähiger Unternehmungen geschaffen wurde. Doch zeigt die Tatsache, daß die Krisis sich über viele Länder ausdehnte, daß die Ursachen derselben vornehmlich in den wirtschaftlichen Umwälzungen zu suchen sind, die durch Änderungen in der Technik, Anwendung von Maschinen und Dampfkraft und ausgedehnten Bau von Eisenbahnen veranlaßt wurden, überall einen heftigen Wettbewerb bewirkten und so, nachdem einmal eine Menge Kapital fixiert war, zur Überproduktion führten.
Eine zu Beginn des Jahres 1882 in Frankreich ausgebrochene Börsenkrisis, die mit einer Anzahl Bontouxscher Gründungen, besonders der Union générale, der Banque de Lyon et de la Loire, und mit einer vorausgehenden tollen Agiotage zusammenhing, hatte zwar einen mehr lokalen Charakter, erschütterte aber nicht nur die französischen, sondern auch die übrigen europäischen Geldmärkte. 1890 veranlaßten in den Vereinigten Staaten von Amerika die von der Silberpartei durchgesetzten Maßnahmen zugunsten des Silbers eine Börsenkrisis. Eine zügellose Spekulation in südafrikanischen Minenwerken rief im November 1895 eine Börsenkrisis hervor, die so ziemlich alle westeuropäischen Plätze ergriff. Seit 1900 macht sich in Deutschland der Rückschlag des vorhergegangenen lebhaften industriellen Aufschwunges namentlich in einzelnen Orten und Industriezweigen (Bauwesen, elektrische Maschinenindustrie) sowie im Bankwesen bemerkbar. Vgl. M. Wirth, Geschichte der H. (4. Aufl., Frankfurt a. M. 1890); Laveleye, Die Geld- und Handelskrisen (deutsch, Kassel 1865); Juglar, Des crises commerciales (2. Aufl., Par. 1890); Öchelhäuser, Die wirtschaftliche Krisis (Berl. 1876); Neuwirth, Die Spekulationskrisis von 1873 (Leipz. 1874); Glagau, Der Börsen- und Gründungsschwindel in Berlin und Deutschland (4. Aufl., das. 1876, 2 Tle.); speziell über die Wiener Krisis 1873: Lindner, Die Asche der Millionen (Wien 1883) und die Statistik der Krisis in Neumann-Spallarts »Übersichten der Weltwirtschaft« (Stuttg. 1878–84); J. Wolf, Die gegenwärtige Wirtschaftskrisis (Tübing. 1888); Wasserrab, Preise und Krisen (Stuttg. 1889); v. Bergmann, Die Wirtschaftskrisen. Geschichte der nationalökonomischen Krisentheorien (das. 1895); Tugan-Baranowsky, Studien zur Theorie und Geschichte des H. in England (Jena 1900); Steinberg, Die Wirtschaftskrisis 1901 (Bonn 1902); Eberstadt, Die gegenwärtige Krisis und die Aufgaben der Gesetzgebung (Berl. 1902); May, Das Grundgesetz der Wirtschaftskrisen und ihre Vorbeugemittel im Zeitalter des Monopols (das. 1902).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.