Apollōnios

Apollōnios

Apollōnios, 1) A. der Rhodier, griech. Epiker und Grammatiker aus Alexandria, geb. um 290 v. Chr., Schüler des Kallimachos, mit dem er sich verfeindete, als er ein umfängliches Epos, die »Argonautica« (in vier Büchern), im Sinne Homers zu dichten unternahm. A. ging nach Rhodos, wo er als Lehrer der Grammatik große Anerkennung und das Bürgerrecht gewann; hier gab er der Dichtung die uns erhaltene Form. Sein Epos zeugt von mehr Verstand, Fleiß und Gelehrsamkeit als Dichtergeist, ward aber bei den Römern viel gelesen und auch von Varro Atacinus und Valerius Flaccus nachgeahmt. Von der Beachtung der alten Gelehrten zeugt eine wertvolle Scholiensammlung. Wichtigste Ausgabe von Merkel (nebst den Scholien von Keil, Leipz. 1854). Übersetzung von Osiander (Stuttg. 1838).

2) A. von Perge in Pamphylien, Mathematiker, um 250–190 v. Chr., empfing in Alexandria seine mathematische Bildung und lebte teils dort, teils in Pergamon und Ephesos. Er schlug zuerst die Epizykeln zur Erklärung des Planetenlaufes vor. Von seinem Hauptwerk, den »Elementen der Kegelschnitte«, in dem A. nicht nur alle bis zu seiner Zeit gefundenen Sätze über die Kegelschnitte zusammengestellt, sondern auch die Theorie dieser Kurven mit zahlreichen wertvollen Entdeckungen bereichert hat, sind nur die vier ersten Bücher in griechischer Sprache mit dem Kommentar des Eutokios, die drei folgenden aber in arabischer Übersetzung erhalten; das achte fehlt ganz und ist von Halley nach den bei Pappos erhaltenen Lehrsätzen neu geschrieben worden (hrsg. von Halley, Oxf. 1710, und Heiberg, Leipz. 1890–93, 2 Bde.; Übersetzung von Balsam, Berl. 1861). Außer diesem Werke sind noch »Zwei Bücher vom Verhältnisschnitt« in arabischer Übersetzung erhalten (deutsch von Richter, Elbing 1836). Vgl. Zeuthen, Die Lehre von den Kegelschnitten im Altertum (Kopenh. 1886).

3) A. aus Tralles in Karien, griech. Bildhauer im 2. Jahrh. v. Chr., mit seinem Bruder Tauriskos Schöpfer der unter dem Namen des Farnesischen Stiers (s. Farnesische Kunstwerke) bekannten Marmorgruppe im Nationalmuseum zu Neapel.

4) Sohn des Nestor, der Künstler des Heraklestorso im Belvedere des Vatikans (s. Herakles), ein Zeitgenosse des Pompejus und Cäsar.

5) A. von Kitium, griech. Arzt des 1. Jahrh. v. Chr., Anhänger der empirischen Schule, verfaßte für König Ptolemäus von Cypern (gest. 58 v. Chr.) einen Kommentar zu der Schrift des Hippokrates über die Gelenke mit Abbildungen, welche die Behandlungsmethoden bei den verschiedenen Verrenkungen veranschaulichen. Die Schrift (hrsg. von H. Schöne, Leipz. 1896, mit 31 Lichtdrucken) ist wertvoll für die Kenntnis der antiken Chirurgie.

6) A. von Tyana (in Kappadokien), neupythagoreischer Philosoph, Theurg und Magier, der, ungefähr gleichalterig mit Christus, durch seine Reisen, Abenteuer, Prophezeiungen, sogen. Wunder, großes Aufsehen bei seinen Zeitgenossen erregt zu haben scheint und ungefähr 100jährig in Ephesos starb. Von dem höchsten Gott hatte er eine gereinigte Vorstellung: ihm sollen keine Opfer gebracht, er soll nicht einmal mit Worten genannt, vielmehr nur mit dem Verstand erfaßt werden. Tempel, Altäre und Bildsäulen wurden dem A. in vielen Städten, besonders Kleinasiens und Griechenlands, errichtet sowie Münzen auf sein noch den Kaisern Caracalla, Aurelian und Alexander Severus heiliges Andenken geschlagen. Gegner des Christentums in alter und neuer Zeit stellten ihn neben Christus oder sogar über ihn, so Hierokles unter Diokletian, Voltaire, Wieland u.a. Eine ausführliche, romanhaft tendenziöse, historisch wertlose Biographie des A. besitzen wir noch von Flavius Philostratos (s. d.), der sie auf Veranlassung der Julia Domna, Gemahlin des Septimius Severus, in acht Büchern niederschrieb. Die Schriften des A. sind verloren bis auf 85 Briefe, die, wahrscheinlich unecht, mit jener Lebensbeschreibung in den Ausgaben der Werke des Philostratos von Westermann (Par. 1849) und Kayser (Bd. 1, Leipz. 1870) abgedruckt worden sind. Vgl. Baur, A. von Tyana und Christus (Tübing. 1832); Jessen, A. von Tyana und sein Biograph Philostratus (Hamb. 1885); Göttsching, A. von Tyana (Berl. 1889).

7) A. Dyskolos (der »Mürrische«), griech. Grammatiker aus Alexandria, lehrte in der ersten Hälfte des 2. Jahrh. n. Chr. zumeist in seiner Vaterstadt. Er hat durch systematische Gliederung die wissenschaftliche Grammatik begründet und die griechische Syntax geschaffen. Auf ihm und seinem Sohn Herodian beruht die gesamte technisch-grammatische Wissenschaft der Folgezeit; sein System hat insbes. Priscian seinen Institutiones zu Grunde gelegt. Von seinen Werken sind nur erhalten drei kleinere Schriften über Pronomen, Adverbien und Konjunktionen (hrsg. von Schneider, »Gramm. graeci«, Bd. 1, Leipz. 1878–1902) und die Syntax der Redeteile in 4 Büchern (hrsg. von Bekker, Berl. 1817; übersetzt von Buttmann, das. 1878).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Apollonios — (griechisch Ἀπολλώνιος; lateinisch: Apollonius) ist ein altgriechischer Name, der von dem Namen des Gottes Apollon abgeleitet ist. Das weibliche Pendant des Namens lautet Apollonia. Träger des Namens sind folgende Personen: antike Politiker …   Deutsch Wikipedia

  • Apollonĭos — Apollonĭos, I. Feldherren, Statthalter etc.: 1) A., Statthalter von Syrien u. Phönicien unter Seleukos Philopator, wurde von Antiochos Epiphanes vertrieben. 2) A., Sohn des Vor., früher Geißel zu Rom; fiel von Alexander Balas ab, trat in die… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Apollonios — Apollonios,   griechischer Bildhauer im 1. Jahrhundert v. Chr., wurde durch das von ihm signierte Werk, den Belvederischen Torso, bekannt …   Universal-Lexikon

  • APOLLONIOS — denique Sophistas duos ponit Philostratus, Naucratitem unum, alterum Atheniensem, qui ambo M. Antonini tempore Athenis docuêre. Plures huius nominis adducit Voss. de Hist. Graec. l. 1. c. 22. Itemque Ionsius de Script. Hilst. Philos. l. 3. c. 9.… …   Hofmann J. Lexicon universale

  • Apollonios — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Apollonios ou Apollonius (en grec ancien Ἀπολλώνιος / Apollốnios) est un nom d origine grecque qui peut désigner : Personnalités Apollonios de Cyrène …   Wikipédia en Français

  • Apollonios von Tyana — (griechisch Άπολλώνιος ὁ Τυανεύς; * um 40; † um 120[1]) stammte aus der Stadt Tyana in Kappadokien und war Philosoph in der Tradition des Pytha …   Deutsch Wikipedia

  • APOLLONIOS DE PERGA — (APOLLONIOS DE PERGA 262? ? APOLLONIOS DE PERGA 190) Mathématicien grec de l’école d’Alexandrie, Apollonios de Perga est né probablement vingt cinq ans après Archimède (donc vers APOLLONIOS DE PERGA 262) et est mort sous le règne de Ptolémée IV… …   Encyclopédie Universelle

  • Apollonios Rhodios — Apollonios von Rhodos (* 295 v. Chr.; † 215 v. Chr.) war ein griechischer Dichter und Gelehrter. Geboren wurde er vermutlich in Alexandria, und war dort Schüler des Kallimachos von Kyrene. Sein Hauptwerk ist eine epische Version der… …   Deutsch Wikipedia

  • Apollonios von Rhodos — (* 295 v. Chr.; † 215 v. Chr.) war ein griechischer Dichter und Gelehrter. Geboren wurde Apollonios vermutlich in Alexandria und war dort Schüler des Kallimachos von Kyrene. Zwischen 270 v. Chr. und 245 v. Chr. leitete er die berühmte Bibliothek… …   Deutsch Wikipedia

  • APOLLONIOS DE RHODES — (APOLLONIOS DE RHODES 295 env. env. APOLLONIOS DE RHODES 215) Originaire d’Alexandrie, Apollonios de Rhodes est d’abord l’élève de Callimaque. Mais une polémique le dresse contre son ancien maître (une satire de Callimaque intitulée Ibis est… …   Encyclopédie Universelle

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”